Meine Damen und Herren! Es kann ja sein, dass dem einen oder anderen die eine oder andere Empfehlung nicht passt. Aber wenn die Empfehlungen deshalb auch weiterhin nur mit Missachtung behandelt werden und im politischen Agieren von Koalition und Landesregierung so gut wie keine Rolle spielen, ist das aus unserer Sicht ein unglaublicher Vorgang.
Wir alle aber im Haus wollten diesen Konvent, und jetzt müssen wir mit seinen Empfehlungen auch irgendwie umgehen können. Deshalb ist es aus unserer Sicht wohl auch nicht zu viel verlangt, wenn der Landtag per Beschluss der Erwartung Ausdruck gibt, dass die Landesregierung diese Emp
Apropos Landeskulturkonzept: Seit dem letzten Monat liegt ein solches Papier des Kultusministers vor, mit dem wir uns sowohl intern im Ausschuss als auch in einer öffentlichen Anhörung beschäftigt haben. Angehört wurden alle ehemaligen Mitglieder des Kulturkonvents, und das Ergebnis war mehr als eindeutig. Es lautete: Dieses Papier ist viel zu unkonkret, als dass es den Namen Konzeption verdienen würde. Man vermisse eine Auseinandersetzung mit den wesentlichen Empfehlungen des Konvents.
Diese Beurteilung ist keine exklusive Einschätzung der Linksfraktion, sondern sie zog sich wie ein roter Faden durch die Anhörung der Kulturinstitutionen, und auch der Ausschussvorsitzende Gunnar Schellenberger vertrat genau diese Auffassung gegenüber der „Mitteldeutschen Zeitung“. Wir befinden uns also bei diesem Punkt in durchaus guter Gesellschaft - je nach dem Standpunkt des Betrachters jedenfalls.
In Punkt 2 unseres Antrages haben wir etwas formuliert, was eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte, was aber aus unserer Sicht aufgrund der aktuellen Situation doch noch einmal gesagt werden muss. Wenn man so manche kulturpolitische Äußerung von der Landesregierung oder von den Koalitionsfraktionen in jüngster Zeit hört, hat man den Eindruck, dass unsere Theater und Orchester ein überflüssiger Kropf im Land seien.
Wir halten es deshalb für dringend erforderlich, noch einmal klar und deutlich zu sagen, dass die Theater und Orchester in Sachsen-Anhalt einen unverzichtbaren Beitrag zur kulturellen und demokratischen Entwicklung im Land leisten und dass sie den kulturellen Bedürfnissen einer großen Anzahl unserer Bürgerinnen und Bürger entsprechen.
Dass diese Bedürfnisse nach wie vorhanden sind und sich eben nicht analog zur demografischen Abwärtsspirale in unserem Land verhalten, belegen die konstanten Zuschauerzahlen. Nehmen Sie doch bitte einfach mal zur Kenntnis, dass beispielsweise in Halle am Neuen Theater in jüngster Zeit die Zuschauerzahlen sogar deutlich gestiegen sind. Nehmen Sie doch bitte auch mal zur Kenntnis, dass es an der Landesbühne in der Lutherstadt Eisleben in jeder Spielzeit gelingt, konstant rund 60 000 Besucherinnen und Besucher zu verzeichnen, obwohl sich die Einwohnerzahl in dieser Region seit den 90er-Jahren nahezu halbiert hat.
Meine Damen und Herren! Wir möchten, dass die Theater und Orchester ihr Wirken auch in Zukunft gesichert fortsetzen können und nehmen in Punkt 2 unseres Antrages Bezug auf die Resolution von diversen kommunalen Gremien, so beispielsweise von den Stadträten bzw. Kreistagen in Halle, Dessau-Roßlau und Mansfeld-Südharz. Ich möchte natürlich auch nicht verhehlen, dass wir insbesondere auf das Abstimmungsverhalten der Kolleginnen und Kollegen gespannt sind, die auch als Landtagsabgeordnete in dem jeweiligen Stadtrat oder Kreistag deren Resolution mit beschlossen haben.
Kommen wir zum dritten Punkt unseres Antrags. Hiermit wollen wir versuchen, mit einer Legende aufzuräumen, der Legende nämlich, dass in der Theater- und Orchesterlandschaft jetzt endlich etwas passieren müsse und sogenannte Strukturanpassungsmaßnahmen jetzt erstmals vorgenommen werden müssten.
Meine Damen und Herren! Wer hier behauptet, wir hätten in Sachsen-Anhalt noch immer die gleiche Theater- und Orchesterstruktur wie in den 90erJahren, der verkennt die Realität. Um alle sogenannten Strukturveränderungen aufzuzählen, die seit den 90er-Jahren passiert sind, reicht meine Redezeit leider nicht aus. Aber ich will daran erinnern, dass in Wittenberg, in Bernburg und in Zeitz ganze Theater geschlossen wurden, dass es in Eisleben, in Stendal und anderswo zu einem massiven Spartenabbau kam und dass in den letzten vier Jahren, in der letzten Legislaturperiode zum Beispiel in Halle zwei Orchester zu einem fusionierten und das Thalia Theater nicht nur seine Eigenständigkeit, sondern auch seine Spielstätte verlor.
Das alles macht deutlich, dass in der Theater- und Orchesterstruktur schon immer Bewegung war und dass das leider auch zu einem massiven Abbau in der Vergangenheit geführt hat.
Meine Damen und Herren von der Koalition, hören Sie doch bitte einfach auf zu suggerieren, die Theater und Orchester hätten bislang wie die Made im Speck gelebt und müssten sich jetzt endlich mal mit Strukturanpassungen anfreunden.
Wenn Sie tatsächlich weitere Strukturveränderungen wollen, dann geht das schlicht und ergreifend nur, wenn die Rahmenbedingungen hierfür stimmig sind, das heißt, wenn man solche Prozesse zum einen finanziell begleitet und zum anderen den Trägern die notwendige Zeit einräumt, solche Prozesse vorzubereiten und umzusetzen.
Genau. - Das jetzt gesetzte Zeitfenster bis zum Dezember 2013 oder auch bis zum 1. Januar 2014 ist vollkommen unrealistisch, um Strukturveränderungen, wie sie dem einen oder anderen vorschweben, umzusetzen. Es sei denn, man riskierte nicht nur einen kulturpolitischen, sondern auch einen kommunalpolitischen Kollateralschaden, wie er dann wohl für einige Städte in Sachsen-Anhalt einmalig wäre. Wenn Sie Beweise für diese These haben wollen, lesen Sie ganz einfach die Gutachten für das Anhaltische Theater oder für die Theater, Oper und Orchester GmbH in der Stadt Halle.
Wir wollen einen solchen Super-GAU verhindern und hoffen, dass sich auch bei dem einen oder anderen im Hause doch noch die Vernunft durchsetzt. Das Mindeste, was man den Theatern und Orchestern und ihren Trägern für die nächste Zeit gewähren muss, ist ein finanzieller Status quo,
Im Übrigen ist dies keine exklusive Forderung der Linksfraktion. Erst in der letzten Woche hat sich die Kulturkonferenz Sachsen-Anhalt zu Wort gemeldet. Heute ist noch einmal ein offener Brief der Kulturkonferenz bzw. zumindest dessen grober Inhalt in der „Mitteldeutschen Zeitung“ nachzulesen.
Für die Kulturkonferenz sprachen bemerkenswerterweise keine Theater- und Orchesterleute, sondern es sprachen Christian Reineke vom Landesverband der Musikschulen und Frau Kopp-Sievers, die Geschäftsführerin des Museumsverbandes. Auch diese forderten ein finanzielles Moratorium für die Theater und Orchester, weil sie erkannt haben, dass der von der Landesregierung eingeschlagene Weg nicht funktionieren wird, weil er nicht funktionieren kann und weil diese beiden exponierten Vertreter der Kulturlandschaft Sachsen-Anhalts offensichtlich auch wissen, welchen unverzichtbaren Beitrag unsere Theater und Orchester seit vielen Jahren in diesem Land leisten.
Kommen wir noch zum letzten Punkt unseres Antrages, nämlich zu den Haustarifverträgen. Grundregel: Solange es an Häusern Haustarifverträge
gibt, wird es auch keine Strukturveränderungen geben können. Das Grundprinzip von Haustarifverträgen, zumindest so, wie sie in Sachsen-Anhalt stringent angewendet wurden und werden, ist bekanntermaßen folgendes: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verzichten auf einen bestimmten Prozentsatz ihres Gehalts, dafür gibt es keine Entlassungen und alle bleiben weiter beschäftigt.
Die Haustarifverträge in Sachsen-Anhalt haben bekanntermaßen eine unterschiedliche Laufzeit. In Halle laufen die Haustarifverträge für die Orchestermusiker bis in das Jahr 2018. Das heißt doch logischerweise, dass man, solange die Haustarifverträge dort existieren, überhaupt keinen Personalabbau realisieren kann. Das wiederum heißt, dass es keine Strukturveränderungen, wie sie Ihnen vorschweben, geben kann. Auch deshalb muss es unser Ziel sein, diese Haustarifverträge bei den Theatern und Orchestern endlich zu überwinden und die Beschäftigten wieder nach den im öffentlichen Dienst üblichen Tarifverträgen zu vergüten.
Meine Damen und Herren! Auch diesbezüglich wissen wir, dass das nicht von heute auf morgen geht und haben deshalb in unserem Antrag für einen schrittweisen Übergang plädiert. Klar muss uns sein, dass wir in den nächsten Jahren die Träger, also die Kommunen, bei diesem Prozess nicht allein lassen dürfen. Eine angemessene finanzielle Beteiligung seitens des Landes ist und bleibt unausweichlich.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der letzten Zeit haben wir uns relativ häufig mit den Theatern und Orchestern im Land auseinandergesetzt. Ich habe in meinem Debattenbeitrag darauf verzichtet, auf die Theater und Orchester einzugehen, die laut dem Haushaltsplanentwurf der Landesregierung von Kürzungen verschont bleiben sollen. Ich will jedoch nicht verheimlichen, dass auch deren Situation alles andere als rosig und keinesfalls befriedigend ist.
Wir kennen alle die Forderungen der Häuser, beispielsweise aus Magdeburg, aus Naumburg und aus Stendal, dass auch deren Landesförderung, obwohl sie stabil bleibt, zu gering ist und eigentlich erhöht werden müsste. Ich erläuterte aber zu Beginn meines Beitrages, dass wir auf diese Maximalforderungen verzichtet haben, obwohl es, wie bereits gesagt, gute Gründe gäbe, auch hier und heute leidenschaftlich für 100 Millionen € im Kulturetat zu streiten und für mehr Geld als bisher für die Theater- und Orchesterlandschaft zu werben.
Ich komme zum Schluss. - Wir sehen auch aufgrund der Diskussion in der Vergangenheit keine Chance auf einen Erfolg für ein solches Anliegen. Deshalb bieten wir Ihnen, meine Damen und Herren von der Koalition, mit diesem Antrag eine Art Kompromiss an, den wir für realpolitisch, für machbar und auch für finanzierbar halten. Es ist sozusagen der Versuch, Ihnen eine Brücke zu bauen. Rübergehen müssen Sie selber.
Herr Abgeordneter Gebhardt, eine Frage. Ich möchte Ihre Redezeit nicht unnütz verlängern, aber eine Frage: Worauf stützt sich Ihre falsche Behauptung, dass in den 90er-Jahren ein Theater in Bernburg geschlossen wurde?
Meinem Kenntnisstand nach gibt es in Bernburg nach wie vor ein Bespielhaus. Meinem Kenntnisstand nach war es früher mit einem eigenen Ensemble ausgestattet. Dieses Ensemble gibt es nicht mehr.
Herr Gebhardt, dann nehmen Sie bitte zur Kenntnis, dass es seit den späten 80er-Jahren in Bernburg weder ein Theaterensemble gab noch irgendwelche sächlichen Dinge, die im Theater Bernburg vorhanden waren.
Das habe ich jetzt akustisch nicht verstanden. Aber ich konnte dennoch in der letzten Bemerkung keine Frage erkennen.
Weitere Nachfragen gibt es nicht. Vielen Dank. - Wir fahren in der Debatte fort. Für die Landesregierung spricht nun Herr Minister Dorgerloh.