Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich eröffne den wirtschaftspolitischen Block unserer heutigen Debatte.
Ich finde es sehr gut, dass wir heute über mehrere wirtschaftspolitische Themen hintereinander beraten, wenn auch aus sehr unterschiedlichen Perspektiven. Aber so ist das mit der Wirtschaft, sie hat viele unterschiedliche Seiten.
In einem Punkt ist man sich in der Wirtschaftspolitik oft einig: In der Wirtschaftspolitik gelten Subventionen als heikel. Einige finden sie sogar grundsätzlich anrüchig. Die Praxis sieht aber anders aus: Subventionen sind selbstverständlicher Bestandteil der Politik, wenn man einen bestimmten Wandel anregen oder abmildern möchte.
kommt - im Spiel. Meist reden wir über indirekte Subventionen, zum Beispiel in Form von Vorteilen bei Steuern und Abgaben. Für uns Grüne ist das ordnungspolitisch vollkommen okay, wenn man damit einen bestimmten Wandel anregen oder abmildern möchte und solange die Subventionen degressiv ausgestaltet sind.
Der wahre Sündenfall bei Subventionen ist aber, wenn man in unterschiedliche Richtungen subventioniert, zum Beispiel den Strukturwandel fördert und ihn gleichzeitig abmildert. Genau das passiert in der Energiepolitik in Deutschland. Deutschland fördert das Energiesparen und gleichzeitig werden die Energiepreise für die größten Energieverbraucher niedrig gehalten.
(Zustimmung von Herrn Scheurell, CDU - Herr Rosmeisl, CDU: Sinnigerweise! - Zuruf von Frau Take, CDU)
- An dieser Stelle sollte man nicht klatschen. - Deutschland fördert die erneuerbaren Energien und gleichzeitig profitieren fossile Energieträger von Subventionen.
Man kann es auch anders ausdrücken: In Zeiten des Klimawandels fossile Energieträger zu subventionieren, ist Unsinn. Dies ist die Position der OECD, der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, also des exklusiven Klubs der Industrieländer.
Die OECD listet minuziös auf, welche Subventionen in ihren 24 Mitgliedstaaten gewährt werden. Darunter sind auch Subventionen in SachsenAnhalt; ich komme später dazu. Die OECD fordert darüber hinaus, dass die Kosten, die infolge der Umweltschäden entstehen, in die Preise einzubeziehen sind. Man bezeichnet dies als externe Kosten.
Bei der Braunkohle beziffert das Umweltbundesamt die externen Kosten auf 8,7 Cent/kWh. Das ist angesichts eines Börsenstrompreises von 5 Cent/kWh nicht wenig. Dabei handelt es sich, zusammengezählt, um die Kosten für den Klimawandel, für das Gesundheitswesen, für Materialschäden an Gebäuden etc. Nur ein kleiner Teil davon wird über die Stromsteuer tatsächlich wieder an die Allgemeinheit zurückgezahlt; den größten Teil zahlt die Allgemeinheit.
Eine aktuelle Greenpeace-Studie zu den Gesundheitsfolgen der Braunkohle rechnet sogar hoch, dass nicht wenige hierfür mit ihrer Gesundheit oder sogar mit ihrem Leben bezahlen.
Es gibt schon heute ein Instrument in der Politik, das diese externen Kosten in den Preis einfließen lassen soll, nämlich den Emissionshandel. Der sollte zumindest mit Blick auf die Klimakosten wirksam werden. Aber passiert das zurzeit?
Was passiert zurzeit im Emissionshandel? - Darüber muss man reden. Der Preis der Zertifikate sinkt ins Bodenlose. Die Bundesregierung hat ursprünglich damit gerechnet, einen Erlös von ca. 20 € pro Tonne CO2 zu erlösen und wieder ausgeben zu können. Jetzt sind wir bei weniger als 5 € pro Tonne CO2. Das geht so weit, dass eine Unternehmensinitiative Maßnahmen fordert, um den Emissionshandel zu stabilisieren. Zu dieser gehört übrigens auch der Otto-Versand. Einigen in diesem Bundesland dürfte er bekannt sein; er ist in Haldensleben tätig.
Aber alle Versuche, hierbei umzusteuern, etwa durch ambitioniertere Klimaziele, werden zunichte gemacht.
Damit sind wir bei der Bundesregierung - bei Ihrer Bundesregierung, liebe CDU. Wir stehen in Deutschland vor der Frage, wer die Energiewende hinbekommt und wie teuer sie wird.
Wir haben hier im Parlament bereits über die skandalösen schwarz-gelben Regelungen zum Erneuerbare-Energien-Gesetz diskutiert. Ich brauche sie nicht zu wiederholen, ich möchte nur die Kurzform anführen: Ausnahmen für große Energieverbraucher führen zu Kostensteigerungen bei den Haushaltskunden und beim Kleingewerbe. Damit ist eine enorme Umverteilung verbunden.
Ich möchte das mit Bezug auf die EEG-Ausnahme, die Braunkohle, deutlich machen. Gemäß § 14 EEG - diese Regelung nennt sich Ausgleichsregelung - gibt es eine wesentliche Ausnahme für energieintensive Unternehmen. Gemeint sind energieintensive Unternehmen, die im internationalen Wettbewerb stehen. Hiervon profitiert zum Beispiel die Vattenfall Europe Mining AG mit ihren Braunkohletagebauen in Brandenburg und Sachsen.
Aber steht denn der Braunkohletagebau im internationalen Wettbewerb? - Jeder, der sich technisch mit dem Produkt beschäftigt, weiß: Braunkohle besteht, wenn sie gefördert wird, zu großen Teilen aus Wasser. Außerdem gibt es eine ganze Menge weiterer nicht brennbarer Bestandteile. Deswegen lohnt sich der Transport über weitere Strecken nicht. Es gibt also im Bereich der Braunkohle keinen internationalen Wettbewerb.
Nach unseren Informationen profitiert die Mibrag von dieser Ausnahmeregelung nicht. Das dürfte daran liegen, dass sie ein anderes Privileg in An
spruch nimmt, nämlich das Eigenstromprivileg nach § 37 EEG. Die Mibrag, der bei uns im Land tätige Braunkohlekonzern, produziert in drei Kraftwerken 1,8 TWh Strom selbst, nämlich in Deuben, Mumsdorf und Wählitz. Dieser Eigenstrom ist ebenfalls von der EEG-Umlage freigestellt. Somit trägt auch an dieser Stelle die Braunkohleförderung nicht zur Finanzierung der Energiewende bei.
Daran wird deutlich: Die Bundesregierung verschont die Braunkohle bei der Finanzierung der Energiewende, wo es geht. Die klimaschädlichste Form der Energieerzeugung wird unterstützt, anstatt die Kraft auf die Entwicklung von Alternativen zu richten. Dies nenne ich orientierungslose Verantwortungslosigkeit.
Nun ist es wohlfeil, im Landesparlament auf die Bundesregierung zu schimpfen. Ja, wir wollen in der Tat eine andere Bundesregierung, aber wir wollen auch, dass sich das Land anders verhält. Das Land muss sich an die eigene Nase fassen; denn auch in unserem Bundesland wird die Braunkohle subventioniert.
Im letzten Jahr wurde das Wasserentnahmeentgelt eingeführt - endlich. Für wen wurde es aber nicht eingeführt? Sie dürfen raten.
Für die Braunkohle wurde es nicht eingeführt. Die Mibrag fördert mindestens 20 Millionen m³ Grundwasser im Jahr. Die Statistiken widersprechen sich an dieser Stelle etwas. Die offizielle Statistik spricht sogar von höheren Werten. Bei einer Förderung von insgesamt 150 Millionen m³ Grundwasser sind 20 Millionen m³ schon eine ganze Menge.
Wenn eine solche Menge an einem Ort gefördert wird, dann bildet sich unter Umständen ein Absenkungstrichter aus; dieser hat massive ökologische Auswirkungen. Es gibt dann keinen Grund zu sagen, dies sei nicht so wichtig, dies sei eine Förderung, die keine Rolle spiele, die könnten wir von dem Wasserentnahmeentgelt ausnehmen. Vielmehr müsste gerade an dieser Stelle ein Wasserentnahmeentgelt zur Anwendung kommen und somit Steuern einspülen. Hierbei handelt es sich um eine unberechtigte Subvention für die Braunkohle in unserem Land.
Wir haben eine zweite Subvention, nämlich die Förderabgabe. Im Bundesberggesetz steht hierzu, dass die Länder eine Förderabgabe in Höhe von 10 % des Wertes des Rohstoffes erheben können. Bisher hatte Sachsen-Anhalt dieses Geld gar nicht nötig - im Unterschied zu Niedersachsen.
Niedersachsen - Herr Wirtschaftsminister, Sie werden vielleicht ein paar Worte dazu sagen - profitiert von der Förderabgabe in einem erheblichen Umfang. Es war Ihre Landesregierung, wenn ich das richtig nachgeschlagen habe, die den Satz für die Förderabgabe auf Erdgas noch im Dezember 2012 von 36 % auf 37 % erhöht hat. Diesbezüglich wird nicht über 10 %, sondern über eine Erhöhung von 36 % auf 37 % gesprochen.
Immerhin: Sachsen-Anhalt überbearbeitet die Verordnung zurzeit. Geplant sind aber wieder mehrere Ausnahmen - wir dürfen raten, für wen: für die Braunkohleförderung.
Nun wird man hier im Hause erläutern können, dass die Braunkohleförderer alte Eigentumsrechte haben und man deswegen mit der Förderabgabe an wesentliche Teile der Förderung nicht so leicht herankomme und dass man die Förderabgabe deshalb nur auf einen Teil der Förderung erheben könne. Sie dann jedoch gleich gar nicht zu erheben, ist für mich ungefähr so logisch, als würde man mit Blick auf die Windenergie sagen: Wir gewinnen nur einen Teil des Windes, der dort vorbeiweht, und deswegen lassen wir es lieber ganz.
Energiepolitisch müssen wir den Blick in die Zukunft richten. In der Zukunft steht in unserem Bundesland die Entscheidung an, ob in unserem Bundesland - es gibt einige hier im Hause, die sich das wünschen - ein neuer Braunkohletagebau aufgeschlossen wird. An dieser Stelle stellt sich die Frage, ob dieser auch wieder subventioniert wird. Oder muss der auch einmal ohne Subventionen auskommen?
Meine Damen und Herren! Wenn Sie Ihre früheren Entscheidungen schon nicht korrigieren, dann gehen Sie doch mit einem klaren Kompass in die Zukunft. Das muss heißen, die Förderabgabe wird eingeführt, und zwar auch für die Braunkohle. Damit wird ein klares Signal gesetzt: Es wird keine neuen Subventionen für einen neuen Tagebau geben.
Deshalb möchte ich Sie, meine Damen und Herren, auffordern: Stimmen Sie unserem Antrag zu. Tun Sie es für den Klimaschutz - das wird einige motivieren. Tun Sie es für eine saubere Ordnungspolitik ohne Doppelsubventionen - das wird hoffentlich auch einige motivieren. Und für diejenigen, bei denen diese Argumente nicht ziehen: Tun Sie es zumindest für die Landesfinanzen. Stimmen Sie für unseren Antrag. Wenn Sie ihn jedoch ablehnen, dann behaupten Sie bitte nie wieder, die Braunkohle sei ein subventionsfreier Energieträger. - Vielen Dank.
Danke sehr für die Einbringung, Kollege Erdmenger. - Für die Landesregierung spricht Minister Möllring.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Antrag nennt drei Punkte: Energiewende, Klimaschutz und zukunftsfähige Arbeitsplätze. Ein wichtiger Punkt, ohne den die Energiewende nicht gelingen kann, ist eine sichere Versorgung mit Energie. Dazu trägt in Sachsen-Anhalt die Braunkohle entscheidend bei.