Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Thema Agro-Gentechnik beschäftigt uns meist dann, wenn es um die Zulassung einer neuen gentechnisch veränderten Nutzpflanze geht. Das ist heute aber nur indirekt der Fall. Es geht um die Produkte aus den Tieren, die mit solchen gentechnisch veränderten Pflanzen gefüttert wurden.
Es ist bekannt, dass ein großer Teil der Bevölkerung gentechnisch veränderter Nahrung ablehnend oder zumindest skeptisch gegenübersteht. Deshalb ist auch für uns die Wahlfreiheit beim Kauf von Lebensmitteln und damit die Kennzeichnung gentechnisch veränderter Nahrungsmittel unbedingt nötig.
Für Produkte, die aus gentechnisch veränderten Pflanzen hergestellt werden oder sie in bestimmten Konzentrationen enthalten, ist dies im europäischen und deutschen Recht bereits geregelt. Frau Frederking hatte das bereits gesagt.
Im Sinne der Transparenz hat sich meine Partei auch zu einer verbindlichen Kennzeichnungspflicht bei den Produkten bekannt, die aus oder von Tieren hergestellt werden, die mit gentechnisch veränderten Pflanzen gefüttert wurden.
Uns ist das auch deshalb wichtig, weil damit präsent bleibt, wie groß die Menge und Verbreitung gentechnisch veränderten Futters bereits ist, und weil viele damit verbundene Probleme der Koexistenz natürlicher und gentechnisch veränderter Organismen ebenso im Fokus bleiben.
Zwar tritt so die Diskussion um die wirkliche Gesundheitsgefährdung durch diese Produkte ein wenig in den Hintergrund, uns sind aber ausdrücklich die Transparenz und die Wahlfreiheit der Bürger und Verbraucher wichtig.
Wir stimmen also Punkt 2 Ihres Antrages zu. Das ist auch ein wesentlicher Teil des Alternativantrags. Meines Wissens ist sogar im Koalitionsvertrag in Berlin die Absicht erklärt worden, dass
man sich um diese Kennzeichnung kümmern will. Dabei kann ein bisschen Rückenwind aus den Ländern sicherlich nicht schaden.
Nun zum Thema Honig. Das blendet der Alternativantrag leider wieder einmal völlig aus und das sollte man ihm nicht einfach durchgehen lassen. Ich möchte nicht den gesamten Gang der Dinge, wie der Honig in der EU behandelt wurde, wiederholen. Das hat Frau Frederking schon ziemlich deutlich dargestellt. Aber es wird deutlich, mit wie vielen Haken und Ösen man es beim Kampf um die Kennzeichnungspflicht zu tun hat. Es wird auch ziemlich deutlich, wie groß der Einfluss der Lobby ist, wie sehr dabei wirtschaftlich gedacht wird und dass dabei nicht unbedingt immer die Verbraucherinteressen im Mittelpunkt stehen.
Der Europäische Gerichtshof hatte im Jahr 2011 entschieden, dass Pollen von gentechnisch veränderten Pflanzen wie eine Zutat im Honig zu behandeln ist, also nicht natürlicher Bestandteil des Honigs ist. Dieser Honig war entsprechend zu kennzeichnen. Das führte sofort zu intensiven Diskussionen um nicht vorhandene Messverfahren, um Bemessungsgrenzen dieses Pollens und um mögliche Handelshemmnisse sowie eine mögliche Verteuerung des Handels durch diese Kennzeichnungspflicht. Das führte sogar bis hin zu dem im Jahre 2012 unterbreiteten Kommissionsvorschlag, Pollen als natürlichen Bestandteil des Honigs zu sehen, um damit die lästige Kennzeichnungspflicht ad acta legen zu können.
Nun kann man sich sicherlich fragen, ob Genpollen wirklich natürlicher Bestandteil des Honigs ist. Die Konsequenzen aus diesem Kommissionsvorschlag hat Frau Frederking bereits genannt: Kanadischer Honig aus gentechnisch verändertem Raps würde einfach so im Regal stehen und die Verbraucher hätten eben nicht mehr ihre Wahlfreiheit.
Das kann für uns nicht im Sinne der Verbraucher sein. Für uns gilt klar: Wo Gentech-Pollen drin ist, muss das draufstehen.
Offensichtlich sah das der Umweltausschuss des EU-Parlaments Ende 2013 noch ähnlich und lehnte diesen Kommissionsvorschlag ab. Allerdings knickte der Umweltausschuss am 19. März 2014 ein und bestätigte den Kommissionsvorschlag.
Auf diese Verhältnisse in Brüssel bezog sich auch die Debatte im Bundestag, die heute schon angesprochen wurde und in deren Ergebnis der Antrag der GRÜNEN abgelehnt wurde, und zwar weil man meinte, die Messen in Brüssel seien sowieso gesungen - obwohl die Entscheidung des EU-Parlaments und die der EU-Agrarminister noch aussteht.
Obwohl klar ist, dass die Chance, die Entscheidung in Brüssel noch zu kippen, gering ist, werden wir Punkt 1 des Antrages der GRÜNEN zustimmen; denn wir sind der Meinung, dass es notwendig ist, an den Verbraucherrechten auf Wahlfreiheit und Transparenz festzuhalten und jede noch so kleine Chance zu nutzen, diese durchzusetzen.
Dass das Land sehr wohl in der Lage ist, darauf noch Einfluss zu nehmen, wird aus dem Alternativantrag deutlich. Sachsen-Anhalt wird in der Agrarministerkonferenz einen Antrag stellen, wird mit den Agrarministern sprechen. Warum kann man dann nicht auch noch einmal über den Honig verhandeln?
Deshalb lehnen wir den Alternativantrag der Koalitionsfraktionen ab. Wir sind der Meinung, die Koalitionsfraktionen blenden dieses zugegebenermaßen schwierige Problem der Kennzeichnungspflicht von Honig mit Genpollen aus und verabschieden sich damit eigentlich auch ein bisschen vom Schutz der deutschen Imker. Und das ist nicht unsere Intention. - Danke.
Die Uhr läuft schon und ich bin noch gar nicht hier. Das ist klasse. - Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordneten! Ja, es ist richtig, dass die Verbraucherinnen und Verbraucher Wahlfreiheit, gerade bei dem, was sie essen, haben müssen. Wahlfreiheit heißt deshalb auch, dass die Konsumenten darüber informiert werden müssen, was in den Lebensmitteln enthalten ist und wie sie erzeugt werden.
Dazu bedarf es einer Kennzeichnung von Lebens- und Futtermitteln. Es bedarf einer Kennzeichnung der Lebensmittel, die unter Verwendung bzw. unter dem Einfluss gentechnisch veränderter Organismen hergestellt wurden. Das gilt auch für tierische Lebensmittel. Das Fleisch, die Milch und die Eier, die von mit gentechnisch veränderten Futtermitteln versorgten Tieren stammen, sind zurzeit nicht kennzeichnungspflichtig.
Meine Damen und Herren! Gerade vor dem Hintergrund, dass weltweit vermehrt gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut werden, brauchen wir als Verbraucherinnen und Verbraucher eine tatsächliche Wahlfreiheit. Dazu bedarf es einer umfassenden Produktkennzeichnung.
Ich bin froh, dass Sachsen-Anhalt bei der Amtschef- und Agrarministerkonferenz in der nächsten Woche in Cottbus einen Beschlussvorschlag einbringen will, der eine transparente und nachvoll
ziehbare Kennzeichnung aller Lebens- und Futtermittel vorsieht. Die Bundesregierung möge sich auf europäischer Ebene für eine Kennzeichnungspflicht tierischer Lebensmittel einsetzen.
Wir greifen mit unserem Alternativvorschlag diesen Antrag auf. Sachsen-Anhalt hat mit der Einbringung des Beschlussvorschlags auf der AMK quasi im Vorgriff Punkt 2 des Antrages der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erledigt.
Zum Problemkreis Honig möchte ich das von dem Minister bereits Gesagte nicht wiederholen. Ich bitte Sie um Zustimmung zu dem Alternativantrag der Koalitionsfraktionen. - Danke.
Danke schön, Kollegin Späthe. - Zum Schluss der Debatte könnte noch einmal, wenn sie es denn möchte, Kollegin Frederking sprechen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich konnte jetzt von allen hören: Ja, wir wollen Transparenz. Ja, wir wollen Verbraucherschutz. Die Menschen sollen wissen, was auf ihren Tellern landet; sie haben ein Recht darauf.
Herr Bischoff, wenn Sie eine Analytik anführen, dann sage ich dazu: Honig, der gentechnisch veränderten Pollen enthält, können Sie analytisch detektieren; das ist überhaupt kein Problem. Es ist auch so, dass dieser Honig in unseren Regalen landen wird und schon gelandet ist; denn der Importhonig wurde von Pflanzen erzeugt, die gentechnisch verändert sind.
Herr Bischoff, Sie sagen, es sei nicht gewährleistet, dass die Menschen auf das Etikett sehen. Aber es ist doch gar nicht der Punkt, ob die Leute auf das Etikett sehen oder nicht. Der Punkt ist doch, dass die Leute wenigstens die Chance haben müssen, auf das Etikett zu sehen.
Die EU-Kommission, die Bundesregierung und auch die große Koalition haben sich gegen eine Kennzeichnung von Honig mit gentechnisch verändertem Pollen ausgesprochen. Nun müssen wir feststellen, dass sich auch CDU und SPD mit ihrem Alternativantrag dieser Position angeschlossen haben. Sie wollen keine Kennzeichnung.
Herr Bischoff, Sie sprechen von Leidenschaft bezüglich des Verbraucherschutzes. Ich kann in diesem Antrag von Leidenschaft überhaupt nichts lesen.
Wenn Sie leidenschaftlich wären, dann hätten Sie dafür gestritten, dass gerade dieses Produkt gekennzeichnet werden muss. Denn bei diesem Produkt ist es so, dass das genveränderte Material direkt eingetragen wird.
Ich habe vorhin den Zwischenruf getätigt, dass wir nicht den gleichen Antrag vorgelegt haben, über den im Bundestag abgestimmt wurde. Wir haben uns nämlich einem Bundesratsbeschluss angeschlossen, und zwar einem Bundesratsbeschluss vom November 2012. Es gibt also schon so lange einen Beschluss, in dem die Bundesländer formulieren: Wir wollen eine Kennzeichnung. Doch bisher ist nichts passiert.
Wenn Sie nun sagen, wir sind hier nicht die richtige Ebene oder wir haben keinen Einfluss auf die Kanzlerin, dann kann ich nur sagen: Bitte? Wir formulieren ständig Aufträge an die Landesregierung, sie möge auf der Bundesebene darauf hinwirken, dass dieses oder jenes passiert. Das ist ja wohl ein vorgeschobener Grund, den wir so nicht akzeptieren können.
Der Alternativantrag von CDU und SPD ist - unabhängig von der Honiggeschichte - absolut weichgespült. Darin steht, dass der Landtag die Landesregierung in ihrem Bestreben unterstützen soll. Ja, was ist das denn für eine Forderung? Wie sollen wir unterstützen? Ich kann mich nur darüber wundern, welcher Weichspüler bei dieser Formulierung zum Einsatz kam.
Wenn der Antrag von Lebens- und Futtermitteln spricht, die unter Verwendung von gentechnisch veränderten Organismen erzeugt wurden - und er spricht von Lebens- und Futtermitteln, bei denen im Laufe des Herstellungs- und Weiterverarbeitungsprozesses gentechnologische Methoden zum Einsatz gekommen sind -, dann hoffe ich, dass mit diesen Formulierungen schlicht und ergreifend auch die Fütterung gemeint ist.
Ich möchte es ganz deutlich sagen: Kritisch ist die Agro-Gentechnik, weil sie im offenen System stattfindet und weil die Gefahr besteht, dass gentechnische Veränderungen sich weiter verbreiten und andere Felder sowie deren Produkte verunreinigen können.
Deshalb: Finger weg von jeder Form von AgroGentechnik, egal ob gentechnisch veränderte Pflanzen direkt für Lebensmittel vorgesehen sind oder ob sie durch die Mägen von Tieren gehen.