Der Stadtverband der CDU Stendal hat sich in einer Presseerklärung nachdrücklich von diesen Vorgängen distanziert, die ein Einzelner verübt haben soll. Es handelt sich hierbei um das eigenmächtige Handeln einer Person, die die jahrzehntelange erfolgreiche, solide und verlässliche Arbeit der CDU und vieler ehrenamtlich tätiger Bürgerinnen und Bürger in Misskredit gebracht hat.
Sehr geehrte Damen und Herren! Es versteht sich von selbst, dass dieses Hohe Haus für den Grundsatz der allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen eintritt und diesen auch verteidigt und wir hier die Forderung erheben, dass alle Unregelmäßigkeiten lückenlos aufzuklären sind. Daran, dass wir in diesem Hohen Haus Wahlfälschungen auf das Schärfste verurteilen, dürfte kein Zweifel bestehen.
Vorsichtig wäre ich jedoch mit einer Diskussion über hinter Fälschungen stehende Strukturen, insbesondere wenn damit bezweckt ist, einen politischen Mitbewerber in Misskredit zu bringen. Es geht hierbei auch um Menschen. Hierbei sind Personen in den Fokus staatsanwaltlicher Ermittlungen geraten, bei denen die Ermittlungsbehörden feststellen werden, dass sie sich keiner Straftat schuldig gemacht haben.
Der Grundsatz der Unschuldsvermutung ist unantastbar, auch in diesem politischen Raum. Die strafrechtlichen Ermittlungen in Bezug auf den Verdacht der Wahlfälschungen sind derzeit noch nicht abgeschlossen. Die Ermittlungsbehörden prüfen und ermitteln.
sie ihre Entschließungen nicht auf Mutmaßungen stützen, sondern belastende und entlastende Umstände erforschen und gleichermaßen berücksichtigen.
Warten Sie die Ermittlungen ab und halten Sie sich mit Mutmaßungen zurück! Denn man kann mit Polemik und Skandalisierung ganz schnell in den Bereich der üblen Nachrede vorstoßen.
Herr Präsident! Meine sehr geehrte Damen und Herren! Kommen wir nun auf unseren Rechtsrahmen zu sprechen. Die Rechtsvorschriften zur Briefwahl bei den Kommunalwahlen gewährleisten unserer Auffassung nach ein hohes Niveau an Schutz gegen Manipulation.
Wir erachten es aber als Aufgabe des Gesetzgebers, unseren Rechtsrahmen fortwährend und regelmäßig in Anbetracht neuer Entwicklungen zu prüfen und fortzuentwickeln.
Es ist daher richtig, den Antrag der LINKEN unter der Überschrift „Briefwahlverfahren prüfen“ in den Innenausschuss zu überweisen und unsere landesgesetzlichen Grundlagen für Wahlen auf Manipulationsanfälligkeit hin zu prüfen. Das sollte man ganz ohne Polemik und unaufgeregt im Innenausschuss tun.
Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte meinen Redebeitrag mit einer Forderung beenden. Wahlen sind ein hohes demokratisches Gut. Die Wählerinnen und Wähler können zu Recht erwarten, dass die strafrechtlichen Ermittlungen schnell, aber natürlich auch unter Beachtung der dafür gebotenen Gründlichkeit abgeschlossen werden.
Ich denke, dass es nicht vermessen ist, in diesem politischen Raum die Forderung aufzustellen, dass bis zu dem Termin der vermutlichen Neuwahl des Stadtrats am 31. Mai 2015 konkrete Ergebnisse vorliegen.
Eine zügige und gründliche strafrechtliche Aufarbeitung ist prioritär. Es wäre unseren Wählerinnen und Wählern nicht vermittelbar, wenn die Neuwahl zu einem Zeitpunkt stattfände, zu dem noch nicht alle Vorwürfe und Unregelmäßigkeiten lückenlos und transparent abschließend aufgeklärt worden sind.
Dass eine Staatsanwaltschaft dies leisten kann, zeigen uns die Ermittlungen in Halle an der Saale bezüglich der Unregelmäßigkeiten bei der Europawahl.
Ich wollte meine Rede eigentlich nicht allzu populär gestalten, aber ich hatte anfangs bereits gesagt: Es erschüttert mich, welches Ausmaß eine Aktuelle Debatte haben kann. Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen: Diese Dinge sollten wir uns ersparen.
In allen Reihen, in allen politischen Gremien, in jedem kleinen Dorf, in jeder Stadt gibt es kriminelle Energie, von der wir uns distanzieren wollen. Wir werden hier nicht solche Dinge auffahren, die nichts mit dem Skandal in Stendal zu tun haben. Ansonsten hätte ich heute die Zeitung mit Herrn Edathy zitieren müssen. Das werde ich nicht tun.
Ich möchte zum Schluss noch eine persönliche Anmerkung machen. Ich wünsche mir im Sinne der Demokratie, dass solche kriminellen Energien zukünftig in keiner Stadt, in keiner Gemeinde, in keiner Partei oder Vereinigung wieder auftreten werden.
Wahlfälschung bedeutet, die Demokratie mit Füßen zu treten, und dies muss natürlich strafrechtlich geahndet werden. - Vielen Dank. Ich hoffe, dass wir zukünftig wieder sachorientiert arbeiten.
Es gibt vier Wortmeldungen. Ich weiß nicht, ob es Nachfragen oder Interventionen sind. Es wären in der Reihenfolge: Kollege Gallert, Kollegin Frederking, Herr Steppuhn und Frau Kollegin Dr. Paschke. Wenn es Fragen sind, dann würde ich Frau - -
- Damit fahren wir in der Aussprache fort. Für die Fraktion DIE LINKE spricht Frau Abgeordnete Dr. Paschke.
- Herr Steppuhn, Sie haben das Recht, jederzeit ein Mitglied der Landesregierung zu befragen. Die Mitglieder der Landesregierung müssen auch antworten. Eine Abgeordnete oder ein Abgeordneter kann selbst entscheiden, ob sie oder er Fragen beantwortet.
(Herr Bommersbach, CDU: Das müsste man aber, wenn man so lange in diesem Hause ist, eigentlich wissen! - Zuruf von der LIN- KEN: Ach! - Weitere Zurufe von der LIN- KEN)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn am Sonntag um 20.15 Uhr ein „Tatort“ gesendet werden würde, der die bis dahin bekannt gewordenen Vorgänge im Zusammenhang mit den Wahlpannen, Wahlverstößen, Wahlmanipulationen,
Wahlfälschungen, das unverfrorene Treiben bei den Wahlfälschungen und dem Eintreiben von Stimmen, aber auch das Agieren einer nicht geringen Zahl politischer Verantwortungsträger im Rahmen der Stadt- und Kreistagswahl in Stendal zum Inhalt hätte, dann würde man sagen: Das gibt's doch nicht mal im Film. Aber, meine Damen und Herren: Wir sind in der bitteren Wirklichkeit und niemand kann den Schalter einfach umlegen.
Ich möchte auf zwei Problemkreise zu den Geschehnissen eingehen, die nach meinem Verständnis für die Beurteilung der Sachlage und für das weitere Verfahren, das wir anwenden, wichtig sind.
Der erste Problemkreis ist, dass aufgeklärt werden muss, welche Rolle die CDU gespielt hat. Ich stelle die CDU nicht unter Generalverdacht.
(Zustimmung von Herrn Scheurell, CDU - Herr Weigelt, CDU: Wer ist „die CDU“? Wer denn? Wo denn? - Unruhe)
Aber ich gehe davon aus, dass das Agieren von Verantwortungsträgern in der CDU auch bestimmte Vorgänge mit begünstigt hat.
Das möchte ich vortragen, wenngleich sich einige Dinge, die Herr Tögel und Herr Striegel vortrugen, wiederholen.
Ich gehe davon aus, dass ein Bewerber der CDU - das ist mein Ausgangspunkt - zu den Stadtratswahlen bei der Briefwahl eine exorbitant hohe Stimmenzahl erhielt. Als sein Name spätabends auf der Tafel nach oben schnellt, fällt das auf. Diese Abweichung zwischen den Ergebnissen aus den Wahllokalen und den Briefwahlergebnissen ist nach meiner Kenntnis nahezu einmalig.
Ein Journalist der „Volksstimme“ bleibt am Thema und deckt später den Wahlbetrug auf. Der Stadtwahlleiter, CDU, hingegen stellt dazu keine Fragen. Er verteidigt, verharmlost und versucht, das hohe Briefwahlergebnis von Herrn G. zu erklären. Dazu kann man sich einmal die Unterlagen der ersten Pressekonferenz anschauen.
Erst bei der Mitteilung eines Briefwählers, dass seine Unterschrift auf der Vollmacht gefälscht wurde, muss der Stadtwahlleiter zurückrudern. Zunächst gibt er die Schuld seinen Mitarbeitern im Wahlbüro, weil sie gegen § 25 Abs. 6a KWO LSA verstoßen haben; dazu komme ich aber noch.
Fakt ist, dass ranghohe Verantwortungsträger weitgehend zu den Vorwürfen lange schwiegen - zum Teil auch jetzt noch schweigen -, ob das die Sparkasse oder den jetzt zur Diskussion stehenden Vorfall bei den Wahlen betrifft.
Es werden politische Positionen vermisst - politische Positionen des Oberbürgermeisters der Stadt Stendal, CDU, des Kreisverbandes der CDU, längere Zeit auch des Landesvorsitzenden der CDU, der dann dazu auffordert, dass die Aufklärung der Vorfälle von seinen Parteifreunden in Stendal absolut unterstützt werden müsse.
Aber man stelle sich bitte vor: Laut Medienberichten wird gegen mindestens zehn Personen aus dem Umfeld der CDU wegen des Verdachts der Urkunden- und Wahlfälschung ermittelt.
Trotz dieser Ermittlungen und der erhöhten Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit hat es auch bei der Briefwahl wiederholt Pannen in der Verwaltung und Versuche der Wahlmanipulation gegeben.
Meine Damen und Herren! Der Höhepunkt des Verschweigens und Beschönigens ist aus meiner Sicht die Erklärung des Vorstandes des Stadtverbandes der CDU vom 28. November 2014 vor dem Hintergrund, dass sehr viel ermittelt wird und Personen verdächtigt werden. Man muss nicht sagen, dass alles stimmt, was darin steht, aber dort wird erklärt:
„bei der Briefwahl in Stendal hat die CDU tief erschüttert. Wir distanzieren uns nachdrücklich von den Vorgängen, die ein Einzelner verübt haben soll. Es handelt sich hierbei um das eigenmächtige Handeln einer Person, die die jahrzehntelange erfolgreiche, solide und verlässliche Arbeit der CDU und vieler ehrenamtlicher Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt in Misskredit gebracht hat.“