Protocol of the Session on July 11, 2013

Ich möchte abschließend noch einen Blick auf das Verfahren werfen. Das Gesetz sollte rückwirkend in Kraft treten. Das juristische Problem ist Ihnen offenbar und eingängig geworden. Das ist gut. Das damit verbundene Problem löst sich keineswegs. Es ist ein Problem, das wir sehr oft an dieser Stelle haben: Die Zeitverzögerung bei der Einbringung von Gesetzentwürfen ist stets mit einem enormen Zeitdruck in der parlamentarischen Beratung verbunden. Auch hierbei steht zu befürchten - das ist eben angesprochen worden -, dass dieser Gesetzentwurf den Landtag ohne eine Anhörung und ohne eine formelle und materielle Wür

digung und Einschätzung durch den GBD passieren soll.

Das, meine Damen und Herren, ist schlichtweg unseriös. Wir werden diesen Gesetzentwurf ablehnen. Wir werden auch seiner Überweisung in den Ausschuss nicht zustimmen, weil wir der Meinung sind, dass es richtig wäre, wenn aus SachsenAnhalt das Signal käme, dass diese Kompetenzen hier nicht geregelt werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Frau Quade, Herr Erben würde Sie gern etwas fragen.

Ich bin jetzt wahrscheinlich nicht ausreichend geschäftsordnungsfest, aber ich habe drei Fragen; wahrscheinlich gibt es keine Obergrenze.

Erstens. Frau Kollegin Quade, Sie stimmen mir doch sicherlich zu, dass es gerade im Bereich des Polizeirechtes nicht um Schuld oder Unschuld, sondern um Verantwortlichkeit geht; denn ich kenne keine einzige Vorschrift im SOG, die sich an einer Schuldfrage festmacht.

Zweitens. Wenn immer wieder das Abhörprogramm Prism bemüht wird, dann stimmen Sie mir sicherlich darin zu, dass Prism vor allem so etwas wie eine amerikanische Form der unbegrenzten Vorratsdatenspeicherung ist und mit der Frage von Bestandsdaten, über die wir heute hier reden, nichts zu tun hat.

Drittens. Ich wage jetzt einfach die dritte Frage zu stellen. Kennen Sie das Abstimmungsverhalten des federführenden Justizministers im Bundesrat, als es darum ging, in der Strafprozessordnung die Bestandsdatenabfrage festzuschreiben?

Welches Justizministers?

Des brandenburgischen Justizministers.

Das haben Sie vergessen, Herr Erben.

Entschuldigung.

Ihr Lieblingsinstrument.

(Minister Herr Stahlknecht: Er hat zuge- stimmt!)

- O ja. - Fangen wir mit der Schuldfrage an. Herr Erben, ich habe an keiner Stelle die Schuldfrage erwähnt. Ich weiß nicht, wie Sie darauf kommen.

(Zuruf von Frau Bull, DIE LINKE)

Mir geht es darum, über Gefahrenabwehr und über abstrakte Gefahrenabwehr zu reden.

Ich habe darauf hingewiesen, dass all diese Ermächtigungen, die jetzt zur Debatte stehen, wie auch ein weiter Teil der Ermächtigungen im SOG, die wir sehr scharf kritisiert haben, für die Abwehr einer für unsere Begriffe zu abstrakt formulierten Gefahr erteilt werden sollen und gedacht sind, und zwar bevor eine Straftat passiert ist. Ich habe nicht von Schuld gesprochen. Wir müssten vielleicht in einen persönlichen Dialog treten, wenn wir das klären wollen.

Zur zweiten Frage. Was Programme wie Prism und Tempora angeht, also die verschiedenen Überwachungsprogramme, können wir deren wirkliche Inhalte, glaube ich, im Moment nicht abschätzen.

(Zuruf von Herrn Knöchel, DIE LINKE)

Ich sagte es bereits: Offenkundig herrscht derzeit eine Empörung, die wir in durchaus relevanten Teilen der Politik und der Gesellschaft erleben, wenn es um Fragen des Datenschutzes und des Umgangs mit Daten geht. An dieser Stelle spielt dieses Gesetz sehr wohl hinein.

Es ist natürlich interessant, wenn ein Land in eben jener Zeit eine solche Regelung zum Umgang mit Daten erlässt. Natürlich hätte ich mir an dieser Stelle ein deutlich anderes Signal gewünscht.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung von Herrn Striegel, GRÜNE)

Ich sage nicht, dass Prism und Tempora zu 100 % das Gleiche sind wie die Bestandsdatenauskunft. Dazu lassen sich Prism und Tempora zu wenig einschätzen.

Es ist zu sagen, dass Sie mit der Bestandsdatenauskunft und den hier im Land getroffenen Regelungen sehr wohl Anhaltspunkte nicht nur für eine Standortortung, nicht nur für eine mögliche und durchaus in Teilen, wie bei möglichen Suizidfällen oder befürchteten Suizidfällen, notwendige Ortung, sondern eben auch für eine inhaltliche Überwachung von Kommunikation und den Zugang zu Inhalten von Kommunikation haben. Das haben Sie mit der Herausgabe von PINs und PUKs und anderen Codes zum Sperren von Speichermedien. Vor diesem Hintergrund sehe ich diesen Zusammenhang sehr, sehr deutlich. Ich hätte mir an dieser Stelle ein anderes Signal gewünscht.

Zu Ihrer dritten Frage, Herr Erben. Ich weiß, dass es ein Spaß für Sie ist, jedes Mal entweder der

Fraktion der GRÜNEN oder der Fraktion DIE LINKE die verschiedenen Abstimmungsergebnisse vorzuwerfen und vorzuhalten.

(Herr Borgwardt, CDU: Das macht ihr nie! - Herr Felke, SPD: Das haben Sie noch nie gemacht! - Unruhe)

Mir ist das Abstimmungsergebnis bekannt. Ich hätte mir an dieser Stelle gewünscht, noch einmal über die Notwendigkeit zu reden und eine inhaltliche Begründung für die Bestandsdatenauskunft und die Zugänge zu erhalten, statt dieses Spielchen zu treiben. Das ist tatsächlich vergleichsweise billiger Wahlkampf. - Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN - Zustimmung von Herrn Striegel, GRÜNE)

Danke, Frau Quade. - Für die CDU-Fraktion spricht jetzt Herr Kolze. Bitte schön, Herr Kollege.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist meine Überzeugung, dass wir dieses Hohe Haus nicht als Bühne für die große Weltpolitik nutzen sollten.

(Zuruf von Herrn Striegel, GRÜNE)

Wir sollten es daher tunlichst vermeiden, die Diskussion zur Neuregelung der Erhebung von telekommunikations- und telemedienrechtlichen Bestandsdaten mit der aktuellen Diskussion über Abhörskandale und die Überwachungsprogramme Prism und Tempora der amerikanischen und britischen Geheimdienste zu verbinden.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Die CDU weiß doch gar nicht, ob es sie gibt!)

Das ist Quatsch, denn durch die Bestandsdatenabfrage erfolgt kein Abhören von Gesprächsinhalten.

Frau Quade, Sie haben in Ihrer Pressemitteilung vom 24. Juni 2013 in markigen, gar kräftigen Worten dargelegt, dass dieses Gesetzesvorhaben die Schnüffelei auf Landesebene legitimiere und Sie die Möglichkeit der Bestandsdatenauskunft für die Polizei und den Verfassungsschutz strikt ablehnen.

(Herr Knöchel, DIE LINKE: Das machen wir!)

Sie werfen uns wirklich Law-and-Order-Politik vor.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Ja!)

Ich kann mit dem Vorwurf der Law-and-OrderPolitik sehr gut leben.

(Oh! und Beifall bei der LINKEN - Herr Gal- lert, DIE LINKE: Das glaube ich!)

Denn es ist unser Ziel, dass die Sicherheitsbehörden dieses Landes auf der Grundlage von Recht

und Gesetz für Sicherheit und Ordnung sorgen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU - Herr Knöchel, DIE LIN- KE: Für Schnüffelei!)

Dafür sind wir auch bereit, die hierfür notwendigen Rechtsgrundlagen zu schaffen. Nichts anderes machen wir.

Ich sage es ganz deutlich: Das vorliegende Gesetz schafft für die bisher möglichen Bestandsdatenauskünfte im Bereich der Gefahrenabwehrarbeit der Polizei und für den Aufgabenbereich des Verfassungsschutzes eine den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts genügende neue normative Grundlage.

(Minister Herr Stahlknecht: Genau!)

Es wurde bereits gesagt: Bestandsdaten sind die Daten eines Teilnehmers, die für die Begründung, inhaltliche Ausgestaltung, Änderung oder Beendigung eines Vertragsverhältnisses über Telekommunikationsdienste erhoben werden. Konkret sind dies bei Telefon-, Mobiltelefon-, E-Mail oder Internetzugangsanbietern ständig gespeicherte Kundendaten wie Name und Anschrift eines Anschlussinhabers, zugeteilte Rufnummern oder andere Anschlusskennungen.

(Herr Knöchel, DIE LINKE: Geheimzahl!)