Protocol of the Session on May 15, 2014

(Beifall bei der LINKEN)

Eigentlich, meine Damen und Herren von der Koalition, müssten Sie doch alle mit demonstrieren.

(Herr Kurze, CDU: Was?)

Denn die Landesregierung will offenbar den Beschluss des Landtags aus dem letzten Jahr nicht einhalten. Keine aktive Absenkung von Studienplätzen - das haben Sie beschlossen. Das Gegenteil ist der Fall.

In der Logik der Landesregierung ist das konsequent. Man kann nur so große Summen aus den Hochschuletats streichen, wenn gleichzeitig Studienplätze abgebaut werden. Denn die Studienplätze richten sich nach Personalstellen und Personalstellen kosten Geld. Allerdings hat der Landtag zu den Studienplätzen einen anderen Beschluss gefasst. Und dieser wird nicht eingehalten.

Mit unserem Antrag haben Sie nun die Chance, der Landesregierung zu sagen, dass die Studienplätze erhalten bleiben sollen. Oder Sie sagen den Demonstrierenden, dass sie den Abbau auch wollen. Haben Sie doch den Mut zu einer klaren Position!

(Beifall bei der LINKEN)

Über welche Beträge und Studienplatzzahlen redet die Landesregierung? - In Bernburg wurde verkündet, es gehe um einen Konsolidierungsbeitrag von 1,5 %. Das entspricht etwa 5 Millionen €. In einem System mit insgesamt 360 Millionen €, das chronisch unterfinanziert ist, ist das viel Geld, aber vielleicht noch machbar.

Doch nun kommt es: Bis zum Jahr 2025 sollen Mittel in Höhe von 10 Millionen € an den Hochschulen und bei der Medizin eingespart werden. Hinzu kommen noch die Defizite, die seit 2004 im System aufgelaufen sind. An der Martin-Luther-Universität sind das 6 Millionen €, an der Otto-vonGuericke-Universität sind es 4 Millionen € und an den Hochschulen für angewandte Wissenschaften sind es ca. 1,5 Millionen €.

Das allein bedeutet bei den Hochschulen schon einen Abbau von mehr als 2 550 Studienplätzen. Dazu rechnet die Landesregierung, dass sich die Beteiligung der Hochschulen an den Tarifsteigerungen und der Inflation bis zum Jahr 2025 auf ca. 10 Millionen € beläuft. Damit wird sich der Studienplatzabbau bis 2025 faktisch verdoppeln.

Bedenkt man, dass auf einen Studienplatz derzeit in Sachsen-Anhalt ca. 1,6 Studierende gerechnet werden, bedeutet das einen Verlust von Angebot

und Vielfalt für ca. 8 000 junge Menschen. Dem demografischen Wandel etwas entgegensetzen sieht anders aus, meine Damen und Herren. Herr Haseloff, machen Sie eine vernünftige Hochschulpolitik, dann müssen Sie nicht mit Babystramplern Menschen aus Baden-Württemberg nach Sachsen-Anhalt locken.

(Beifall bei der LINKEN)

Keine Fraktion hat sich im Landtag einer Strukturdiskussion verweigert. Es gibt durchaus Vorschläge zur Kooperation und zur Änderung des Studienangebots, wobei bitte Studienprogramme nicht mit Studiengängen verwechselt werden dürfen. Das sind Veränderungen, die vorstellbar sind und von denen man sagen kann, dass sie das System auch voranbringen. Wenn damit das Defizit reduziert werden kann, dann ist das umso besser.

Die Landesregierung aber macht Vorschläge, die darauf abzielen, noch mehr Geld aus dem System herauszupressen. Dann kommt eben so etwas heraus wie in Magdeburg, wo die humanwissenschaftliche Fakultät geschlossen werden soll. Das wundert mich bei dieser Landesregierung nicht. Herr Haseloff hat schon oft seine Geringschätzung gegenüber den Geistes- und Sozialwissenschaften gezeigt.

(Herr Kurze, CDU: Was?)

Dass diese Landesregierung kritischen Geist nicht wirklich schätzt, zeigt das letzte Jahr. Einsparungen in Höhe von fast 9 Millionen € soll die Schließung der Fakultät bringen, obwohl die Professuren erhalten bleiben sollen - logisch ist das nicht unbedingt. Na ja, nun hat man nach den Protesten in Magdeburg zugestanden, dass die Fakultät erhalten bleiben darf. Aber die Kürzungssumme steht weiterhin im Raum.

Gern hat die Landesregierung auch die Reduzierung der Anzahl der Fakultäten ins Feld geführt. Durch Fusion zweier Fakultäten sollen Einsparungen in Höhe von 500 000 € generiert werden. Wie man auf diese Zahl kommt, steht in den Sternen, zumal Großfakultäten kaum noch durch einen ehrenamtlichen Dekan zu leiten sind. Das heißt, es kommen eher noch Kosten für Vertretungsprofessuren hinzu.

DIE LINKE ist der Meinung, dass die Hochschulen sich selbst ihre Struktur geben müssen. Das verstehen wir unter Hochschulautonomie. Neben Effizienzkriterien muss dabei aber im Wesentlichen die optimale Organisation von Forschung und Lehre handlungsleitend für die Hochschulen sein.

In Halle hat die Landesregierung zum Teil die Klassiker der Abbaudiskussion aus dem Jahr 2004 wieder aufgegriffen. Neu waren allerdings die Medien- und Kommunikationswissenschaften. Dem vielgepriesenen Medienstandort Halle einen sol

chen Schlag versetzen zu wollen, das war selbst dem Staatsminister zu viel. Trotzdem soll in dem Bereich über alle Hochschulen hinweg ein Betrag von 1 Million € gekürzt werden. Das wird die Hochschulen vor gravierende Herausforderungen stellen.

Die Psychologie soll abgewickelt werden, obwohl man sie in der Lehrerbildung dringend braucht. Schon jetzt gibt es zu wenige Psychotherapeuten im Land. Es ist ebenso kurzsichtig, die Psychologie abzuwickeln, wie die Sportwissenschaften vom Olympiastützpunkt vertreiben zu wollen.

Genauso ein Klassiker ist die Abwicklung der Geowissenschaften. In einer Bergbaulandschaft zeugt dieser Vorschlag von ganz besonderer Weitsicht. Wenn man einen kleinen Zeit-Step wagen darf: In dem Papier steht: Die Ausbildung der Geografielehrer soll demnächst in Leipzig erfolgen. - Dass Leipzig gar keine Geografielehrer ausbildet, ist vielleicht übersehen worden.

(Frau Dr. Klein, DIE LINKE: Aber wir können es ja noch richtig machen!)

Dafür sollen die Pharmazeuten dann nach Halle kommen. Schon jetzt studieren viele Studierende aus Sachsen Pharmazie in Sachsen-Anhalt. Einen Stellenaufwuchs soll es dafür natürlich nicht geben. Auch dass man für so einen Vorschlag vielleicht räumliche Kapazitäten bräuchte, ist nicht berücksichtigt.

Des Weiteren soll der Studiengang Informatik geschlossen werden. Der Studiengang Bioinformatik soll bleiben, aber die Informatik soll weg. Meine Damen und Herren! Wer so etwas vorschlägt, der hat einfach keine Ahnung von Forschung und Lehre in diesem Bereich.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Zudem sitzt etwa ein Drittel der IT-Unternehmen des Landes in und um Halle. Sie setzen auf Kooperation mit der Universität und auf die Absolventinnen. Ein Minister, der so etwas vorschlägt, hat weder den Titel „Wirtschaftsminister“ noch den Titel „Wissenschaftsminister“ verdient.

Meine Damen und Herren! Warum musste der Mantel der Geschichte ausgerechnet in Niedersachsen wehen?

(Heiterkeit bei der LINKEN)

Zu den Schlagworten „Niedersachsen“, „Möllring“ und „Informatik“ wird meine Kollegin Dalbert nachher auch noch etwas Amüsantes ausführen.

(Herr Kurze, CDU: Man hilft sich!)

- „Zusammenarbeit in der Opposition“ nennt man das.

(Herr Kurze, CDU: Echt?)

- Das lernen Sie auch noch.

(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN - Zu- ruf von Herrn Kurze, CDU)

Noch ein Klassiker: die Schließung des Studienkollegs. Sämtliche schönen Worte über die Internationalisierungsstrategie werden durch diesen Vorschlag ad absurdum geführt, zumal in Köthen nicht aufgestockt werden soll. Dadurch würden die Kurse richtiggehend wegfallen - ein trauriges Beispiel von provinzieller Politik. Um den Studienstandort gänzlich unattraktiv zu machen, sollen die Mittel für die Studentenwerke gänzlich gestrichen werden. Das passt zur CDU-Ideologie,

(Herr Schröder, CDU: Oh!)

nach der nur studieren soll, wer sich ein Studium leisten kann. Nach Sachsen-Anhalt passt das nicht.

(Beifall bei der LINKEN - Zuruf von der CDU)

Viel Phantasie hat die Landesregierung den Hochschulen für angewandte Wissenschaft zukommen lassen. Auch wenn die Einschnitte kleiner sind, wird sich das bei den geringen Budgets ebenfalls verheerend auswirken. Und ob die Vorstellungen umsetzbar sind - da setze ich jetzt einmal ein großes Fragezeichen.

Einhergehen sollen diese Abbaupläne mit einem drastischen Abbau der Hochschuldemokratie.

„Top-down statt demokratischer Mitbestimmung“ - das ist das Markenzeichen der CDU in der Hochschulpolitik.

(Herr Kurze, CDU: Was?)

Die LINKE setzt ganz klar dagegen: Mitbestimmung aller Statusgruppen und Entscheidungen vor Ort, statt diese autokratische Politik entsprechend umsetzen zu wollen.

Meine Damen und Herren! Ein Euro, der in die Hochschulen fließt - -

(Herr Kurze, CDU: Holen Sie mal Luft!)

- Wie bitte?

(Herr Kurze, CDU: Holen Sie mal Luft!)

- Ich kann auch einen Schluck trinken. - Meine Damen und Herren! Ein Euro, der in die Hochschulen fließt, vervierfacht sich in der Region, vervierfacht sich auch im Land. Die Hochschulen sind d e r Innovationsmotor in Sachsen-Anhalt und Garant dafür, den demografischen Wandel zu verändern.

Sie schaffen kulturelle und intellektuelle Vielfalt. Sie sind Ort des kritischen, demokratischen, gesellschaftlichen Diskurses. Ihre Forschungsleistungen schaffen internationales Renommee und gesellschaftlichen Mehrwert. Die Hochschulen bilden junge Menschen für das ganze Land aus. Damit meine ich nicht nur Sachsen-Anhalt.