Protocol of the Session on September 12, 2013

- Das kommt davon, wenn alles zum dritten oder vierten Mal gesagt worden ist, dann hat es keinen Neuigkeitswert. Das ist schon klar.

Ich will noch ein anderes Thema ansprechen: das Thema Beratungslandschaft. Dieses Thema ist heute ein großer Diskussionspunkt im Land. Wir haben über die Neustrukturierung der Beratungslandschaft viel gestritten. Ja, wir wollen, dass die Unterstützung der Bürgerinnen und Bürger auch gewährleistet bleiben kann und wird.

Die Beratungsstellen, die Ehe-, Familien-, Lebens-, Erziehungsberatung, Schuldner-, Suchtberatung und vieles andere mehr wollen wir - das ist möglicherweise sogar unstrittig - zu einer integrierten psychosozialen Beratungslandschaft weiterent

wickeln. Wir wissen, dass es mittlerweile selten nur eine Problemlage gibt und dass die Beratungsstellen in der Lage sein müssen, Menschen, die eine Vielfalt an Problemlagen haben, gezielt zu beraten und zu unterstützen. Das werden wir tun, indem wir das Familienfördergesetz ändern und dieses Thema dort gesetzlich verankern.

Das zweite Thema in diesem großen Komplex ist die Förderung der Jugendarbeit, der Jugendsozialarbeit, des Jugendschutzes, also auch die beiden Programme Jugendpauschale und Feststellenprogramm.

Meine Damen und Herren! Es ist immer schwierig, wenn man über weniger Geld redet. Alle haben jetzt gesagt: Na ja, das darf nicht so schnell runtergehen. - Auch wenn das eine Diskussion für die Fachausschüsse ist, darf man nicht ignorieren - das ist auch schon angesprochen worden -,dass wir eine demografische Entwicklung haben - ich weiß, Sie sagen bis 2017, aber die Vergleichszahlen sind bis zum Jahr 2027 ausgelegt -, in der sich auch die Anzahl der Kinder und Jugendlichen verändern wird.

Ja, es ist richtig, wir hatten früher sozusagen ein Kombi. Wir hatten das Land und wir hatten die Kommunen, die das gemacht haben. Wenn man das bis zum Jahr 2002 vergleicht und schaut, wo wir zum Beispiel im Jahr 2014 landen würden - 2013 liegen wir noch darüber -, dann ist der Landesanteil gleich hoch, 2013 sogar noch höher für das, was wir für diese Arbeit mit den Jugendlichen, für das Feststellprogramm und für die Jugendpauschale, zur Verfügung stellen.

Jetzt ist der spannende Punkt, bekommen wir es wieder hin, auch den zweiten Block dazu zu bekommen. Wir sind schon der Auffassung, dass das sowohl eine Aufgabe des Landes - das haben wir uns selbst herangezogen, und deshalb sind wir nach 20 Jahren auch verpflichtet, nicht einfach auszusteigen -, aber auch der Kommunen ist. Dabei ist es nicht nur eine Frage des FAG, sondern eine Frage von Jugendhilfeplänen und anderen Dingen, die geordnet auf der Kreisebene und der Ebene der kreisfreien Städte erarbeitet werden müssen.

Wir haben schon den Anspruch zu versuchen, das gemeinsam zu lösen und die dazu erforderlichen gesetzlichen Regelungen, die das absichern, in den Landtag einzubringen - zusammen mit dem Koalitionspartner; das haben wir auch schon vorbesprochen. Wir wissen - das hat der Finanzminister auch angesprochen -, dass man es in den Jahren 2015 und 2016 nicht auf null setzen kann, sondern dass wir für diesen Bereich eine angemessene Ausstattung im Haushalt benötigen.

Ob das aber die gleiche Höhe ist, weil wir wollen, dass die Kommunen einen Teil mitfinanzieren, ist

eine andere Frage. Ich sehe schon einige den Kopf schütteln und einige Antworten dazu. Es ist eine Frage, die in den Fachausschüssen miteinander besprochen werden kann und muss, wie man zu diesem Ziel kommt.

Wir wissen jedenfalls, beim Verhältnis 1 : 1 wird es nicht bleiben. Wir müssen schauen, wie wir das gemeinsam auf solide Füße stellen, sodass sowohl Kommunen als auch Land dies langfristig finanzieren können.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Zwei Sätze noch zum Hochwasser. Dazu ist viel gesagt worden. Auch hier ein Dank an die Verhandlungsführer in den Ministerien, an die Staatskanzlei, das Finanzministerium, MLU, MI und an alle, die daran beteiligt waren, und an diejenigen, die es umsetzen, in die Fläche bringen, also an das MLV. Wir haben den größten Anteil, wir haben selbstverständlich auch die größten Schäden. Lieber wäre uns gewesen, wir hätten das Hochwasser nicht gehabt und damit die Schäden und die vielen privaten und unternehmerischen Schicksale nicht gehabt.

Da wir uns das aber nicht zurückwünschen können und das Hochwasser nun einmal da war, müssen wir jetzt zusehen, dass wir die Hilfen in die Struktur einfließen lassen und unter die Leute bringen. Es ist gut, dass es eine Vereinbarung gibt, sowohl über die Höhe und die Verwendung der Mittel, als auch über das Personal, das dafür da sein muss, diese Vorhaben umzusetzen. Ich glaube, das ist ein gutes Ergebnis. Es ist gut, dass dies im Konsens vereinbart worden ist, bevor die Diskussion über den Haushalt beginnt. Auch darauf ist der Finanzminister schon eingegangen.

Jetzt noch zwei kleine Punkte, die ich in jedem Fall nennen möchte: Einmal die Gemeinschaftsaufgabe für Agrarstruktur und Küstenschutz und die Steigerung, die in dem Bereich Dorferneuerung mit dem Schwerpunkt demografischer Wandel eingesetzt werden kann und soll. Ich glaube, dass es für uns als ein Land, das insbesondere aus dünnbesiedelter Fläche und nicht nur aus Konzentrationsbereichen wie Magdeburg, Halle und Dessau und den Mittelstädten besteht, wichtig ist, dass wir gute Konzepte entwickeln, mit denen dem demografischen Wandel in der Fläche begegnet werden kann.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Herr Minister, die Bienen - ein ganz kleiner Punkt, aber ich finde trotzdem, dass er wichtig ist.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Nicht nur wenn die Biene stirbt, stirbt der Mensch. Wir haben darüber sehr intensiv diskutiert. Manch einer lächelt. Aber ich glaube, dass die Erhö

hung der Zuschüsse für die Verbesserung der Erzeugung und Vermarktung von 140 000 € auf 374 000 € ein gutes Signal ist.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU - Zu- ruf)

- Man darf auch so kleine Dinge nicht geringschätzen.

(Beifall bei der CDU - Frau Brakebusch, CDU: Genau!)

Diese fallen bei großen Haushaltsdebatten immer hinten runter. Darum muss man immer zwei oder drei kleine Punkte herausnehmen, weil das nicht zum Lächeln, sondern in der Tat wichtig ist.

Ein Wort zur Kultur. Das ist jetzt wieder ein großes Thema. Das ist mir schon klar. Ich weiß, dass die Planung im Bereich der Theater- und Orchesterförderung umstritten ist. Wir stehen als Fraktion weiter zu dem Anspruch, langfristig eine ausgewogene und bestandsfähige Theater- und Orchesterlandschaft in Sachsen-Anhalt zu haben. Ich glaube, dass wir an einem Punkt sind, wo es nicht ohne Änderung an einigen Standorten gehen wird.

Ich sage ganz klar und deutlich, ich weiß, dass das kein einfacher Prozess ist. Das wissen wir alle. Wir wissen, dass Umbau Zeit und Geld kostet. Wir wissen, dass das Land diesen Umbauprozess unterstützen muss, um die Belastungen bei den Trägern zu mildern, aber auch bei denen, die dies als Menschen, als Angestellte betrifft, und dass wir das mit aller gebotenen Sorgfalt tun müssen und tun werden.

Aber zu sagen, wenn diese Veränderungen in der Theater- und Orchesterförderung umgesetzt werden, dann gibt es keine Kinder- und Jugendarbeit mehr, dann gibt es keine Kultur mehr - - Ich muss einfach sagen, es gibt drei Standorte, die auch Kinder- und Jugendarbeit machen. Es gibt im Harz Kinder- und Jugendarbeit, es gibt sie in der Altmark und auch in Magdeburg. Es gibt dort pädagogische Arbeit, obwohl weniger Zuschüsse vom Land gezahlt werden.

Wir wissen auch, wenn wir ganz ehrlich sind, dass nur das Gleichhalten der Zuschüsse vom Land das Problem nicht lösen würde. Insofern werden wir nicht darum herumkommen. Wir können diese einfache Antwort nicht geben, es bleibt alles wie es ist. Sondern wir werden am Ende gemeinsam andere Strukturen haben. Ich sage immer, sozialdemokratische Politik ist auch, darauf zu achten, dass es in diesen neuen Organisationsstrukturen Tarife gibt. Das gibt es an anderen Standorten, die schon ein Stück weiter sind. Das ist auch eines der Ziele.

Ich weiß, dass meine Kollegen aus Halle, aus Dessau, aus Eisleben das nicht so gern hören. Ich

weiß, wie schwierig es war, das vor gut 15 Jahren in Magdeburg durchzusetzen.

(Herr Schwenke, CDU: Genau!)

Wir haben die Kammerspiele geschlossen, wir haben das Kabarett aufgelöst. Das Puppentheater stand fast auf der Kippe und hat mit ganz, ganz geringen Zuschüssen, den wenigsten von allen Theatern im Land, weitergearbeitet. Man hat sich in Magdeburg dieser Aufgabe gestellt. Wigbert Schwenke sagt das deshalb, weil er als Stadtrat noch viel näher an dieser Thematik war als ich. Ich weiß, dass das hart ist. Aber wir müssen das jetzt tun.

Das Ziel ist wirklich eine langfristig tragbare Struktur, bei der wir als Land zuverlässig unseren Anteil leisten können und auch, wie vorhin gesagt, an der Dynamisierung arbeiten werden. Ich will hier nichts anderes sagen als das, was ich richtig finde. Ich glaube, dass wir das nach vielen Schmerzen und vielen schweren Gesprächen am Ende auch hinbekommen und in fünf Jahren vielleicht sagen werden: Jetzt haben wir eine solide Struktur, die wir auch ausfinanzieren können, vielleicht auch einmal wieder mit 30 Millionen € mehr im Kulturbereich. Das will ich gar nicht ausschließen.

Es gibt noch mehr als Theater- und Orchesterförderung. Wenn man sich die Museen, die Bibliotheken, die Kulturvereine anschaut, auch das alles ist Kultur. Auch das wird unterstützt und mitfinanziert. Sie brauchen im Zweifel auch einmal wieder einen Schluck aus der Pulle an Landesgeld. Ich weiß, dass das nicht die Antwort ist, die einige hören wollen: Ich stehe aber dazu, dass es Veränderungen gibt, und das trägt die SPD-Fraktion so auch mit.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Die anderen Kulturprojekte, die genannt worden sind, will ich nicht noch einmal aufzeigen. Aber ich will noch einmal zu einem anderen Themenkomplex kommen.

Wir haben nicht nur eine Ausgaben-, sondern auch eine Einnahmenseite. Wir können uns in den nächsten Jahren und Jahrzehnten noch damit herumschlagen, unter eine Decke zu kriechen, die für uns alle immer kleiner wird. Das wird so sein. Der Solidarpakt und der Länderfinanzausgleich laufen aus, die EU-Mittel gehen zurück.

Natürlich werden wir uns immer wieder erzählen, dass wir alles dafür tun, dass das nicht so ist und dass wir die Einnahmenseite stärken müssen. Einen Teil wirtschaftlicher Entwicklung habe ich schon genannt. Bessere Einkommen führen auch zu Verbesserungen auf der Einnahmenseite.

Eines werden wir damit nicht so schnell kompensieren können, nämlich die grundsätzliche Unterfinanzierung der öffentlichen Haushalte, und zwar in der gesamten Bundesrepublik. Es ist kein Län

derproblem, sondern ein Problem der gesamten Bundesrepublik.

Wir leben bei der Infrastruktur zum Teil von der Substanz, wenn man die landeseigenen Straßen nimmt. Wir leben im Bildungssystem von der Substanz, wir können die Ganztagsschulen nicht allein komplett ausfinanzieren, wir wissen, dass das Kooperationsverbot fallen muss. Wir haben überall Investitionsstaus in Milliardenhöhe. Die wünscht sich niemand. Am wenigsten wünscht sich das der Finanzminister. Er muss nämlich schauen, wo er das Geld herbekommt.

Trotz einer doch relativ guten konjunkturellen Lage war die Bundesregierung nicht in der Lage, einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen. Wir haben also auf der öffentlichen Seite, bei der öffentlichen Hand, beim Staat ein strukturelles Einnahmenproblem. Da bin ich bei Herrn Gallert, das auch so deutlich auszusprechen.

Wir müssen dieses Problem lösen. Wir werden das nur über den Bund, nicht über die Länder lösen können. Man muss das hässliche Wort „Steuererhöhungen für die, die es leisten können“, auch aussprechen. Alles andere wäre verlogen. Man kann nicht beides, die Ausgaben erhöhen und die Einnahmen des Staates nicht erhöhen.

(Beifall bei der SPD und bei der LINKEN)

Es gibt vier Punkte, bei denen wir als Sozialdemokraten sagen, dass das Geld dafür verwendet werden muss: für bessere Bildung, für Sanierung der Infrastruktur, für die bessere Ausstattung der Kommunen und für den Schuldenabbau. Ich glaube, dafür lohnt es, über das Thema Steuern miteinander zu reden. Ich glaube, daran wird niemand vorbeikommen, egal, wie am 22. September die Wahl ausgeht.

Zum Schluss - Sie werden es nicht glauben - ein Satz. Ich will zum Schluss auf eine Frage eingehen, die mir in den letzten Tagen häufiger gestellt wurde. Die Frage lautet: Wie geht es weiter in der Koalition? - Dieser Satz stand schon vor Herrn Gallerts Rede in meinem Redebeitrag. Und die Frage: Gibt es eine Krise? - Ich bin das von der „Süddeutschen Zeitung“ gefragt worden. Ich bin das von ganz vielen Landesjournalisten und überregionalen Journalisten gefragt worden.

Die Antwort auf diese Frage ist sehr einfach zu geben. Eine Krise gibt es nicht. Wir haben gerade das verflixte siebente Jahr hinter uns. Wir werden unsere Lebensabschnittsgefährtin CDU behalten.

(Zuruf von der CDU: Ui!)

Das stand schon vorher da, meine Damen und Herren.

(Herr Borgwardt, CDU: Das wird ja noch ei- ne Liebesheirat! - Herr Miesterfeldt, SPD: Bloß nicht!)