Ich bitte darum, uns nicht vorzuwerfen, wir wollten durch die Hintertür das Naturschutzrecht aushebeln. Uns geht es vielmehr darum, Mensch und Leben, Gesundheit, Hab und Gut der Bevölkerung zu schützen und dies möglichst sicher und umfassend durchzusetzen.
Der dritte Punkt, den ich erwähnen möchte, ist die Frage Biosphärenreservat „Karstlandschaft Südharz“. Wir haben im Moment eine Allgemeinverfügung, die beklagt wird. Wir denken, dass wir durch die gesetzliche Regelung mit der Verordnungsermächtigung das Verfahren dahingehend untersetzen können - das möchte ich einmal vorsichtig in Richtung Gericht sagen -, dass wir sagen: Es besteht die Absicht, dass wir, wenn diese Allgemeinverfügung nicht Wirkung entfalten kann, per Verordnung dort ein Biosphärenreservat ausrufen.
Ich glaube, dass das schon ausreichen könnte, damit wir mit der Allgemeinverfügung vor Gericht Recht bekommen.
Als Letztes noch die Anmerkung zur Natura-2000Frage, die Kollege Lüderitz aufgerufen hat. Natürlich haben wir das auf dem Schirm. Natürlich wollen wir dazu etwas machen. Wir müssen noch darüber beraten, ob wir das auch im Sinne einer Straffung der Ausschussarbeit zusammenziehen können. Aber wir wollen erst einmal die Frage der Ökokonten und des Hochwasserschutzes zeitnah bearbeiten.
Wir alle wissen, dass zu dem Thema „Natura 2000“ die Vorbereitungen im Ministerium laufen und dass es dazu im Herbst auch eine Gesetzesänderung geben wird. Ich denke, wir können das dann in einer verbundenen Debatte machen, um die entsprechenden Änderungen des Naturschutzgesetzes im Herbst zu beschließen. Ich freue mich auf die Beratung in den Ausschüssen. - Vielen Dank.
Danke sehr, Kollege Stadelmann. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht der Abgeordnete Herr Weihrich.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Gesetzentwurf verfolgt eigentlich das Ziel, das Ökopunkte-Modell zu stärken. Das unterstützen wir grundsätzlich. Denn - das habe ich hier schon öfter betont - das Ökokonto-Modell vermeidet Konflikte bei der Kompensation eines Eingriffs, da die Maßnahmen schon umgesetzt sind und insofern mit dem Einverständnis der Flächeneigentümer und -nutzer stattgefunden haben. Insgesamt führt das zu einer Beschleunigung der Verfahren.
Es besteht tatsächlich Handlungsbedarf. Wir alle wissen, dass das Ökokonto im Moment nicht ausreichend in Anspruch genommen wird. Das ist schon eine paradoxe Situation: Auf der einen Seite wird ein vermeintlicher Flächenentzug für die Flächennutzer beklagt, auf der anderen Seite werden die verfügbaren Ökokonto-Flächen nicht genutzt. Es besteht also tatsächlich Handlungsbedarf. Aber dieser Gesetzentwurf ist nicht im geringsten dazu geeignet, auf diesem Weg weiter voranzukommen.
Ich sage ganz deutlich: Es gilt hierbei wieder einmal: Gut gemeint ist nicht gleichzeitig auch gut gemacht, und ich kann das im Detail begründen.
Die erste Änderung zu § 7 Abs. 2 des Naturschutzgesetzes soll erreichen, dass mit der Nutzung des Ökokontos die Kompensation eines Eingriffs erreicht wird. Das widerspricht eindeutig anderen Regelungen des Naturschutzgesetzes; denn klar ist, dass per definitionem die Kompensation eines Eingriffs mit der Wiederherstellung der beeinträchtigten Funktionen erreicht wird. Das ist also ein fachlich-inhaltliches Kriterium, und das kann nicht durch solch ein formales Kriterium - Nutzung von Ökokonto-Flächen - abgelöst werden.
Ich empfehle, dieser Gesetzesänderung nicht zuzustimmen, sondern einfach den Vollzug zu ändern; Jürgen Stadelmann hat das schon betont.
Aus der Antwort auf meine Kleine Anfrage zu dem Thema geht eindeutig hervor, dass das Ministerium noch von der alten Gesetzeslage ausgeht, also vom Vorrang der Ausgleichsmaßnahmen. Der besteht aber nicht. Wenn das Ministerium dies per Erlass feststellen würde, wären wir auf diesem Weg viel weiter, und es würde für den Vollzug viel mehr erreicht als durch solch eine fragwürdige Gesetzesänderung.
Vor der Formulierung, die für § 7 Abs. 4 des Naturschutzgesetzes vorgeschlagen wurde, kann ich nur eindrücklich warnen. Es geht hierbei - wie Ralf Bergmann schon festgestellt hat - um die streng geschützten Arten, also um den Bereich des speziellen Artenschutzes. Das sollte auf keinen Fall mit der Eingriffsregelung vermischt werden. Das würde zu einer Rechtsunsicherheit führen, die so nicht hinnehmbar ist. Deswegen mein Appell: Lassen Sie diese Verschlimmbesserung sein.
Ähnliches gilt auch für die nachträgliche Festsetzung von Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen. Bei allem Verständnis dafür, dass Hochwasserschutzmaßnahmen beschleunigt werden sollen, und auch bei allem Vertrauen zu öffentlichen Auftraggebern: So geht es nicht.
Auch öffentliche Auftraggeber sind an Recht und Gesetz gebunden, und keine Genehmigungsbehörde könnte sich auf eine solche gesetzliche Regelung berufen. Kein Genehmigungsbescheid, der auf dieser gesetzlichen Regelung aufbauen würde, würde einer gerichtlichen Überprüfung standhalten, und zwar schlicht und ergreifend deshalb, weil die gesetzlich vorgeschriebene Kompensation der Beeinträchtigungen nicht erreicht wäre.
Außerdem - ich glaube, das habe ich auch schon mehrfach gesagt - gibt es nach dem Genehmigungsbescheid keine Möglichkeit mehr, Maßnahmen festzulegen, die in irgendeiner Weise Dritte einschränken, wenn diese nicht im Verfahren beteiligt wurden. Das gilt auch für öffentliche Auftraggeber, und die Änderung wäre somit nur für diejenigen positiv, die vorhaben, die Genehmigungsbescheide zu beklagen. Insofern wäre eine solche Gesetzesänderung absolut kontraproduktiv.
Noch ein Satz zu den Biosphärenreservaten: Hierzu gibt es eine Regelung - das sage ich ganz offen -, die keinen Schaden anrichtet. Denn die Kriterien, die jetzt in das Gesetz aufgenommen werden sollen, sind ohnehin schon zugrunde zu legen.
Aber - das habe ich in meiner Zwischenfrage schon angedeutet -: Die Änderung ändert nicht das Geringste an der Rechtslage. Deswegen - das
sage ich hier auch ganz offen - finde ich es ein Stück weit unverfroren, wenn nun im Südharz die Legende verbreitet wird, dass durch diese Regelung ein Landesbiosphärenreservat eingeführt würde. Denn es bleibt dabei - das hat auch Dr. Aeikens betont -: Die Kategorie Biosphärenreservat ist eine internationale, und die internationale Anerkennung bleibt Ziel der Ausweisung.
Allerdings sagt niemand, wann die Kriterien erfüllt werden müssen, insbesondere nicht, wann die Zustimmung der Bürgermeister erreicht werden soll. Deswegen spricht aus unserer Sicht nichts dagegen, den Status quo weiterzuführen, aber man sollte nicht so tun, als würde das jetzt durch diese Gesetzesänderung erreicht.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der Koalitionsfraktionen, wenn Sie die Anwendung des Ökokontos tatsächlich verbessern wollen, dann stampfen Sie diese Gesetzesänderung wieder ein und konzentrieren Sie sich auf den Vollzug. Notwendig wäre zum Beispiel die schon lange versprochene webbasierte Lösung für das Ökokonto, sodass Investoren, die Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen benutzen wollen, diese Maßnahmen viel früher in Betracht ziehen können. Damit wäre im Sinne der Sache viel mehr geholfen als durch fragwürdige Gesetzesänderungen, die vor Gericht sowieso nicht standhalten würden.
Also: Unsere Fraktion wird der Überweisung in den Ausschuss zustimmen, und ich freue mich ganz ausdrücklich auf die Stellungnahme des GBD. Ich kann aber nicht behaupten, dass ich mich auf die Diskussion im Ausschuss freue. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Kollege Weihrich, ich bin fast ein wenig überrascht. Ich hatte die Kritik eigentlich vehementer erwartet, habe sie jedoch fast als Zustimmung aufgefasst.
- Ja, die Höflichkeit schätze ich auch sehr, aber in der Sache hatte ich es noch vehementer erwartet.
Frau Professor Dalbert, auch wenn Sie aus Solidarität an der richtigen Stelle geklopft haben, bleibt es falsch.
Kollege Weihrich, ich beginne einmal hinten und gehe nach vorn durch. Zum Bio-Res - das werden wir auch in aller Ruhe diskutieren - sage ich ganz klar: Gehen Sie nicht davon aus, dass die Koalitionsfraktionen hier mir nichts, dir nichts irgendetwas beschließen. Wir haben uns mit Vertretern sachkundig gemacht, die mit dem Unesco-Komitee, dem MAB-Komitee zu tun haben. Wir haben ganz bewusst danach diese Formulierung gewählt. Ich glaube, wir wissen an dieser Stelle schon sehr genau, was wir tun und warum wir es tun.
Was im Südharz jetzt eventuell gerüchteweise diskutiert wird, hat nichts mit diesem Gesetz zu tun bzw. es hat mit diesem Gesetz zu tun, aber ich weiß nicht, ob man dazu alles verstanden hat. Ich finde es gut, dass wir es haben. Wir erklären Ihnen dann auch, warum wir da einen deutlichen Unterschied zur bisherigen Regelung sehen.
Zur Funktion - lassen Sie mich jetzt zur Eingangsrede zurückkommen -: Auch das ist, glaube ich, eine sehr diffizile Sache. Fakt ist: Da aus unserer Ökokonto-Verordnung des Landes Sachsen-Anhalt Maßnahmen entwickelt werden müssen - sollen, können -, die aus Landschaftsplänen, Landschaftsrahmenplänen und ähnlichen fachlich untersetzten Dingen abgeleitet werden, gehe ich davon aus, dass unsere Ökokonto-Maßnahmen natürlich auch funktional im ökosystematischen Gesamtzusammenhang zu sehen sind, und sehe damit keinen Widerspruch zum entsprechenden Passus im Bundesnaturschutzgesetz. Das ist der Grund, warum wir das gemacht haben. Das vereinfacht das Verfahren schon.
Wenn Sie all das nicht machen wollen, dann vereinfachen Sie nichts, wie Sie hier fälschlicherweise dargestellt haben, sondern dann halten Sie nur die Probleme, die wir jetzt haben, oben.
Ich sage Ihnen auch - das ist auch ein wenig der Grund, warum wir hier einige Dinge ändern -: Ich habe in den letzten Jahren in diesem Land erlebt, wie man versucht, durch Behinderung von Verfahren - aber nicht durch Argumente -
Projekte zu verschleppen, in der Hoffnung, der Politik gehe das Geld aus. Das halte ich nicht für die richtige Vorgehensweise.