Protocol of the Session on June 10, 2011

(Zustimmung bei der CDU - Herr Gallert, DIE LINKE: Die blöden Erhebungen der Bundes- agentur für Arbeit! Das ist es wieder! - Zuruf von Herrn Borgwardt, CDU)

- Herr Gallert, wissen Sie, Ihre Interpretation muss man ja nun nicht unbedingt gut finden und für wahr halten. Ich tue das zumindest nicht.

(Zustimmung bei der CDU - Herr Gallert, DIE LINKE: Nein! Die sagen aber, dass es Dumpinglöhne gibt! Die sagen es!)

Herr Minister, ich bin Ihnen außerordentlich dankbar, dass Sie die Tatsache erwähnt haben, dass immerhin gut drei Viertel der Beschäftigten in unserem Bundesland nach den von den Tarifparteien vereinbarten Tarifverträgen entlohnt werden, auch wenn das einige hier nicht wahrhaben wollen.

Aber knapp 25 % der Beschäftigten in unserem Bundesland kommen eben noch nicht in den Genuss, nach Tarif entlohnt zu werden. An dieser Stelle müssen wir ansetzen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unsere christlichsozialen Werte - ich möchte betonen, dass ich hier auch explizit für meine Fraktion spreche - führen uns zu der Überzeugung, dass Menschen für ihre Arbeit gerecht entlohnt werden müssen. Es darf

kein Wettbewerb um die billigsten Arbeitskräfte entstehen.

Eine unterbezahlte Erwerbsarbeit verletzt die menschliche Würde und entspricht nicht unserem christlich-sozialen Werteverständnis. Darum muss durch die Schaffung entsprechender Ordnungsrahmen sichergestellt werden, dass die Löhne nicht der entscheidende Wettbewerbsparameter zwischen den Unternehmen sind. Nicht derjenige, der die niedrigsten Löhne zahlt, soll sich im Wettbewerb am besten behaupten können, sondern derjenige, der die besten Produkte und die beste Qualität bietet. Wir müssen dafür sorgen, dass Schmutzkonkurrenz nicht siegt.

Auch aus diesem Grund haben wir uns im Koalitionsvertrag darauf verständigt, neben der Stärkung der Tarifautonomie und der Wahrung des Lohnabstandsgebotes auch die Bekämpfung von Dumpinglöhnen aktiv anzugehen. Darum werden wir uns auf der Bundesebene und, falls erforderlich, im Bundesrat zeitnah dafür einsetzen, dass die Bundesagentur für Arbeit zukünftig nur in Arbeitsstellen vermittelt, die tariflich oder zumindest ortsüblich entlohnt werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ganz kurz zum Antrag der Fraktion DIE LINKE. Manchmal habe ich den Eindruck, Sie können es einfach nicht lassen.

(Lachen und Beifall bei der LINKEN - Frau Bull, DIE LINKE: Nein! - Weitere Zurufe von der LINKEN)

Ich erkläre Ihnen auch gleich warum. Auch wenn ich den Punkten 1 und 3 Ihres Antrages noch mit Abstrichen folgen könnte, so schießt doch Punkt 2 deutlich über das Ziel hinaus. Das muss ich einmal ganz klar sagen.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Über Ihr Ziel, nicht über unseres! - Frau Dirlich, DIE LINKE: Über unser Ziel nicht!)

Manchmal denke ich, wir sollten uns auf gemeinsame Ziele einigen. Ich denke, die Bekämpfung von Lohndumping sollte ein gemeinsames Ziel sein.

(Herr Lange, DIE LINKE: Da springen Sie doch zu kurz!)

Wenn wir das erreichen sollen, dann müssen wir in gewissen Fragen auch einfach einmal Maß halten.

(Frau Bull, DIE LINKE: Das Maß ist das Ziel, oder was?)

Die Forderung, die Bundesagentur für Arbeit und die Jobcenter zu ermächtigen, eine Vermittlung von Arbeitsangeboten abzulehnen, wenn hierfür nicht Tariflohn bzw. mindestens 8,50 € je Stunde gezahlt werden, ist aus meiner Sicht absolut abwegig.

(Zustimmung bei der CDU - Herr Thomas, CDU: Weltfremd!)

Zu glauben, dass man auf Bundesebene dafür eine Mehrheit bekommt, ist absolut weltfremd.

(Beifall bei der CDU - Herr Thomas, CDU: Sie haben für drei Ost-Mark gearbeitet! - Herr Czeke, DIE LINKE: Na, mit d e r Bundesebene wird das nichts werden! - Herr Lange, DIE LINKE: An wem wird das wohl liegen?)

Einmal ganz ehrlich: Einen untauglicheren Versuch zur Einführung eines gesetzlichen Mindestlohnes von 8,50 € je Stunde habe ich schon lange nicht erlebt.

(Beifall bei der CDU)

Kollegin Latta, ich denke, in Bezug auf eine Lohnuntergrenze sind wir uns einig. Die halte auch ich für richtig und wichtig. Nur stellt sich immer die Frage, wie diese Lohnuntergrenze gefunden wird. Ich bin der Meinung, die Findung dieser Lohnuntergrenze - ich nenne es einmal einen gesetzlichen Mindestlohn - sollte nicht der Politik überlassen werden. Vielmehr haben wir dafür Tarifpartner.

(Zuruf von Herrn Weihrich, GRÜNE)

Zum Abschluss meiner Rede möchte ich Folgendes sagen: Kollegin Latta, bedenken Sie bei der Aufstellung von Forderungen, die Sie dann ganz konkret mit einer Zahl hinterlegen, bitte eines: Löhne sind auch Kosten. Ich denke, das sollten wir im Interesse unserer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, wenn wir diese Diskussion führen, nie aus den Augen verlieren.

(Zustimmung bei der CDU - Frau Prof. Dr. Dalbert, GRÜNE: Löhne sind auch Kauf- kraft! - Herr Czeke, DIE LINKE: Sie sind auch Kaufkraft!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte Sie hier und jetzt auffordern: Lassen Sie uns gemeinsam das Machbare angehen. Der Herr Minister hat es am Ende seiner Rede gesagt: Wenn wir als Parlament heute dem vorliegenden Antrag der Koalitionsfraktionen zustimmen, dann wird die Landesregierung den entsprechenden Antrag unverzüglich in das laufende Gesetzgebungsverfahren zur Novellierung des SGB III einbringen. Auch aus diesem Grund bitte ich um Zustimmung zu unserem Antrag. - Danke.

(Beifall bei der CDU)

Danke sehr, Herr Rotter. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht die Abgeordnete Frau Dirlich.

Aber zuvor können wir bei uns Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums Hettstedt rechts und links auf den Tribünen begrüßen. Seien Sie herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

(Minister Herr Dorgerloh unterhält sich mit Frau Budde, SPD)

- Jetzt geht das schon wieder los. - Das Schöne an der Meinungsfreiheit ist, dass sie nicht durch Fakten behindert werden darf - Volker Pispers.

(Beifall bei der LINKEN)

Können Sie sich noch an die Agenda 2010 erinnern? - Ich kann es. Es war wie bei den Zikaden. Ich weiß nicht, ob Sie das vielleicht in Italien schon einmal erlebt haben: Die Zikaden zirpen den ganzen Tag; um 22 Uhr ist auf einmal schlagartig Ruhe und Sie fragen sich, wieso.

(Herr Borgwardt, CDU: Kopfschmerzen!)

So ähnlich war es bei der Agenda 2010: Auf einmal war Ruhe. „Agenda 2010“ tönte es durch alle Medien und urplötzlich war Ruhe. Und heute ist es sogar schon vergessen.

Ich gebe zu, es gibt kaum einen Antrag, der mich so wütend gemacht hat wie dieser.

(Oh! bei der CDU)

Ich habe noch nie einen Antrag erlebt, der noch mehr die Bezeichnung „kleinster gemeinsamen Nenner“ verdient hätte.

(Frau Bull, DIE LINKE: Es ist kein Nenner mehr!)

Noch kleiner ging es beim besten Willen nicht. Mehr noch, es ist vor allem der mit Abstand kleinste Anspruch, den man mit solch einem Antrag überhaupt erheben kann.

(Beifall bei der LINKEN)

Was wollen die Koalitionsfraktionen? SachsenAnhalt zu einem wirtschaftlich starken Land mit attraktiven Rahmenbedingungen machen? Lohndumping bekämpfen?

(Herr Rotter, CDU: Das wollen wir!)

Das wollen Sie mit diesem Antrag erreichen? Ist das Ihr Ernst, meine Damen und Herren? Ist das Ihr Ernst?

(Zurufe von der CDU)

Sagen Sie uns bloß nicht, es sei immerhin ein Anfang; denn es ist viel weniger als das. Schauen wir uns diese Maus, die der kreißende Koalitionsberg geboren hat, ein wenig genauer an.

(Lachen bei der CDU - Frau von Angern, DIE LINKE: Ah! - Herr Borgwardt, CDU: Die LINKE bereitet ihre Aphorismen gut vor! - Weitere Zurufe - Unruhe)