Protocol of the Session on January 30, 2014

(Beifall bei der LINKEN)

Danke schön, sehr geehrter Herr Kollege Lange. - Wir fahren fort. Für die Fraktion der CDU spricht nunmehr der Abgeordnete Herr Thomas.

(Zuruf: Nein, Herr Harms!)

- Herr Harms.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin überrascht, dass mein Vorredner beim Thema Hochschulen mit Forderungen nach mehr Breite geendet hat, obwohl wir doch wissen, dass gerade in der Wissenschaft die Entwicklung von Spitzen auch von elementarer Bedeutung ist.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir reden hier über etwas sehr Wesentliches in dem Antrag der Koalitionsfraktionen. Wir reden darüber, dass die Absicht geäußert wird, an unserem gemeinsamen so wichtigen Grundgesetz zu „schrauben“. Wenn man eine solche Operation vorhat, dann ist das erste Gebot Sachlichkeit, das zweite Gebot gewiss Konzentration und eine genaue Abschätzung der Folgen.

(Zuruf: Richtig! - Frau Dr. Klein, DIE LINKE: Da hätte ich mir aber manchmal mehr Sach- lichkeit in der Vergangenheit gewünscht!)

Ich möchte in diesem Zusammenhang unserem Minister, der in seiner Art die Sache sehr verantwortungsvoll führt, für die sachliche Berichterstattung auch zum Zwischenstand dieser vielen Vorgespräche danken.

Viele Punkte, die Frau Dr. Pähle bei der Einbringung schon berücksichtigt hat, will ich nicht mehr ansprechen. Ich werde mich stärker auf die vorliegenden Ergänzungsanträge beziehen.

Herr Lange, die Vorschläge im Detail, was bei diesen Beratungen alles noch bedacht werden soll, gingen in Ihrer Rede noch weit über das hinaus, was Sie schriftlich vorgelegt hatten. Aber schon das schriftlich Vorgelegte ist geeignet, diese schwierigen Gespräche, die auf der Bund-LänderEbene geführt werden müssen - möglicherweise nicht nur in der Kultusministerkonferenz, sondern zeitweilig vielleicht sogar in einem Vermittlungsausschuss -, noch zusätzlich zu erschweren. Ich wünsche mir sehr, dass dort eine offene Atmosphäre für fruchtbare Gespräche herrscht, ohne dass wir dort zu viele Detailvorschläge schon in Zement gießen; denn das ist der Sache nicht dienlich.

(Zuruf von Herrn Lange, DIE LINKE)

Ich bitte darum, diesen Änderungsvorschlag deshalb genauso abzulehnen wie Ihre darüber hinausgehenden Wünsche, dass Sie gleich auch noch die Finanzbeziehungen insgesamt in Deutschland völlig neu deklinieren wollen, wie Sie uns hier mitgeteilt haben.

Der Vorschlag der GRÜNEN, in diesem Zusammenhang auch das Bildungssystem möglichst einheitlich zu untersetzen und zu diskutieren, würde zu der Konsequenz führen, dass wir dann nicht mehr für unseren insbesondere ländlichen Raum, in dem ich zu Hause bin, die Mindestschülerzahlen mit Augenmaß wählen könnten, sondern im bundesweiten Durchschnitt eine völlig neue, andere Schulstruktur

(Frau Dr. Klein, DIE LINKE: Mit Augenmaß! - Zurufe: Was? - Ach!)

und Veränderungen hätten, die der Bildung unserer Kinder im Land überhaupt nicht dienlich sind. Auch das ist natürlich abzulehnen.

Ich freue mich über das große Interesse an diesem Thema, das wir mit dem Antrag erreicht haben, und bitte Sie um Zustimmung dazu, damit wir in diesem Land vorankommen. - Danke sehr.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Danke schön. - Als nächste Rednerin spricht für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN Frau Professor Dr. Dalbert.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag der regierungstragenden Fraktionen beinhaltet ein wichtiges Thema: die Grundfinanzierung unserer Hochschulen; das ist unstrittig. Ich denke, dazu haben Frau Dr. Pähle und Herr Lange das Notwendige gesagt; das will ich nicht wiederholen.

Der Antrag der regierungstragenden Fraktionen ist irgendwie putzig, nicht?

(Zustimmung von Frau Dr. Paschke, DIE LINKE, und von Frau Dr. Klein, DIE LINKE)

Er hat zwei Teile. In dem ersten Teil sagen Sie - das können Sie als CDU-SPD-Koalition auf der Landesebene natürlich besser beurteilen; dazu will ich mir kein Urteil erlauben -: Euch von der CDUSPD-Koalition in Berlin trauen wir nicht, dass ihr den Koalitionsvertrag umsetzt. Deswegen müssen wir schon nach wenigen Wochen auch von der Landesregierung einmal nachhorchen lassen, ob ihr auch das macht, was ihr in den Koalitionsvertrag geschrieben habt. - Nun gut, dabei wollen wir Sie nicht aufhalten.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der LINKEN)

Das Zweite ist, dass Sie Ihrer Unzufriedenheit über den Koalitionsvertrag Ausdruck verleihen, indem Sie sagen: So ein Mist, dass darin nicht die Grundgesetzänderung - Artikel 91b - steht. Dazu hat Herr Lange schon gesagt: Vielleicht fruchtet Ihr Antrag und führt im Bundestag zu einer tollen Debatte. Die Mehrheiten für die Verfassungsänderung haben Sie ja.

Aber dazu sagen wir Ihnen - deswegen unser Änderungsantrag -: Man fasst die Verfassung nicht andauernd an. Und wenn man sie anfasst, dann macht man nicht einen halben Schritt, sondern einen ganzen Schritt.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der LINKEN)

Das heißt, es geht eben nicht, dass man einen halben Schritt geht und sagt: Wir machen es jetzt für die Hochschulen, für diese öffnen wir das Kooperationsverbot. Vielmehr müssen wir es zwingend auch für das Bildungswesen öffnen.

Ich erwähne nur den Ausbau von Ganztagsschulen. Wir alle wollen das. Wir haben keine Ahnung, wie wir das hier in Sachsen-Anhalt bezahlen sollen.

Inklusion schreibt uns die Gesetzgebung vor. Inklusion ist teuer. Wir haben keine Ahnung, wie wir das hier im Land bezahlen sollen.

Die Schulsozialarbeit hat uns in diesem Hause schon mehrfach beschäftigt. Alle haben unterstrichen, wie wichtig die Schulsozialarbeit ist. Keiner von uns hier hat aber eine Ahnung, wie wir die Schulsozialarbeit an unseren Schulen nach dem Jahr 2019 bezahlen sollen.

Deswegen: Machen Sie nicht einen halben Schritt in die richtige Richtung. Machen Sie einen ganzen Schritt in die richtige Richtung und stimmen Sie unserem Änderungsantrag zu.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Des Weiteren möchte ich Ihre Aufmerksamkeit darauf lenken, dass die beiden Universitäten unseres Landes überaus erfolgreich sind, was die Ansiedlung von außeruniversitären Forschungsinstituten betrifft. Es gibt ehrwürdige Universitäten in Deutschland, die nicht nur ein außeruniversitäres Forschungsinstitut haben. Wir sind ein kleines Land. Wir haben zwei Universitäten und wir haben 14 außeruniversitäre Forschungsinstitute. Ich glaube, das ist ein erstklassiger Ausweis für die Exzellenz unserer Universitäten.

Aber: Dieser Erfolg wird quasi zum Haushaltsfluch, weil acht dieser außeruniversitären Forschungsinstitute Leibniz- oder Max-Planck-Institute sind. In diesem Fall ist der Finanzierungsschlüssel 50 : 50. 50 % der Mittel trägt der Bund, 50 % das Land. Das heißt: Je erfolgreicher unsere Universitäten werden, solche hochrangigen Institute in unser Land zu holen, desto mehr belasten sie den Haushalt.

Deswegen der Vorschlag, zu einer anderen Austarierung der Finanzierung zu kommen, und zwar nicht mehr im Verhältnis 50 : 50. In der Debatte ist das Verhältnis von 70 : 30. Ich kann mir auch anderes vorstellen.

Wenn wir jetzt eine Änderung des Finanzierungsschlüssels auf das Verhältnis 70 : 30 vornehmen würden, würden wir den Haushalt in diesem Jahr um 21,5 Millionen € entlasten. Mit den Mitteln könnten wir dann die Universitäten und die Hochschulen im Land besser ausfinanzieren.

Das ist der zweite Teil unseres Änderungsantrages, für den ich sehr werbe und weshalb ich sage: Machen Sie aus Ihrem Antrag ein gutes Gesamtpaket. Stimmen Sie unserem Änderungsantrag zu. Dann haben wir ein gutes Gesamtpaket, dem wir dann auch insgesamt zustimmen würden.

Zum Schluss noch kurz einige Worte zu dem Änderungsantrag der LINKEN. Ich habe mit dem Punkt 2 ein Problem. In dem ersten Punkt nehmen Sie eine DFG-Forderung auf. Wir können nachvollziehen, dass man darüber nachdenken muss, diese vielen Programme zusammenzufassen.

Ich will es einmal anders sagen, Frau Dr. Pähle: Solange wir die Grundfinanzierung unserer Hochschulen nicht in einem ausreichenden Maße gewährleisten, sollten wir nicht über Zusatzprogramme reden. Wenn wir eine ausreichende Grundfinanzierung gewährleisten können, dann können wir auch über Zusatzprogramme reden. Darüber, welche Zusatzprogramme sinnvoll sind, gilt es dann eine Debatte zu führen.

Für den Punkt 3 des Antrages hege ich volle Sympathie; das unterschreibe ich sofort. Aber ich frage mich, warum wir, wie in Punkt 2 gefordert, eine gemeinsame Hochschulplanung brauchen. Wir haben eine Länderhoheit im Kulturbereich. Wir haben

eine Souveränität unserer Universitäten und Hochschulen. Bei diesem Punkt 2 habe ich Bauchgrummeln. Deswegen werden wir uns an dieser Stelle der Stimme enthalten und würden zu diesen Fragen noch einmal eine Debatte führen wollen. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Danke schön. - Wir fahren fort.

(Herr Lange, DIE LINKE, meldet sich zu Wort)

Es gibt eine Nachfrage des Abgeordneten Herrn Lange. Möchten Sie diese beantworten? - Ja. Mikrofon 3, Abgeordneter Herr Lange.

Frau Dalbert, stimmen Sie mit mir darin überein, dass eine gemeinsame Hochschulplanung gar nicht so fern liegt, zumindest in der Vergangenheit nicht so fern gelegen hat? Beispielsweise hat man bei der Hochschulbauförderung stets übergreifend geplant und nach einer gemeinsamen Organisation gesucht.

Wenn man zum Beispiel die Forderung aus dem Koalitionsvertrag ernst nimmt und eine Finanzierung bei den sogenannten kleinen Fächern gewährleisten möchte, dann muss man auch länderübergreifend schauen, wo welche kleinen Fächer angeboten werden, die man entsprechend mitfinanzieren möchte. Das bedeutet doch eine gemeinsame Hochschulplanung. Oder können Sie diesen Gedankengängen nicht folgen?

Herzlichen Dank für die Nachfrage, Herr Lange. Sie sprechen zwei Punkte an. Im Bereich des Hochschulbaus gab es in der Vergangenheit eine gemeinsame Planung. Es ist auch nachvollziehbar, dass man das in dieser Art und Weise tut. Allerdings bezieht sich Ihr Antrag nicht nur auf den Hochschulbau. Sie fordern in Ihrem Antrag nicht, zu der Praxis zurückzukehren, dass der Hochschulbau durch den Bund finanziert wird und eine gemeinsame Planung dazu erfolgt, sondern Sie fassen das Thema weiter.

Länderübergreifende Wissenschaftsplanung ist nicht dasselbe wie eine Hochschulplanung durch den Bund. Wenn ich zum Beispiel dazu auffordere, dass sich die Wissenschaftsgesellschaften an einen Tisch setzen und darlegen sollen, wie viele Lehrstühle beispielsweise für Orientalistik des Mittelmeerraums in Deutschland benötigt werden und wo sie gut angesiedelt werden können, dann ist das keine Planung durch den Bund, sondern es ist eine Planung durch die Wissenschaftsgesell

schaften, denen man sagt, sie müssten sich besser organisieren.

Genau das sind aus meiner Sicht die Schnittstellen, über die wir noch einmal sprechen müssen. Deswegen lehnen wir den Antrag nicht ab, sondern enthalten uns der Stimme. Wir denken, Sie machen eine interessante Debatte auf, die wir in der Tat an einer anderen Stelle führen sollten.