Protocol of the Session on October 16, 2014

Die Bundesländer sind dabei im Konzert sehr unterschiedlich. Es gibt Bundesländer, die überhaupt keine zeitliche Begrenzung haben. Das können wir uns nicht vorstellen. Die insgesamt 80 Tage scheinen uns eine gute Begrenzung zu sein. Das würden wir auch aus demokratietheoretischer Perspektive für richtig halten.

Ich bitte Sie um Unterstützung, dass wir den Gesetzentwurf wieder in den Ältestenrat zurücküberweisen, um ihn dort abschließend zu behandeln sowie noch einmal die Meinung des Ausschusses für Recht, Verfassung und Gleichstellung einzuholen. Anschließend könnten wir in dritter Lesung sehr erfolgreich gemeinsam eine Parlamentsreform mit Verfassungsänderung und anderen Dingen verabschieden. Ich bin weiterhin davon überzeugt, dass es ein großer Erfolg für dieses Haus wäre, wenn uns das gelänge. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Striegel. - Für die CDUFraktion hat nun Herr Abgeordneter Borgwardt das Wort. Bitte schön, Herr Borgwardt.

Danke, Herr Präsident. - Ich hatte es eigentlich nicht vorgehabt, aber ich möchte noch zwei kurze Bemerkungen machen.

Das, was die Rednerin der SPD-Fraktion, Petra Grimm-Benne, und Herr Striegel vorgetragen haben, spiegelte die Reaktionen in den beiden Ausschüssen wider. Ich war aufgrund von Krankheit von Kollegen auch selbst im Ausschuss für Inneres und Sport, deshalb bin ich etwas verwundert. Herr Kollege Henke, ich war auch im Innenausschuss, in dem das einstimmig beschlossen wurde, auch mit den Stimmen Ihrer Partei. Wenn Sie jetzt noch nachträglich Bedenken haben - wir hätten diese nicht und würden diesen Antrag ablehnen. Denn das andere ist alles gesagt worden - auch von mir, mehrfach begründet, das wissen Sie -, dass wir zusätzlich diese zweite Befassung des Ausschusses für Recht, Verfassung und Gleichstellung brauchen.

Dies ist jetzt eine neue Einführung, die uns deshalb überrascht hat. Ich habe mit anderen Kollegen gesprochen, die das so ähnlich sehen. Das wollte ich zumindest noch sagen. - Danke.

Herr Kollege Borgwardt, bleiben Sie bitte noch stehen, weil ich Sie etwas fragen möchte.

Habe ich Sie vorhin richtig verstanden: Sie haben die Überweisung in den Ältestenrat beantragt, aber nicht zur Mitberatung in den Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung, sondern Sie wollen nur, dass er eine Stellungnahme abgibt? Habe ich Sie richtig verstanden? Ich würde also ausschließlich, auf Ihren Antrag bezogen, über eine Überweisung in den Ältestenrat abstimmen lassen.

Herr Präsident, das ist richtig. Ich habe mich dabei dankenswerterweise beraten lassen. Alles andere hätte bedeutet, dass der Ältestenrat noch einmal hätte tagen müssen, um dies zu entscheiden. Das will ich vermeiden.

Wunderbar. Ich wollte nur wissen, ob ich Sie richtig verstanden habe. Der andere Antrag von Herrn Henke war klar formuliert.

Ich würde vorschlagen, dass wir als Erstes über den Antrag von Herrn Henke abstimmen. Wer dafür ist, dass diese Beschlussempfehlung in den Ausschuss für Inneres und Sport überwiesen wird, den bitte ich jetzt um das Kartenzeichen. - Das ist die Fraktion DIE LINKE. Wer ist dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Damit ist der Gesetzentwurf nicht in den Ausschuss für Inneres und Sport überwiesen worden.

Wer dem Antrag zustimmt, die Beschlussempfehlung in den Ältestenrat zurückzuüberweisen mit der Stellungnahme des Ausschusses für Recht, Verfassung und Gleichstellung, den bitte ich nun um das Kartenzeichen. - Das sind Vertreter des ganzen Hauses. Ist jemand dagegen? - Enthält sich jemand der Stimme? - Nein. Damit haben wir das jetzt so beschlossen und den Tagesordnungspunkt 8 abgearbeitet.

Ich rufe auf den Tagesordnungspunkt 10:

Erste Beratung

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung archivrechtlicher Vorschriften

Gesetzentwurf Landesregierung - Drs. 6/3482

Einbringer ist der Minister für Inneres und Sport Herr Stahlknecht. Herr Minister, Sie haben das Wort.

(Unruhe)

Herr Präsident, vielen Dank. - Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das Kabinett hat am 30. September 2014 den Entwurf des Gesetzes zur Änderung archivrechtlicher Vorschriften beschlossen. Wir haben die Hoffnung, dass dieses Gesetz - -

(Anhaltende Unruhe)

Herr Minister, einen kleinen Moment.

Meine Damen und Herren, ich weiß, Archive und Archivrechtliches sind nichts, was die Leute umhaut. Hören Sie aber bitte trotzdem dem Minister zu!

(Heiterkeit)

Ich widerspreche dem nicht. - Gleichwohl hoffen wir, dass dieses Gesetz im politischen Konsens den Landtag passieren wird.

Ich darf nochmals an die Ausgangslage erinnern. Diese war schon etwas aufgeregter. Wir hatten im Jahr 2013 insbesondere mit Herrn Striegel die intensive Diskussion zu der Frage, ob die Verfassungsschutzbehörde im Zusammenhang mit der Untersuchung des NSU-Komplexes gesetzwidrig Unterlagen vernichtet haben könnte oder nicht.

Unsere Position war eindeutig und klar: dass wir aufgrund der geltenden Rechtslage selbstverständlich korrekt gehandelt haben. Aber wir sind uns sehr zügig dahin gehend einig geworden, dass es diesbezüglich eine gesetzliche Regelungslücke gibt, die zu schließen ist. Deshalb ist dazu eine Absprache im Innenausschuss getroffen worden, und deshalb liegt Ihnen nun dieser Gesetzentwurf vor.

Um das Ziel zu erreichen, musste eine Reihe von Gesetzen neben dem Archivgesetz angepasst und geändert werden: das Verfassungsschutzgesetz, das Sicherheitsüberprüfungs- und Geheimschutzgesetz, das Landesbeamtengesetz, das Disziplinargesetz Sachsen-Anhalt, das Datenschutz

gesetz und das Gesetz über die Sicherheit und Ordnung des Landes Sachsen-Anhalt. Dies waren nicht nur inhaltlich, sondern auch gesetzestechnisch komplizierte Fragen bei der Erarbeitung dieses Gesetzentwurfes.

Der wesentliche Inhalt, der Ihnen nun vorliegt, ist die Anbietungs- und Übergabepflicht der Verfassungsschutzbehörde gegenüber dem Landes

hauptarchiv. Dieses wird durch Änderung des Verfassungsschutzgesetzes des Landes festgeschrieben. Wir werden die allgemeinen Regelungen über die Anbietungspflicht ändern. Die Anbietungspflicht in Bezug auf Unterlagen, die nach besonderen Rechtsvorschriften gelöscht werden müssen, werden auf Unterlagen erweitert, die nach besonderen Rechtsvorschriften hätten vernichtet werden müssen.

Es gibt einen Katalog der Ausnahmen von der Anbietungspflicht. Er ist unter anderem auf Unterlagen ausgedehnt, die in Ausübung von Befugnissen zur heimlichen Informationsbeschaffung entstanden sind und den Kernbereich privater Lebensgestaltung betreffen. Dabei gibt es eine grundgesetzliche Schranke, die nicht überwunden werden kann. Damit stärken wir den Persönlichkeitsschutz, und es wird dem Umstand Rechnung getragen, dass das Archivrecht auch für die Verfassungsschutzbehörde gilt.

Der neue § 9 des Archivgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt schafft die Pflicht zur Übergabe kopierter Datenbestände zu bestimmten Stichtagen und wenn die elektronischen Unterlagen einer laufenden Veränderung unterliegen und bei ihnen nach einer Aktualisierung der jeweils vorherige Inhalt - etwa durch Überschreibung der Daten - gelöscht ist und nicht mehr rekonstruiert werden kann. Auch dies ist geregelt. Damit schließen wir die Regelungslücke, die anderenfalls mit zunehmender Digitalisierung der Verwaltung immer größer werden würde; denn es gab insbesondere für die digitalisierten Unterlagen keine gesetzliche Regelung.

Wir haben umfangreiche Anhörungsverfahren

durchgeführt. Beteiligt waren der Landesbeauftragte für den Datenschutz, die Fachverbände der Archivare in Deutschland und insbesondere in Sachsen-Anhalt, der Landkreistag, der Städte- und Gemeindebund, die Universitäten des Landes, die Kirchen sowie verschiedene andere Institutionen und Behörden. Wir haben diese Anhörung bewusst weit ausgedehnt und gestreut, um viele Anregungen zu erhalten.

Die Voten waren grundsätzlich positiv. Die Anregungen und Veränderungswünsche flossen in den Ihnen zugeleiteten Gesetzentwurf ein.

Damit ist die Botschaft klar, dass das Archivrecht nunmehr den aktuellen Entwicklungen der Technik entspricht, um auch zukünftig die umfassende archivische Überlieferung sicherzustellen, insbesondere in digitalisierter Form; denn wir haben eine digitale Revolution, die mit einer rasanten Zunahme der Einführung von Informations- und Kommunikationstechnik und immer neuen Verfahren verbunden ist.

Eine Botschaft bleibt: dass wir selbstverständlich auch die finanziellen Voraussetzungen schaffen

müssen, damit im Landesarchiv zukünftig digitalisierte Dokumente aufbewahrt werden können.

Wenn Sie mir eine Anregung erlauben, dann würde ich anregen, den Entwurf zur federführenden Beratung in den Ausschuss für Inneres und Sport und zur Mitberatung in den Ausschuss für Recht, Verfassung und Gleichstellung zu überweisen. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister. Wir danken Ihnen für die Einbringung. - Es ist vereinbart worden, eine Dreiminutendebatte zu führen. Für die Fraktion DIE LINKE eröffnet sie Frau Tiedge. Bitte, Frau Abgeordnete.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte mit einem Zitat aus dem vorliegenden Gesetzentwurf beginnen, besser gesagt, aus dem Vorwort, weil es mir ausnehmend gut gefallen hat:

„Seit tausend Jahren bewahren Archive das Archivgut unserer Gesellschaft auf. Sie sind das Gedächtnis des Landes.“

Weil es mittlerweile nicht mehr nur papiergebundenes Archivgut gibt, ist zwangsläufig eine Änderung des Archivgesetzes notwendig. Dies und die Tatsachen, dass sich Bezeichnungen für kommunale Gebietskörperschaften geändert haben und dass es nunmehr nur noch ein Landesarchiv gibt, machen den überwiegenden Teil der Änderungen im Gesetz aus. Darüber muss sicherlich nicht debattiert werden.

Die wichtigste Änderung besteht in der Einfügung der §§ 9a und 9b, in denen es zum einen um die Festschreibung von Ausnahmen, Verfahren und Auskunft geht, und zum anderen um laufend aktualisierte Datenbestände in automatisierten Verfahren ohne Historisierungsfunktion. Dabei ist ein besonderes Augenmerk auf den Schutz personenbezogener Daten gelegt worden, was wir selbstverständlich sehr begrüßen. Zudem wurde den veränderten Bedingungen der modernen IKT Rechnung getragen.

Hervorzuheben ist auch, dass nunmehr auch die Verfassungsschutzbehörde und die Polizei eine Anbietungspflicht gegenüber dem Landesarchiv haben, was bislang nicht der Fall war, obwohl es im Bund und in vielen anderen Ländern bereits geltendes Recht ist - natürlich im Gefüge des SOG, des Verfassungsschutzgesetzes und des Archivgesetzes, und immer mit dem notwendigen Respekt vor sensiblen personenbezogenen Daten.

Die Archivierung ist eine öffentliche Pflichtaufgabe und bildet gemeinsam mit zum Beispiel Bibliothe

ken und Museen das kulturelle und rechtlichadministrative Gedächtnis eines Staates oder einer Kommune.