Aber man wollte es nicht, und zwar nicht nur aus finanziellen, sondern auch aus ideologischen Gründen. Man wollte offenbar Härte demonstrieren, sich dem Druck der Straße nicht beugen, und glaubte, damit Stärke zu suggerieren. Herr Minister, sehr geehrte Damen und Herren von der Koalition, das ist kein Zeichen von Stärke, sondern ein ausgemachtes Zeichen von Schwäche.
Ein Zeichen von Stärke wäre es gewesen, wenn Sie die Sorgen und Nöte von mehr als 45 000 Menschen, die die Volksinitiative unterschrieben haben, ernst genommen hätten, wenn Sie bereit gewesen wären, aufeinander zuzugehen, und wenn Sie die Brücken, die Ihnen hier im Parlament in Form von Kompromissvorschlägen mehrmals gebaut worden sind, genutzt hätten.
Keinem von Ihnen wäre ein Zacken aus der Krone gebrochen, wenn Sie gesagt hätten: Ich habe verstanden; ich habe mich geirrt und habe die Situation unterschätzt. - Das wäre ein Zeichen von Stärke gewesen, Herr Minister und meine Damen und Herren von der Koalition.
Frau Dalbert hat dankenswerterweise auf den IstStand hingewiesen. Ja, jeweils mit „Stand von heute“ erfahren wir in jeder Ausschusssitzung, dass wir in der nächsten Ausschusssitzung höchstwahrscheinlich ein Strukturanpassungskonzept von dem einen oder anderen Träger und vielleicht auch einen Entwurf für einen Theatervertrag vorgelegt bekämen. Mit Stand von heute ist das jedoch für die drei Standorte nicht der Fall.
Herr Minister, ich weiß nicht, was Sie vor Ort in Halle, Dessau und Eisleben tun, aber bitte verkomplizieren Sie die Dinge nicht weiter und kommen Sie aus der Hüfte. Legen Sie uns die entsprechenden Konzepte und Vertragsentwürfe vor.
Zum Schluss möchte ich mich noch ausdrücklich bei denen bedanken, die das Land Tag für Tag mit Kunst und Kultur bereichern. Dabei möchte ich ausdrücklich die Schauspielerinnen und Schauspieler, die Musikerinnen und Musiker sowie die Balletttänzerinnen und Balletttänzer nennen, die in Halle, Dessau und Eisleben Tag für Tag qualitativ hochwertige Arbeit verrichten, und das in einer nicht einfachen Situation. Danken möchte ich auch den Vertreterinnen und Vertretern der Volksinitiative „Kulturland Sachsen-Anhalt retten!“. Wir brauchen Kulturlobbyismus auch in Zukunft. Wir brauchen Sie weiterhin. Das Kulturland braucht Sie. - Herzlichen Dank.
Herr Gebhardt, es gibt eine Frage von Herrn Kollegen Miesterfeldt. Möchten Sie sie beantworten? - Ja. Herr Kollege Miesterfeldt bitte.
Herr Kollege, das mit dem Aus-der-Hüfte-Kommen ist das eine. Aber können wir uns darauf einigen, dass die Zeiten zentralistischer Kulturpolitik, in denen aus Magdeburg das Konzept kam und die anderen zu spuren hatten, vorbei sind und dass es gut ist, wenn wir auf die Konzepte, die vor Ort ausgearbeitet werden, warten und gemeinsam darüber beraten?
Herr Kollege, wir können uns gern darauf einigen, dass Zusagen, die vom Minister im Ausschuss gemacht werden, irgendwann auch eingehalten werden.
Weitere Fragen oder Wortmeldungen sehe ich nicht. Dann schließen wir die Aussprache zu diesem Tagesordnungspunkt ab und treten in das Abstimmungsverfahren ein. Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen, liegt die Beschlussempfehlung in der Drs. 6/2883 zur Beschlussfassung vor. Wer der Beschlussempfehlung zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Keine. Damit ist der Beschlussempfehlung bei Gegenstimmen aus der Fraktion DIE LINKE mit großer Mehrheit gefolgt worden und der Tagesordnungspunkt 1 ist erledigt.
Ich bedanke mich für das Engagement der Initiative. Ich bitte Sie, die Grüße aus dem Hohen Haus mitzunehmen. Wir bleiben im Gespräch. Auf Wiedersehen!
Regierungserklärung des Staatsministers Herrn Rainer Robra zum Thema: „Am 25. Mai Europa wählen - für eine erfolgreiche Entwicklung unseres Landes“
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie, dass ich diese Regierungserklärung mit einer persönlichen Bemerkung beginne. Vor fast zehn Jahren, nämlich am 7. Mai 2004, durfte ich meine erste Regierungserklärung zur Europapolitik vor diesem Hohen Hause abgeben. Damals haben wir zehn Staaten Mittel- und Osteuropas als neue Mitglieder in der Europäischen Union begrüßt. Heute, zehn Jahre nach der EU-Osterweiterung, ist die Frage angebracht: Was haben wir als Europäer seitdem erreicht und wie haben wir als Sachsen-Anhalter die damit verbundenen Chancen genutzt?
Außerdem stehen wir wie in den Jahren 2004 und 2009 erneut kurz vor einer Wahl zum Europäischen Parlament. Die Wahltermine sind bekanntlich besondere Herausforderungen für die Politik. Sie erfordern intensive Anstrengungen, um die politisch verfolgten Ziele und die erreichten Ergebnisse den Wählerinnen und Wählern überzeugend transparent zu machen. Die Wahlergebnisse sind immer auch ein Spiegel unserer Arbeit.
Nun mag der eine oder die andere denken: Das Europäische Parlament ist weit weg. Aber ich wage daran zu erinnern, dass jede Demokratie, auch die europäische, letztlich durch die Ausübung des Wahlrechts legitimiert wird. Als überzeugte Demokraten und als überzeugte Europäer muss es uns deshalb ein gemeinsames Anliegen sein, dass möglichst viele Menschen in Sachsen-Anhalt am 25. Mai 2014 nicht nur von ihrem Kommunalwahlrecht, sondern auch von ihrem Wahlrecht zum Europäischen Parlament Gebrauch machen.
Wenn wir auf die letzten Jahre zurückschauen, denken wir zuerst an die Wirtschafts- und Finanzkrise. Darauf werde ich noch zu sprechen kommen. Wir sollten aber eines nicht vergessen: Die Erweiterung der Europäischen Union am 1. Mai 2004 war eine einmalige historische Chance und gleichzeitig eine enorme politische Herausforderung.
Durch die Aufnahme der mittel- und osteuropäischen Staaten sowie Bulgariens und Rumäniens zwei Jahre später und Kroatiens im vergangenen Jahr wurde ein Beitrag zur dauerhaften Überwindung der Teilung Europas und der Folgen des kalten Krieges geleistet. Niemand weiß gerade jetzt die feste Einbindung in die Europäische Union mehr zu schätzen als unsere Freunde in den drei baltischen Staaten, die sich sonst ernste Sorgen darüber machen müssten, dass es ihnen ähnlich ergehen könnte wie ihren früheren Schicksalsgenossen in der Ukraine und auf der Krim.
Das Bewusstsein dafür wach zu halten sollte uns Deutschen, für die die Wiederherstellung der Einheit unserer Heimat untrennbar mit der Überwindung der europäischen Spaltung verbunden ist, immer eine Herzensangelegenheit sein.
Trotzdem fragen sich viele, ob die Osterweiterung der Europäischen Union, namentlich in Bezug auf Bulgarien und Rumänien, aus heutiger Sicht eine gute Idee war.
Lassen Sie mich mit den Worten des seinerzeit für die Osterweiterung verantwortlichen Kommissars Günter Verheugen antworten: In welcher Lage, so sagte er, wären wir denn, wenn wir die historische Antwort auf die großen Veränderungen 1989 nicht gefunden hätten? Hätten wir dann diese Stabilität in Mittel- und Osteuropa, die wir heute haben? Hätten wir diesen sinnvollen und erfolgreichen wirtschaftlichen Austausch? Hätten wir diese Möglichkeit, dass sich die Menschen überall in Europa frei bewegen können?
Meine Damen und Herren! Bei allen Schwierigkeiten, die es immer noch gibt, sollten wir nicht vergessen, dass sich die mittel- und osteuropäischen Mitgliedstaaten im Großen und Ganzen erfolgreich entwickeln, dass der so oft beschworene Kohäsionsprozess vorangeht, auch wenn das Gefälle immer noch groß ist.
Hierfür einige Beispiele: Unter den zehn europäischen Regionen mit dem höchsten Bruttoinlandsprodukt pro Kopf befinden sich zwei Hauptstadtregionen aus neuen Mitgliedstaaten, nämlich Prag und Bratislava.
Die mittel- und osteuropäischen Mitgliedstaaten konnten ihr Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner seit 2004 auf 140 % steigern, und das trotz der Wirtschafts- und Finanzkrise. Die durchschnittlichen Nettoeinkommen pro Beschäftigten stiegen im gleichen Zeitraum auf mehr als 170 %. Die Patentanmeldungen aus den neuen Mitgliedstaaten haben sich in dem Zeitraum von 2005 bis 2010 fast verdoppelt.
Natürlich weiß auch ich, dass sich hinter diesen Beispielen enorme strukturelle, wirtschaftliche und soziale Unterschiede verbergen. Die 20 ärmsten Regionen der Europäischen Union liegen noch immer in Rumänien, Bulgarien, Ungarn und Polen. Die Arbeitslosigkeit ist unvertretbar hoch und die Einkommen sind noch immer zu niedrig. Auch das führt zu einer Migration, die einige deutsche Städte vor große Herausforderungen stellt.
schaftswachstum nach den baltischen Staaten. Unsere Partnerregion Masowien, mit der wir seit zehn Jahren eng und planmäßig zusammenarbeiten, hat einen maßgeblichen Anteil an dieser Entwicklung.
Polen ist der einzige Mitgliedstaat, in dem es während der Wirtschaftskrise in den Jahren 2008 und 2009 nicht zur Rezession kam. Diese Erfolge beruhen natürlich zuallererst auf Anstrengungen und Entbehrungen der Polen selbst. Aber ich bin davon überzeugt, dass die Orientierung auf und die Mitgliedschaft in der Europäischen Union, auch wegen der damit verbundenen Teilhabe an den Strukturfonds, in Polen wie in allen mittel- und osteuropäischen Staaten die wichtigste äußere Bedingung für die Bewältigung des postsozialistischen Transformationsprozesses war, ist und bleiben wird.
Meine Damen und Herren! Die aktuellen Entwicklungen in der Ukraine werfen ein neues Licht auf dieses Thema. Unter den Demonstranten auf dem Maidan, dem Kiewer Platz der Unabhängigkeit, waren überbordende EU-Bürokratie und Brüsseler Zentralismus keine Themen. Die Demonstranten haben ihr Leben dafür riskiert, dass die Ukraine eines Tages Teil der europäischen Wertegemeinschaft, des europäischen Raumes der Stabilität, der Freiheit, des Wohlstandes und des Rechts sein kann, der auf viele Menschen auf dieser Welt eine geradezu unwiderstehliche Anziehungskraft ausübt.
Vielleicht konnten auch unsere historischen Beziehungen ein wenig dazu beitragen, dass die europäische Werteorientierung Teil des identitätsstiftenden Prozesses der Ukraine ist.
Grundvoraussetzungen hierfür sind jedoch die Aufrechterhaltung des Friedens, die Verhinderung eines Bürgerkrieges und vor allem die Schaffung von äußeren Bedingungen, damit die Ukraine ihre Angelegenheiten demokratisch in die eigenen Hände nehmen kann. Allzu leicht wird die friedenssichernde Wirkung des europäischen Integrationsprozesses bei uns vergessen.
Durch die Geschehnisse an unseren Außengrenzen, seinerzeit im ehemaligen Jugoslawien und in Georgien und jetzt in der Ukraine, werden wir daran erinnert, dass wir als Europäer, als Europäische Union eine hohe Verantwortung für die Aufrechterhaltung von Frieden und Freiheit nicht nur bei uns selbst, sondern auf unserem gesamten Kontinent tragen. Deshalb hat die Europaministerkonferenz vor wenigen Tagen in Brüssel eine Resolution verabschiedet, mit der sie die völkerrechtswidrige Annexion der Krim verurteilt und eine friedliche und diplomatische Lösung des Konflikts angemahnt hat.
Die Bundeskanzlerin hat frühzeitig darauf hingewiesen, dass nur ein politisch-diplomatischer Prozess die Lage stabilisieren kann. Diese Auffassung hat sich erfreulicherweise auch auf den EU-Gipfeln am 6. März sowie am 20. und 21. März 2014 durchgesetzt.
Konkrete Hilfsmaßnahmen für die neue ukrainische Regierung, wie das Hilfspaket der EU in Höhe von 11 Milliarden €, sind dringlich und unverzichtbar, um die auch von Rechtsextremen bedrohte innenpolitische Lage in der Ukraine zu befrieden.
Wir erleben derzeit aber auch ein beispielloses Ringen um die Stabilisierung der außenpolitischen Situation. Aber wenn alle Gesprächskontakte auf höchster Ebene letztlich nicht fruchten, dann braucht es eben auch klug abgestufte Sanktionen gegen Russland. Wir haben allen Anlass, uns bei Außenminister Steinmeier und seinen Kolleginnen und Kollegen aus den Mitgliedstaaten, aber auch bei der Außenbeauftragten Lady Ashton für ihr unermüdliches Ringen um eine Deeskalation zu bedanken.