Protocol of the Session on June 19, 2014

Eine eigene Behörde ist kostspielig und braucht mehr Personal. Ich meine, beim BLSA ist das nicht so. Die Querschnittsaufgaben können gemeinsam mit dem Querschnittspersonal gelöst werden. Ich denke, dabei vermischt sich nichts mit dem Hochbau und mit der Finanzdienstleistung. Jedes hat seinen eigenen Sektor. Es bleibt die eine oder andere Frage, Kay Barthel. Diese muss und kann man noch einmal diskutieren. Für meine Fraktion kann ich nur sagen, wir fangen nicht noch einmal bei null an und diskutieren noch weitere Varianten. - Ich weiß, meine Redezeit ist gleich um.

Vor einer Minute, liebe Kollegin.

Deshalb unterstütze ich diesen Gesetzentwurf. - Die offenen Fragen werden wir mit Sicherheit

sehr ausführlich im Finanzausschuss diskutieren. Ich hoffe dennoch, dass wir bis zum Ende dieses Jahres damit durch sind, sodass am 1. Januar danach verfahren werden kann. Ich erinnere an die Diskussion mit dem Personalrat.

Jetzt kommen wir aber zum Schluss.

Ich denke, das ist notwendig. Da müssen wir uns ein bisschen sputen. - Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Vielen Dank an alle Debattenredner und an die Landesregierung, die das Gesetz eingebracht hat. Wir kommen zum Abstimmungsverfahren. Es geht um eine Überweisung in den Ausschuss für Finanzen. Weitere Wünsche habe ich nicht gehört.

Dann stimmen wir darüber ab. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Zustimmung von allen Fraktionen. Wer stimmt dagegen? - Das ist niemand. Wer enthält sich der Stimme? - Das ist auch niemand. Damit ist der Gesetzentwurf in den Ausschuss überwiesen worden und der Tagesordnungspunkt 10 ist erledigt.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 11 auf:

Erste Beratung

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über die Industrie- und Handelskammern in Sachsen-Anhalt

Gesetzentwurf Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 6/3191

Einbringer ist der Abgeordnete Herr Meister. Bitte sehr.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Industrie- und Handelskammern haben derzeit zweifellos eine wichtige Funktion im dualen System der bundesdeutschen Berufsausbildung. Sie übernehmen eine Reihe von wichtigen Aufgaben, wie zum Beispiel die Entwicklung von Aus- und Weiterbildungsprofilen, die Organisation und Durchführung von Prüfungen sowie die Bestellung und Vereidigung von Sachverständigen. Sie bieten zudem Unterstützung bei Existenzgründungen, Rechtsberatungen, Mediationsverfahren zwischen Unternehmen und Kreditinstituten und Stellungnahmen bei Förderanträgen an.

Zunehmend haben sie sich jedoch unter dem Etikett „Vertretung der Gesamtinteressen der Wirtschaft“ eine Fülle von Aufgaben an Land gezogen, die auch von den eigenen Mitgliedern wohl zu Recht als unzulässige Konkurrenz bewertet werden. Das geht von Beratungsleistungen bis zu Aus- und Weiterbildungen in kammereigenen Gesellschaften.

Die Kammern sollten grundsätzlich aber nicht in Konkurrenz zu ihren eigenen Mitgliedern stehen. Kammern sind durch den Gesetzgeber erzwungene Selbstverwaltungsorgane der freien Wirtschaft. Schon dem Wortlaut nach ein Widerspruch in sich. Sie sind im wahrsten Sinne des Wortes Zwangsvereinigungen. Das Bundesverwaltungsgericht

spricht in einem Urteil vom 23. Juni 2010 von Zwangskooperationen, da sich kein Unternehmen dem gesetzlichen Kammerzwang entziehen kann.

Die Zwangsmitgliedschaft wird aber, nicht nur von uns GRÜNEN, zunehmend skeptisch gesehen. So prüft die EU-Kommission die Vereinbarkeit der Pflichtmitgliedschaft mit der EU-Dienstleistungsrichtlinie, haben zuletzt Spanien und Griechenland auf freiwillige Kammermitgliedschaft umgestellt, hat das Bundesverfassungsgericht im Frühjahr wieder zwei Klagen gegen die Zwangsmitgliedschaft angenommen. Ferner empfiehlt der Internationale Währungsfonds die Abschaffung der Zwangsmitgliedschaft, da diese eine Behinderung der freien wirtschaftlichen Entfaltung der Unternehmen darstelle.

Inwiefern die Pflichtmitgliedschaft und die damit verbundene Zwangsabgabe auch zukünftig in Deutschland Bestand haben werden, bleibt grundsätzlich abzuwarten. Wie in anderen europäischen Staaten wäre es aber auch in Deutschland denkbar, freiwillige Wirtschaftsorganisationen zu etablieren, die leistungsgerechte Dienstleistungen für ihre Mitglieder anbieten.

Die Kammern sind als Selbstverwaltungseinrichtungen der Wirtschaft grundsätzlich auch dem Demokratieprinzip verpflichtet. Das heißt, dass alle Mitglieder die Möglichkeit haben müssen, sich am Willensbildungs- und Entscheidungsprozess der Kammern zu beteiligen.

Für eine Erhöhung der gesetzlich vorgesehenen demokratischen Legitimation müssen die Kammern aber transparenter werden und mehr tatsächliche Mitwirkung zulassen. Dazu müssen Gremienbeschlüsse, Gebührenordnungen, Haushaltszahlen sowie die Gehälter, Pensionsansprüche und Aufwandsentschädigungen der Geschäftsführung offengelegt werden.

Angesichts des vielfältigen Agierens der Kammern ist weithin in Vergessenheit geraten, dass diese als landesunmittelbare Körperschaften des öffentlichen Rechts Teil der öffentlichen Verwaltung unseres Landes sind.

Die Kammern erhalten Fördermittel und erheben für die Finanzierung ihrer Aufgaben Beiträge und Gebühren. Allein im Jahr 2013 verzeichneten die deutschen IHK Einnahmen von über 1,2 Milliarden €. Die beiden IHK in Sachsen-Anhalt konnten im Jahr 2012 insgesamt Einnahmen aus Beiträgen und Gebühren in Höhe von rund 20,6 Millionen € verbuchen. Zur Erhebung dieser Beiträge wird auch das Steuergeheimnis durchbrochen, da die Finanzämter den IHK gegenüber auskunftspflichtig sind.

Man könnte annehmen, dass die IHK als landesunmittelbare Körperschaften des öffentlichen Rechts einen besonders verantwortungsvollen Umgang mit Beiträgen und Gebühren von Pflichtmitgliedern an den Tag legen. Da die Mitgliedschaft auf gesetzlichem Zwang beruht, sollte man auch annehmen, dass das Land sich besonders ins Zeug legt, um die Rechte der Pflichtmitglieder zu schützen. Beides ist nicht oder zumindest nicht immer der Fall.

Die jüngsten Beispiele und Beschwerden aus Baden-Württemberg und Brandenburg zum zweifelhaften Umgang der Kammern mit Mitgliedsbeiträgen sowie der vermutliche Fördermittelbetrug im Umfeld des IHK-Bildungszentrums in Dessau - der 13. Untersuchungsausschuss unseres Landtages beschäftigt sich immer wieder mit diesem Thema - lassen den Schluss zu, dass es sinnvoll wäre, dem Landesrechnungshof grundsätzlich auch die Prüfung der Industrie- und Handelskammern zu ermöglichen. Die damit einhergehende Stärkung der Transparenz scheint uns Bündnisgrünen dringend erforderlich zu sein und sollte schließlich auch im ureigenen Interesse der Kammern liegen.

Die unmittelbare Rechtsaufsicht über die IHK hat nach dem Gesetz über die Industrie- und Handelskammern in Sachsen-Anhalt das Ministerium für Wissenschaft und Wirtschaft. Diese allgemeine Rechtsaufsicht ist nach dem Sinn des Gesetzes darauf beschränkt, bekanntgewordene Sachverhalte aufzuklären und im Bedarfsfall über Aufsichtsmaßnahmen auf die Wiederherstellung des rechtskonformen Zustandes hinzuwirken.

Nach § 88 der Landeshaushaltsordnung des Landes Sachsen-Anhalt unterliegt ferner die gesamte Haushalts- und Wirtschaftsführung des Landes, einschließlich seiner Sonderbetriebe und Wirtschaftsvermögen, der Prüfung durch den Landesrechnungshof.

Zu den juristischen Personen des öffentlichen Rechts in Sachsen-Anhalt gehören auch die Kammern. Grundsätzlich können daher alle Kammern auch vom Landesrechnungshof geprüft werden, gemäß § 111 Abs. 1 der Landeshaushaltsordnung.

Die Industrie- und Handelskammern sind jedoch aufgrund einer Regelung im IHK-Gesetz SachsenAnhalts von dieser Prüfung ausgeschlossen. Das

heißt, einzig und allein die IHK sind ohne nachvollziehbaren Grund landesrechtlich von einer Überprüfung ausgenommen. Einzig und allein die IHK stellen einen prüfungsfreien Raum unter den Körperschaften Sachsen-Anhalts dar. Man fragt sich, warum.

Dabei ist seit dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 30. September 2009 gegen den erbitterten Widerstand der IHK Schwaben höchstrichterlich geklärt, dass den Landesrechnungshöfen ein Überprüfungsrecht der Kammern übertragen werden kann.

Die Überprüfung im Jahr 2010 hat umfassenden Reformbedarf aufgezeigt, der bundesweit auch außerhalb Schwabens besteht und allerorten Aktivitäten ausgelöst hat. Das betrifft das Vergütungsniveau der Führungskräfte, Transparenz bei den Vorstandsgehältern oder den Wirtschaftsplänen, Einhaltung von Vergabebestimmungen, insbesondere aber die Höhe der Rücklagen und die Bildung sogenannter Liquiditätsrücklagen.

Angemerkt sei, dass das Eigenkapital der IHK in Sachsen-Anhalt mit über 46 Millionen € - HalleDessau mit 23 Millionen €, Magdeburg über 20 Millionen € - eine bemerkenswerte Höhe erreicht hat.

Was wären denn die Argumente gegen eine Prüfung der IHK durch den Landesrechnungshof? Ist der Landesrechnungshof nicht kompetent? Hat der nicht die notwendigen Kapazitäten? Hat er keine geeigneten Fachleute? - Ich sage dazu: Nein, er hat die Fachkompetenz und die geeigneten Prüfer.

Seitens der IHK wird gern auf die eigene Fachkompetenz sowie die Existenz einer zentralen Prüfungseinrichtung verwiesen. Nur, die hausinterne Prüfung durch zwei Rechnungsprüfer oder auch die zentrale Rechnungsprüfungsstelle für die IHK mit dem Sitz in Bielefeld prüft die Ordnungsmäßigkeit der Buchführung, die ordnungsgemäße Aufstellung und den Vollzug des Wirtschaftsplanes unter Beachtung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, also nichts anderes, als es ein Rechnungsprüfer in der freien Wirtschaft tut.

Mit der Arbeit eines Rechnungshofes, der sich fallweise Vorgänge von besonderem Interesse herausgreift und als Außenstehender viel unabhängiger und undogmatischer zu Werke geht, in persönliche oder organisatorische Loyalitäten nicht eingebunden ist, der primär die allgemeingesellschaftlichen Interessen und nicht die Interessen einzelner Gesellschaften vertritt, hat das sehr wenig zu tun.

Wer die Interessen der Kammermitglieder optimal wahren will, kommt um die Einführung des Normalzustandes, nämlich die Streichung des systemwidrigen Prüfungsverbots für den Landesrechnungshof im IHK-Gesetz, nicht herum.

Die Arbeit des Landesrechnungshofes hat sich in all den Jahren seit seinem Bestehen bewährt und dient dem Wohle Sachsen-Anhalts. Er ist personell und fachlich in der Lage, seine Tätigkeit auf die Industrie- und Handelskammern in Sachsen-Anhalt auszudehnen. Positive Beispiele aus anderen Bundesländern ermuntern dazu, diesen zu folgen.

Wir bitten daher, der Überweisung dieses Gesetzentwurfs in den Ausschuss für Finanzen als federführenden Ausschuss und in den Ausschuss für Wissenschaft und Wirtschaft als mitberatenden Ausschuss zuzustimmen. - Vielen Dank.

(Zustimmung von Herrn Weihrich, GRÜNE)

Danke sehr, Kollege Meister, für die Einbringung. - Für die Landesregierung spricht Herr Minister Möllring. Bitte sehr.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Industrie- und Handelskammern sind Ausdruck der funktionierenden Selbstverwaltung der Wirtschaft. Sie sichern beispielsweise die berufliche Aus- und Weiterbildung in unserem Land, die in Europa und im Rest der Welt ihresgleichen sucht.

Diese und viele weiteren Aufgaben werden nicht selten von einer Vielzahl engagierter Ehrenamtlicher wahrgenommen. Wir konnten das neulich in Halle beobachten, wo Prüfer geehrt wurden. Es waren etwa 160 ehrenamtliche Prüfer, die für zehn Jahre bzw. 15 Jahre Prüfertätigkeit geehrt wurden. Das, glaube ich, sollten wir, wenn wir über Industrie- und Handelskammern und insbesondere über diesen ehrenamtlichen Bereich sprechen, hervorheben.

Meine Damen und Herren! Die Regelung im Gesetz, die laut Gesetzentwurf gestrichen werden soll, besteht unverändert seit 1991. Ich darf zur Erinnerung aus der Begründung zu dem damals zugrunde liegenden Gesetzentwurf der Landesregierung zitieren:

„Das Haushaltsrecht des Landes ist wegen der Eigenheit der Kammeraufgaben auf die Rechnungslegung der Kammern nur sinngemäß anzuwenden. Da die Kammern Selbstverwaltungskörperschaften sind, die nur im Sinne einer Rechtsaufsicht staatlich anzuleiten sind, erscheint es auch nicht geboten, den Landesrechnungshof als Rechnungsprüfungsstelle vorzusehen. Damit ist der Gefahr vorgebeugt, im Wege der Rechnungsprüfung die Aufgabenerledigung der Kammern fremdzubestimmen. Die Bundesländer - mit Ausnahme des Landes Bremen - ha

ben die vom DIHT errichtete Rechnungsprüfungsstelle in Bielefeld mit dieser Aufgabe betraut.“

Das Wirtschaftsministerium hat durch Rechtsverordnung die Rechnungsprüfungsstelle in Bielefeld zur Rechnungsprüfungsstelle der Industrie- und Handelskammern in Sachsen-Anhalt bestimmt. Ihr obliegt die Prüfung der nach handelsrechtlichen Grundsätzen aufgestellten Jahresabschlüsse der Industrie- und Handelskammern. Hinzu kommen freiwillige Prüfungen bei Tochtergesellschaften sowie bei Einrichtungen der Kammern.

Bei der Prüfung der Ordnungsmäßigkeit der Wirtschaftsführung wird auch die Einhaltung der Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Sparsamkeit bei Aufstellung und Vollzug des Wirtschaftsplanes kontrolliert. Insoweit ist die bestehende Prüfungspraxis deckungsgleich mit einer Prüfung durch den Landesrechnungshof gemäß Landeshaushaltsordnung.

In den vergangenen Jahren wurde für die Industrie- und Handelskammern eine Reihe von Maßnahmen für vergrößerte Transparenz auf den Weg gebracht. So wurde das Satzungsrecht fortentwickelt, um die Haushaltstransparenz und das Budgetrecht der Vollversammlung der Industrie- und Handelskammern noch besser zu gewährleisten.

Am 28. November 2012 stellten die 80 deutschen Industrie- und Handelskammern das neue Internetportal „IHK transparent“ vor. Sie gaben damit der Öffentlichkeit einen Einblick in ihre Struktur, ihre Arbeit und ihre Finanzen. Das Portal macht viele wichtige Daten auch der Kammern Magdeburg und Halle-Dessau öffentlich, wie die Zahl der Ausbildungsverträge und Existenzgründungsberatungen, die Ertragslage, die Mitarbeiterzahlen, den Personalaufwand, Pensionsrückstellungen, Beiträge und Gebühren.