Protocol of the Session on September 19, 2014

Ich stelle Ihnen zwei Fragen.

Auch das geht.

Erstens. Bei der Agrarministerkonferenz in Potsdam haben Sie sich bezüglich der Kastenstände nur dafür ausgesprochen, dass nach Alternativen

geforscht werden soll. Wir hatten hier im Landtag aber eindeutig beschlossen, dass die TierschutzNutztierhaltungsverordnung um die Klarstellung ergänzt werden soll, dass die Kastenstände mindestens so breit sein sollen, wie die Sau hoch ist. Das ist beschlossen worden. Diesen Auftrag haben Sie nicht mitgenommen. Das bezeichne ich als halbherzig. Ich frage Sie, wie es dazu kommt.

Zweitens. Bezüglich Ihrer Forderung nach Tierschutzbeauftragten war in der Presse zu lesen, dass der Deutsche Bauernverband Ihnen vorwirft, eine Branche unter Generalverdacht zu stellen. Wie stehen Sie zu diesem Vorwurf des Bauernverbandes?

Verehrte Frau Abgeordnete Frederking, ich glaube, wir unterscheiden uns da fundamental. Sie haben in der letzten Landtagssitzung gesagt, dass das, was hier in Sachsen-Anhalt zu beobachten sei, nur die Spitze eines Eisberges sei. Ich habe darauf reagiert und habe gesagt: Nein, das ist nicht die Spitze eines Eisberges; die überwiegende Zahl der Landwirte macht einen ordentlichen Job,

(Zustimmung von Herrn Daldrup, CDU)

und es gibt eben einige, mit denen wir uns intensiv befassen müssen. Das ist die unterschiedliche Darstellungsweise. Das ist der fundamentale Unterschied zwischen uns beiden.

Nun zur Agrarministerkonferenz. Wir müssen auch bei dem Thema Kastenstände immer darauf achten, was wissenschaftlich möglich ist. Die Zentimeterzahlen - wir haben darüber intensiv diskutiert - sind außerordentlich schwierig zu realisieren. Deshalb brauchen wir mehr Forschung in diesem Bereich. Daher bin ich dem Bund dankbar dafür, dass er Forschung in diesem Bereich initiiert. Das ist das, was wir brauchen. Gemeinsam mit der Wissenschaft müssen wir es schaffen, dass das Tierwohl in der Praxis mehr Berücksichtigung findet.

Sie jedoch schießen öffentlichkeitswirksam darüber hinaus. Wir haben über den Antrag, den Tierschutz insgesamt betreffend, intensiv diskutiert. Wir haben die Sitzung unterbrochen. Wir haben am Rande diskutiert. Ich hätte gern mehr von unseren Positionen in dem endgültigen Beschluss gehabt. - Nein, es führte kein Weg dahin, weil die grünen Kollegen wieder irgendein Haar in der Suppe fanden. Das fand ich außerordentlich schade. Deshalb sage ich das auch hier in diesem Hohen Hause.

(Zustimmung bei der CDU)

Es gibt noch eine Nachfrage. Diese lasse ich noch zu, dann steigen wir in die Aussprache ein.

Das ist eine Zwischenintervention. - Ich habe niemals behauptet - das können Sie in allen Protokollen und in all meinen Pressemitteilungen nachlesen -, dass das die Spitze des Eisberges sei. Niemals!

(Herr Daldrup, CDU: Doch!)

Doch, doch.

Ich habe das infrage gestellt, weil alle anderen hier etwas behauptet haben. Ich habe das niemals behauptet. Einen solchen Ausspruch von mir können Sie nicht finden.

Und ein Weiteres: Ich stelle fest, wir haben hier im Landtag einen Beschluss zu den Kastenständen bezüglich der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung gefasst und Sie haben diesen Landtagsbeschluss einfach uminterpretiert und wollen zunächst erforschen, was den Tieren gut tut.

(Zustimmung von Herrn Weihrich, GRÜNE)

Soll ich darauf reagieren?

(Frau Weiß, CDU: Nein, das war nur eine Intervention!)

Zu den Kastenständen habe ich etwas gesagt. Bei solchen Konferenzen gibt es immer Möglichkeiten, sich durch die Darlegungen der jeweiligen Experten der Einrichtungen und des Bundes zu informieren. Sie können mir glauben, dass wir an dem Thema Schweinehaltung intensiv dran sind. Die Kastenstände sind lediglich ein Teilaspekt, der sich aber nicht nur in Zentimetern ausdrückt.

Ich lese das natürlich im Protokoll nach, das sage ich Ihnen gern zu.

Bitte.

Die deutsche Sprache ist aber sehr geschickt. Wenn Sie die Frage stellen, ob das nur die Spitze eines Eisberges sei, dann suggerieren Sie jedem, der zuhört, dass Sie der Auffassung sind, dass dies die Spitze eines Eisberges sei. Insofern müssen Sie sich ein bisschen mehr vorsehen, wie Sie sich artikulieren, Frau Kollegin Frederking.

(Beifall bei der CDU)

Danke schön. - Wir treten in die Debatte ein. Als nächster Redner spricht für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Herr Barth. Während er nach vorn kommt, können wir weitere Gäste im Haus begrüßen, und zwar Schülerinnen und Schüler des Herder-Gymnasiums in Halle. Herzlich willkommen im Landtag von Sachsen-Anhalt!

(Beifall im ganzen Hause)

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich habe erwartet, dass es eine zwar nicht hitzige, aber offene Debatte geben wird. Vor diesem Hintergrund bin ich froh, dass ich meinen Teil hierzu beitragen kann.

Ich denke, wir sind uns sicherlich alle darin einig, dass der Ausstieg aus dem Schnabelkürzen bei Legehennen so schnell wie möglich erfolgen soll.

(Zustimmung von Herrn Bergmann, SPD, von Frau Hampel, SPD, und von Frau Fre- derking, GRÜNE)

Auch die Agrarministerkonferenz hat sich mit ihrem Beschluss im April 2014 eindeutig dazu bekannt, allerdings - und das sollten wir auch zur Kenntnis nehmen, Frau Frederking - erst nach der Vorlage praxisgerechter Forschungsergebnisse.

Dazu gibt es bereits zweijährige Versuche, aus denen Handlungsempfehlungen abgeleitet werden sollen. Diese Herangehensweise halten wir für richtig, um die Umstellung unter Tierschutzgesichtspunkten auch zum Erfolg zu führen; denn ohne praxistaugliche tiergerechte Handlungsempfehlungen wird ein Tierschutzproblem durch ein anderes ersetzt.

Zur Lichtintensität wurde schon etwas gesagt. Es wurde das Beispiel Österreich angeführt. Der Herr Minister hat dagegengehalten - das hätte ich jetzt auch getan -; insofern kann ich das weglassen.

Meine Damen und Herren! Minister Aeikens hat bereits im Juli 2014 angekündigt, dass das Forum Nutztierhaltung fortgeführt werden sollte. Ich denke, der Ausstieg aus dem Schnabelkürzen bei Legehennen dürfte ein willkommener Anlass dafür sein, im Forum Nutztierhaltung eine Fachtagung durchzuführen, um die Forschungsarbeiten und die notwendigen Maßnahmen der Umsetzung zu erörtern.

In diesem Sinne sollte das Forum Nutztierhaltung zu einem Arbeitsgremium weiterentwickelt werden, welches sich intensiv mit den Tierschutzfragen der Nutztierhaltung beschäftigt. Als Agrarpolitiker erwarten wir, dass im Agrarausschuss regelmäßig über die Arbeit und über die Ergebnisse des Forums berichtet wird.

Meine Damen und Herren! Die Legehennenhalter kennen den avisierten Ausstiegstermin Ende 2016. Sie wissen auch, was der Handel vorhat; Frau Frederking ging darauf ein. Ich finde, diese Ankündigung des Handels steht im Einklang mit dem politischen Willen und ist deshalb äußerst positiv zu bewerten; sie sollte auch entsprechend gewürdigt werden. Insofern sind wir zuversichtlich, dass der Ausstieg so schnell wie möglich erfolgen wird.

Die in der Begründung zu dem Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN formulierte Unterstellung, Eierproduzenten könnten den Ausstieg aus dem Schnabelkürzen umgehen und sich andere Absatzmöglichkeiten suchen, wie Wochenmärkte oder Hofverkauf, finden wir nicht gut; denn das zeugt von einem pauschalen Misstrauen gegenüber den Betrieben, das wir grundsätzlich nicht teilen.

Wir wollen den Ausstieg aus dem Schnabelkürzen nicht gegen die Betriebe umsetzen, sondern mit ihnen.

(Zustimmung von Herrn Daldrup, CDU)

Deshalb halten wir einen Erlass, wie er von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vorgeschlagen wird, zum jetzigen Zeitpunkt für nicht angemessen.

Auch sollten wir den vom BMEL angesprochenen Prozess einer verbindlichen Ausstiegsvereinbarung mit der Wirtschaft abwarten. Darin ist vorgesehen, im dritten Quartal 2015 zu einer wirksamen Selbstverpflichtung zu kommen.

Frau Frederking, Sie gingen darauf ein. Auch ich habe diesbezüglich so meine Bedenken, aber vielleicht gelingt es uns, eine Lösung zu finden, bei der die Selbstverpflichtung greift.

Meine Damen und Herren! Auf das Problem des nicht zum Nulltarif zu habenden Schnabelkürzens brauche ich nicht mehr einzugehen. Dazu hat Frau Frederking schon etwas gesagt. Die 4 Cent hat sie erwähnt. Nichtsdestotrotz halten wir eine Preissteigerung zum Wohl der Tiere durchaus für angemessen. Das dürfte dem Verbraucher auch zu vermitteln sein; denn immerhin verlangen wir den Tieren durch die Züchtung einiges ab.

Wenn wir also künftig höhere Tierschutzstandards haben wollen, sodass das Verramschen von tierischen Lebensmitteln aufhört, dann wäre das nur zu begrüßen.

Zu dem Alternativantrag der Regierungsfraktionen möchte ich sagen, dass wir den Tierschutz in der Geflügelhaltung schon länger auf der Agenda haben. Wir wollen uns aber nicht einzelne Tierschutzprobleme herauspicken, sondern die Entwicklung der Geflügelwirtschaft insgesamt betrachten.

Meine Damen und Herren! Wir sollten im Agrarausschuss eine sachliche Debatte darüber führen, was wir für den Tierschutz und die Geflügelhaltung tun können. Dazu sollten wir mit den Betrieben und mit Wissenschaftlern in einen Dialog eintreten, um fundierte Grundlagen für die Entscheidung zu haben. Das ist der richtige Weg.

In diesem Sinne bitte ich um Zustimmung zu dem Alternativantrag der Koalitionsfraktionen. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der SPD, von Herrn Dal- drup, CDU, und von Minister Herrn Dr. Aei- kens)

Danke schön, Kollege Barth. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht nun Herr Abgeordneter Krause.

Herr Präsident! Sehr verehrte Damen und Herren! Herr Minister, ich verstehe Ihre Aufgeregtheit nicht so ganz. Der vorliegende Antrag - so sehe ich ihn - steht ganz im Kontext der im Rahmen der Agrarministerkonferenz in Cottbus formulierten Zielstellung zum Ausstieg aus der Praxis des Schnabelkürzens bei Nutzgeflügel. Demnach soll bis Ende 2016 dieser Ausstieg unter Berücksichtigung praxisorientierter Forschungsergebnisse vollzogen werden.

Vor dem Hintergrund, dass der Ausstieg gut durchdacht werden sollte und entsprechend vorbereitet werden kann, auch mit einem Erlass, und natürlich - das ist ganz klar - auch aus tierschutzrelevanten Gründen, stimmt unsere Fraktion dem vorliegenden Antrag zu.