Protocol of the Session on November 13, 2014

Punkt für Punkt haben Sie, Herr Minister, aus dem Prüfbericht des Landesverwaltungsamtes vom 6. Dezember 2011 vorgetragen. Punkt für Punkt sollte Ihre Aussage stützen, dass es keinerlei Unregelmäßigkeiten gab. Punkt für Punkt zitierten Sie aus einem Prüfbericht, dessen Zustandekommen die Ermittler von Olaf aufgrund gravierender Dokumentationsmängel nicht nur für nicht nachvollziehbar halten, sondern den sie hinsichtlich seiner Auswirkungen auf den EU-Haushalt in keiner Weise akzeptieren können.

Ihre Worte vor einem Jahr dazu waren: Mehr kann man gar nicht prüfen. - Doch, man konnte, wenn man gewollt hätte!

(Beifall bei der LINKEN)

Vor allem ist aber auch die Frage interessant, wie mit dem kommunalen Rechnungsprüfungsamt in Wechselwirkung mit dem Landesverwaltungsamt umgegangen worden ist. Olaf schreibt in seinem Bericht - ich zitiere -:

„Dem Rechnungsprüfungsamt des Landkreises Börde ist bei untersuchungsrelevantem Fördermitteleinsatz als einziger Stelle eine korrekte Prüfungsleistung zu bescheinigen.“

(Zuruf von Minister Herrn Webel)

Eine umfassende Bewertung hat Olaf auch für das Handeln der EU-Verwaltungsbehörde und des Landesverwaltungsamtes vorgenommen. Kurz gefasst ist das Ergebnis: mangelhafte Aufsicht; von kritischer Neutralität und gebotener Professionalität kann keine Rede sein.

Festgestellt wurde unter anderem, dass unterschiedliche Kontrollvermerke zum gleichen Sachverhalt erstellt worden sind, beispielsweise über Vor-Ort-Kontrollen von Verwendungsnachweisen. Diese Unterschiede wurden dann durch Mitarbeiter des Landesverwaltungsamtes - Zitat - „mit der Bemerkung liquidiert, eine direkte Vergleichbarkeit der Prüfergebnisse könne nicht hergestellt werden“.

Unklar blieb auch die Erklärung der zweimaligen Verlängerung des Bewilligungszeitraums bis zum Jahr 2011 durch das Landesverwaltungsamt und die EU-Verwaltungsbehörde, obwohl der Bau im Jahr 2009 übergeben und genutzt wurde. Das dokumentarische Chaos konnte bis zur Vor-Ort-Kontrolle von Olaf im Jahr 2013 nicht beseitigt werden.

Wohl aber wurde bei Befragungen bestätigt, dass das Projekt von höchster politischer Seite unterstützt worden sei. Im Rahmen der Akteneinsicht werden wir auch Klarheit darüber bekommen, wer welche Schreiben zur einvernehmlichen Entlastung verfasst hat, welche Dokumente bisher unter Verschluss gehalten wurden und auf wessen Anweisung dieses erfolgte.

Die Untersuchungsbehörde stellte zusammenfassend fest, dass es keinen Fördermittelanspruch für diese Sporthalle gegeben habe, dass die Kontrolle der Mittelverwendung mangelhaft gewesen und nicht neutral gehandhabt worden sei und dass es von Beginn bis Ende des Projektes einen durchgehenden Interessenkonflikt beim Nutznießer der Förderung gegeben habe.

Vor diesem Hintergrund ergeben sich natürlich Fragen, vor allem an Herrn Minister Webel. Haben Sie nicht gesehen, dass die Halle vorwiegend als kommerzielles Fitnessstudio genutzt wurde?

(Herr Schröder, CDU: Städtebauförderung!)

Welche Probleme waren Ihnen persönlich bekannt und wo verließen Sie sich auf Zuarbeiten Ihrer Mitarbeiter? - Das betrifft Ihre Tätigkeit als ehemaliger Landrat genauso wie die als Minister. Wir sehen keinen Unterschied in dieser Angelegenheit, zumal Sie von Anfang an in das Projekt involviert waren.

(Beifall bei der LINKEN - Herr Schröder, CDU: Nach den Förderrichtlinien des Lan- des!)

Welche Informationen sind Ihnen zugänglich geworden, nachdem Olaf im September 2013 vor Ort Gespräche geführt hat und Sie dennoch im November 2013 hier im Landtag das Zeugnis ausstellten, die Prüfungen wären so was von in Ordnung und Sie verstünden die ganze Aufregung nicht?

Wir sind auch sehr gespannt auf die Vorlage der Stellungnahme des Landesverwaltungsamtes zum Olaf-Bericht, das nach Medienberichten meint, das Papier enthalte „ausschließlich Mutmaßungen, Annahmen, Unterstellungen, Behauptungen und emotional geleitete Anschuldigungen gegen die Landesbehörden“.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Über mögliche strafrechtliche Belange hat Olaf die Strafverfolgungsbehörden informiert. Wir sind gespannt, welche Reaktionen darauf kommen werden. Wenn sich jedoch die Vorwürfe von unrechtmäßigem Handeln nach Anhörungen in den Aus

schüssen bestätigen, und zwar egal auf welcher Ebene, ob auf der kommunalen Ebene, im Landesverwaltungsamt oder im Ministerium, dann sind personelle Konsequenzen unumgänglich.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung von Frau Prof. Dr. Dalbert)

Aus Gesprächen mit einer Reihe von Kolleginnen und Kollegen der Koalitionsfraktionen weiß ich, dass auch sie mit Fördermittelverschwendung und Begünstigungen aller Art nicht einverstanden sind. Jedoch wurde durch die politischen Spitzen oft genug mit der Begründung „Einzelfälle“ oder „Unschuldsvermutung“ der Deckel auf den Topf gedrückt. Aber Wolmirstedt, Dessau, Magdeburg, Stendal oder Bad Kösen sind offenbar öfter anzutreffen, als es den Anschein hat.

Mancher meint, sich alles erlauben zu können mit der Begründung, es gehe doch schließlich um das Allgemeinwohl, hat dabei aber die eigenen Interessen fest im Blick.

(Beifall bei der LINKEN)

Es ist an der Zeit, die Zuflüsse für solche Sümpfe auszutrocknen. - Vielen Dank.

Für die Landesregierung spricht nun Herr Minister Webel.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Herr Dr. Thiel, zum Glück haben Sie noch gesagt, dass die Halle schon im Jahr 2009 fertig gestellt worden ist und seit dieser Zeit bereits genutzt wird. Alle, die wissen, wie lange ich in dieser Funktion an diesem Pult stehen darf, wissen auch, dass man schwerlich handeln kann, wenn man keine Zuständigkeit hat.

(Frau Bull, DIE LINKE: Als Landrat hat man natürlich überhaupt keine Zuständigkeit!)

- Bleiben Sie erst einmal ganz ruhig, Frau Bull. Ich sage Ihnen, welche Zuständigkeit ein Landrat hat. Wenn Sie mir nicht glauben, dann fragen Sie sie selbst - hier sitzen einige Landräte. Auch Sie haben mittlerweile zwei Landräte - einen Landrat und eine Landrätin. Fragen Sie sie einmal, welche Zuständigkeiten sie haben. Wenn Sie mir nicht glauben, kann ich Ihnen die Unterlage nachher geben. Darin sind die Zuständigkeiten eines Rechnungsprüfungsamtes ganz klar formuliert.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Fraktion DIE LINKE hat eine Aktuelle Debatte zum Thema „Die Vorgänge um die Fördermittelvergabe lückenlos aufklären - personelle Konsequenzen ziehen“ beantragt.

(Herr Lange, DIE LINKE: Das stimmt!)

In der Begründung wird angegeben, dass mit den Veröffentlichungen in den Medien zum Ergebnis der europäischen Antikorruptionsbehörde Olaf im Falle der Förderung der Jahn-Halle in Wolmirstedt eine neue Dimension eines Fördermittelskandals sichtbar geworden sei.

Weiter heißt es:

„Sollten sich die in der Öffentlichkeit diskutierten Feststellungen erhärten, insbesondere die These, dass es sich hierbei um einen CDU-internen Vorgang von Begünstigung handelt, sind personelle Konsequenzen auf allen beteiligten Ebenen unumgänglich.“

Das haben Sie heute noch einmal klar zum Ausdruck gebracht.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich bin der Opposition sehr dankbar dafür, dass sie dies getan und auch so begründet hat. Entsprechend Ihrer Begründung nehme ich mir heute die Freiheit - und mit Ihrer Erlaubnis, Herr Präsident, auch die Zeit -, nicht nur zur Sache selbst zu sprechen, sondern auch einige Dinge zur bisherigen medialen Berichterstattung sowie zur Frage des Verdachts etwaiger parteipolitischer Verflechtungen zu sagen.

Gestatten Sie mir, dabei zunächst auf die bisherige mediale Berichterstattung einzugehen, haben Sie diese doch an den Anfang Ihrer Begründung für die heutige Debatte gestellt.

Am 16. November 2013 war in der „Volksstimme“ zu lesen, dass ich in meiner Rede vor einem Jahr im Landtag erklärt habe, dass das Landesverwaltungsamt bei der Prüfung der Belege zur JahnHalle keine Verstöße festgestellt habe. Fakt ist, dass ich in meiner Rede am 14. November 2013 sehr wohl auf die Mängel hingewiesen habe, die das Landesverwaltungsamt in seinem Prüfbericht festgestellt hat. Damals sagte ich:

„Im Rahmen dieser Prüfung wurde dokumentiert, für welche bereits im Rahmen der Mittelabrufe während der Bauphase geltend gemachten Ausgaben, für die entweder keine oder unzureichende Belege vorgelegt werden konnten oder für die kein Erstattungsanspruch besteht, weil es sich um nicht förderfähige Tatbestände … handelt, keine Auszahlung erfolgte. Dabei handelt es sich insgesamt um Ausgaben in Höhe von 58 118,99 €.“

Sie können das im Stenografischen Bericht nachlesen.

Fakt ist auch, dass die falsche Behauptung in der weitergehenden Berichterstattung am 2. August 2014 sowie am 21. und 22. Oktober 2014 wiederholt wurde und trotz wiederholter Aufforderung

durch die Pressestelle des Ministeriums für Landesentwicklung und Verkehr unkorrigiert geblieben ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Linkspartei! Vielleicht hat diese fortgesetzte nachweislich falsche Berichterstattung dazu beigetragen, dass Sie in Ihrer Begründung in der Drs. 6/3596 geschrieben haben, „dass die landeseigenen Kontrollbehörden nicht in der Lage oder nicht gewillt waren, diese Mängel festzustellen“. Ich weiß es nicht. Ich weiß aber eines: Fakten aus Akten sind auch in diesem Fall besser als Meinung aus Zeitung.

(Beifall bei der CDU)

In der Ausgabe besagter Zeitung vom 16. November 2013 war ebenfalls zu lesen, dass ein Bericht des Rechnungsprüfungsamtes des Landkreises Börde vom August 2010 auf Fehler im Vergabeverfahren und auf unvollständige Unterlagen und fehlende Rechnungen hingewiesen hat. Zitat damals: „Für mehr als 112 000 € gibt es keine Belege.“

Fakt ist: Der in diesem Artikel hergestellte Zusammenhang zwischen der Summe von 112 000 €, für die im Jahre 2010 Rechnungsbelege fehlen sollen, und dem Fördermittelvorgang, der vom Landesverwaltungsamt bearbeitet und geprüft wurde, ist falsch. Diese Summe hat nichts mit dem Fördermittelverfahren des Landesverwaltungsamtes zu tun. Dieses Fördermittelverfahren wurde im Dezember 2011 abgeschlossen. Zu diesem Zeitpunkt waren der zahlenmäßige Nachweis und die Rechnungsbelege vollständig. Eventuell aufgetretene Unregelmäßigkeiten stehen nicht mit dem vom Landesverwaltungsamt geprüften Vorgang im Zusammenhang.

Fakt ist auch, dass der betreffende Autor bereits am 18. November 2013 durch das Landesverwaltungsamt auf seine Falschdarstellung hingewiesen und zu ihrer Korrektur aufgefordert wurde. Auch dieser Aufforderung ist der betreffende Autor bislang nicht nachgekommen.

In der „Volksstimme“ vom 21. Oktober 2014 war schließlich zu lesen, ich sei in meiner Rede im Landtag im Jahr 2013 nicht darauf eingegangen, dass das Rechnungsprüfungsamt des Landkreises auf fehlende Ausschreibungen und Rechnungen hingewiesen habe.

Fakt ist: Ich habe am 14. November 2013 auf Nachfrage des Abgeordneten Frank Thiel erklärt, dass sich in den Unterlagen ein Hinweis darauf finden lässt, dass das Rechnungsprüfungsamt des Landkreises Börde diese Unterlagen geprüft hat. Herr Dr. Thiel, ich denke, Sie werden dies auch bestätigen können. Ich habe das im Sinne der Aufklärung getan, obwohl sich diese Frage eigentlich in erster Linie an den Landkreis Börde gerichtet hätte.

Fakt ist allerdings auch, dass der Autor auch auf diese weitere Falschbehauptung durch die Pressestelle des Ministeriums für Landesentwicklung und Verkehr am 21. Oktober 2014 und erneut am 24. Oktober 2014 hingewiesen wurde. Auch dieser Aufforderung zur Richtigstellung ist man bis zum heutigen Tage nicht gefolgt.

Schließlich war in der „Volksstimme“ am 24. Oktober 2013 gleich an zwei Stellen und später in abgewandelter Form auch in der Ausgabe vom 16. November 2013 zu lesen, dass im Zusammenhang mit dem Bauvorhaben der Jahn-Halle ein bestimmter Verein angeblich Hunderttausende Euro habe verschwinden lassen und dass vieles darauf hindeute, dass sich der Vereinsvorsitzende einen Teil davon in die eigene Tasche gesteckt habe. Auch in der „Mitteldeutschen Zeitung“ vom heutigen Tage habe ich Ähnliches gelesen.