Protocol of the Session on December 11, 2014

Im Jahr 2008 startete das Pilotprojekt Heidebahn mit dem Ziel, Schülerverkehr auf die Schiene zu verlagern. Dokumenten der Nasa aus dem

Jahr 2014 kann man entnehmen, dass dieses Ziel erreicht und gewürdigt wird.

Das klingt für mich nach einem erfolgreichen Pilotprojekt. Warum will die Nasa dieses vermeintlich erfolgreiche Projekt nicht weiterführen? - Die Heidebahn hat doch über den Schülerverkehr hinaus touristische und infrastrukturelle Bedeutung für die Dübener Heide, für Wittenberg, für den Kurort Bad Schmiedeberg sowie für Berufspendler. Die Bedeutung der Heidebahn spiegelt sich auch wider in einer einstimmig gefassten Kreistagsresolution und durch Tausende von Unterstützern.

Es mag sein, dass die Bedeutung bisher noch hinter den Erwartungen des Landes zurückbleibt. Wir müssen aber nach vorn blicken und haben mit einer Zustimmung zu diesem Antrag, den wir heute stellen, die Chance dazu.

Im Jahr 2017 steht das Luther-Jubiläum vor der Tür. Zahlreiche Veranstaltungen in Verbindung mit diesem Jubiläum finden schon jetzt sowie in den Jahren 2015 und 2016 in Wittenberg und auch in Torgau statt.

Ich möchte kurz etwas zu den Logistikern des Reformationsjubiläums sagen, vor allem zum Reformationsjubiläum 2017 e. V. - Organisationsgruppe Logistik. Bei der Evangelischen Kirche Deutschlands wird den Verkehrsverbindungen im Wittenberger Umland zentrale Bedeutung für die Lutherdekade zugemessen.

Die vielen in- und ausländischen Touristen des Luther-Jubiläums können nicht alle in Wittenberg untergebracht werden. Wittenberg ist auf eine gute Anbindung ins Umland angewiesen. In Torgau ist schon ab Mai 2015 die Nationale Sonderausstellung zur Luther-Dekade beheimatet; zahlreiche weitere Events reihen sich ein.

In Wittenberg werden allein zum Festgottesdienst am 28. Mai 2017 mehr als 300 000 Gäste erwartet - und das ist erst der Auftakt für die Weltausstellung Reformation der Evangelischen Kirche Deutschlands in Wittenberg im Jahr 2017. - Und die Nasa stellt kurz vor diesem Höhepunkt eine Eisenbahnstrecke ein?

Mit der Entscheidung, die Heidebahn nicht weiter zu finanzieren, zwingen Sie die Gäste, Touristen, Einwohner, Pendler und Schüler zum Umstieg auf andere und teils weniger umweltfreundliche Verkehrsmittel - oder gar auf den privaten Pkw. Diese Entscheidung ist kurzsichtig und macht einen touristischen infrastrukturellen wertvollen Teil des Verkehrsangebots kaputt.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Dass die Heidebahn in den nächsten drei Jahren eine hohe Bedeutung erlangen wird, ist so sicher wie das Amen beim Wittenberger Festgottesdienst am Kirchentag 2017.

Der Landkreis Wittenberg hat übrigens seine Hausaufgaben gemacht. Er hat ein neues Konzept vorgelegt und die Betriebskosten für die Heidebahn nochmals um 15 % gesenkt. Auch bei der Laufzeit eines neuen Verkehrsvertrages ist der Landkreis Kompromisse eingegangen. Es geht nun um drei statt vier weitere Jahre, wie auch in unserem Antrag gefordert.

Was ist das Argument? - Das einzige Argument der Nasa - ich gebe es sinngemäß wieder - lautet: Eine mehrjährige Bindung bei geringer Nachfrage stellt ein haushalterisches Risiko dar.

(Zuruf von der LINKEN: Hört, hört!)

Ich möchte Sie noch einmal auf die Aussage aus der Bereinigungssitzung des Finanzausschusses hinweisen: Keine Abbestellungen aus finanziellen Gründen. - Es möge niemand behaupten, die Heidebahn hätte in den nächsten drei Jahren ein Nachfrageproblem. Ich denke, das ist eher nicht der Fall. Die Wahrheit ist: Es liegt - zumindest in der nächsten Zeit - nicht am Geld, sondern am politischen Willen.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Das Geld wäre auch für diese Strecke vorhanden, wenn wir endlich mit den Zweckentfremdungen bei den Regionalisierungsmitteln aufhörten. Dazu kommen Ausgabereste in Millionenhöhe, zum Beispiel auch durch die Streiks bei der Bahn. Auch die Ausgabereste sind eigentlich ursprünglich Regionalisierungsmittel und für die Schiene gedacht. Die Landesregierung gibt aber auch diese Reste nicht für die Schiene, sondern für die Finanzierung der Ausbildungsverkehre aus.

Wie anfangs dargestellt: Ist der Zug einmal weg, dann ist er weg. Eine Chance auf Rückkehr hat er nur, wenn es entsprechende Mehrheiten oder eine prominente Fürsprache gibt.

Nur ein Beispiel: Die Thyraliesel auf der Strecke Berga-Kelbra - Stolberg im Harz könnte das Glück dieser Fürsprache haben; denn der Ministerpräsident setzt sich laut „Mitteldeutscher Zeitung“ vom 24. November 2014 im Interesse der touristischen Entwicklung in dieser Region für diese Bahn ein.

Alle Strecken werden dieses Glück nicht haben. Doch die Wipperliese und die Heidebahn bieten genug Gründe, damit sich jeder hier im Landtag für sie einsetzen kann.

(Zuruf: Eben!)

Ich bitte Sie, dies mit einer Zustimmung zu tun.

Wenn man sich die Äußerungen verschiedener Abgeordneter auch aus Parlamenten vor Ort, in den betroffenen Regionen ansieht, dann stellt man fest: Es sind im Wesentlichen alle Parteien beteiligt, die ihre Fürsprache für diese beiden Bahnen zumindest äußern. Insofern wäre das hier

heute auch eine Stunde der Ehrlichkeit und der Wahrheit.

(Beifall bei der LINKEN)

Deswegen bitte ich Sie nicht einfach um Zustimmung, sondern beantrage zu beiden Anträgen jeweils eine namentliche Abstimmung.

(Oh! bei der CDU - Zuruf von der CDU: Oh nö!)

- Ja, wenn man schon Bekenntnisse vor Ort macht, möchte ich die hier auch hören.

(Beifall bei der LINKEN - Herr Gallert, DIE LINKE: Genau!)

Noch eine Aussage - das gehört sich - zu dem Änderungsantrag der Fraktion BÜDNNIS 90/DIE GRÜNEN: Der Antrag wäre natürlich der absolut weitergehende, weil darin alles enthalten ist, auch die beiden Bahnen.

Nun muss ich sagen: Mir fehlt der Glaube, dass wir das durchkriegen. Aber das wäre sehr okay, weil die Mittel dafür vorhanden sind.

Es gibt nur ein kleines Problem: Darin steht ein Haushaltsbezug. Den Haushalt haben wir aber gestern beschlossen. Das Problem ist heilbar. Es ist nicht relevant für eine Entscheidung. Deswegen können wir dem trotzdem zustimmen. Denn: Wir haben ja das Protokoll aus der Bereinigungssitzung. Das heißt, es hat gar keinen haushalterischen Bezug mehr. Das Geld wäre über die Menge der Haushaltsausgabereste ohnehin da. Deshalb: Wenn Ihr Antrag nicht durchkommt, machen wir das mit unserem Antrag. Wir werden sehen, wo es landet.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Hoffmann, insbesondere dafür, dass Sie schneller als die Bahn fertig gewesen sind und für zwei Anträge nicht einmal 15 Minuten gebraucht haben. - Jetzt ist der zuständige Minister an der Reihe. Herr Webel, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Herr Hoffmann, Sie haben die 13 000 Unterschriften genannt. Wenn all diese 13 000 Personen die Wipperliese genutzt hätten, hätten wir die heutige Debatte nicht;

(Beifall bei der CDU - Oh! bei der LINKEN)

denn es geht auch um die Nutzung von schienengebundenem Personennahverkehr bei Ihren beiden Anträgen und den beiden Änderungsanträgen der GRÜNEN zu der Abbestellung von drei Strecken.

Ich möchte jetzt nicht auf die fachlichen Dinge eingehen. Wir haben darüber umfassend informiert. Es gab auch Informationen in der Presse zu Streckenlängen und Fahrgastzahlen. Herr Hoffmann, wir haben darüber berichtet. Sollte jemand dazu noch genauere Informationen benötigen, bitte ich darum, mir nur die E-Mail-Adresse mitzuteilen. Ich kann das dann direkt auf das iPad oder auf den Rechner schicken.

Heute möchte ich lieber etwas Grundsätzliches zu den Regionalisierungsmitteln sagen. Vielleicht wird das Ihre Entscheidung auch etwas beeinflussen.

Herr Hoffmann, Sie haben die Zahl genannt: Wir bekommen für das Jahr 2014 von den 7,3 Milliarden € 367 Millionen €.

Für das Jahr 2015 gibt es keine Dynamisierung. Der Deutsche Bundestag hat die Dynamisierung von 115 Millionen € nicht beschlossen, sodass wir auch im nächsten Jahr mit 367 Millionen € auskommen müssen, sollte es im Vermittlungsausschuss keine Einigung zwischen dem Deutschen Bundestag und dem Bundesrat geben.

Ich kann an dieser Stelle sagen: All diejenigen, die die Verteilung der Mittel für das Jahr 2019 ff. aushandeln müssen, können von mir schon einen Vorgeschmack darauf bekommen, wie es geht, wenn die Länder bei knapper werdenden Mitteln über die Verteilung zu streiten beginnen.

Am 1./2. Oktober 2014 in Kiel waren es insbesondere die alten Länder, die deutlich gemacht haben, dass sie nicht mehr bereit sind, in den dünn besiedelten ostdeutschen Ländern im Winter warme Luft und im Sommer gekühlte Luft transportieren zu lassen. - Das war eine knallharte Aussage. Ich könnte Ihnen auch die Namen der Länder nennen, die dabei in der Vorreiterrolle gewesen sind.

Aber an dieser Stelle muss ich auch sagen: Sie haben ja Recht, wenn man auf die vollen Züge in den Ballungszentren in den alten Ländern wie Berlin schaut. Wir lesen jetzt von dem Problem im S-Bahn-Netz in Leipzig, das auch sehr voll ist.

Die Eisenbahn ist ein Massenverkehrsmittel. Das soll sie auch bleiben. Busse sollen das Massenverkehrsmittel Bahn ergänzen.

In dünn besiedelten Regionen können ohnehin nur Busse fahren, weil in dünn besiedelten Regionen die Fahrgäste fehlen. Wir transportieren die Menschen, die es möchten, mit Bussen zur Bahn, damit sie das Massenverkehrsmittel Bahn überregional nutzen können. Deshalb hat die Nasa schon vor Jahren das Bahn-Bus-Landesnetz auf den Weg gebracht.

In Kiel haben wir als Ostländer einen Bestandsschutz erfochten; das war schwer genug. Wir haben einen Bestandsschutz auf der Basis des Jahres 2014 plus eine 1,25-prozentige Dynamisierung

erstritten. Bei einer jährlichen Kostensteigerung von etwas mehr als 2 % kann sich jeder vorstellen, dass diese Mindestdynamisierung nicht ausreichend ist.

An dieser Stelle muss ich jedoch auch sagen, der Vorsitzende der VMK, der Verkehrsminister von Schleswig-Holstein Herr Meyer, der auch einmal Chef der Staatskanzlei in Mecklenburg-Vorpommern gewesen ist, hat für uns eigentlich mitgestritten. Er hat das in der Größenordnung von 0,01 % scheibchenweise pro Jahr - 0,01 % sind 730 000 € jährlich - für die neuen Länder erstritten. Trotzdem sinkt die Quote für die Verteilung der Mittel von derzeit 5,05 % auf 2,9 % im Jahr 2030.

Deshalb müssen wir jetzt umdenken; denn im Jahr 2030 gilt der Königsteiner Schlüssel. Wir alle wissen, dass die Bahn fünfmal teurer ist als der Bus. Wir wissen auch, dass das Produkt Bahn leider nicht in dem Maße angenommen wird, in dem wir es anbieten.

Wenn man ein Produkt anbietet, das nicht angenommen wird, dann muss man auch erkennen, dass man, wenn man den ÖPNV im ländlichen Raum sicherstellen möchte und das auch tun muss, die Dinge mit straßengebundenem ÖPNV regeln muss. Anrufbusse, die es vor Ort auch gibt, können nicht alles regeln.