der Legitimations- und Kennzeichnungspflicht deutlich beschränkt. Die Polizisten sollen danach in Ausnahmesituation, in denen Leib, Leben oder Freiheit einer Person unmittelbar gefährdet sind, eine Ausnahme von der Kennzeichnungspflicht aktenkundig begründen. Angaben zur praktischen Umsetzung dieser Begründungs- und Dokumentationspflicht haben Sie außen vor gelassen.
In besonderen Gemengelagen, wie zum Beispiel im Fall des Großeinsatzes in Berlin-Kreuzberg, bei dem Anfang September in der Schlesischen Straße vermummte Autonome Müllcontainer aus Hinterhöfen gezerrt und auf dem Asphalt angezündet haben, anrückende Polizisten mit Pflastersteinen angegriffen haben und ein Haus einer Berliner Wohnungsbaugesellschaft, das zum Teil noch bewohnt war, besetzt haben, ist eine Offenlegung der Identität eines Polizisten schlichtweg unvorstellbar.
Auf den Seiten 8 und 9 Ihres Gesetzentwurfes verlangen Sie, dass die Beamten eine Gefährdungsanalyse im konkreten Einzelfall vornehmen und Ausnahmen von der Kennzeichnungspflicht schriftlich aktenkundig begründen, damit im Einzelfall eine nachträgliche Rechtmäßigkeitskontrolle zu der grundsätzlichen Frage vorgenommen werden kann, ob das Schild dranbleiben muss oder abgenommen werden darf.
Wenn sich unsere Beamten in Extremsituationen mit solchen Nebensächlichkeiten auseinandersetzen müssen, kann die Einsatzfähigkeit der Polizei nicht mehr gewährleistet werden.
Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Welche Blüten sollen denn Ihre Vorstellungen von einer weltoffenen und bürgerfreundlichen Polizei noch tragen? Sie vergessen, dass es auch Menschen gibt, die - aus welchen Gründen auch immer; oft aus Idiotie - der Polizei einfach nicht wohlgesonnen sind.
Es gibt Einsätze, bei denen Situationen kippen können und bei denen Polizisten Angst haben müssen. Bei diesen Einsätzen sind es nicht unsere Polizistinnen und Polizisten, die rechtswidrige Handlungen begehen und dabei nicht erkannt werden wollen. Wer sich bei Demonstrationen rechtstreu verhält, der braucht das Gewaltmonopol der Staatsmacht nicht zu fürchten.
Einen Aspekt lassen Sie auch gänzlich außen vor. Die geschlossenen Verbände der Bereitschaftspolizei anderer Bundesländer, in denen die Kennzeichnungspflicht nicht geregelt ist, bleiben nach Ihrem Antrag bei angeforderten Einsätzen in Sachsen-Anhalt auch weiterhin nicht gekennzeichnet. Auch werden die insgesamt ca. 30 000 Bundespolizisten zu Recht keiner individuellen Kennzeichnungspflicht unterliegen.
unseres Innenministers zur geplanten Gruppenkennzeichnung von Polizisten bei Demonstrationen positiv begleiten. - Ich sehe, meine Redezeit ist bereits überschritten. - Ich stimme dem Kollegen Erben zu und bitte um die Überweisung des Gesetzentwurfs und des Antrags in den Innenausschuss. Dort können wir die Beratung fortsetzen. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Herr Kollege Kolze, ich möchte Ihren Blick auf die Uhr lenken und gleichzeitig mitteilen, dass es bereits vier Anfragen an den Redner gibt. Möchten Sie die Fragen beantworten?
Herr Kolze, die Frage nach der Vergleichbarkeit von Supermarktkassiererinnen mit Polizistinnen und Polizisten möchte ich hier nicht debattieren. Aber ich möchte auf diejenigen hinweisen, die in Jobcentern arbeiten und dort sehr oft stark konfrontative Situationen erleben. Diese Menschen haben auch ein Türschild mit ihrem Namen und tragen ein Namensschild bei sich. Sie müssen auch fürchten, dass Menschen, die mit ihnen unzufrieden sind, ihnen entsprechend nachstellen.
Ich habe zwei Fragen. Erstens. Sie haben am Anfang Ihrer Rede eine recht breite Aufzählung gemacht. Darin kamen unter anderem Sitzblockiererinnen und Sitzblockierer vor. Ich frage Sie: Sind das aus Ihrer Sicht Extremisten?
Zweitens würde ich gern wissen, ob Sie die Studie des KFN, die unlängst zur Gewalt gegen Polizeibeamte erschienen ist, zur Kenntnis genommen haben und ob Sie mir dahin gehend zustimmen, dass die Gewalt gegen Polizeibeamte vor allem im Bereich der alltäglichen Einsätze zugenommen hat und nicht so stark im Bereich des Demonstrationsgeschehens?
Zu Ihrer ersten Frage, inwieweit Sitzblockierer Extremisten sind. So weit würde ich vielleicht nicht gehen, aber zumindest schränken Sitzblockierer das Demonstrationsrecht anderer Bürger deutlich ein und daher muss gegen sie auch vorgegangen werden.
Herr Striegel, wir sind hierzu einfach unterschiedlicher Meinung. Über alles Weitere können wir im Ausschuss beraten. Können Sie mir zu Ihrer zweiten Frage auf die Sprünge helfen?
Sie bezog sich auf die neue Studie des KFN zur Gewalt gegen Polizeibeamte und auf die Frage, in welchen Bereichen bei dieser Art von Gewalt ein besonders starker Anstieg zu verzeichnen ist.
Gerade in den Fällen, in denen ein Polizeibeamter oder die Besatzung eines Streifenwagens zu einem Fall häuslicher Gewalt gerufen wird, mehren sich die Übergriffe auf Polizeibeamte; das ist mir sehr wohl bewusst.
Ich möchte auch gar nicht gegeneinander aufwiegen, welche Gewalt gegen Polizisten schlimmer ist. Sie ist immer schlimm und sie ist immer falsch. Man muss sehen, mit welcher Intensität Gewalt gegen Polizisten heutzutage bei Demonstrationen an den Tag gelegt wird.
Ich möchte einmal das Fußballspiel in Halle in die Erinnerung des Hohen Hauses rufen. Hierbei wurden Polizeibeamte in einen regelrecht vorbereiteten Hinterhalt gelockt und es gab schwerste Übergriffe auf Polizeibeamte.
Herr Kolze, Sie haben eingangs Ihrer Rede bemerkt, dass Sie heute gern über die Gewalt gegen die Polizei geredet hätten. Ich stelle zunächst fest, dass dies kein Argument dagegen ist, dass wir heute diese Debatte führen. Ich habe eine Frage: Woran ist es innerhalb der CDU-Fraktion gescheitert, zu dieser Sitzungsperiode einen entsprechenden Antrag zu stellen, sodass wir darüber hätten reden können?
Ich habe eine zweite Frage. Sie haben die Sitzblockaden angesprochen. Respektieren Sie die mittlerweile von mehreren Gerichten getroffenen Urteile, wonach solche Sitzblockaden legitim sind?
Ich bin sicherlich nicht der richtige Mann, um Urteile zu kommentieren oder sie hinsichtlich ihrer Rich
tigkeit und Sinnhaftigkeit zu interpretieren. Ich respektiere grundsätzlich jeden Richterspruch, der in der Bundesrepublik Deutschland ergeht.
Herr Kolze, ob es eine Frage oder eine Meinungsäußerung meinerseits ist, können Sie für sich entscheiden. Sie haben an dieser Stelle eine ganz grundsätzliche und fundamentale Rede gehalten, die eine Kennzeichnungspflicht in entsprechenden Einsatzlagen substanziell ablehnt. Wissen Sie, in 150 km Entfernung kommt die gleiche Partei zu einer substanziell genau anderen Position. Erklären Sie mir doch einmal diese Differenz.
Lieber Kollege Gallert, ich glaube, wir finden ausreichend viele Beispiele, die zeigen, dass auch Ihre Partei, insbesondere in den Ländern, in denen sie in der Regierungsverantwortung ist, sicherlich anders argumentiert, als Sie das hier tun.
Vielleicht wollten die Kollegen von der CDU in Brandenburg schlichtweg ein Alleinstellungsmerkmal haben.
Nichts ist unmöglich, so hieß es einmal in einer Autowerbung. - Wir kommen zur nächsten und damit letzten Frage vom Abgeordneten Herrn Rothe.
Herr Kollege Kolze, Sie haben in Ihrem Redebeitrag die verfassungsrechtliche Überprüfung der Berliner Regelung erwähnt. Was halten Sie davon,
das Ergebnis dieser verfassungsrechtlichen Prüfung abzuwarten, bevor sich der Innenausschuss endgültig positioniert? Ich denke, das wäre der Komplexität des Themas angemessen. Ich begrüße ausdrücklich, dass sich die CDU-Fraktion für die Überweisung an den Ausschuss ausspricht.
Ich persönlich gehöre übrigens zu den Mitgliedern der Gewerkschaft der Polizei, die für eine Kennzeichnungspflicht sind, eben weil unsere Polizei rechtsstaatlich handelt.
Kollege Rothe, diese Frage hätten Sie eher dem Einbringer als mir stellen sollen. Aus meiner Sicht ist es überhaupt kein Problem zu sagen: Okay, wir warten mal auf die verfassungsrechtliche Überprüfung.
Aber ich denke, der Einbringer hat ein berechtigtes Interesse, dass wir ohne weiteren Verzug in die Beratungen im Ausschuss gehen. Dieser Maßgabe sollten wir uns als regierungstragende Fraktionen stellen. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Kollege Kolze. - Zum Abschluss der Debatte spricht für die Fraktion DIE LINKE Frau Abgeordnete Tiedge.