Protocol of the Session on September 19, 2014

Ganz aktuell stellt Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt dagegen auf freiwillige Vereinbarungen ab. Davon halten wir gar nichts, weil Freiwilligkeit erfahrungsgemäß überhaupt nichts bringt. Wir brauchen jetzt ein energisches Engagement für mehr Tierschutz statt Absichtserklärungen.

Bei der Tierhaltung muss das Tierwohl in den Mittelpunkt gerückt werden. Es darf nicht mehr nur um Gewinnmaximierung gehen. Der ständige Wettlauf zu billig und billiger muss gestoppt werden.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Genau das hat der Handel aufgrund der Wünsche der Verbraucherinnen und Verbraucher nun getan. Sie wollen den Hühnern ihre Schnäbel für ein würdevolles Leben lassen.

Der höhere Aufwand muss natürlich bezahlt werden. Man rechnet mit Mehrkosten in Höhe von 4 Cent pro Ei. Die Menschen sind bereit, faire Preise zu zahlen, wenn die Produkte auch fair erzeugt wurden.

(Herr Daldrup, CDU: Na, das können wir je- den Tag erkennen!)

Das, Herr Daldrup, ist keine Behauptung und auch kein frommer Wunsch. Das ist belegt worden. Das ist in der Praxis seit dem Jahr 2004 belegt. Seit der Kennzeichnung der Haltungsform auf den Eiern mit „0“, „1“, „2“, „3“ wurden in den Supermärkten die Eier aus der Käfighaltung stehen gelassen.

(Herr Daldrup, CDU: Das ist ein ganz kleiner Teil des Marktes!)

Der Schlachtruf „Kauf kein Ei mit der ‚3‟, denn es kommt aus Quälerei!“ ist hier wirksam geworden.

Heute gibt es in den deutschen Supermärkten keine Eier mehr aus Käfighaltung - weder aus einer

Legebatterie aus dem Nicht-EU-Ausland noch aus der deutschen Kleingruppenhaltung. Diese beschönigende Bezeichnung meint eben auch eine Form der Käfighaltung; denn es ist nichts anderes, wenn 40 bis 60 Hennen in einem Käfig in großer Enge - wenn auch mit abgedunkelten Nestern, Sitzstangen und Einstreubereich - leben. In dieser Kleingruppenhaltung haben die Hennen 800 bis 900 cm² pro Huhn. Das ist mal gerade ein DIN-A4Blatt plus fünf EC-Karten.

Wer hierbei von höherer Artgerechtigkeit spricht, täuscht sich und andere. Letztlich zählt das Votum der Verbraucherinnen und Verbraucher, und das lautet mehr und mehr und wird auch immer lauter: Ablehnung von tierquälerischen Haltungsbedingungen.

Damit die Eier aus sachsen-anhaltischen Legebetrieben ab dem 1. Januar 2017 nicht abgelehnt werden, muss das Schnabelkürzen bis dahin beendet bzw. dürfen keine schnabelbehandelten Hennen eingestallt werden. Tierschutz und wirtschaftliche Vernunft treffen sich hier. Das sind gewichtige Gründe, wie ich meine, um dem Antrag zuzustimmen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön, Kollegin Frederking, für die Einbringung. Entschuldigen Sie noch einmal den kleinen Fehler im Zeitmanagement. Aber wir konnten damit gut umgehen, sodass auch der Antrag komplett eingebracht werden konnte.

Wir fahren fort mit der Aussprache. Die Landesregierung nimmt nun Stellung. Es spricht für die Landesregierung Herr Minister Dr. Aeikens.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Legehennenhaltung steht, wie wir in den Medien verfolgen können, seit mehreren Jahren in besonderem Maße im Mittelpunkt der Diskussion. Es ist ohne Frage ein wichtiges Thema, wie wir mit unseren Nutztieren umgehen.

In diesen Debatten ging es in der Vergangenheit primär um die Haltungssysteme und um die Fragen der Käfighaltung. In jüngerer Zeit hat sich das Thema des Schnabelkürzens in den Vordergrund der Diskussion gestellt. In Deutschland ist es so, dass nach einem Antragsverfahren dem überwiegenden Teil der Legehennen in konventioneller Boden- und Freilandhaltung der Schnabel gekürzt wird, und das aus gutem Grund, denn man möchte Schäden an den Tieren durch Federpicken und Kannibalismus verhindern.

Aktuell ist es leider so, dass es kein Patentrezept gibt, um Federpicken und Kannibalismus unter den Tieren zu verhindern.

(Herr Weihrich, GRÜNE: Doch! - Herr Strie- gel, GRÜNE: Mehr Platz!)

Wir haben leider die Wahl zwischen zwei Übeln. Insofern verwundert es nicht, dass nach wie vor die Notwendigkeit des Schnabelkürzens genauso konträr diskutiert wird wie die Frage nach dem richtigen Zeitpunkt für einen Ausstieg aus dieser Methode.

In der Begründung zu dem Antrag der GRÜNEN wird Österreich als Musterbeispiel genannt. Dort wird überwiegend auf das Kürzen des Schnabels verzichtet. Dafür werden die Tiere aber auch in Ställen ohne Tageslicht gehalten, was nach deutschem Tierschutzrecht nicht erlaubt ist.

(Herr Daldrup, CDU: Schau, schau!)

Frau Abgeordnete Frederking, Sie haben verschiedentlich das Wohl der Tiere in Biobetrieben genannt. Nach unseren Erkenntnissen gibt es Verstöße gegen das Tierschutzrecht leider auch in Biobetrieben. Auch das gehört zur Wahrheit.

(Herr Weihrich, GRÜNE: Wie viele sind das?)

Meine Damen und Herren! Ich halte sehr viel davon, dass wir uns in solchen Fragen sehr stark auf die Wissenschaft verlassen. Ich glaube, die Kompetenz des Friedrich-Löffler-Instituts, eines Bundesinstituts, ist unumstritten. Das Friedrich-LöfflerInstitut rät uns zu einem stufenweisen Vorgehen beim Ausstieg aus dem Schnabelkupieren. Nach Ansicht dieses Instituts würde ein kurzfristiger, verbindlicher Termin zum Verzicht zu erheblichen tierschutzrelevanten Problemen mit einem hohen Vorkommen an verletzten und verendeten Tieren führen. Auch das können wir nicht wollen, meine Damen und Herren.

(Zustimmung von Herrn Daldrup, CDU, und von Herrn, Schröder, CDU - Zuruf von Frau Frederking, GRÜNE)

Zu dem Antrag der GRÜNEN. Erstens. Wir sind schon seit Längerem in einem intensiven Austausch mit der hiesigen Geflügelwirtschaft zu diesen Fragen. Es bedarf keiner Etablierung besonderer Institutionen oder Gremien, denn wir sprechen schon darüber. Die von der Fraktion geforderte Etablierung einer speziellen Arbeitsgruppe ist insofern entbehrlich.

Wir werden auch darüber sprechen, wie wir eine gezielte Managementhilfe für die Haltung nicht schnabelgekürzter Legehennen erarbeiten und zur Anwendung bringen; denn die Verantwortung für die Problematik liegt wesentlich bei den Wirtschaftsbeteiligten. Wir werden diesen Prozess intensiv begleiten und fachlich unterstützen.

Zweitens. Der von der Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN geforderte Erlass, der den Behörden die Praxis der Erteilung von Ausnahmegenehmigungen zum Kürzen von Schnäbeln bei Legehennen untersagt, ist ebenfalls entbehrlich - Frau Frederking hat bereits darauf hingewiesen -; denn es existieren keine Brütereien für Legehennenlinien zur Konsumeiproduktion in Sachsen-Anhalt, für die eine solche Regelung relevant wäre. Bekanntermaßen ist die öffentliche Verwaltung gehalten, nur bei tatsächlich dafür notwendigen Sachverhalten Regelungen zu treffen.

Meine Damen und Herren! Abschließend möchte ich noch einige Worte an die antragseinbringende Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN richten. Mit dem Blick auf Ihre Aktivitäten und Ihr öffentlichkeitswirksames Agieren im Tierschutzbereich habe ich den Eindruck, dass Sie bei überregionalen Konferenzen scheinbar nur Ihre eigenen Anträge wertschätzen und unterstützen. In der Landtagssitzung im Juli 2014 sagten Sie, Frau Frederking, wörtlich:

„Es ist an der Zeit, Tierqualen zu beenden. Deshalb ist unser Vorgehen, das wir heute auf die Tagesordnung gesetzt haben, richtig und richtungsweisend. Wir stellen uns der Verantwortung für die Tiere.“

Wenn es aber konkret darum geht, entsprechende Initiativen von anderen uneingeschränkt zu unterstützen, dann, muss ich auf Agrarministerkonferenzen feststellen, kneifen die Bündnisgrünen, meine Damen und Herren.

(Zustimmung bei der CDU - Frau Freder- king, GRÜNE: Welche?)

So zum Beispiel bei der Agrarministerkonferenz in Potsdam. Für die ambitionierten Vorschläge Sachsen-Anhalts, beispielsweise für die verpflichtende Einführung eines Tierschutzbeauftragten insbesondere in großen Tierhaltungsanlagen, hätte ich mir besonders von den grünen Amtskollegen Unterstützung erhofft.

(Zurufe von den GRÜNEN)

Stattdessen sind meine grünen Länderkollegen in der AMK leider hinter meinem Antrag zurückgeblieben. Ich denke, das gehört heute auch hierher.

(Zustimmung bei der CDU)

Ich empfehle durchaus, den ambitionierten Antrag Sachsen-Anhalts und den Antrag meiner grünen Amtskollegen nebeneinander zu legen und zu vergleichen. Sie tun so, als ob Sie das Urheberrecht für Tierschutzfragen in Deutschland haben. Das haben Sie eindeutig nicht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU - Zurufe von den GRÜ- NEN)

Ich freue mich außerordentlich, Frau Frederking und Frau Professor Dalbert, dass ich bei anderen Gehör gefunden habe. Vorschläge aus SachsenAnhalt finden sich in der am Mittwoch dieser Woche vorgestellten Tierwohloffensive des Bundeslandwirtschaftsministers Schmidt, CSU, wieder. Ich bin dem Kollegen Schmidt außerordentlich dankbar, dass er Gedanken aus Sachsen-Anhalt in seiner engagierten und ambitionierten Tierwohlinitiative aufgriffen hat.

(Beifall bei der CDU)

Die Initiative von Herrn Minister Schmidt in Berlin setzt Maßstäbe, meine Damen und Herren, und geht weit über das hinaus, was Frau Künast von den GRÜNEN in ihrer Amtszeit für den Tierschutz bewegt hat.

(Beifall bei der CDU - Herr Weigelt, CDU: Wohl wahr!)

Der Bundesminister bezeichnet sich selbst als in Tierschutzfragen nicht radikal, aber ethisch zielorientiert. Das ist auch meine Position, meine Damen und Herren, und ich will auch ganz offen sagen, dass die Fragen des Tierschutzes für mich auch Fragen der Bewahrung der Schöpfung und des Umgangs mit der Schöpfung sind.

(Zuruf von den GRÜNEN)

Diese Position unterstütze ich und in diesem Sinne nehme ich gern konstruktive Vorschläge an. Solche Vorschläge finde ich in dem Alternativantrag der Regierungsfraktionen von CDU und SPD, der meine volle Unterstützung findet, meine sehr verehrten Damen und Herren. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU)

Danke schön, Herr Minister. Es gibt eine Anfrage von Frau Kollegin Frederking.

Das hatte ich auch erwartet.

Ich stelle Ihnen zwei Fragen.