Protocol of the Session on May 16, 2014

Neben dem klassischen Bereich der Zweckverbandstätigkeit im Bereich Wasser und Abwasser - allein hier existieren etwa 60 Zweckverbände - muss künftig der Schwerpunkt der interkommunalen Zusammenarbeit im Aufgabenbereich der internen Servicebereiche, beispielsweise Personaldienstleistungen und Informations- und Kommunikationstechnik, gesehen werden.

Diese Zusammenarbeit in kommunalen Dienstleistungspartnerschaften - Shared Services - führt zu Effizienzsteigerungen durch Größenvorteile und erhält dabei die notwendige Bürgernähe und Bürgerorientierung. Sie erfordert in der Regel auch nicht die eigenständige Verwaltungsstruktur eines Zweckverbandes mit Verwaltung und Organen, sondern lassen sich vielmehr niedrigschwellig durch Zweckvereinbarungen umsetzen.

Auch Probleme, die über die Gemeindegrenzen hinaus von Bedeutung sind, lassen sich effektiver lösen, wenn die betroffenen Kommunen zusammenarbeiten und ihr Vorgehen abstimmen. In gemeinsam wahrgenommenen Aufgabenbereichen kann dem Einwohner und der Bürgerschaft ein insgesamt vielfältiges Angebot zur Verfügung gestellt werden, indem sich die beteiligten Kommunen gegenseitig ergänzen.

Voraussetzung für den Erfolg interkommunaler Zusammenarbeit ist die Bereitschaft, im Interesse der Einwohner und der Bürgerschaft gemeinsam Verantwortung zu übernehmen und zur Erreichung der definierten Ziele eng und vertrauensvoll zusammenzuarbeiten.

Die Gründung eines Kompetenzzentrums für interkommunale Zusammenarbeit wie in Hessen und Thüringen ist ein möglicher Weg zur Unterstützung dieser Bereitschaft. Diese Institutionen verfügen noch über finanzielle Fördermöglichkeiten, um den Kommunen eine Starthilfe für die interkommunale Zusammenarbeit bereitzustellen.

Hierbei darf jedoch nicht verkannt werden, dass die Einrichtung einer eigenen Organisationsform einer entsprechenden personellen und sachlichen Ausstattung bedarf. Ferner muss bedacht werden, dass zusätzlicher Koordinierungsaufwand oder zusätzliche Gremienarbeit die Vorteile überkompensieren können.

Unter Berücksichtigung dieser Punkte wird mein Haus daher gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden unter Beteiligung des Finanzministeriums die Vorprüfung zur Gründung eines Kompetenzzentrums durchführen. - Danke.

(Zustimmung bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Minister. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN eröffnet jetzt Herr Meister die Fünfminutendebatte. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Die interkommunale Zusammenarbeit von Gemeinden wird für unser Land sicher von entscheidender Bedeutung sein. Aufgrund des demografischen Wandels und der finanziellen Ausstattung der Gemeinden wird es zunehmend schwieriger werden, die öffentlichen Aufgaben ohne qualitative Einbußen für die Bürgerinnen und Bürger zu erledigen.

Eine zunehmende Aufgabenübertragung übergeordneter politischer Ebenen verstärkt den Druck auf die Gemeinden zur Zusammenarbeit. Ökonomisch betrachtet ist eine interkommunaler Zusammenarbeit immer dann sinnvoll, wenn damit Größenvorteile generiert werden können, das heißt, die Zusammenarbeit zu effizienten Verwaltungsstrukturen führt.

Der Bundesfinanzhof und der Europäische Gerichtshof haben in jüngeren Urteilen zur Umsatzsteuerpflicht entschieden, dass die überwiegende umsatzsteuerliche Nichtbesteuerung von interkommunalen Kooperationen mit dem Europarecht nicht vereinbar ist.

Die bisherige umsatzsteuerliche Freiheit des hoheitlichen Handelns soll zukünftig nur noch in einem begrenzten Umfeld gelten. Mithin sollen alle Leistungen der öffentlichen Hand, die mit denen privater Anbieter vergleichbar sind oder in einem direkten Wettbewerb zu Privaten erbracht werden, der Umsatzsteuer unterworfen werden.

Das Ziel ist also eine Gleichbehandlung von juristischen Personen des öffentlichen Rechts und Unternehmen privater Rechtsformen.

Die sogenannte Amtshilfe hat es den Kommunen bisher ermöglicht, Leistungen von einer anderen Kommune ohne Umsatzsteuerbelastung zu beziehen - ein Vorteil, der beim Leistungsbezug von einem privaten Partner oder Dienstleister so nicht bestand. Die Kommunen müssen in Zukunft also damit rechnen, in stärkerem Umfang als bisher mit Umsatzsteuer belastet zu werden.

Doch bereits heute unterliegen viele ehemals rein öffentliche Aufgaben, wie die Lieferung von Wasser, Gas oder Strom, der Umsatzsteuer. Andere öffentliche Dienstleistungen, wie zum Beispiel der Betrieb von Kultureinrichtungen oder die kommunalen Krankenhäuser, sind und bleiben umsatzsteuerbefreit. Auch die Bereiche der klassischen Eingriffsverwaltung sowie die gegenüber den Bür

gerinnen und Bürgern erbrachte Entsorgung von privatem Müll aus privaten Haushalten und die Abwasserentsorgung bleiben umsatzsteuerfrei.

Ein Ende der interkommunalen Zusammenarbeit ist nach unserer Einschätzung nicht zu befürchten, da die finanziellen Vorteile aus der Aufgabenteilung die Steuerbelastung größtenteils überwiegen dürften. Wie die steuerlichen Belastungen für die Kommunen eingedämmt werden können, darüber berät derzeit eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe auf Staatssekretärsebene; Ergebnisse liegen noch nicht vor.

Der vorliegende Antrag der regierungstragenden Fraktionen wirft etliche Fragen auf. Warum gibt es nur so wenige Fälle - 218 werden konkret genannt - der interkommunalen Zusammenarbeit in ganz Deutschland? Welche Zahl gilt eigentlich für Sachsen-Anhalt?

Wie groß ist das Problem für unsere Gemeinden tatsächlich? In welchem Bereich findet die Zusammenarbeit statt? Würden diese Bereiche überhaupt steuerpflichtig werden? Wie groß ist das steuerliche Problem bei uns? Ist die Nichtkonkurrenz zur Privatwirtschaft gewährleistet?

Herr Barthel sprach die Problematik an. Ich meine, an dieser Stelle wird ein starker Schnitt gemacht, ohne dass die Daten eigentlich richtig vorliegen.

Abschließend: Wenn die interkommunale Zusammenarbeit in unserem Land bisher nur wenig Bedeutung hat - woran liegt dies und welche Hemmnisse liegen vor?

Ohne die Beantwortung dieser Fragen und ohne Informationen zum inhaltlichen Stand der BundLänder-Arbeitsgruppe erscheint mir eine Positionierung des Landtags zu einer grundsätzlichen Nichtsteuerbarkeit interkommunaler Leistungen, wie sie unter Punkt 1 des Antrags gefordert wird, nicht ausreichend fundiert.

Die Prüfaufträge unter den Punkten 2 und 3 würden bei uns keinen Bedenken begegnen. Insgesamt wird sich meine Fraktion jedoch der Stimme enthalten.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Meister. - Für die SPDFraktion spricht jetzt der Kollege Rothe. Bitte schön, Herr Kollege.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der vom Kollegen Barthel vorgestellte Antrag enthält einen Verbesserungsvorschlag, den ich im Interesse der interkommunalen Zusammenarbeit für sinnvoll halte.

An die Landesregierung, Herr Minister Stahlknecht, richte ich die Bitte, vor einem Tätigwerden im Sinne dieses Antrags noch einmal die Rechtslage auf europäischer Ebene mit Sorgfalt und Respekt zu prüfen. Sollte eine Änderung der Rechtslage auch auf europäischer Ebene erforderlich sein, kann man dafür werben, indem man sagt: Es geht darum, in Deutschland den gesunden Föderalismus zu stärken; es ist auch im Interesse unserer europäischen Partnerländer, dass wir nicht wieder in einen zentralistischen Nationalstaat abgleiten.

Die Spielregeln, mit denen wir es zurzeit auf europäischer Ebene zu tun haben, sind in Artikel 13 der Richtlinie des Rates von 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem geregelt. Ich erspare Ihnen, das jetzt hier zu verlesen; das können Sie im Internet nachlesen.

Der Bundesfinanzhof - das hat Kollege Barthel vorhin schon erwähnt - hat mit Urteil vom 10. November 2011 die Unternehmereigenschaft einer Gemeinde im Sinne des Umsatzsteuergesetzes bejaht, wenn sie gegen Entgelt die Nutzung einer Sporthalle und Freizeithalle gestattet, gleich ob sie die Leistung auf zivilrechtlicher Grundlage oder im Wettbewerb zu Privaten auf öffentlich-rechtlicher Grundlage erbringt.

Gleiches gilt diesem Urteil zufolge für die entgeltliche Nutzungsüberlassung der Halle an eine Nachbargemeinde für Zwecke des Schulsports. Auch derartige Beistandsleistungen, die zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts erbracht werden, unterliegen nach Auffassung des Gerichts der Umsatzbesteuerung, wenn sie zwar auf öffentlich-rechtlicher Grundlage, dabei jedoch im Wettbewerb zu Leistungen Privater erbracht werden.

Es ist zu prüfen, wie man das Erbringen interkommunaler Leistungen per Gesetz als Ausnahmetatbestand von der Umsatzsteuerpflicht definieren kann. Man kann sagen, dass es darum geht, eine Fusion von Gebietskörperschaften zu vermeiden, indem bestimmte Aufgaben gemeinsam und damit wirtschaftlich erledigt werden.

So gesehen wäre die Alternative nicht die Erbringung der Leistungen durch Private, sondern eine kommunale Gebietsreform. Meines Erachtens arbeiten zumindest kommunale Zweckverbände nicht zum Nachteil privater Leistungserbringer. Im Rahmen von Zweckverbänden halte ich die Steuerfreiheit auch ohne Gesetzesänderung für realisierbar.

Lassen Sie mich noch kurz zu dem Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE Stellung beziehen; Kollege Barthel hat das auch schon getan. Dem kann ich mich anschließen. Das Vorhaben einer interkommunalen Funktionalreform ist wichtig, ist aber nicht Gegenstand unseres Antrags, sondern hierbei geht es um die Steuerfreiheit der interkom

munalen Zusammenarbeit. Deshalb bitte ich um Verständnis dafür, dass wir Ihren Änderungsantrag ablehnen.

In der Sache sind wir hier im Haus hoffentlich einig. Ich formuliere das jetzt einmal im Jargon der LINKEN: Hoch die interkommunale Solidarität! - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU - Zu- stimmung bei der LINKEN)

Das war jetzt haarscharf am Ordnungsruf vorbei. - Jetzt hat der Kollege Grünert das Wort. Bitte schön.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der in dem Antrag der Koalitionsfraktionen dargestellte Sachverhalt sowie das unter Punkt 1 vorgeschlagene Handeln der Regierung in Bezug auf die Klarstellung, dass die Nichtbesteuerung der Leistungen zwischen Kommunen grundsätzlich zu keinen bedeutenden Wettbewerbsverzerrungen

führt, wird seitens meiner Fraktion ausdrücklich befürwortet.

Meine Damen und Herren! Die interkommunale Zusammenarbeit ist Bestandteil der Organisationshoheit der Kommunen und verfassungsrechtlich geschützt. Den Gemeinden bietet sich also eine Vielzahl von Kooperationsmöglichkeiten des privaten und öffentlichen Rechts mit unterschiedlichen Rechtsverbindlichkeiten an.

Im Gesetz über die kommunale Gemeinschaftsarbeit hat auch unser Land für die interkommunale Zusammenarbeit weitere öffentlich-rechtliche Formen geschaffen. Die wichtigsten und am häufigsten vorkommenden Formen sind die Zweckverbände und die Zweckvereinbarungen.

So hat die interkommunale Zusammenarbeit zur gemeinsamen Aufgabenerfüllung in den vergangenen Jahren in Sachsen-Anhalt nicht zuletzt auch auf der Grundlage der Gemeindegebietsreform erheblich an Bedeutung gewonnen. Diese Form der kommunalen Gemeinschaftsarbeit wurde und wird einem Pflichtzweckverband vorgezogen.

Die Kommunen haben die positiven Effekte der Effizienzsteigerung und die Möglichkeit, dem Bürger und der Wirtschaft trotz demografischer Veränderungen weiterhin eine leistungsfähige und bezahlbare öffentliche Verwaltung zu bieten, erkannt. Zunehmend an Bedeutung gewinnen Kooperationen im IT-Bereich - einige meiner Vorredner sind schon darauf eingegangen -, bei denen die Kommunen ihre IT-Abteilungen zu Kompetenzzentren bündeln oder eine Gemeinde andere Gemeinden mitversorgt. Diese Vorteile müssen auch in Zukunft gewahrt bleiben.

Als Folge der geänderten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs unterliegt die interkommunale Zusammenarbeit grundsätzlich der Umsatzsteuerpflicht. Dies verteuert die Leistungen der Kommunen, führt zu höherem Verwaltungsaufwand und letztlich zu Gebührensteigerungen für die Bürger.

(Zustimmung von Herrn Czeke, DIE LINKE)

In Ihrer Sitzung am 18. April 2013 hat die Finanzministerkonferenz den vorgesehenen Beschluss zur Veröffentlichung der Urteile erneut vertagt. Die nächste Finanzministerkonferenz wird am 24. Mai 2014 stattfinden. Damit besteht die Möglichkeit, sich auf einen inhaltlichen Lösungsweg zu verständigen, bevor eine Veröffentlichung der Urteile erfolgt.

Die von den Koalitionsfraktionen präferierte Lösung, nämlich die klare Aussage zu treffen, dass es zu keinen bedeutsamen Wettbewerbsverzerrungen kommt, ist daher der bessere Weg als durch einen Nichtanwendungserlass die grundsätzliche Nichtbesteuerbarkeit der interkommunalen Zusammenarbeit im Umsatzsteuergesetz zu verankern.

Meine Damen und Herren! Der Änderungsantrag meiner Fraktion zielt auf eine Erweiterung des Antrags der Koalitionsfraktionen. Unter Punkt 1 beantragen wir die Einfügung eines Punktes 2a, mit dem die Landesregierung aufgefordert werden soll, auf der Grundlage der gemeinsamen Vorschläge der kommunalen Spitzenverbände dem Landtag umgehend einen Gesetzentwurf zur interkommunalen Funktionalreform vorzulegen.

Auf den ersten Blick scheint dieser Antrag ein anderes Thema zu bedienen. Dem ist jedoch nicht so. Im Rahmen der interkommunalen Funktionalreform besteht die Möglichkeit, bestimmte Aufgabenzuständigkeiten und deren Vollzug zu bündeln und folglich aus dem Bereich der kommunalen Zusammenarbeit in den Aufgabenzuständigkeitsbereich der Kommunen zu überführen. Damit entfällt der Leistungsaustausch zwischen den Kommunen und damit auch die Umsatzsteuerpflichtigkeit für einen Großteil der Aufgaben.

Da diese Aufgabe seit Januar 2002 durch den Landtag beschlossen ist, besteht also aus unserer Sicht erheblicher Handlungsdruck.