Der SPD-Kanzlerkandidat hat sich entschieden, die Frage der Beurteilung des Leistungsschutzrechtes zur Chefsache zu machen. Er sprach auf der CeBIT ausnahmsweise einmal Klartext und formulierte:
Er hatte Beinfreiheit gefordert. Ich finde, die SPD in Sachsen-Anhalt ist gut beraten, ihm bei diesem Thema Beinfreiheit zu gewähren.
Nun gab es heute im Verlauf des Tages doch einige Wandlungen. Noch zuletzt gab es eine aktuelle Pressemitteilung von Peer Steinbrück, der zurückrudert und sich selbst revidiert. An und für sich ist das nicht schlimm, aber leider macht er es beim falschen Thema.
Er sagt: Wir als SPD werden das erst einmal nicht stoppen, weil wir sowieso die nächste Bundestagswahl gewinnen. Dann machen wir genau dasselbe, aber dann ist es wenigstens von uns. Das ist inhaltlich eine komplette Kehrtwende.
An dieser Stelle habe ich mir von der SPD doch ein wenig mehr erhofft. Aber es beweist, dass Aussagen, die in der Vergangenheit kämpferisch und klar getroffen wurden, im Grunde genommen gar nichts mehr wert sind.
Deswegen bedauere ich die Meldungen, die heute im Netz zum Leistungsschutzrecht von der SPD die Runde machten.
Die SPD hat nach der Wahl in Niedersachsen angekündigt, sie wolle jetzt jede Möglichkeit nutzen, Schwarz-Gelb im Bundesrat vor sich herzutreiben. Ich will jetzt nicht darauf eingehen, dass es keine rot-grüne Mehrheit im Bundesrat gibt; das wissen Sie alle; denn Sie alle können rechnen. Das ist aber kein Problem; denn Brandenburg unter einer rot-roten Regierung möchte das Leistungsschutzrecht auch kippen.
Frage: Warum will die SPD wiederholt die Mehrheit im Bundesrat nicht nutzen, um gegen die Vorhaben von Union und FDP im Bund vorzugehen, wenn die SPD der Meinung ist, dass die Instrumentarien nicht greifen und man das eigentlich alles nicht brauchte. An dieser Stelle enttäuschen Sie leider wiederholt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Leistungsschutzrecht ist untauglich, um auf die Herausforderungen der Digitalisierung zu reagieren. Das Leistungsschutzrecht ist untauglich, Urheberinnen und Urheber gerade auch gegenüber den Verwertern zu stärken. Das Leistungsschutzrecht birgt die Gefahr, dass die Informationsfreiheit eingeschränkt wird. Das Leistungsschutzrecht schafft allenfalls eine Hürde für Innovationen in der digitalen Gesellschaft und einen neuen Abmahnmarkt für darauf spezialisierte Anwälte.
Die LINKE fordert daher heute: Die Landesregierung soll dem Einspruch gegen das Siebente Gesetz zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes zustimmen und auf diese Weise das Leistungsschutzrecht kippen.
Herr Kollege Wagner, danke schön für die Einbringung. - Wir steigen jetzt in die Debatte ein. Zunächst spricht für die Landesregierung in Vertretung für Ministerin Frau Professor Dr. Kolb Herr Minister Bullerjahn.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin sicher, dass zu diesem Thema heute in Berlin mehrere Runden Gespräche führen. Herr Wagner, ich hatte jetzt die Sorge, dass Sie sich mehr um uns Gedanken machen als um das Thema.
Ich weiß, dass Sie Ihrem Bundesvorstand immer und gänzlich vertrauen; das ehrt Sie. Ich bin froh, dass es bei uns nicht so ist. Ab und zu bekommt man mit, dass es bei Ihnen Gott sei Dank auch nicht so ist, dass Sie alles absegnen, was Ihr Bundesvorstand sagt. Spitzenkandidaten sind sowieso ein ganz eigenes - -
(Heiterkeit und Zustimmung bei allen Frak- tionen - Herr Borgwardt, CDU: Das können wir alle unterschreiben!)
Ich sage Peer Steinbrück Bescheid, dass Sie für die Beinfreiheit werben. Ich kann Ihnen nur sagen, dass ich von dieser Beinfreiheit manchmal ganz schön überrascht bin. Mit den klaren Worten ist es manchmal - -
Ich bin in Vertretung von Frau Professor Kolb hier. Ich sage auch gleich - und dazu stehe ich -, dass innerhalb der SPD heute Abend, zum Beispiel bei der Vorbereitungsrunde für den Bundesrat, sicherlich noch einmal heftig diskutiert werden wird.
Was ist passiert? - Der Bundestag hat am 1. März 2013 - Sie haben darüber ausführlich berichtet - mit den Stimmen von CDU, CSU und FDP dieses
Leistungsschutzrecht, das umstritten ist, für die Presseverlage beschlossen. Die Einführung eines Leistungsschutzrechtes für diese Verlage soll dem Schutz presseverlegerischer Leistungen dienen. Es soll erreicht werden, dass diese Verlage im Online-Bereich nicht schlechter gestellt werden als andere Werkvermittler.
In Zeiten der Digitalisierung und des von Suchmaschinen geprägten Netzes bedarf es eines besonderen Schutzes der presseverlegerischen Leistungen. Den Presseverlagen soll deshalb das ausschließliche Recht eingeräumt werden, Presseerzeugnisse zu gewerblichen Zwecken im Internet öffentlich zugänglich zu machen, wobei einzelne Wörter oder sehr kurze Textausschnitte hiervon ausgenommen werden sollen.
Das Leistungsschutzrecht soll sich lediglich auf einen Schutz vor systematischen Zugriffen auf presseverlegerische Leistungen durch Anbieter von Suchmaschinen und Anbieter von solchen Diensten im Netz beziehen, die Inhalte entsprechend einer Suchmaschine aufbereiten. Wir alle wissen, welche großen Suchmaschinen vorrangig gemeint sind, die wir übrigens alle nutzen. Dies liegt darin begründet, dass deren Geschäftsmodell insbesondere darauf ausgerichtet sei, für die eigene Wertschöpfung auf verlegerische Leistungen zurückzugreifen.
Herr Wagner, ich glaube, Sie sind in der Szene sicherlich informiert. So wie es diejenigen gibt, die die Möglichkeit nutzen wollen, gibt es andere, die sich darüber ärgern, nämlich diejenigen, die damit ihr Brot verdienen. Ich denke, deren Interessenlage muss man diesbezüglich zumindest mit ansprechen können.
Nicht davon erfasst werden solche Nutzer, zu denen zum Beispiel Blogger, Unternehmen der sonstigen gewerblichen Wirtschaft, Verbände, Rechtsanwaltskanzleien oder private und ehrenamtliche Nutzer zählen. An dieser Stelle wird bereits eine Unterscheidung vorgenommen.
Das neue Leistungsschutzrecht soll auch den Belangen der Urheber, also vor allem der Journalistinnen und Journalisten, dienen. Im Gesetzesbeschluss ist niedergelegt, dass das Leistungsschutzrecht nicht zum Nachteil des Urhebers geltend gemacht werden kann.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der vorliegende Gesetzesbeschluss ist sehr umstritten. Sie haben es mehrfach angesprochen. Die Befürworter eines solchen Schutzrechtes verweisen darauf, dass eine Schutzlücke vorliege, da anderen Verwertern bereits ein Leistungsschutzrecht zustehe. Leistungsschutzrechte seien dem Urheberrecht nicht fremd. Presseverlage sollen vor einem unlauteren Ausbeuten ihrer Leistungen durch Suchmaschinen geschützt werden. Das Leistungsschutzrecht helfe
allen Verlagen gleichmäßig und es werde den Belangen der Urheber, vor allem der Journalisten gerecht.
Der Beschluss hat heftige Kritik erfahren. Sie haben es angesprochen. Kritisiert wird unter anderem, dass neue Rechtsunsicherheiten geschaffen werden, die zu Abmahnwellen führen könnten. Die Situation von Journalisten werde nicht verbessert. Es fehle an einer Definition für die sogenannten kurzen Textabschnitte, die Suchmaschinen weiterhin lizenzfrei anzeigen könnten. Das ist das, was Sie angesprochen haben. Es sei zu befürchten, dass nunmehr gerichtlich geklärt werden müsse, welche Länge ein nicht lizenzpflichtiger Text habe.
Das ist die Folge dessen. Wenn man grundsätzlich eingreifen will, dann geht es ins Detail. Das ist, glaube ich, gerade in Rechtsfragen, nichts Neues.
Zudem wird die Notwendigkeit eines Presseschutzrechtes infrage gestellt, da bereits jetzt technische Möglichkeiten für Verlage bestünden, um ihre Inhalte anzusichern. Bemängelt wird auch, dass die Interessen der Urheber nicht genügend berücksichtigt würden. Die Pressevielfalt müsse erhalten bleiben, Schutzrechte sollten nicht aus ökonomischen Gründen eingeführt werden.
Ich verkenne nicht, dass der Gesetzesbeschluss diese Diskussion ausgelöst hat. Im Rechtsausschuss des Bundesrates hat sich keine Mehrheit für die Anrufung des Vermittlungsausschusses gefunden. Ich glaube, dort sitzen durchweg Juristen.
Ich räume ein, dass der Verweis auf Mehrheitsverhältnisse an dieser Stelle überhaupt kein ausschlaggebendes Argument ist, noch dazu, weil der Gesetzentwurf in mehreren Parteien umstritten ist.
Insofern hat man sich aber geeinigt, in der jetzigen Situation nicht den Vermittlungsausschuss anzurufen. Nach Lage der Dinge halte ich es, sprich das MJ, für vorzugswürdig, den Gesetzesbeschluss kritisch zu begleiten und die Entscheidungen in der Rechtsanwendung genau zu beobachten. Für den Fall, dass sich erhebliche Nachteile aus der Neuregelung ergeben, werden wir die Rechtslage mit den Argumenten, die uns dann praktisch in die Hand gegeben werden, erneut überprüfen.
Genau in diese Richtung, glaube ich, geht der Alternativantrag der Koalitionsfraktionen, den wir ausdrücklich begrüßen. Ich denke, es ist vernünftig, dem zu folgen, und danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Danke schön, Herr Minister. - Wir fahren in der Debatte fort. Als Nächster spricht für die Fraktion der CDU Herr Abgeordneter Kurze.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir geben mit unserem Antrag ein klares Signal, die Interessen der Presseverleger in der digitalen Welt zu stärken. Mit dem sogenannten Leistungsschutzrecht wird das Recht der Urheber auf ihr geistiges Eigentum auch in der digitalen Welt anerkannt.
Dagegen spricht sich nun DIE LINKE aus. Sie beantragt im Bundesrat, Einspruch gegen das Leistungsschutzrecht zu erheben. Mit anderen Worten: Für DIE LINKE haben urheberrechtliche Grundsätze im Internet scheinbar nichts verloren. Also ausgerechnet diejenigen, meine sehr verehrten Damen und Herren, die besonders laut die Folgen der Digitalisierung für die deutsche Zeitungslandschaft und die Journalisten beklagten, erheben jetzt Einspruch gegen ein Gesetz, das Verleger und Journalisten in ihrer Tätigkeit ausdrücklich stärkt.
Erklären Sie einmal dem Redakteur, sehr geehrter Herr Wagner, oder dem politischen Journalisten, was Sie hier eigentlich fordern. Sie sagen: Das Produkt der journalistischen Arbeit soll von Suchmaschinen zum Geldverdienen genutzt werden dürfen. - Wir als CDU-Fraktion sagen ganz klar, dass das geistige Eigentumsrecht im Grundsatz auch in der digitalen Welt nicht verloren gehen darf.
Wir wollen, dass der Verleger die Möglichkeit erhält, das journalistische oder publizistische Produkt eigenverantwortlich im Internet zu vermarkten. Wir wollen nicht, dass Newsagitatoren ein Geschäftsmodell entwickeln, bei dem journalistische Beiträge aus dem Internet gezielt gesammelt werden, und zwar ausschließlich mit dem Ziel, Werbeerlöse mithilfe fremder Leistungen zu erwirtschaften.
Dies ist nicht im Interesse des von uns allen hier im Hohen Hause zu Recht eingeforderten Qualitätsjournalismus. Das Leistungsschutzrecht schafft mehr Waffengleichheit zwischen den Verlegern klassischer Presseerzeugnisse und den Internetunternehmen; denn während Presseverlage, deren wirtschaftliches Handeln für den Erhalt der Meinungsvielfalt essenziell ist, den strengen Maßgaben des Medienkonzentrationsrechts unterliegen, gilt dies, meine sehr verehrten Damen und Herren, für Suchmaschinen nicht.
Mit dem Leistungsschutzrecht würden Presseverlage in die Lage versetzt, den Vertrieb ihrer Presseerzeugnisse über eine Verwertungsgesellschaft abzuwickeln. Dies ist unter anderem eine zentrale Forderung des Bundesrates am 12. Oktober 2012 gewesen; das war die Bundesratsdruck
sache 514/12. Diese, meine sehr verehrten Damen und Herren, werden wir, wenn der Beschluss morgen gefasst wird, damit auch erfüllen.