Protocol of the Session on March 26, 2014

Einen Appell möchte ich an Sie und an uns alle als wählende Bürgerinnen und Bürger richten: Vielleicht denkt der eine oder andere auf dem Weg zur Wahlurne auch an die Menschen auf dem Maidan und besinnt sich damit auch ein wenig auf die ursprünglichen europäischen Grundwerte zurück. - Vielen Dank.

Danke. - Für die CDU-Fraktion spricht jetzt der Abgeordnete Herr Kurze. Bitte schön, Herr Abgeordneter.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Kollegen! Wir in SachsenAnhalt haben Europa viel zu verdanken. Ohne die Einigungsentwicklung im westlichen Europa nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs würde auch Sachsen-Anhalt heute nicht da stehen, wo es steht.

Die Menschen in den neuen Ländern haben nicht nur nach dem Zweiten Weltkrieg, sondern auch nach dem Untergang der ehemaligen DDR eine große gemeinsame Aufbauleistung erbracht. Eine solche Aufbauleistung wäre ohne die finanzielle Unterstützung aus den Fonds der Europäischen Union nicht möglich gewesen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Europa ist auch gelebte Solidarität; denn in Europa helfen die stärkeren den schwächeren Regionen. Seit 1991 hat Sachsen-Anhalt rund 9 Milliarden € aus den europäischen Strukturfonds erhalten. In der kommenden EU-Förderperiode werden es noch einmal 2,86 Milliarden € sein.

Das Kabinett wird im Mai 2014 über den thematischen Zuschnitt der operationellen Programme entscheiden. Klar ist aber schon jetzt: Der investive Teil unseres Landeshaushalts lebt von den europäischen Fördergeldern.

Europäische Fördergelder dienen der Stärkung von Forschung, technologischer Entwicklung und Innovation, der Verbesserung der Wettbewerbs

fähigkeit von kleinen und mittelständischen Unternehmen. Sie stecken in Straßen, sanierten Schulen und Kindertagesstätten, in unzähligen Entwicklungsprojekten im ländlichen Raum und nicht zuletzt auch in zahlreichen Fördermaßnahmen für Benachteiligte am Arbeitsmarkt. Es gibt also kaum etwas in unserem schönen Heimatland Sachsen-Anhalt, wo nicht etwas Kleines aus der EU drin steckt, meine sehr verehrten Damen und Herren.

Für diese finanzielle Unterstützung gebührt der Europäischen Union und unseren zahlreichen europäischen Partnern an dieser Stelle zunächst ein großer Dank. - Herr Czeke, Sie haben die EU zwar aus Ihrer Sicht als linke Idee definiert, aber leider kein gutes Wort und keinen Dank vorgetragen; das ist schade.

Europa ist eine Wertegemeinschaft, meine sehr verehrten Damen und Herren. Der Wert der europäischen Idee darf aber nicht allein auf die Förderpolitik der Europäischen Union reduziert werden.

Europa - das ist vor allem eine Wertegemeinschaft, die Anerkennung der persönlichen Freiheit und der Einzigartigkeit jedes Menschen. Rechtsstaatlichkeit, Demokratie, Schutz des Individuums und der Minderheit, unverbrüchliche Bürger- und Abwehrrechte und die Ächtung staatlicher Willkür sind Grundpfeiler der europäischen Idee. Sie waren und sind Voraussetzung für die Entwicklung, die Europa in den vergangenen sechs Jahrzehnten genommen hat.

Heute leben 500 Millionen Europäer im größten Binnenmarkt der Welt, genießen die längste Friedensperiode der jüngeren Geschichte und verfügen über einen der welthöchsten Lebensstandards.

Die Verleihung des Friedensnobelpreises an die EU im Jahr 2012 mag bei dem einen oder anderen Kopfschütteln hervorgerufen haben. Sie war aber im Kern die Auszeichnung für ein einzigartiges Projekt und gleichzeitig Mahnung, sich der gemeinsamen Werte wieder stärker bewusst zu werden.

Ich kann deshalb für meine Fraktion sagen: Europa ist für uns eine Vernunft- und Herzensangelegenheit. Wir sind Herrn Staatsminister Robra sehr dankbar, dass er diese Bedeutung Europas mit einer Regierungserklärung deutlich macht.

Auch wir werben natürlich dafür, am 25. Mai 2014 Europa zu leben. Aber wir werben natürlich für uns, für die Union, und ein Alleinstellungsmerkmal in Sachsen-Anhalt haben natürlich nur wir mit unserem Spitzenkandidaten Sven Schulze. Wir haben ein Landeskind mit einer eigenen Landesliste und er bildet mit McAllister und Juncker unser Spitzentrio. Dafür werben wir, meine sehr verehr

ten Damen und Herren, und kämpfen bis zum 25. Mai 2014 um jede Stimme.

(Zustimmung bei der CDU - Zuruf von Herrn Dr. Thiel, DIE LINKE)

Europa, lieber Herr Czeke, lebt vom freiwilligen Austausch von Millionen Menschen, von unzähligen Städte- und Regionalpartnerschaften - es gibt allein 130 in Sachsen-Anhalt -, von Schüler- und Studentenaustauschen und nicht zuletzt von der Vielfalt seiner Regionen und Bürgerinnen und Bürger.

(Frau Dr. Klein, DIE LINKE: Wie wahr, wie wahr!)

Der Weg der sozialen Marktwirtschaft als Wirtschafts- und Sozialordnung der Europäischen Union, die sich durch einen offenen Markt, durch privatwirtschaftliche Innovationen und dezentralen Wettbewerb auszeichnet, hat Europa bei allen unbestreitbaren Problemen zu einem der lebenswertesten Plätze gemacht.

Auch in Sachsen-Anhalt hat der Übergang von einem planwirtschaftlichen in ein marktwirtschaftliches Ordnungssystem neben allen Problemen, die es dabei gab, Verbesserungen für die Bürgerinnen und Bürger mit sich gebracht.

Niemand - ich glaube, auch Sie nicht, Herr Czeke - wird bestreiten, dass der durchschnittliche Lebensstandard der Menschen in Sachsen-Anhalt heute höher ist als noch vor 30 Jahren.

(Unruhe bei der LINKEN)

Diesen Weg, meine sehr verehrten Damen und Herren, wollen wir fortsetzen.

Es war richtig, dass DIE LINKE ihre Begriffsverirrung - ich zitiere: „Die EU ist eine neoliberale, militaristische und weiterhin undemokratische Macht“ - zumindest in der Präambel ihres Programms überarbeitet hat. Das Wort „militaristisch“ wurde herausgenommen bzw. gestrichen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zurück zu den Spielregeln. Deshalb sagen wir ganz klar: Europa muss man richtig machen.

Aktuelle Trends zeigen, dass der relative Stimmenanteil der großen politischen Strömungen der europäischen konservativen Volksparteien, der Sozialdemokraten und der Liberalen abnehmen könnte. Europaskepsisbewegungen bekommen in den letzten Monaten Zulauf. Nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die Dreiprozentklausel bei Europawahlen zu kassieren, wird dieser Trend letztlich wohl auch im Europäischen Parlament erkennbar werden.

Nicht alles, aber ein Teil dieser Europaskepsis ist hausgemacht. Sie hat natürlich etwas mit der europäischen Staatsschulden- und Wettbewerbskrise

zu tun, aber sicherlich auch mit den Unterschieden in den Sozialsystemen.

Für uns in der Union war immer klar: Deutschland wird es auf Dauer nur gut gehen, wenn es Europa gut geht. Genau aus diesem Grund haben wir schon vor der Einführung des Euro darauf gedrängt, die Teilnahme am Euro an strenge Regeln zu knüpfen. Zu unterschiedlich war und ist die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Mitgliedstaaten, zu groß die Versuchung, im Vertrauen auf die finanzielle Solidarität der Partnerländer über die eigenen Verhältnisse zu leben, Frau Klein.

(Frau Dr. Klein, DIE LINKE: Ja, ja!)

Diese strengen Regeln sind die sogenannten Maastricht-Konvergenzkriterien, verbindliche Maßgaben für die nationale Haushaltspolitik. Sie sagen aus, dass die jährliche Nettoneuverschuldung eines EU-Mitgliedstaats nicht höher liegen darf als 3 % der Wirtschaftsleistung gemessen am Bruttoinlandsprodukt dieses Staates und dass der Gesamtschuldenstand eines EU-Mitgliedstaats 60 % des Bruttoinlandsprodukts nicht übersteigen darf.

Ferner werden klare Höchstgrenzen für die jährliche Geldentwertung der einzelnen Mitgliedstaaten vorgegeben. - Sie als Finanzerin, Frau Klein, sollten dabei auch ordentlich zuhören.

(Frau Dr. Klein, DIE LINKE: Ich höre zu, Herr Kurze! Vielleicht hätten Sie einmal bes- ser zugehört, Herr Kurze!)

Diese sollte im Durchschnitt der drei preisstabilsten Länder nicht über 1,5 % liegen.

Ziel der EU-Konvergenzkriterien war und ist es, die politische Handlungsfähigkeit aller Mitgliedstaaten - damit auch die der Europäischen Union im Gesamten - zu gewährleisten; denn aus der Erfahrung wissen wir, dass die Verschuldung eines Gemeinwesens eine wesentliche Ursache für dessen politischen Kontrollverlust ist.

Strukturellen Fehlentwicklungen wird vorgebeugt, wenn alle Mitgliedstaaten in eigener Verantwortung verlässlich wirtschaften. Um diesem politischen Anreiz vorzubeugen, wurde eine Gemeinschaftshaftung für die Staatsschulden vertraglich ebenso wie die monetäre Staatsfinanzierung von vornherein ausgeschlossen.

Das Problem aber in Europa ist: Die von der Union verabschiedeten Prinzipen wurden nicht von allen befolgt.

(Frau Dr. Klein, DIE LINKE: Das Problem ist, es wurden zuerst die Banken entlastet!)

Auch Deutschland selbst gehört bis heute nicht zu den europäischen Musterschülern. Zur Politik der Stabilität gibt es aber in der Tat keine Alternative, solange man den Wohlstand in Europa wahren möchte.

Wir als CDU wollen, dass der Euro stabil bleibt. Denn der Euro ist nach wie vor weltweit eine geschätzte Währung. Neue Länder streben in den Euroraum, zuletzt Lettland. Damit dies auch in Zukunft so bleibt, sind solide Staatshaushalte unverzichtbar. Dafür ist jeder EU-Mitgliedstaat selbst verantwortlich.

Erstens. Einer Schuldenvergemeinschaftung treten wir entschieden entgegen; die Verantwortung für nationale Entscheidungen und ihre politische Haftung dafür gehören zusammen.

Zweitens. Eurobonds und einen Schuldentilgungsfonds lehnen wir auch weiterhin ab.

Europa, meine sehr verehrten Damen und Herren, darf auch in Zukunft kein Klein-Klein sein, sondern es muss ein Europa der langen Linien sein. Die Bürgerinnen und Bürger wollen eine EU, die unsere gemeinsamen europäischen Werte und die Vielfalt der europäischen Regionen sichert. Sie wollen eine EU, die Wohlstand und Sicherheit auch für die nächsten Jahre garantiert.

(Zustimmung bei der CDU)

Die Bürgerinnen und Bürger wollen keine EU, die den Krümmungsgrad der Bananen reguliert, die Glühbirnen verbietet oder die sechs Jahre alte Autos jährlich zur Hauptuntersuchung schickt. Daher ist es eine der ganz wesentlichen Herausforderungen in der europäischen Entwicklung und eine besondere Verantwortung der Landtage, weiterhin konsequent auf die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit europäischer Entscheidungen hinzuweisen.

(Zustimmung bei der CDU - Herr Czeke, DIE LINKE: Sie müssen die EU auch loben!)

Die EU muss sich selbstkritisch hinterfragen. Jede Richtlinie, und sei sie mit noch so guten Absichten und hehren Zielen verbunden, muss dahingehend hinterfragt werden, ob sie tatsächlich nötig ist. Können die Mitgliedstaaten entsprechende Entscheidungen nicht in eigener Verantwortung treffen? Ist die aktuelle Zahl der Kommissare noch angemessen? Lassen sich die Aufgaben auf die nationale und die regionale Ebene verlagern? - All diese Fragen müssen wir in Zukunft beantworten.

Gleichzeitig müssen auch die Mitgliedstaaten darauf achten, dass ein nationales Aufsatteln auf europäische Standards, wie es beispielsweise unter der rot-grünen Bundesregierung im Umweltbereich der Fall war, unterbleibt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die CDU-Fraktion ist davon überzeugt, dass Europa auch künftig erfolgreich sein wird, wenn es uns weiterhin und vielleicht sogar noch besser gelingen wird, die Bürgerinnen und Bürger bei den Entscheidungen mitzunehmen.

(Zustimmung von Frau Brakebusch, CDU)