Protocol of the Session on July 7, 2011

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Probleme sieht die Landesregierung hinsichtlich der Situation von Familien im Land Sachsen-Anhalt?

2. Welche Maßnahmen ergreift die Landesregierung, um diesen Problemen entgegenzuwirken? Hierzu bitte auch eventuell vorhandene Lösungsansätze nennen, die über die im Koalitionsvertrag getroffenen Vereinbarungen hinausgehen.

Vielen Dank, Frau Abgeordnete. - Die Frage wird durch den Minister für Arbeit und Soziales Herrn Norbert Bischoff beantwortet.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Eigentlich möchte ich eine lange Vorbemerkung machen. Ich beantworte die Frage der Abgeordneten Hohmann namens der Landesregierung wie folgt:

Zu Frage 1. Die Probleme, mit denen Familien in Sachsen-Anhalt konfrontiert sind, unterscheiden sich, glaube ich, in vielen Dingen nicht von den Problemen der Familien in vielen Ländern der Welt. Aber es gibt in Sachsen-Anhalt spezifische Problemlagen, die unmittelbar mit der Situation in der Nachwendezeit, mit der hohen Arbeitslosigkeit, mit Kinderarmut, mit Familienarmut usw. zusammenhängen. Um das alles aufzuzählen, müsste ich sehr lange hier vorn stehen. Die Landesregierung hat hierzu Berichte vorgelegt, in denen verschiedene Möglichkeiten zur Lösung der Probleme aufgezeigt worden sind.

Aus meiner Sicht stellt es für die Landesregierung eine große Herausforderung bei der Unterstützung von Familien dar, dass der demografische Wandel

in Sachsen-Anhalt nach wie vor fortschreitet und dass starke Veränderungen in den Familienstrukturen, auch im Hinblick auf die Zunahme von EinEltern-Familien, also Alleinerziehenden, zu verzeichnen sind. Ich kann an dieser Stelle nicht alles aufzählen; das würde den Rahmen sprengen.

Zu Frage 2. Von grundlegender Bedeutung für Familien ist - das ist, glaube ich, ein wesentlicher Grund für die Probleme -, dass sie in der Lage sind, ihr Einkommen selbst zu erwirtschaften. Wenn wir über Kinderarmut reden, ist dies der allererste Grund, der dafür angeführt werden muss. Einer der Hauptgründe dafür, dass es Familien gut geht, ist ihre wirtschaftliche Situation.

Im Land Sachsen-Anhalt gibt es zwar gute Rahmenbedingungen wie die Vereinbarkeit von Familie und Beruf - das steht im Mittelpunkt der Diskussionen über die Novellierung des Kinderförderungsgesetzes -, Voraussetzung dafür ist aber, dass die Eltern berufstätig sind. Deshalb halte ich es für besonders wichtig, dass unsere Maßnahmen an dieser Stelle ansetzen.

Dabei kann man an das anknüpfen, was der Ministerpräsident zu der Zeit, als er noch Wirtschaftsminister war, initiiert hat, nämlich vorrangig Alleinerziehende oder Elternpaare, bei denen keiner von beiden Arbeit hat, in die Zielgruppenförderung einzubeziehen, das heißt, sie speziell zu fördern, damit sie eine Chance auf dem ersten Arbeitsmarkt haben. Denn der beste Beitrag dazu, dass Kinder in Familien groß werden können, dass Familien ihnen gute Voraussetzungen bieten können, ist die Möglichkeit, ihre Existenz mit eigener Arbeit zu sichern. Dazu gehört natürlich auch, dass entsprechende Löhne gezahlt werden. Auch das ist eine Forderung der Landesregierung.

Ich bin davon überzeugt, dass die Betriebe in den nächsten Jahren aufgrund des Fachkräftemangels gezwungen sein werden, die Löhne, die sie zahlen, anders zu gestalten als heute, wo der Markt noch groß genug ist.

Ich hoffe, dass dann der Standortvorteil SachsenAnhalts stärker in den Vordergrund rückt und dass mehr Familien nach Sachsen-Anhalt zurückkommen, wenn sie hier nicht nur einen Arbeitsplatz, sondern auch einen gut bezahlten haben können. Deshalb sind die Rahmenbedingungen des Kinderförderungsgesetzes besonders wichtig.

Wichtig ist auch, dass wir die Betriebe in SachsenAnhalt bei der Gestaltung familienfreundlicher Arbeitszeiten unterstützen. Das ist neu. Wir können die Betriebe diesbezüglich nicht aus der Verpflichtung entlassen. Denn die Betriebe und die Wirtschaft profitieren an erster Stelle von den weichen Standortfaktoren. Deshalb ist neben der Beteiligung an Angeboten zur frühkindlichen Bildung auch eine familienfreundliche Gestaltung der innerbetrieblichen Strukturen wichtig.

Folgendes möchte ich noch erwähnen: Ich habe in den letzten Wochen oft die Forderung gehört, wir brauchten mehr Psychotherapeuten und Psychiater im Land, da vermehrt Fälle von Burnout-Syndrom und ähnliche Phänomene zu beobachten seien. Aber ich denke, das ist die falsche Antwort. Man muss vielmehr schauen, an welcher Stelle die Probleme in der Wirtschaft liegen, warum Menschen in solche Situationen kommen. Wir können nicht einfach sagen, wir brauchen mehr Psychiater, damit die Menschen noch mehr leisten können. Das ist eine Herausforderung, der wir uns stellen müssen.

(Zustimmung von Frau Hampel, SPD)

Zudem finde ich es richtig, dass die Zuständigkeit für den Arbeitsmarkt nun beim Sozialministerium liegt. Somit ergeben sich mehr Möglichkeiten, bei der Zielgruppenförderung speziell die Sicht auf Familien zu nehmen und bei der Förderung von Betrieben die Fachkräftesicherung stärker zu berücksichtigen.

Bisher - das ist klar - führen wir eine Familienfreundlichkeitsprüfung bei jedem Vorhaben, beispielsweise bei Gesetzesvorhaben, durch. Ich möchte einige Beispiele nennen, aber dann muss ich auch zum Schluss kommen.

Wir haben im Land in den letzten Jahren unheimlich viele Netzwerke geschaffen: lokale Netzwerke, große Netzwerke für Familien, die Kooperation von Netzwerken usw. Ich habe manchmal den Eindruck, dass man vor lauter Netzwerken, die manchmal selbstverständlich sind, nicht mehr sieht, was eigentlich nötig ist. Daher muss man an dieser Stelle genauer hinschauen; das ist eines meiner wichtigsten Vorhaben.

Dabei steht im Vordergrund, was den Familien und vor allem den Kindern zugute kommt. Auch müssen wir uns fragen, ob das, was wir mit Vernetzung meinen, tatsächlich passiert oder ob wir damit lediglich Strukturen schaffen, die sich selber erhalten und nicht zu einer qualitativen Verbesserung führen.

(Zustimmung von Herrn Borgwardt, CDU, und von Herrn Czeke, DIE LINKE)

Es ist beispielsweise das Kinderschutzgesetz zu nennen, das derzeit auf der Bundesebene novelliert wird. Es gibt schon jede Menge Beiträge, die wir weiterentwickeln wollen, damit Kinder hier unter guten Bedingungen aufwachsen können und viele Möglichkeiten bekommen, ihr Leben optimal zu entfalten.

Das Wichtigste ist für mich das Kinderförderungsgesetz. Diejenigen, die bei den Veranstaltungen dabei gewesen sind, haben es mitbekommen. Das Beste, was wir tun können, ist, existenzsichernde Arbeitsplätze zu fördern und gleichzeitig die Bedingungen dafür zu schaffen, dass alle Kinder von Anfang an die besten Chancen für ihre Bildung

haben. Damit schafft man etwas für die Familien. Die Familie ist die Grundlage der Gesellschaft. Darin sehe ich die Ausrichtung der Landesregierung. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister. Es gibt keine Nachfragen.

Wir kommen zur Frage 2. Der Abgeordnete Sören Herbst fragt zum Verkehrslandeplatz Magdeburg.

Im Koalitionsvertrag wird auf Seite 57 ausgeführt, dass die Landesregierung die Weiterentwicklung des Magdeburger Verkehrslandeplatzes nach europäischen Richtlinien für den qualifizierten Geschäftsflugverkehr unterstützt.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Maßnahmen mit welchen finanziellen Auswirkungen umfasst diese Weiterentwicklung in welchem Zeitraum?

2. In welchem Verhältnis stehen diese Absichtserklärungen zu den im Luftverkehrskonzept für Mitteldeutschland enthaltenen Aussagen und zu dem gerade aufgenommenen Flugbetrieb am Flughafen Cochstedt?

Vielen Dank, Herr Abgeordneter. - Die Frage wird durch den Minister für Landesentwicklung und Verkehr Herrn Thomas Webel beantwortet.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordnete! Die beiden Fragen des Abgeordneten Herbst beantworte ich wie folgt.

Zu Frage 1: Die im Koalitionsvertrag getätigte Aussage, den Verkehrslandeplatz Magdeburg nach europäischen Richtlinien für den qualifizierten Geschäftsflugverkehr weiterzuentwickeln bzw. zu unterstützen, wird seitens des Ministeriums für Landesentwicklung und Verkehr nicht mit einer finanziellen Förderung untersetzt.

Zu Frage 2: Die im Koalitionsvertrag getroffene Aussage steht nicht im Widerspruch zu dem Luftverkehrskonzept für Mitteldeutschland und den derzeitigen Entwicklungen am Verkehrsflughafen Magdeburg-Cochstedt.

Vielen Dank, Herr Minister. Nachfragen gibt es nicht.

Vom Luftverkehr kommen wir nunmehr zum Radverkehr. Die Frage 3 zum Radverkehrsplan der Landesregierung wird vom Abgeordneten Christoph Erdmenger gestellt.

Ich frage die Landesregierung:

1. Welche Schritte hat die Landesregierung zur Umsetzung des am 15. Juni 2010 beschlossenen Radverkehrsplans zusätzlich zu den bekannten Baumaßnahmen an einzelnen Radwegen unternommen (Förderungen, Runderlas- se, organisatorische Änderungen, weitere Gut- achtenvergabe)?

2. Welche Personalkapazitäten sieht die Landesregierung zur Bearbeitung der Umsetzung des Radverkehrsplans laut Stellenplan vor, welche sind aktuell besetzt (in Stellenanteilen pro Jahr)?

Vielen Dank, Herr Kollege. - Die Frage wird vom Minister für Landesentwicklung und Verkehr beantwortet.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Die Fragen des Abgeordneten Erdmenger beantworte ich im Folgenden. Ich stelle der Antwort auf die Frage 1 allerdings etwas voran. Die Antwort auf diese Frage wäre insbesondere aufgrund der Anregungen in der Klammer sehr umfangreich geworden. Ich werde hierauf etwas verkürzt antworten. Ich biete Ihnen, Herr Erdmenger, aber an, die Details in einem persönlichen Gespräch zu erörtern. Ansonsten würde es den Rahmen der Fragestunde sprengen.

Zu Frage 1: Die anspruchsvollen Ziele des Landesradwegeplans wurden durch die interministerielle Arbeitsgruppe „Radverkehrsplan“ bewertet und hinsichtlich der zeitlichen Umsetzung für die Jahre 2012 bis 2017 strukturiert. In den beteiligten Ressorts ist im Rahmen der spezifischen Zuständigkeiten bereits eine Vielzahl an Aktivitäten weitergeführt worden bzw. neu angelaufen, die den Umsetzungsprozess des Landesradverkehrsplanes dokumentieren.

Der Landesradverkehrsplan bildet unabhängig von der jeweiligen Baulastträgerschaft und der sonstigen Aufgabenzuordnung zu den Ressorts der Landesregierung die Fachplanung des Landes für die Entwicklung des Radverkehrs als Mobilitätssystem in Sachsen-Anhalt. Durch die Entwicklung von ressort- und aufgabenübergreifenden Leitlinien soll der Landesradverkehrsplan eine landesweit einheitliche Planung, Umsetzung und Finanzierung eines baulastträgerübergreifenden Radwegesystems

ermöglichen und die dafür nötigen Prioritäten setzen.

In den Umsetzungsprozess sind alle Ressorts entsprechend ihrer Zuständigkeit eingebunden. Die Federführung für den gesamten Prozess der Umsetzung des Landesradverkehrsplanes liegt beim Ministerium für Landesentwicklung und Verkehr.

Dem LRVP wurden zwei Planungshorizonte zugrunde gelegt: ein kurzer Zeitraum bis zum Jahr 2012, der mit dem Zeithorizont des nationalen Radverkehrsplanes korrespondiert, und ein mittelfristiger Zeitraum bis zum Jahr 2017. Der erste Planungshorizont soll mit einer Evaluation der umgesetzten Maßnahmen abgeschlossen werden, um die in den Handlungsfeldern eingeleiteten Maßnahmen zielorientiert bis zum Ende des mittelfristigen Planungshorizonts nachsteuern zu können.

Im Rahmen der im LRVP definierten Handlungsfelder wurde ressortübergreifend eine Vielzahl an Maßnahmen und Empfehlungen dargestellt, die es über die gesamte Laufzeit des Planes umzusetzen gilt. Bisher sind folgende konkret eingeleitete Maßnahmen in der Zuständigkeit des Ministeriums für Landesentwicklung und Verkehr zu nennen:

• Fortführung der interministeriellen Arbeitsgruppe „Radverkehrsplan“,

• Schaffung der technischen Voraussetzungen zur Einführung der landesweiten Radweginformationsdatenbank im Landesbetrieb Bau,

• Initiierung und Finanzierung eines Pilotprojektes zur Einführung der landesweiten Radwegeinformationsdatenbank in drei Landkreisen und in der Stadt Halle (Saale),