Protocol of the Session on May 15, 2014

Die USA sind nach China Deutschlands wichtigster außereuropäischer Exportmarkt. 30 % der gesamten EU-Ausfuhren in die USA stammen aus Deutschland. Deutsche Direktinvestitionen im Ausland beliefen sich im Jahr 2012 auf 1,2 Billionen €. Im Jahr 2005 waren es noch weniger als 800 Milliarden €. Insbesondere deutsche Direktinvestitionen in Länder außerhalb der Europäischen Wirtschaftsunion steigen also kontinuierlich an.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die „Süddeutsche Zeitung“ hat am 7. Mai 2014 ein Podcast mit dem Titel „TTIP - Schluss mit den Horrorparolen“ veröffentlicht. Darin wurden Vorbehalte gegen TTIP wörtlich als „Unsinn“ oder „Märchen“ bezeichnet. Diesen Duktus macht sich meine Fraktion ausdrücklich nicht zu eigen. Denn es ist richtig, dass intensiv über das verhandelt wird, was Kritik hervorruft, aber Kritik sollte sich stets auf Fakten stützen, nicht auf Vermutungen oder Emotionen.

Zum Stichwort Standardabsenkungen. Um es klar zu sagen: Mit TTIP ist beabsichtigt, Standards und Normen zu harmonisieren. Eine Harmonisierung von Standards und Normen ist etwas anderes als eine Absenkung oder Aufweichung von Standards. Eine Harmonisierung wäre vor allem eine Verfahrenserleichterung für die betroffenen Unternehmen und letztlich auch für uns als Kunden.

Um es an zwei Beispielen zu sagen: Im Rahmen von TTIP wird darüber verhandelt, ob der Blinker im Auto in den USA tatsächlich rot sein darf und in Europa gelb sein muss. Es geht also konkret um die Frage, ob es hierfür einen gemeinsamen Standard geben kann, also eine Angleichung. Niemand hat ernsthaft eine Absenkung erwogen. Es gibt keine Forderung, auf Blinker grundsätzlich zu verzichten.

In Europa werden Medikamente nicht weniger streng kontrolliert als in den USA. Trotzdem muss derzeit jedes europäische Medikament in den USA noch einmal kontrolliert werden. Das verteuert europäische Medikamente in den USA.

Empirisch gibt es keinen Beleg dafür, dass mit der Durchsetzung von Freihandelsabkommen eine Absenkung von Standards verbunden ist. Ich persönlich glaube auch nicht, dass in den Ländern, die sich für den freien Warenverkehr einsetzen, geringere technische Standards gelten als in protektionistischen Staaten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gerade der Mittelstand hat sich eben nicht immer eine eigene Rechtsabteilung leisten können und profitiert daher von den klaren und berechenbaren gemeinsamen Regeln; denn gerade für den Mittelstand ist zu viel Bürokratie ein entscheidendes Marktzugangshemmnis. Marktzugangshemmnisse wollen wir verhindern, damit wir neue Arbeitsplätze schaffen können und den Wohlstand damit wachsen lassen können.

Ein letztes Wort zum Stichwort Investitionsschutzklausel. Ja, TTIP soll eine Investitionsschutzklausel enthalten. Unternehmen brauchen für Investitionen langfristige Planungssicherheit. Sie brauchen Schutz im Ausland. Dafür hat Deutschland 147 solcher Investitionsschutzklauseln beschlossen, um für deutsche Unternehmen Rechtssicherheit im Ausland zu schaffen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn Sie von der LINKEN und den GRÜNEN das als intransparent kritisieren, dann ist das Ihr gutes Recht. Wenn sämtliche Investitionsschutzklauseln im Internet veröffentlicht werden, dann finden wir es transparent genug; denn ich glaube nicht, dass Landesregierungen noch in Abstimmung befindliche Gesetzentwürfe bereits im Vorfeld ins Internet stellen. In diesem Fall ist es so; die Bevölkerung, die Öffentlichkeit kann mitdiskutieren. Das ist für uns Transparenz, die wir erwarten.

Daher, meine sehr verehrten Damen und Herren - ich komme zum Schluss -, stärken die Koalitionsfraktionen unserer Landesregierung dabei den Rücken, auf der Bundesebene darauf hinzuwirken, dass die Beratungen im Interesse eines fairen, transparenten und weitreichenden Freihandelsabkommens, das europäische Errungenschaften im Bereich der Wirtschafts-, Sozial-, Lebensmittel-,

Gesundheits-, Datenschutz- und Umweltstandards sowie der Verbraucherrechte schützt, entschlossen fortgesetzt werden können. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung von Herrn Schröder, CDU, und von Frau Brakebusch, CDU)

Danke schön, Kollege Kurze. Es gibt zwei Nachfragen von Kollegen aus dem Hause, eine von Herrn Czeke und eine von Herrn Hoffmann. Möchten Sie sie beantworten?

Ja, bitte.

Dann Herr Abgeordneter Czeke, bitte.

Vielen Dank, Herr Kollege, dass Sie mir die Möglichkeit geben. Schon der Minister wies darauf hin, dass es eigentlich nach internationalem Recht keine Hemmnisse gibt, weder auf europäischer Seite für US-amerikanische Investoren noch umgekehrt.

Ihr Vertrauen in die Sache ehrt Sie. Dennoch möchte ich Ihnen die Frage stellen: Wissen Sie, wer für die bundesdeutsche Seite an den Verhandlungen teilnimmt und über welche Fragen dort im Detail gesprochen wurde? Denn Sie haben ja Transparenz versprochen.

Lieber Herr Kollege Czeke, über die detaillierten Fragen, zu denen verhandelt wird, kann ich Ihnen keine Auskunft geben.

(Frau Thiel-Rogée: Das ist das Problem! - Herr Lange, DIE LINKE: Blindes Vertrau- en!)

Aber Sie wissen, dass Vertrauen ein Grundwert unserer Politik, der Politik der Union ist. Daher denke ich, dass wir in unsere Bundesregierung und in unsere Landesregierung vertrauen können.

(Zuruf von Herrn Lange, DIE LINKE)

- Herr Lange, hören Sie doch erst einmal zu, bevor Sie sich echauffieren und vielleicht noch beim Zurücklehnen nach hinten kippen. - Daher ist es für uns schon maßgeblich, dass wir uns darauf stützen können. - Danke.

(Herr Scheurell, CDU: Jawohl, Markus! - Zu- ruf von Herrn Lange, DIE LINKE)

- Warum sollte ich blindes Vertrauen haben, Herr Lange? Ich heiße ja Kurze und nicht Lange.

(Zustimmung von Herrn Scheurell, CDU)

Die nächste Frage stellt Herr Abgeordneter Hoffmann.

Herr Kollege Kurze, wissen Sie, dass auf einer solchen Rechtsgrundlage - ich komme zu dem von Herrn Kollegen Meister vorhin beschriebenen Beispiel der aufgedruckten Zigarettenwarnungen - inzwischen der Konzern Philip Morris den Staat Australien auf Ausgleich seiner Verluste, die nicht gering sind, verklagt? Das heißt, das, was wir hier ankündigen, was passieren kann, gibt es dort praktisch schon.

(Herr Lange, DIE LINKE: Aber ist egal!)

Ja, was soll man dazu sagen? Ich kenne den Konzern. Ich kenne auch das, was er im Rahmen der Prävention tut. Sie sehen es natürlich wieder nur von einer Seite.

(Herr Striegel: GRÜNE: Oh!)

Ich denke, dass hier ordentlich verhandelt wird. Ich denke, wir sollten das abwarten. Wir stehen dazu und das habe ich mit unserem Redebeitrag klar und deutlich vorzutragen versucht.

(Zustimmung von Herrn Schröder, CDU - Herr Dr. Thiel, DIE LINKE, lacht)

Danke schön. Weitere Nachfragen gibt es nicht. - Zum Abschluss der Debatte spricht für die Fraktion DIE LINKE Herr Dr. Thiel.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Kollege Kurze, Sie haben einen schönen Satz gesagt: Handeln statt Abschotten. - Da muss sich die Europäische Union an bestimmten Stellen langsam einmal bewegen.

Was Ihren Rundumschlag zum TTIP betrifft: Das haben wir eigentlich alles schon im März abgehandelt. Schon damals haben wir die unterschiedlichen Positionen dargelegt. Das ist auch unstrittig. Der Verlauf der Debatten ist relativ klar erkennbar.

Wir wollten mit dem heutigen Antrag eigentlich noch einmal auf einen speziellen Bereich zu sprechen kommen, der in der Öffentlichkeit hart diskutiert wird. Dazu haben Herr Minister Möllring und der Kollege Tögel die Frage gestellt: Wo liegen wir in den Auffassungen eigentlich auseinander?

Ihren Beschluss von damals haben wir unter Punkt 4 mitgetragen, nämlich dass der Landtag der Auffassung sei, spezielle Investitionsschutzvorschriften in einem Abkommen zwischen den

USA und der EU seien aufgrund des hinreichenden Rechtsschutzes nicht erforderlich. Das war damals in diesem Haus Ihr Mehrheitsbeschluss. Darin sind wir nach wie vor konform.

Sie hätten wahrscheinlich auch kein Problem, den Punkten 1 bis 4 unseres Antrags zuzustimmen; Kollege Tilman Tögel hat das vorhin bereits angedeutet. Aber es gibt natürlich Unterschiede und diese möchte ich benennen.

Unter Punkt 2 Ihres Alternativantrags heißt es: Es geht um die Anerkennung der ausländischen Direktinvestitionen und um die Schutzinteressen. Aber, meine Damen und Herren, es gibt auch ein Schutzinteresse für inländische Investoren. Das wird hier völlig ausgeklammert.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Für mich stellt sich zum Beispiel die Frage: Sollte ein mittelständisches Unternehmen aus SachsenAnhalt, beispielsweise die Halloren AG aus Halle, möglicherweise eine Tochterfirma in den USA errichten müssen, um eventuell gegen ein Gesetz für gesunde Ernährung, das wir in Sachsen-Anhalt beschließen, wegen entgangener Gewinne vorzugehen? - Das kann doch nicht das Ziel oder die Absicht eines solchen Investitionsschutzabkommens sein. Wir halten es für richtig, dass bei diesen Fragen generell keine Inländerdiskriminierung stattfindet.

(Beifall bei der LINKEN)

Zu Punkt 4. In den ersten Punkten Ihres Alternativantrages haben Sie die Fahne hochgehalten im Sinne von: Das findet mit uns nicht statt! Punkt 4 ist die Hintertür, und zwar im Sinne von: Wenn es doch so kommt, dann machen wir dieses oder jenes. - Nein, meine Damen und Herren, an dieser Stelle sind wir für klare Ansagen.

(Beifall bei der LINKEN)

Genauso gut können wir Ihrem Alternativantrag auch deshalb nicht zustimmen, weil Sie unter Punkt 5 die Landesregierung bitten, die Positionen des Landtags gegenüber der Bundesregierung sowie bei den Beratungen im Bundesrat zu berücksichtigen. Wer ist hier eigentlich Koch und wer Kellner? Wir als Landtag fassen die Beschlüsse, wie sich unsere Regierung gerade in wichtigen Fragen, die die Rechtsstaatlichkeit unseres Systems berühren, zu verhalten hat.

Wir sind in unseren Anforderungen klarer. Wir sagen: Wir fordern die Landesregierung auf, das, was der Landtag hier beschließt, sowohl in den öffentlichen Konsultationsverfahren zu bekunden als auch unmissverständlich gegenüber der Bundesregierung darzulegen. Herr Minister Möllring, ich bin Ihnen sehr dankbar dafür, dass Sie die klare Ansage gemacht haben, dass das bei der nächsten Wirtschaftsministerkonferenz auch angesprochen wird.

Wir wollen also keine ausweichenden Antworten haben. Wir wollen klare Positionen, statt abzuwarten, wie es sich entwickeln wird.

Das erinnert ein wenig an die Situation, die wir schon einmal im Landtag hatten, und zwar bei einem ganz anderen Thema: Fracking in der Altmark. Warum bringe ich das jetzt in diesem Kontext? - Beim Thema Fracking in der Altmark gab es einen breiten Konsens im Hause, diese Dinge abzulehnen. Aber es gab auch ein Herumschlängeln um eine Antwort. Es hieß: Erst einmal abwarten, ob sich überhaupt einer meldet, der den Bohrer ansetzen will; und wenn dann einer kommt, machen wir schnell ein Gesetz.

Nein, Aussitzen ist nicht, liebe Landesregierung! Wir fordern klare Positionen.

(Beifall bei der LINKEN)