Protocol of the Session on September 18, 2014

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Deswegen können wir den Streit mit den Kommunen auch aushalten. Ja, es gilt, die kommunale Ebene hat - wie jeder andere, der Geld aus dem Haushalt bekommt - das Recht zum Streit. Aber wir haben auch die Pflicht, darauf aufzupassen, dass nicht übertrieben wird. Maß halten ist eben auch eine Pflicht von Finanzpolitik gegenüber denen, die glauben, dass sie mit Forderungen überziehen können.

Sechstens. Die investiven Drittelmittel von EU und Bund - früher ganz wichtig - werden von uns komplett gebunden. Sie betragen über 500 Millionen €, und zwar ohne Fluthilfen. Es geht also kein Euro verloren. Viel wichtiger wird immer sein: Was geschieht mit dem Geld? Welche Effekte haben wir?

Wir haben gemeinsam mit den Ressorts die EUFörderperiode 2014 bis 2020 - ich denke, in aller Ruhe - neu programmiert. Die Ausschüsse haben sich ja ausführlich damit befasst. Ich denke, mit diesen Überlegungen können wir kontinuierlich in Sachsen-Anhalt investieren. Im Herbst erwarten wir aus Brüssel dann die Bestätigung unserer Vorschläge.

Siebentens. Für Investitionen stehen in den kommenden beiden Jahren insgesamt jeweils 1,3 Milliarden € bereit. Unsere Investitionsquote beläuft sich im Jahr 2015 auf vergleichsweise gute 13,4 %. Im Jahr 2016 werden es 13,3 % sein. Wie gesagt, das ist ohne Flutmittel. Ich denke, der Ehrlichkeit halber muss man diese herausrechnen. Sie kommen also noch hinzu.

In den nächsten beiden Jahren werden für die Beseitigung der Hochwasserschäden aus dem Juni 2013 - derzeit überschaubar - insgesamt 1,1 Milliarden € bereitgestellt. Darüber hinaus werden mit dem Entwurf des Doppelhaushalts auch im Bereich des Hochwasserschutzes die notwendigen haushaltsmäßigen Voraussetzungen dafür geschaffen, dass wir das bis 2020 alles abgearbeitet haben werden. Der Finanzbedarf, derzeit kalkuliert mit 680 Millionen €, findet sich im Doppelhaushalt und in der Mipla wieder. Derzeit arbeitet das MLU an dem Hochwasserschutzkonzept. Dieses wird ja dann inhaltlich zu diskutieren sein und nicht die Frage, ob das Geld ausreicht.

Mit einer Investitionsoffensive wollen wir bis 2020 die wichtigsten Bauprojekte in Sachsen-Anhalt abschließen. Dazu zählen die oft diskutierte JVA in Halle und die PD Magdeburg als die größten Projekte, weiterhin die Schlosskirche Wittenberg - ich denke, das ist für das Lutherjahr wohl ganz

wichtig -, das Geistes- und Sozialwissenschaftliche Zentrum in Halle - ich weiß nicht, wer es sich angeschaut hat; das wird ein Schmuckstück - sowie das Herzzentrum in Magdeburg, die Zahnklinik in Halle oder auch die Landesschule Pforta. Das sind alles Themen, die häufig umstritten sind. Aber ich denke, nach den Strukturdiskussionen soll das alles modernst gestaltet werden. Allein im Doppelhaushalt 2015/2016 stellen wir für Bauinvestitionen alles in allem über 420 Millionen € bereit.

Das Landesdatennetz - jedes Mal kriegt man Beispiele dafür, dass das notwendig ist - wird bis 2020 modernisiert. Dann werden nicht nur alle Kolleginnen und Kollegen aus der Landesverwaltung ans Netz gehen - über den Landtag rede ich schon gar nicht mehr; wir sind vielen um Längen voraus, und das ist auch gut so -, sondern es werden auch alle Schulen des Landes über eine Schul-Cloud dann angeschlossen sein. Die Investitionskosten - das wissen Sie - betragen rund eine Viertelmilliarde Euro.

Achtens. Für wichtige Leistungsgesetze und Zuweisungen stellen wir weit über 1 Milliarde € bereit. Das sind so große Posten wie die Sozialhilfe, auf die 659 Millionen € im Jahr 2015 und fast 700 Millionen € in 2016 entfallen. Darüber gibt es die oft diskutierten Regionalisierungsmittel, aber auch die Mittel aufgrund des KiFöG mit 255 Millionen € im Jahr 2015 und 275 Millionen € im Jahr 2016.

Die Leistungen für die Hochschulen steigen ebenfalls, uns zwar von 329 Millionen € auf 333 Millionen €. Nach den Diskussionen - das war uns allen klar - wird man auch da über Tarifanpassungen diskutieren, die ja heute noch nicht gänzlich übernommen werden.

Für hochschulnahe Investitionen - damit gemeint sind zum Beispiel die Finanzierung von Großgeräten oder die Profilbildung in einzelnen Hochschulen; das haben wir in den letzten Monaten immer wieder diskutiert - sind in den kommenden zwei Jahren jeweils 5 Millionen € fest veranschlagt. Sie sind Teil des BAföG-Kompromisses.

Offen ist noch die inhaltliche Ausgestaltung weiterer 10 Millionen € aus dem Kompromiss. Dazu gibt es erste Vorschläge aus dem Wissenschaftsministerium. Das Kabinett wird sich sehr zügig damit befassen. Wir werden sie dem Parlament dann auch vorlegen. Ich denke, auch dort wird es eine inhaltliche Diskussion darüber geben, ob man diesen Vorschlägen folgt oder eigene entwickelt. Zur Finanzierung wiederum werde ich nach der November-Steuerschätzung Vorschläge unterbreiten. So ist das im Kabinett und mit den Koalitionsfraktionen auch abgestimmt.

All die von mir genannten Mittel, gerade in der Hauptgruppe 6, werden permanent auf ihre Effizienz hin geprüft. Sie sind auch Gegenstand der Beratungen zur Neuordnung der Bund-Länder

Finanzbeziehungen. Ich komme gleich noch darauf zurück.

Neuntens. Für Sachkosten werden jährlich 340 Millionen € ausgegeben. Ich bin mir sicher, dass diese Mittel nach der Etablierung eines Landesdatennetzes noch effizienter ausgegeben werden können. Wir waren uns einig und bleiben auch dabei, dass es in diesem Haushalt keine allgemeine globale Minderausgabe geben wird,

(Zustimmung von Frau Niestädt, SPD)

außer im Bereich Personal - das wissen alle diejenigen, die sich mit Haushalt beschäftigen -, die dann, weil man es nicht genau zuordnen kann, im Vollzug eingesammelt wird.

So weit, liebe Kolleginnen und Kollegen, der Blick auf den Doppelhaushalt. Ich habe kurz versucht, die 10 Milliarden € aufzuschlüsseln, ohne jetzt zu sehr ins Detail und in jede einzelne Titelgruppe zu gehen. Aber da viele schon lange im Parlament sind, glaube ich, sind die Überschriften wichtig und nicht Diskussionen über die Kommastellen. Dafür ist genug Zeit in den Ausschüssen, in denen Sie sich bei den Regierungsmitgliedern - jedenfalls die, die es machen - ausführlich erkundigen können.

Mein Dank gilt Staatssekretär Michael Richter und der Haushaltsabteilung meines Hauses für die bisher geleistete Arbeit.

(Zustimmung von Staatsminister Herrn Robra)

Das war eine nicht einfache Arbeit, auch wenn manche glaubten, das Geld fällt vom Himmel und sämtliche Ressorts hätten damit aufgehört, eigene Wünsche zu etablieren. Aber es lief viel geordneter. Trotzdem muss die Arbeit gemacht werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir stehen auch bundesweit finanzpolitisch vor spannenden Zeiten. Wir beraten hier in Sachsen-Anhalt den aktuellen Doppelhaushalt in einer Zeit - darüber möchte ich mit Ihnen sehr offen reden -, in der sich die finanzpolitischen Spielregeln in Deutschland ganz allmählich, aber umso nachhaltiger ändern. Diese gravierenden Änderungen betreffen uns als Regierung und auch nachfolgende Regierungen sowie natürlich auch den Landtag bei seinen Diskussionen.

Ich möchte es nicht noch einmal erleben - auch aus ganz persönlichen Gründen nicht -, dass wir zugespitzte politische Debatten wie bei der Einführung der Schuldenbremse führen. Deshalb ist es für jeden von uns - egal, in welcher politischen Verantwortung - höchst wichtig, weil ja niemand weiß, wer in naher und ferner Zukunft in den Fraktionen oder in der Regierung welche Rolle spielt, dass alle mitberaten, sich informieren und auch wissen, was dort beraten wird.

Der Zeitplan steht nämlich. Im Gegensatz zur letzten Föderalismuskommission haben es die Minis

terpräsidenten mit den Finanzministern gerade durchgesetzt, dass wir keine riesigen wissenschaftlichen Anhörungen machen, uns keine drei, vier Jahre Zeit lassen, sondern dass wir bis Dezember - wenn es gelingt, das hinzubekommen; das ist ja im Moment ein diffuser Eindruck - schon grundlegende Vorstellungen von dem haben, was zukünftig finanzpolitisch in den Bund-LänderFinanzbeziehungen passieren soll. Ich bin dankbar für den Antrag, der in den Landtag eingebracht wurde, weil er uns Gelegenheit gibt, das einmal ein bisschen zu diskutieren.

Es gibt einige Trends, die bei den Debatten eine Rolle spielen. Prognos hat das in dem Zukunftsatlas 2013 schön beschrieben und kann das ja machen, ohne dass politisch überall ein Aufschrei kommt. Das Nord-Süd-Gefälle in Deutschland verschärft sich. Zukunftsrisiken und schrumpfende Räume nehmen zu, übrigens auch in Westdeutschland. Manchmal habe ich den Eindruck, dass die Westdeutschen viel empfindlicher reagieren, als wir es im Osten jemals erlebt haben.

Wahrscheinlich waren die Brüche zu groß - ohne es schönzureden -, aber selbst dieses allmähliche Hineingleiten ist für viele im politischen Raum in Westdeutschland eine Diskussionsplattform, die sich manchmal sehr irrational darstellt.

Es gibt auch zunehmende Problemlagen in Städten; Sie haben es gelesen. Da gibt es die Diskussion um Armut im Verhältnis zur Kaufkraft. Das wird - Prognos beschreibt das auch - eine Debatte hier im Land sein. Ich habe auch gelesen, dass sich einige zur Sachsen-Anhalt-Partei ausrufen oder sich als Retter des ländlichen Raums darstellen.

(Herr Borgwardt, CDU: Ja! - Zustimmung von Herrn Scheurell, CDU)

Es gibt positive Entwicklungen in ostdeutschen Großstädten. Also bitte: Wenn man schon Politik macht, sollte man auf das ganze Land schauen und nicht nur auf das, was einem Wahlprozente bringt;

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

ich habe keinen angeschaut, lieber André, aber so billig ist die Welt dann eben doch nicht.

Und - auch das ist wichtig und wird uns in Zukunft noch mehr beschäftigen - wir werden für verschiedene Entwicklungen im Raum verschiedene Politikansätze haben müssen.

Eine dieser Diskussionen, auf die ich eingehen möchte, ist die Verfügbarkeit von Schulen im ländlichen Raum. Auch hierbei gilt: Langfristigkeit beschließt man nicht im Landesvorstand, sondern man streitet darüber und beschließt dann. Es ist nicht zuallererst Aufgabe von Regierungsfraktionen, das immer wieder infrage zu stellen.

Vor allem bei Wahlprogrammen ist es - auch für die nächsten Jahre - ganz legitim, da neue Überlegungen anzustellen. Hier bot es sich schlichtweg an, denn auf diese langfristigen Trends muss man eingehen. Die Mehrzahl der Menschen lebt in Ballungsräumen - und das sind nicht solche Ballungszentren wie in China oder Südamerika. Da darf man nicht durch die Gegend ziehen und sagen „Der ländliche Raum wird abgehängt.“ Und: „Meine einzige Aufgabe ist es, sich ums Dorf zu kümmern.“

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Grundsätzlich werden diese bundesweiten Debatten aber von der Neuordnung der Finanzbeziehungen dominiert; beim Geld hört es dann immer wieder auf. Sie wissen, dass ich, aber auch mein Staatssekretär Jörg Felgner - - Die, die die Vorarbeiten machen mussten, sitzen heute wieder in Frankfurt und haben sich so weit zerstritten, dass sich der Staatssekretär im Bundesfinanzministerium erst einmal nicht mehr beteiligt hat. Er hat die Forderungen der Länder satt. Das war vorhersehbar und ist der normale Gang der Dinge. Trotzdem muss vorbereitet werden, und das unter einem enormen Zeitdruck.

Für mich und aus der Sicht Sachsen-Anhalts gibt es vier Schwerpunkte: Erstens der Blick nach hinten: Es muss eine Regelung für die Altschulden geben.

(Zustimmung bei der SPD - Zustimmung von Ministerpräsident Herrn Dr. Haseloff)

Hierbei ist der Unterschied zwischen den Bundesländern eklatant.

Was das Einhalten der Schuldenbremse angeht, ist heute schon absehbar, welche Länder es nicht schaffen. Es kann nicht bundesstaatliche Aufgabe sein, das abzuwarten. Ich gehe jedenfalls von einem kooperativen Föderalismus aus.

Da gibt es im Südwesten Kollegen von mir, die etwas andere Vorstellungen von Deutschland haben. Jedenfalls liest man es so in der Zeitung; das sieht in geschlossenen Räumen dann immer etwas anders aus. Wenn man weiß, dass es Länder gibt, die es nicht schaffen, wird man darüber reden müssen, einen Altschuldenfonds - in welcher Struktur auch immer - aufzulegen. Ganz nebenbei: Ostdeutschland hat es mithilfe des Bundes über den Erblastentilgungsfonds ohne Diskussion geschafft, die Altschulden der DDR im Prinzip abzuzahlen.

Ich bin einmal gespannt, was sich am Ende durchsetzt und ob es dann einen Fonds gibt, an dem auch Sachsen-Anhalt partizipieren kann, denn es würde uns hier helfen, neben unseren eigenen Anstrengungen darüber hinaus schneller zu tilgen. Aber wie gesagt: Der Ausgang ist offen, denn es geht um viel Geld.

Der Blick auf die aktuelle Situation veranlasst vor allem dazu, die Sozialgesetzgebung zu diskutieren. Sie wissen, es gibt dort Vorschläge: die komplette oder die teilweise Übernahme durch ein Bundesleistungsgesetz beim Thema Eingliederungshilfe oder - was jetzt neu diskutiert wird - die komplette Übernahme der Kosten der Unterkunft. Das geht bis zur Komplettübernahme des Wohngeldes durch den Bund.

Allein eine Übernahme der Eingliederungshilfe von über 50 % durch den Bund würde den Landeshaushalt schlagartig um über 100 Millionen € entlasten, was man für die Stärkung eigener Investitionen nutzen könnte. Denn ich sage auch: Sollte es dort Zugewinne geben, sollten wir nicht auf einmal Planungen bei Tilgung und Personal über den Haufen werfen, sondern das Geld nutzen, um es dann wirklich frei verfügbar zu investieren, und zwar in Bereiche, die Regierung und Parlament gemeinsam verabreden. Deswegen lohnt es sich, gerade beim Thema Sozialausgaben zu diskutieren.

Was überhaupt nicht kommen darf, ist ein Vorschlag, der jetzt im Raum steht: dass die Länder für ihre sozialen Strukturen zuständig sein sollen.

(Zustimmung bei der SPD - Frau Budde, SPD: Einkommensteuer!)

Das hieße, dass es zwischen Bayern und dem Osten unterschiedliche Betroffenheiten bei Gesundheit, bei Rente und Sozialhilfe geben würde. Da kann man sich an zehn Fingern ablesen, wann der Letzte begreift, dass er in Bayern eine höhere Rente als in Sachsen-Anhalt bekäme, und dann könnte man ihm nicht übelnehmen, wenn er das Land dann verließe. Das wird ein Vorschlag sein, der nie und nimmer auch nur die kleinste Mehrheit erhalten wird, da bin ich ganz sicher.

(Zustimmung von Frau Budde, SPD)

Ein Blick nach vorn: Zur Investitionsförderung Ost - Korb II -, Entflechtungsmittel und alles, was es derzeit um den Aufbau Ost gibt, existieren jetzt schon Überlegungen im Bundeswirtschaftsministerium, Hilfen und Förderungen für strukturschwache Regionen - egal, ob in Ost oder West - für die Themen Wirtschaft und Forschung zu etablieren. Das ist, glaube ich, am wenigsten strittig und weist ja erst in der Perspektive auf die Jahre 2019 und folgende. Ob das die großen westdeutschen Länder so mitmachen, wird man sehen, denn der Investitionsstau in großen Teilen Westdeutschlands ist enorm.

Übrigens - ganz nebenbei - merkt man daran zum Beispiel, was mit Stark III Gutes getan wird. Denn obwohl ein Land wie Nordrhein-Westfalen 2020 die Schuldenbremse einhält - davon muss man jetzt ausgehen, ansonsten hätte Nordrhein-Westfalen die politische Kraft, diese Schuldenbremse letztlich

infrage zu stellen -, wird man es nicht geschafft haben, gleichzeitig die Komplettsanierung von Schulen und Kindergärten zu bewältigen. Das muss man bei den Diskussionen berücksichtigen.