Protocol of the Session on March 27, 2014

Deshalb: Finger weg von jeder Form von AgroGentechnik, egal ob gentechnisch veränderte Pflanzen direkt für Lebensmittel vorgesehen sind oder ob sie durch die Mägen von Tieren gehen.

Wir brauchen Glaubwürdigkeit und Transparenz, Entscheidungsfreiheit an der Ladentheke. Deshalb brauchen wir auch eine verbindliche Kennzeichnung zu jeder Form von Agro-Gentechnik, die zur Erzeugung des Lebensmittels beigetragen hat.

Deshalb plädiere ich für unseren Antrag. Jetzt ist die Zeit; jetzt wird in Brüssel abgestimmt. Wir müssen die Zeit nutzen, um auf der Bundesebene auf die Bundesregierung dahingehend einzuwirken, dass sie sich in Brüssel entsprechend positioniert.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön, Kollegin Frederking. Es gibt eine Frage des Abgeordneten Herrn Krause. Möchten Sie diese beantworten? - Bitte.

Frau Frederking, stimmen Sie mir darin zu, dass das, was heute hier geschehen ist, eigentlich ein Treppenwitz der parlamentarischen Arbeit ist? - Gebetsmühlenartig haben die Koalitionsfraktionen und der Minister für Transparenz, für Verbraucherschutz gesprochen, aber ausgerechnet bei einem Produkt, bei dem Transparenz und Verbraucherschutz mit der Kennzeichnung gegeben wären, wird diese als nicht notwendig erachtet. Mich verwundert, dass man nicht ein bisschen Front macht gegen das Aufgeben der Transparenz beim Honig.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Herr Krause, ich stimme Ihnen zu.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön. - Weitere Nachfragen gibt es nicht. Damit können wir die Debatte abschließen und in das Abstimmungsverfahren eintreten.

Es liegen der Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN in der Drs. 6/2908 sowie der Alternativantrag der Koalitionsfraktionen in der Drs. 6/2956 vor. Wir stimmen zunächst über den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN ab. Wer diesem zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Oppositionsfraktionen. Wer stimmt dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Enthält sich jemand der Stimme? - Niemand. Damit ist der Antrag abgelehnt worden.

Ich lasse über den Alternativantrag abstimmen. Wer möchte dem zustimmen? - Das sind die Koalitionsfraktionen. Wer stimmt dagegen? - Das sind die Oppositionsfraktionen. Enthält sich jemand der Stimme? - Niemand. Damit ist dem Alternativantrag mit der Mehrheit des Hauses zugestimmt

worden und der Tagesordnungspunkt 21 ist erledigt.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 22 auf:

Beratung

Wahlversprechen umsetzen: Kindergeld zeitnah erhöhen - Kindergrundsicherung als Zielvorstellung entwickeln

Antrag Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 6/2909

Für die Einbringerin hat Kollegin Lüddemann das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Mit Wahlversprechen ist es manchmal so eine Sache. Manche sind schneller wieder vergessen, als sie aufgeschrieben wurden.

Eines möchte ich heute in den Mittelpunkt des späten parlamentarischen Abends rücken. Im Regierungsprogramm der CDU heißt es sinngemäß: Wir erhöhen das Kindergeld und den Kinderzuschlag. Im Regierungsprogramm des anderen Koalitionspartners, der SPD, heißt es vollmundiger: Wir schaffen ein neues, sozial gestaffeltes Kindergeld. Ein solches neues Kindergeld ist nötig, um den Mindestlohn zu ergänzen, ist nötig, um bedürftige Familien aus der Jobcenterabhängigkeit zu holen.

Alles schön und gut. Ich habe mich im Wahlkampf sehr gefreut, als ich das gehört habe. Aber ich muss leider konstatieren, dass heute - auf der Bundesebene sind gerade 100 Tage große Koalition zu verzeichnen - davon nichts mehr zu hören ist. Man liest nichts im Koalitionsvertrag. In der aktuellen Diskussion um den Mindestlohn findet beides nicht statt. Ich stelle fest: Kinder- und Familienpolitik findet auf der Bundesebene nicht statt. Generationengerechtigkeit? - Fehlanzeige.

Wenn ich mir die Diskussion um die Kindergelderhöhung vor dem Hintergrund des Rentenpakets ansehe, dann muss ich sagen: Ich als junge Generation würde ich mich deutlich abgemeldet fühlen. Die junge Generation hat es ohnehin schwer. Aufgrund der demografischen Entwicklung ist sie eine immer kleiner werdende Gruppe der Gesellschaft. Sie droht in die Marginalität abzugleiten.

Wir in Sachsen-Anhalt kennen das Problem schon länger. Bereits im Jahr 2009 gab es in unserem Bundesland mehr 75-Jährige als 14-Jährige. Generationengerechtigkeit bedarf einer Politik, die nicht nur die Alten in den Blick nimmt - dies tut sie, möglicherweise weil sie Wählerinnen und Wähler

sind -, sondern auch die jüngere, die nachwachsende Generation.

Uns geht es aber nicht „nur“ um Generationengerechtigkeit, sondern uns als GRÜNEN geht es auch um Armutsbekämpfung. Armutsbekämpfung - so muss ich weiter feststellen - findet auf der Bundesebene ebenfalls nicht statt.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Ich habe das Rentenpaket bereits erwähnt. Dort wird Altersarmut weder angegangen noch abgemildert. Kinderarmut wird nicht einmal erwähnt.

Heute wurde schon einmal gesagt, dass viele von der SPD einiges erwarten. Zu Recht. Ich habe nicht so viel erwartet, aber an dieser Stelle bin ich dann doch enttäuscht worden. Von einem Regierungsprogramm auf der Bundesebene, an dem die SPD beteiligt ist, hätte ich gerade bei diesem Thema zumindest ein bisschen erwartet.

Meine Fraktion ist nicht bereit und nicht willens, das hinzunehmen; denn wir glauben, dass gerade wir in Sachsen-Anhalt eine besondere Verpflichtung haben. Jedes vierte Kind in diesem Land lebt in einer Bedarfsgemeinschaft. Die Armutsquote von Kindern und Jugendlichen liegt klar über dem Bundesdurchschnitt. Auch im Vergleich mit den anderen ostdeutschen Ländern stehen wir schlecht da. Die Quote der Alleinerziehenden, die im HartzIV-Bezug sind, liegt bei 60 %. Damit liegen wir bundesweit an der Spitze. Das ist ein Spitzenplatz, über den ich mich nicht freuen kann.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Ich finde, die Regierung eines Landes, das solche Befunde zu verzeichnen hat, hat die Verpflichtung, auf die Bundesregierung einzuwirken. Sie hat die Verpflichtung, im Interesse der Menschen in diesem Land Parteiinteressen zurückzustellen.

Wir schlagen deshalb ganz klar vor - eigentlich bedürfte es dessen nicht; denn es gibt dazu auch rein rechtssystematisch eine Verpflichtung -, dass der Kinderfreibetrag entsprechend dem aktuellen Existenzminimumsbericht anzupassen ist, genauso wie das Kindergeld gleichzeitig erhöht werden muss, damit der Abstand zwischen denjenigen, die den Kinderfreibetrag in Anspruch nehmen können, weil sie genug verdienen, und denjenigen, die auf das Kindergeld angewiesen sind, nicht noch größer wird, als er jetzt schon ist.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Ich darf Sie daran erinnern, dass das Kindergeld und der Kinderfreibetrag zuletzt im Jahr 2010 erhöht wurden. Die Verbraucherpreise sind in den letzten vier Jahren um 6 % gestiegen. Kindergeld und Kinderfreibetrag sollen nicht angepasst werden, und das, obwohl - so ließ man anfangs verlautbaren - im Bundeshaushalt Mittel in Höhe von

500 Millionen € für diesen Zweck zur Verfügung standen.

Jetzt mussten wir von Herrn Schäuble vernehmen, dass das Geld anderweitig gebraucht wird und dass deswegen die Kindergelderhöhung frühestens im Jahr 2016 kommen wird. Das Geld wird nämlich - jetzt komme ich auf meinen Eingangssatz zurück - gebraucht für Geschenke an die ältere Generation, die Wählerinnen und Wähler sind, für ein umfassendes Rentenpaket zulasten der jüngeren Generation. Um jedoch das Projekt „schwarze Null“ nicht zu gefährden - denn alles kann man auf der Bundesebene dann offenbar doch nicht machen -, verschiebt man die Kindergelderhöhung. Das geht zulasten der Armen, das geht zulasten der Kinder.

Ich sage aber ganz deutlich: Kindergeld, Kinderzuschlag und Kinderfreibetrag sind keine x-beliebigen Sozialtransfers, mit denen man machen kann, was man will bzw. was gerade politisch opportun erscheint. Es gibt verfassungsrechtliche Vorgaben, die hierbei erfüllt werden müssen, um ein steuerfreies Existenzminimum von Kindern zu sichern.

Ich frage mich in diesem Zusammenhang wirklich, was sich die SPD noch alles zumuten lässt, um ihr Prestigeprojekt Mindestlohn auf Bundesebene durchzusetzen. Wenn es so weitergeht, wird es ein Pyrrhussieg werden, wenn nämlich der Mindestlohn mit Stillstand in der gesamten Sozialpolitik bezahlt wird. Die Bürgerversicherung ist umfassend begraben worden, von einem sozial geförderten Beschäftigungsmarkt ist keine Rede mehr.

Um es noch einmal zusammenzufassen: Die Erhöhung des Kindergeldes und des Kinderfreibetrages darf nicht verschoben werden.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Als Weiteres schlagen wir vor - das ist eine ganz klare Notwendigkeit -, dass der Kinderzuschlag erhöht wird und dass vor allem die Regelsätze für Kinder und Jugendliche armutsfest neu berechnet werden.

Wenn man das Ziel hat, in Deutschland, in einem der reichsten Industrieländer der Welt, Armut tatsächlich zu bekämpfen, dann muss man das Kindergeld und die Höhe des Regelsatzes anpassen. Denn im Moment ist es so: Wenn man das Kindergeld erhöht, haben diejenigen, die es wirklich brauchen, nichts davon, weil es automatisch als Einkommen angerechnet und vom Regelsatz wieder abgezogen wird.

Am 9. Februar 2010 gab es ein Verfassungsgerichtsurteil, das der damaligen Bundesregierung auferlegt hat, die Erwachsenenregelsätze und auch die Kinderregelsätze neu zu berechnen. Es kam aber nur zu einer Änderung der Bemessungsweise, nicht zu einer tatsächlichen Erhöhung der Regelsätze. Das interpretiere ich als eine

nachträgliche vermeintliche Rechtfertigung der bestehenden Regelsätze, aber nicht als wirkliche Umsetzung des Urteils des Bundesverfassungsgerichts.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Es ist jetzt eine neue Grundlage der Berechnung eingeführt worden. Das Ausgabeverhalten von Haushalten mit besonders niedrigen Einkommen wird zugrunde gelegt. Es ist richtig, die Einkommens- und Verbraucherstichprobe, die alle fünf Jahre vom Statistischen Bundesamt vorgelegt wird, als Grundlage zu nehmen. Das, was ich sehr problematisch finde, ist, dass eben nicht das gesamte Ausgabenniveau der niedrigen Einkommen zugrunde gelegt wird.

Von den 130 Ausgabepositionen, die in der EVS, in dieser Einkommens- und Verbraucherstichprobe, abgefragt werden, werden aus meiner Sicht willkürlich einzelne Punkte gestrichen oder gekürzt, zum Beispiel Ausgaben für Schmuck, Urlaub oder bestimmte Bildungsausgaben und für außerhäusliche Verpflegung. Wenn sich dann noch Menschen wundern, warum beispielsweise in Dessau 45 Kinder weder Frühstück in die Kita mitbringen, noch an der Mittagsverpflegung teilnehmen, dann muss man einfach die Tatsachen zur Kenntnis nehmen, wie und von wem Gesetze in diesem Land gemacht werden.

Die Bedarfe von Kindern dürfen auch nicht einfach von den Bedarfen von Erwachsenen abgeleitet werden. Kinder haben spezifische Bedürfnisse, wenn sie sich gesund ernähren und ausreichend bilden sollen. Wir brauchen - so fordert es der Gesamtverband des Paritätischen, und ich finde, dass das eine sinnvolle Forderung ist - eigene Referenzgruppen von Kindern. Die verdeckten Armen und die kleinen Aufstocker müssen aus dieser Bezugsgruppe herausgenommen werden, um einen wirklich armutsfesten Regelsatz zu haben.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Im Endeffekt sind aber auch das alles nur unzureichende Forderungen. Denn wenn man Kinderarmut wirklich bekämpfen will, braucht man ein grundsätzliches Umsteuern. Wir brauchen eine eigenständige Existenzsicherung von Kindern. Hierfür - das sind die weiteren Punkte unseres Antrags - unterbreiten wir einen Vorschlag, wie man in die Diskussion gehen soll.

Wir schlagen vor, das Modell der Kindergrundsicherung zur Grundlage zu nehmen. Die bestehenden Regelungen im Bereich von Kindergeld, Kinderzuschlag, Kinderfreibetrag und zu den Regelsätzen für Kinder und Jugendliche werden zu einer eigenen allgemeinen und einheitlichen Transferleistung weiterentwickelt.