Protocol of the Session on December 12, 2014

Ich frage die Landesregierung:

Welche Gründe führten zu der Entscheidung, dass das Technische Polizeiamt als Kampfmittelbeseitigungsdienst keine Amtshilfe entsprechend § 4 der Gefahrenabwehrverordnung zur Verhütung von Schäden durch Kampfmittel leistete?

Selbst wenn es sich bei dem Nebelfass nicht um Kampfmittel im Sinne von § 1 der genannten Gefahrenabwehrverordnung gehandelt haben sollte, befanden sich in dem Behälter Gefahrstoffe, die der Feuerwehrdienstvorschrift 500 unterfallen. Die Feuerwehrdienstvorschrift 500 wurde durch Erlass des Ministeriums für Inneres und Sport vom 29. Juni 2012 in Landesrecht überführt. Nach Punkt 1.5.3.5 dieser Vorschrift erfolgt die Markierung und Sicherung des Absperrbereiches (grün) in der Regel durch die Polizei. Warum wurde in diesem Fall von dieser Regel abgewichen, obwohl

 siehe Anlage zum Stenografischen Bericht

die Feuerwehr der Stadt Aken (Elbe) die Polizei hierzu angefordert hatte?

Vielen Dank, Herr Erben. - Bitte schön, Herr Minister Webel.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Erben, ich beantworte Ihre Frage im Namen der Landesregierung wie folgt.

Zur Frage 1: Das Technische Polizeiamt leistet nach § 4 der Gefahrenabwehrverordnung zur Verhütung von Schäden durch Kampfmittel nur dann Amtshilfe für die zuständigen Gefahrenabwehrbehörden, wenn es sich um Kampfmittel nach § 1 der Gefahrenabwehrverordnung zur Verhütung von Schäden durch Kampfmittel handelt. Danach sind Kampfmittel gewahrsamslos gewordene zur Kriegsführung bestimmte Munition oder Munitionsteile, bei denen nicht ausgeschlossen ist, dass sie Explosivstoffe oder Rückstände dieser Stoffe enthalten oder aus Explosivstoffen oder deren Rückständen bestehen oder Kampfstoffe, Nebelstoffe, Brandstoffe, Reizstoffe oder Rückstände oder Zerfallsprodukte dieser Stoffe enthalten.

Das geborgene Nebelfass enthielt keine Munition oder Munitionsteile und ist somit kein Kampfmittel im Sinne dieser Gefahrenabwehrverordnung.

Zur Frage 2: Am 2. Dezember 2014 teilte die Freiwillige Feuerwehr dem Polizeirevier Anhalt-Bitterfeld mit, dass das Nebelfass in einen Überseecontainer verbracht wurde und der Gefahrenbereich durch die Freiwillige Feuerwehr Aken eingerichtet und betrieben wird. Eine explizite Anforderung für den Absperrbereich (grün) gemäß der Feuerwehrdienstvorschrift 500 - Einheiten im ABC-Einsatz - erfolgte in diesem Zusammenhang nicht. Es wurde lediglich um Amtshilfe für den Tag des Abtransportes am 4. Dezember 2014 gebeten. Die Polizei entsprach dem Amtshilfeersuchen und unterstützte den Abtransport durch Evakuierungs- und Absperrmaßnahmen.

Herr Kollege Hövelmann hat eine Nachfrage.

Herr Minister Webel, ich weiß, dass die Frage möglicherweise nicht ad hoc zu beantworten ist. Ich bitte darum, die Antwort nachzureichen. Wie konnte der Kampfmittelbeseitigungsdienst erkennen, was Inhalt des Fasses ist, und zu der von

Ihnen soeben vorgetragenen Einschätzung in Bezug auf die Gesetzeslage kommen?

Meine Frage hat den Hintergrund, dass über viele Tage nicht klar war - jedenfalls wenn man der öffentlichen Darstellung sowie der Darstellung der Kameradinnen und Kameraden der im Einsatz befindlichen Feuerwehr Glauben schenken kann -, um welche Inhaltsstoffe es sich bei dem gefundenen Fass handelte. Daher die Frage: Wie konnte der Kampfmittelbeseitigungsdienst so schnell zu seiner Einschätzung kommen, dass er nicht gebraucht wird?

Herr Abgeordneter Hövelmann, sind Sie damit einverstanden, dass ich die Frage an den zuständigen Minister weiterleite und dass er sie schriftlich beantwortet?

(Herr Hövelmann, SPD: Ja!)

- Danke.

Das Einverständnis nehmen wir zu Protokoll.

Die Frage 12 stellt der Kollege Striegel zum heute bereits diskutierten Thema Ermittlungen zur Fälschung der Stadtratswahl in Stendal sowie gegebenenfalls weiterer Kommunalwahlen. Bitte, Herr Kollege.

Herr Präsident! Im Fall der gefälschten Stendaler Stadtratswahl werden nach Medienberichten derzeit mindestens fünf Ermittlungsverfahren wegen unterschiedlicher Straftatbestände geführt.

Ich frage die Landesregierung:

Durch welche Polizeidienststellen lässt die ermittlungsleitende Staatsanwaltschaft die Ermittlungen im Komplex der gefälschten Stadtratswahl Stendal sowie gegebenenfalls weiterer gefälschter Kommunalwahlen im Einzelnen seit Beginn führen?

Wie bewertet die Landesregierung mögliche Besorgnis zur Befangenheit von in die Ermittlungen einbezogenen Polizeidienststellen aufgrund von Parteimitgliedschaften, bekleideten Parteiämtern oder kommunalen Mandaten, die leitende Beamtinnen und Beamte dort gegebenenfalls wahrnehmen?

Vielen Dank für die Frage. - Herr Staatsminister Robra wird in Vertretung des Innenministers antworten. Bitte schön, Herr Staatsminister.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Frage des Abgeordneten Striegel beantworte ich für die Landesregierung auf der Grundlage der Zuarbeit des Innenministeriums wie folgt.

Zu 1: Gegenstand der polizeilichen Ermittlungen ist ein Verfahren der Staatsanwaltschaft Stendal, Aktenzeichen 343 Js 149 887/14 - das Aktenzeichen kann nicht stimmen; das mag berichtigt werden.

(Herr Borgwardt, CDU: So hoch sind die doch nicht!)

Es geht um das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Stendal wegen des Verdachts der Wahlfälschung gemäß § 107a StGB in Verbindung mit Urkundenfälschung gemäß § 267 StGB. Eine schriftliche Anzeige erfolgte am 18. Juli 2014 durch die Hansestadt Stendal bei der Staatsanwaltschaft Stendal. Die Staatsanwaltschaft Stendal führt in diesem Ermittlungsverfahren einen Anzeigenbann, da durch weitere Anzeigeerstatter derselbe Sachverhalt bzw. zwei weitere damit in unmittelbarem Zusammenhang stehende Sachverhalte angezeigt wurden.

Im Anzeigenband sind danach folgende Strafanzeigen enthalten:

a) Anzeige wegen Wahlfälschung gemäß § 107a

StGB, Anzeigeerstatter: Stadtratsfraktionen Die Mitte, SPD, FDP, Piraten; Eingang am 30. Juli 2014 bei der StA Stendal,

b) Anzeige wegen Wahlfälschung gemäß § 107a

und 107b StGB sowie Urkundenfälschung nach § 267 StGB, Anzeigeerstatter: Stadtratsfraktion DIE LINKE; Eingang am 20. August 2014 bei der Staatsanwaltschaft Stendal,

c) Anzeige wegen Täuschung, Rufmord, Verleum

dung und übler Nachrede, Anzeigeerstatter: Kreisverband BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN; Eingang am 3. November 2014 im Polizeirevier Stendal, Weiterleitung an die Staatsanwaltschaft,

d) Anzeige wegen § 85 SGB X in Verbindung mit

§ 85a SGB X, missbräuchliche Nutzung von Sozialdaten, Anzeigeerstatter: Jobcenter Stendal, Aufnahme am 7. November 2014 im Polizeirevier Stendal und anschließend Weiterleitung an die Staatsanwaltschaft.

Auf Weisung des Leiters der Zentralen Kriminalitätsbekämpfung, ZKB, der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Nord erfolgte am 25. November 2014 der Übergang der Bearbeitungszuständigkeit vom Revierkriminaldienst des Polizeireviers Stendal zum Bereich der Zentralen Kriminalitätsbekämpfung, um die dort zur Verfügung stehenden Ressourcen der Kriminalitätsbekämpfung vollumfänglich in die Verfahrensbearbeitung einbringen zu können. Dieser Entscheidung zugrunde lag neben

der Bedeutung des Ermittlungsverfahrens ebenso die Überlegung, ein Höchstmaß an Objektivität und Neutralität in der Ermittlungsführung sicherzustellen.

Über den Wechsel der Ermittlungsführung wurde die zuständige Staatsanwaltschaft Stendal am selben Tag in Kenntnis gesetzt. Diese verfügte daraufhin, dass ihr vor der Übergabe der Akten an den Bereich Zentrale Kriminalitätsbekämpfung diese zuvor vorzulegen sind. Mit der Vorlage des Aktenkomplexes wurde dieser Verfügung am 27. November 2014 nachgekommen.

Am 8. Dezember 2014 erfolgte die Übergabe der Akten von der Staatsanwaltschaft Stendal an die Polizei. Die Ermittlungsführung liegt nunmehr im Fachkommissariat 5 - Polizeilicher Staatsschutz - der Zentralen Kriminalitätsbekämpfung der Polizeidirektion Sachsen-Anhalt Nord.

Um trotz des Zuständigkeitswechsels in der Vorgangsbearbeitung eine kontinuierliche Ermittlungsarbeit unter Berücksichtigung aller bisherigen Ermittlungserkenntnisse zu gewährleisten, erfolgte eine Einbeziehung der zuvor mit der Verfahrensbearbeitung beauftragten Beamten des Polizeireviers Stendal.

Zu Frage 2: Der Landesregierung liegen im konkreten Fall keine Anhaltspunkte für eine Befangenheit vor. Zur Vermeidung auch nur des Anscheins einer solchen und aus den zuvor bereits dargelegten Gründen ist die polizeiliche Ermittlungsführung der bei der Polizeidirektion SachsenAnhalt Nord angebundenen Zentralen Kriminalitätsbekämpfung übertragen worden. Den Gang der Dinge habe ich in der Antwort zu Frage 1 bereits dargelegt.

Vielen Dank, Herr Staatsminister. - Wir lassen zunächst den Fragesteller eine Nachfrage stellen, danach stellt Herr Hövelmann eine Frage. Herr Striegel, bitte.

Herr Striegel (GRÜNE)

Herzlichen Dank, Herr Präsident! Herzlichen Dank, Herr Staatsminister! Zum Vortrag hier: Ich war etwas verwundert, dass die Staatskanzlei hier vorträgt; ich hätte eigentlich das Justizministerium vermutet, da es sich um staatsanwaltschaftliche Ermittlungen handelt.

Ich sagte, für das Innenministerium, kraft Sachzusammenhangs.

Herr Striegel (GRÜNE)

Noch agiert die Polizei, soweit ich das aus der Strafprozessordnung richtig kenne, als Hilfsorgan

der Staatsanwaltschaft. - Aber das ist jetzt vielleicht eine akademische Diskussion.

Ich habe zwei Nachfragen. Erstens. Gab es Planungen -entweder innerhalb der Polizei oder innerhalb des MJ -, die Ermittlungen an die Bundespolizei abzugeben? Falls ja: Was war das Ergebnis?