Protocol of the Session on November 14, 2013

Wenn die Bewirtung bei Tagen der offenen Tür, bei Kreisligaspielen etc. nur noch an Vereinsmitglieder erfolgen soll, dann schadet dies dem Gemeinsinn. Es wäre schlicht absurd, wenn Vereine

aus Angst vor Bußgeldern die Bewirtung des Ehegatten ihres Mitglieds ablehnen müssten oder wenn eine Besuchergruppe oder ein Freundeskreis in Mitglieder und Nichtmitglieder aufgeteilt werden müsste. Das Beispiel der Gastmannschaft war mir gar nicht eingefallen. Das ist auch sehr schön. Klar, die dürften nicht mitmachen.

Das ist weder sinnvoll noch praktikabel, auch wenn Herr Minister Möllring sagt, dass das gar nicht das Ziel sei und diese Aktivitäten gar nicht gemeint seien. Sie werden aber vom Gesetz mit erfasst. Das darf so nicht sein.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der LINKEN)

Das Ansinnen, dass beim Ausschank auch jeweils eine aktuelle Mitgliederliste bereit liegen muss, deren Fehlen selbstverständlich mit einem Bußgeld bedroht ist, zeigt sehr schön die sich daraus ergebende Überbürokratisierung. Das Ergebnis kann nur sein, dass die Vereine angesichts der in der Praxis eintretenden Undurchführbarkeit des legalen Ausschanks bei Veranstaltungen mit öffentlichem Charakter nicht nur davon absehen, den Ausschank durchzuführen, sondern auch die Veranstaltung selbst nicht mehr durchführen. Das Vereinsleben würde ärmer werden - nicht nur, aber eben auch finanziell.

Die Vereine nutzen die Einnahmen zur Finanzierung ihrer gemeinnützigen Tätigkeiten. Die Einnahmen sind fest geplanter Bestandteil in vielen Vereinshaushalten, die gerade in Zeiten sinkender Zuschüsse der öffentlichen Hand eine besondere Bedeutung haben.

In genau drei Wochen, am 5. September 2013, dem Tag des Ehrenamts, würdigen wir die vielen ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer in den Vereinen, ohne die das gemeindliche Leben um vieles ärmer wäre. Für diese Arbeit bedarf es jedoch einer Infrastruktur, die auch unterhalten werden muss. Diesen Aspekt gilt es zu bedenken.

Ich hoffe, dass wir in den anstehenden Beratungen zu einer Lösung kommen, die sowohl die Interessen der Gastronomie als auch des Vereinswesens beachtet. Ich bitte um Überweisung des Gesetzentwurfs.

(Beifall bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der LINKEN)

Danke sehr, Herr Kollege Meister. - Für die CDUFraktion spricht der Abgeordnete Herr Thomas.

(Herr Dr. Thiel, DIE LINKE: Uli, rette die De- hoga! - Heiterkeit bei der LINKEN)

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben heute schon vernommen, dass wir in die

sem Parlament nach der Föderalismusreform im Jahr 2006 erstmalig über ein Gaststättengesetz beraten. Ich finde es sehr wichtig, dass wir diese Diskussion, die wir hier zu bestehen haben, über dieses Gesetz, das wir zu verabschieden haben, ernsthaft führen. Ich möchte uns davor warnen, diesen Gesetzentwurf auf einige Passagen zu reduzieren. Ich denke, heute, bei der ersten Lesung des Gesetzentwurfes sollten wir das Gesetz als Ganzes sehen.

Meine Damen und Herren! Zum Ganzen gehört auch, dass wir im Land Sachsen-Anhalt seit dem Jahr 2008 mehr als 1 000 gastronomische Betriebe verloren haben. Wir haben mehr als 1 000 Abmeldungen in diesem Bereich zu verzeichnen. Man kann natürlich fragen, worin die Ursachen dafür liegen.

Das Erste, was einem einfällt, ist natürlich das Wort „Demografie“. Selbstverständlich werden auch die Gastronomen älter und wird auch das Publikum älter und vielleicht auch weniger. Das führt sicherlich dazu, dass es gerade in dünn besiedelten Landstrichen Probleme gibt, Nachwuchs zu finden, weil der Beruf des Gastronomen mit der eigenen Kneipe scheinbar hier und da nicht mehr so attraktiv ist, wie er es einmal war oder wie er es zumindest sein sollte.

Meine Damen und Herren! Ein zweites Problem ist schon genannt worden. Ich will es hinzufügen, weil es der Ehrlichkeit dient. Das ist das Thema der Schwarz- und Vereinsgastronomie. Es ist nicht so, dass wir dieses Problem erst seit den letzten fünf Jahren hätten. Wir erleben aber, dass es gerade in diesem Bereich eine zunehmende Professionalisierung gibt.

(Zustimmung von Frau Weiß, CDU)

Wir kennen doch alle die gut ausgestatteten Vereinslokale und Feuerwehrhäuser, die zu Recht mit viel Liebe, aber eben auch mit öffentlichen Mitteln gebaut worden sind. Wir müssen auch anerkennen, dass die Restaurantbetriebe, die Steuern zahlen und ausbilden, mit dieser Konkurrenz leben müssen. Wir müssen schauen, wenn wir einen Wettbewerb und eine Konkurrenz wollen, dass dies zumindest auf Augenhöhe passiert und dass wir nicht erleben, dass jemand sagt: Ehe ich in die Gaststätte gehe und dort eventuell etwas mehr bezahlen muss, gehe ich lieber für weniger Geld in ein Vereinslokal und kann dort für weniger Geld meine Feier durchführen.

Das hat doch nichts damit zu tun, dass wir dem Fußballfan beim Fußballspiel das Bier nicht gönnen. Es geht einfach darum, dass wir dem selbständigen Gastwirt die Möglichkeit geben müssen, mithalten zu können.

(Zustimmung von Herrn Schröder, CDU, und von Frau Weiß, CDU)

Meine Damen und Herren! Nicht dass der Eindruck entsteht, wir hätten etwas gegen Vereinsgastronomie. Ganz im Gegenteil: Wir alle wissen doch, dass zu einem intakten Vereinsleben auch Vereinsfeiern gehören. Natürlich sei jedem sein Glas Bier gegönnt. Ich kann hier nur allen Vereinen meinen großen Respekt aussprechen; denn so etwas muss auch immer gelebt und fortgeführt werden. Ich denke, dass es für viele Vereine existenziell wichtig ist, Einnahmen aus der Gastronomie zu akquirieren, damit der Verein am Leben bleibt.

Meine Damen und Herren, warum sage ich Ihnen das? - Ich sage Ihnen das, um Ihnen das Konfliktpotenzial aufzuzeigen, vor dem wir stehen. Es gibt auf der einen Seite Leute, die sagen, die Vereinsgastronomie müsste ganz verboten werden. Auf der anderen Seite gibt es Leute, die sagen, wir müssen das generell noch mehr fördern.

Ich glaube, die Beratungen im Ausschuss, die vor uns liegen, müssen dafür sorgen, genau diese Balance zu finden. Kollege Mormann, wir machen es uns nicht so einfach und sagen, der Verein muss um jeden Preis das Primat haben. Wir sorgen für eine Balance, für ein Gleichgewicht; denn ich denke, wir sind es der freien Wirtschaft schuldig, hier dafür zu sorgen, dass sie auch künftig ihrem Gewerbe nachgehen und hier auch künftig Geld verdienen kann, damit die Wirtschaft im wahrsten Sinne des Wortes weitergehen kann.

(Zustimmung bei der CDU)

Ich möchte noch auf vier wichtige Dinge hinweisen. Für mich ist ganz wichtig, dass wir von einem Antrags- zu einem Anzeigeverfahren übergehen. Kollege Thiel, ich sage Ihnen ganz ehrlich, mir ist es relativ egal oder - ich will es ein bisschen abschwächen - nicht so wichtig, wie schnell die Verwaltung auf diese Anzeige reagiert. Derjenige, der etwas machen möchte, zeigt es an, und wann die Behörde kommt und es kontrolliert, das muss sie selbst eintakten. Ich finde es ungerechter, dass ich bisher darauf warten muss, dass mir jemand die Genehmigung zustellt. Ich denke, das ist für den Antragsteller eine klare Vereinfachung und eine Besserstellung gegenüber der öffentlichen Verwaltung.

Weiterhin, meine Damen und Herren: Für vorübergehende Gaststättenbetriebe gelten künftig erleichterte Bedingungen. Die Gemeinden sind für die Überprüfung zuständig. Es ist ganz wichtig, dass die Leute, die vor Ort das Sagen haben und sich untereinander kennen, in die Lage versetzt werden, die Genehmigungen auszusprechen.

Weiterhin ist es ganz wichtig - das möchte ich an dieser Stelle auch noch sagen -, dass für bestehende gastronomische Betriebe ein Bestandsschutz besteht. Das heißt, wer sein Gewerbe bisher nach dem Bundesgaststättengesetz betrieben hat, der braucht keine neuen Anträge zu stellen.

Meine Damen und Herren! Ich denke, das ist zu dem heutigen Stand zu sagen. Ich möchte Sie alle zu der Beratung über den Gesetzentwurf einladen. Ich beantrage die Überweisung des Gesetzentwurfes an den Ausschuss für Inneres und Sport, an den Ausschuss für Arbeit und Soziales und an den Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr. Ich freue mich auf die interessante Diskussion in den Ausschüssen und hoffe, im kommenden Jahr ein Gesetz zu verabschieden, in dem wir die Balance zwischen der gewerblichen und der nichtgewerblichen Gastronomie finden. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU)

Herr Kollege Thomas, es gibt eine Nachfrage vom Kollegen Bergmann. - Bitte sehr, Herr Bergmann

Herr Kollege Thomas, Vorbemerkung: Es stört mich, dass die ehrenamtliche Arbeit der Vereine, die oft zu Zeiten stattfindet, zu der andere den Laden schon geschlossen haben, hier als Schwarzgastronomie bezeichnet wird.

(Beifall bei der SPD und bei der LINKEN)

Dann habe ich zwei Fragen an Sie. Die erste: Von den vielen Festivitäten, die im Jahr in so einem Dorf stattfinden, bei denen sich die Vereine bereit erklären, dass eine oder andere zu tun, vom Kuchenbasar bis zum Ausschank von was auch immer - was glauben Sie, wie viele hauptamtliche Wirte in die Bresche springen würden, wenn es die Vereine nicht mehr machen würden? - Das ist die erste Frage.

(Herr Schröder, CDU: Ich weiß es nicht!)

Da Sie zum Schluss immer von Balance gesprochen haben, lautet meine zweite Frage: Wie viele Vereine haben Sie im Vorfeld zu diesem Gesetzentwurf angehört?

Kollege Bergmann, ich bin jetzt ehrlich gesagt nicht bereit, hier schon eine Ausschuss-Vorberatung durchzuführen. Ich habe bewusst gesagt: Schwarz- und Vereinsgastronomie. Darauf lege ich Wert.

(Herr Lange, DIE LINKE: Ja, in einem Atem- zug, ganz super!)

- Herr Lange, wir von der CDU schaffen es auch, mehrere Sachen in einem Atemzug zu sagen.

(Heiterkeit bei der CDU)

Deshalb werden wir darüber in den Ausschüssen diskutieren.

(Zustimmung von Herrn Schröder, CDU)

Damit ist die Debatte beendet. Wir stimmen jetzt über den Antrag in Drs. 6/2547 ab. Einer Überweisung stand nichts im Wege. Es ist sicherlich auch unstrittig, dass der Ausschuss für Wissenschaft und Wirtschaft federführend beraten soll. Mitberatend sollen tätig sein der Ausschuss für Inneres, der Ausschuss für Arbeit und Soziales und der Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr.

(Herr Hövelmann, SPD: Verkehr nicht!)

- Eigentlich wurden beide Ausschüsse genannt. Ein Redner hatte die Überweisung in den Landwirtschaftsausschuss beantragt und ein anderer die Überweisung in den Ausschuss für Landesentwicklung und Verkehr.

(Zuruf von der SPD: Alles!)

Dann klären wir das jetzt. Herr Kollege Schröder, bitte.

Wenn ich die Redner der anderen Fraktionen richtig verstanden habe, ist die Überweisung in den Ausschuss für Wissenschaft und Wirtschaft zur federführenden Beratung und die Überweisung in die Ausschüsse für Inneres, für Arbeit und Soziales, für Landesentwicklung und Verkehr und für Landwirtschaft zur Mitberatung beantragt worden. Das haben die Redner jeweils für ihre Fraktion beantragt.

Muss ich darüber einzeln abstimmen lassen?

Darüber kann auch zusammen abgestimmt werden.

Wer dafür ist, dass der Ausschuss für Wissenschaft und Wirtschaft federführend berät, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind alle Fraktionen.

Ich lasse jetzt über die Überweisung in die mitberatenden Ausschüsse abstimmen. Ich nenne sie einmal nacheinander: Inneres und Sport, Arbeit und Soziales, Landwirtschaft, Landesentwicklung und Verkehr. Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das sind die Koalitionsfraktionen und die Fraktion DIE LINKE. Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Das ist die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN.