Protocol of the Session on September 8, 2011

Wenn wir unseren Gesetzentwurf umsetzen, dann befinden wir uns in guter Gesellschaft mit unseren beiden Nachbarländern Sachsen und Thüringen, die genau diese Drittelparität in den Gesamtkonferenzen haben.

Deswegen haben wir uns in Vorbereitung dieses Gesetzentwurfs einmal bei den Schulleitungen in Thüringen erkundigt, wie denn ihre Erfahrungen mit dieser Drittelparität sind. Dazu muss ich Ihnen sagen: Aus Thüringen haben wir hierzu nur Positives gehört. Die Schulleitungen haben uns ausdrücklich gesagt, dass es gerade durch diese Drittelparität viel weniger Streit und Stress bei den Entscheidungsfindungen in den Schulen gibt, also nur positive Erfahrungen.

Unser Gesetzentwurf weist aber auch Unterschiede zu den Gesetzgebungen in unseren Nachbarländern auf. Ich möchte an dieser Stelle ein Beispiel nennen, was mir wichtig erscheint.

In Sachsen und Thüringen hat der Schulleiter nur eine Moderatorfunktion, also er hat keine eigene Stimmung in der Schulkonferenz. In unserem Vorschlag statten wir den Schulleiter mit einer Stimme in der Schulkonferenz, in der Gruppe der Lehrer und Lehrerinnen aus.

Das halten wir deswegen für einen guten Vorschlag, weil wir Schulen in einen Transformationsprozess hin zu mehr Selbständigkeit bringen wollen. Wir sehen die Position des Schulleiters gestärkt, wenn er selbst eine Stimme in der Schulkonferenz hat.

(Herr Dr. Schellenberger, CDU: Die hat er doch jetzt schon!)

- Wir machen ja einen neuen Gesetzentwurf. In Sachsen und Thüringen hat er keine Stimme. Wir sagen: Wir würden es gern so beibehalten, dass er eine Stimme hat.

(Herr Dr. Schellenberger, CDU: Gut!)

Etwas anders sieht es bei den Fach- und Klassenkonferenzen aus. Auch diesbezüglich sehen wir die Möglichkeit, die Beteiligung von Eltern und Schülern zu verbessern. Allerdings ist natürlich hierbei das Primat wie folgt: Wenn es um die Leistungsbeurteilung, um die Beurteilung des Sozialverhaltens der Schüler und Schülerinnen geht, ist das Primat bei den Lehrern und Lehrerinnen sowie bei den pädagogischen Mitarbeitern. Aber wir hal

ten es für angemessen, dass die Schüler und Schülerinnen sowie die Eltern zusammen so viele Stimmen wie die Lehrer haben.

Auch damit würden wir die Position der Eltern und der Schüler verbessern, und die Schüler könnten besser ihre Bedürfnisse einbringen und artikulieren. Vor allen Dingen würden wir damit auch die Übernahme von Verantwortung stärken, indem die Schüler und Schülerinnen, die mit entscheiden, direkt Mitverantwortung übernehmen für die Regelungen, die auf den Fach- und Klassenkonferenzen getroffen werden.

Noch ein letzter Punkt zu unserem Gesetzentwurf. Ich halte es für einen besonders gelungenen Punkt in unserem Gesetzentwurf, dass wir hierin voll auf Subsidiarität setzen. Das heißt, wir wollen in dem Gesetzentwurf alles regeln, was notwendig ist, und glauben, dass alles, was an weiteren Dingen zu regeln ist, wie etwa die Anpassung an kleine Schulen oder die Anpassung an die Verhältnisse in Förderschulen, dadurch geregelt werden kann, dass sich die Schulen Geschäftsordnungen für ihre Konferenzen geben. Dort kann das alles im Einzelfall geregelt werden.

Ich finde, das ist eine gute Regelung, die dem Kultusministerium Arbeit erspart, Bürokratie abbaut und vor allem die Selbständigkeit der Schulen befördert.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Darum lade ich Sie ein, sich unserem Gesetzentwurf anzuschließen.

Wir wollen Demokratie. Wir wollen lebendiges Mitmachen in der Keimzelle der Demokratie, in der Schule. Dazu brauchen wir eine gleichberechtigte Beteiligung von Lehrern und Lehrerinnen, Eltern sowie Schülern und Schülerinnen in den Konferenzen. Nur dann haben wir tatsächlich das gemeinsame Ringen um die beste Lösung. Deswegen ist die Drittelparität eine wichtige politische Leitplanke, die wir in die Schulen einbauen sollten, damit wir am Ende tatsächlich lebendige Schulen haben. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Professor Dalbert, für die Einbringung des Gesetzentwurfes. - Bevor wir in die Fünfminutendebatte eintreten, spricht für die Landesregierung Herr Minister Dorgerloh.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist unstrittig, dass Schule ihren verfassungsrechtlichen Auftrag, die Schülerinnen und Schüler zur Übernahme von Mitverantwortung in Staat und Gesellschaft zu befähigen, auch dadurch zu erfüllen hat, dass sie selbst im

Geist von Demokratie, Toleranz und Offenheit arbeitet. Dies impliziert die Förderung von Mitbestimmung und Mitwirkung.

Die derzeitige Zusammensetzung der Gesamtkonferenz - in der Regel zur Hälfte mit Lehrkräften und zur anderen Hälfte mit Eltern- und Schülervertretern - sichert ein ausgewogenes Verhältnis von Verantwortlichkeit und Professionalität einerseits und Betroffenheit andererseits.

Hinzu kommen als verantwortliche Entscheidungsträger mit Stimmrecht die Schulleiterin oder der Schulleiter und eine Vertreterin oder ein Vertreter des Schulträgers. Diese Zusammensetzung ermöglicht auch Eltern und Schülern die Einflussnahme auf eine breiten Entscheidungspalette, begrenzt aber nicht die erforderliche Verantwortung der Schulleitung und der Lehrkräfte.

In dem vorliegenden Gesetzentwurf bewirkt die für Eltern und Schüler erweiterte Mitbestimmung letztlich eine Reduzierung der Mitbestimmung bei den Lehrkräften. Bei der vorgeschlagenen Drittelparität in der Gesamtkonferenz würde die Seite der Schüler und Eltern mit zwei Dritteln der Stimmenanteile die Seite der Schulleiter und Lehrkräfte überstimmen können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Aus meiner Sicht ist es immer fragwürdig, in einer Schule eine Mehrheit gegen die Lehrkräfte und Verantwortungsträger zu organisieren.

(Frau Prof. Dr. Dalbert, GRÜNE: Oh! - Zu- stimmung von Herrn Weigelt, CDU)

Gerade in einer Schule gibt es Verantwortlichkeiten, die Qualifizierung voraussetzen,

(Zuruf von Frau Bull, DIE LINKE)

insbesondere dort, wo die Sicherung der Abschlüsse, höhere Rechtsnormen, Kosten, und fachliche und schulfachliche Sachkenntnisse oder tarifrechtliche Rahmenvorgaben zu beachten sind.

Es trüge aus meiner Sicht auch nicht zur Stärkung der Demokratie an Schulen bei, wenn nachgängig kollidierende Beschlüsse durch den Schulleiter und die Schulbehörde wieder zurückgenommen und dann gar durch die Schulbehörde ersetzt werden müssten. Ebenso wenig hilfreich wären Beschlüsse, die gegen das Votum der Lehrkräfte entstünden, deren Umsetzung aber letztlich gerade von deren Engagement abhängt.

In der Begründung zu dem vorliegenden Gesetzentwurf wird darauf verwiesen, dass Sachsen-Anhalt mitbestimmungstechnisch hinter einer Reihe anderer Bundesländer zurückbleibt. Es wurde gerade das Beispiel Baden-Württemberg genannt. Es wird allerdings verschwiegen, dass in jenen Bundesländern, in denen Schulkonferenzen drittelparitätisch zusammengesetzt sind, zum Beispiel in Sachsen und Thüringen, daneben Lehrerkonferenzen existieren bzw. dass die Themen, die die

Schulkonferenz zur abschließenden Entscheidung zugewiesen wurden, eingeschränkt sind. Beides ist im vorliegenden Gesetzentwurf nicht vorgesehen.

Klargestellt werden müsste auch, dass im Streitfalle die letzte Entscheidung bei den Verantwortungsträgern liegt. Diesbezüglich liegen uns verschiedene Gutachten von Juraprofessoren vor, die ausdrücklich darauf verweisen.

Sachsen verweist die Letztentscheidung explizit an die Bildungsagentur, also die Schulaufsicht. Ich habe mich gerade darüber informieren können, dass es in Brandenburg ähnlich ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Darüber hinaus wird im Gesetzentwurf von BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN das gerade in der vergangenen Legislaturperiode eingeführte Stimmrecht des Schulträgers in der Gesamtkonferenz wieder aufgehoben. Das ist nicht nachvollziehbar und, finde ich, auch nicht sachgerecht.

Wir haben schon den Verweis auf den Bildungskonvent gehört. Diesen können wir nicht nur mit Blick auf die Eigenverantwortung von Schule zitieren. Vielmehr müssen wir dann auch schauen, was der Bildungskonvent im Hinblick auf die Frage von Mitwirkung und Mitbestimmung im Kontext einer stärker eigenverantwortlich agierenden Schule gesagt und empfohlen hat, auch vor dem Hintergrund der Qualitätsentwicklung.

In diesem Zusammenhang wurde auch ein Vorschlag der Eltern- und Schülervertreter zur Einführung einer Drittelparität in Gesamtkonferenzen ausführlich diskutiert. Die übergroße Mehrheit der Konventmitglieder nahm jedoch von diesem Modell Abstand.

Stattdessen sieht die Empfehlung des Konvents unter anderem vor, bei bestimmten schulischen Entscheidungen, zum Beispiel Aufstellung des Schulhaushaltes, Entscheidungen über die Stundentafel, Lerngruppenbildung, Schulkleidung, Einrichtung eines Schulvorstandes und vieles andere mehr, die Zustimmung von mindestens zwei Dritteln der Mitglieder der Gesamtkonferenz vorzusehen.

Die Frage der Einführung einer Drittelparität in Gesamtkonferenzen beschäftigt diesen Landtag schon seit Jahren. Der vom Landtag eingesetzte Bildungskonvent hat sich mit dieser Problematik auseinandergesetzt und Vorschläge für eine stärkere Mitwirkung bei Wahrung der derzeitigen Zusammensetzung erarbeitet. Diese sollten für uns Richtschnur für das zukünftige Handeln sein. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister. - Wir treten jetzt in der Reihenfolge CDU, DIE LINKE, SPD und GRÜNE

in die Debatte ein. Für die CDU spricht der Kollege Dr. Schellenberger.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Präsident! Ich freue mich immer, wenn wir es im Ausschuss hinbekommen, dass wir zum Schluss alle einer Meinung sind. An dieser Stelle wird das leider nicht der Fall sein. Das kann ich Ihnen schon sagen.

Ich staune. Hut ab vor Ihrer Arbeit! Das ist schon der zweite Schulgesetzentwurf, den Sie innerhalb dieser kurzen Zeit einbringen - alle Achtung!

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Aber ein Gesetzentwurf müsste dann auch inhaltlich diesen Anforderungen entsprechen. Daran müssen wir, glaube ich, noch gemeinsam arbeiten, damit das in Zukunft besser wird. Vielleicht kann man auch logisch überlegen, wie man das alles zusammenpackt, damit das funktioniert.

(Zuruf von Frau Bull, DIE LINKE)

Wie Sie gerade gehört haben, ist das Thema Drittelparität ein alter Hut. Wir haben heute früh schon eine Rechenstunde gehabt: vier minus zwei ist gleich zwei. Alle haben Ihnen zugestimmt. Ich kann Ihnen sagen, dass das Wort Drittelparität für mich 33,3 % bedeutet. Wenn man einmal nachrechnet, was Sie aufgeschrieben haben, dann komme ich zu einer anderen Rechung, und zwar ein Schulleiter, vier Lehrer, fünf Schüler, fünf Eltern und ein sonstiger Mitarbeiter sind zusammen 16 Personen. Fünf von 16 sind noch nicht einmal ein Drittel. So gesehen kann ich Ihnen nur sagen: Der alte Hut ist auch noch falsch berechnet.

(Zustimmung von Frau Weiß, CDU, und von Frau Brakebusch, CDU)

Ich kann Ihnen an dieser Stelle nur sagen: Man muss die Verantwortung dort lassen, wo sie hingehört, und zwar bei den Lehrern.

(Zustimmung bei der CDU)

Deshalb führt das System, das wir im Gesetz verankert haben, nämlich ein Verhältnis von 1 : 16 : 16 : 1 - als Beispiel -, zu einem Gleichstand, und dann hat der Direktor, der auch die Verantwortung trägt, die ausschlaggebende Stimme.