Protocol of the Session on February 22, 2013

Beratung

Transparenz bei Umsetzung der Operationellen Programme 2014 bis 2020

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 6/1794

Für die Einbringerin erteile ich Herrn Abgeordneten Czeke das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In den letzten Tagen hat die Berichterstattung über die Kürzungen im EU-Haushalt für die Zeitspanne 2014 bis 2020 für doch einige öffentliche Aufmerksamkeit gesorgt. Bundeskanzlerin Merkel konnte sich auch beim Gipfel in Brüssel Anfang Februar mit ihrer Sparpolitik durchsetzen und

die Ausgaben der Mitgliedstaaten für das Projekt Europäische Union begrenzen.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Davon besonders betroffen ist die Kohäsionspolitik, also die Politik, die für den sozialen und wirtschaftlichen Ausgleich innerhalb der EU sorgen soll. Statt Ausgleich und Aufbau eines sozialen Europas gehen die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten, angeführt von Bundeskanzlerin Merkel und Premier Cameron, einmal mehr den Weg für mehr Wettbewerb und Kürzungspolitik. Da setzt unsere immerwährende Kritik an, die damit natürlich bleibt.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Dieses Verhalten überrascht uns nicht, bestärkt uns aber in unseren weiteren Forderungen nach einer sozialen, ökologischen und friedlichen EU. Am Beispiel der vorgelegten EU-Konzessionsrichtlinie - wir hatten das Thema als Aktuelle Debatte - wird das Demokratiedefizit europäischer Politik deutlich. Intransparente Entscheidungen elitärer Zirkel in der Brüsseler EU-Kommission sowie die fehlende Mitgestaltung der EU-Politik durch die Bürgerinnen und Bürger delegitimieren so das Projekt EU.

Diese fehlende Transparenz und Mitgestaltung in EU-Fragen setzt sich auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene fort, was sich bei uns besonders bei Gestaltung und Umsetzung der EU-Fördermittel zeigt.

Die Erstellung der operationellen Programme für EFRE, ESF und ELER erfolgt allein durch die Landesregierung. Die Wirtschafts- und Sozialpartnerinnen des Landes werden zwar über den regionalen Begleitausschuss über die Vorhaben informiert, aber erst viel zu spät und erst nach den Festlegungen der zuvor tagenden geschlossenen interministeriellen Arbeitsgruppen.

Auch in dieser neuen Förderperiode wird es zu Verspätungen bei der Richtlinienerstellung und Antragsbearbeitung kommen. Dazu muss man kein Prophet sein.

Das hat jedoch weniger mit der späten und noch nicht abgeschlossenen Einigung auf den EU-Finanzrahmen zu tun; denn die von der EU-Kommission vorgegebenen zwölf thematischen Schwerpunkte liegen bereits seit zwei Jahren vor.

Die Landesregierung hat ihre sozioökologische Analyse, die sich erwartungsgemäß nicht groß von der Vorgängeranalyse unterscheidet, vorliegen, anhand deren sie soziale und ökologische Maßnahmen ableiten kann. Sie muss es nur nicht. Vielmehr sind der fleißig betriebene Personalabbau in den Fachministerien und der fehlende Wille der Landesregierung, ihre Förderstrategie frühzeitig offenzulegen, Grund für die zögerliche Vorlage der operationellen Programme und Richtlinien.

Der Landtag - zumindest was die Opposition betrifft - muss die Landesregierung zur Information auffordern. Der regionale Begleitausschuss tagt, wie gesagt, geschlossen. Die Protokolle werden bis heute, auch nach mehrmaliger freundlicher Aufforderung, nicht öffentlich gemacht. Wovor hat die Landesregierung denn Angst, frage ich mich.

Das von der EU vorgegebene Transparenz- und Partnerschaftsprinzip bei der Umsetzung der Regionalförderung findet nicht statt. Die von der Landesregierung in den letzten Monaten abgehaltenen sogenannten Zukunftsdialoge konnten dem Anspruch einer diskursiven, demokratischen und beeinflussenden Mitgestaltung durch die Betroffenen nicht gerecht werden. Wer dabei war, hat Monologe der Landesregierung über ihre geplanten Vorhaben erlebt.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Im Zeitraum von 2014 bis 2020 könnte SachsenAnhalt noch einmal EU-Strukturfördergelder in Höhe von etwa 2 Milliarden € erhalten. Das entspricht einem Anteil von ca. 50 % der Mittel, die in der auslaufenden Förderperiode zur Verfügung stehen. Diese Reduzierung ergibt sich aufgrund veränderter Förderregionen, statistischer Effekte sowie der eingangs beschriebenen Haushaltsdeckelung, die auf dem EU-Gipfel vor drei Wochen beschlossen wurde.

Der Landtag als Haushaltsgesetzgeber muss den fiskalischen und inhaltlichen Einsatz dieser öffentlichen Mittel mitentscheiden und mitgestalten können,

(Zustimmung bei der LINKEN)

und darf ihn nicht nur am Ende als Doppelhaushalt einfach abnicken.

Wir gehen davon aus, dass die Vorstellungen der Wiso-Partner zum Mitteleinsatz nicht deckungsgleich sind mit denen der Landesregierung. Wir möchten wissen, welche sozialen und ökologischen Projekte den Empfängern der Mittel vorschweben.

Dazu bietet sich eine gemeinsame Anhörung des Landtages, koordiniert durch den Europaausschuss, bis zum 30. April 2013 an. Nur so kann noch rechtzeitig auf die Gestaltung der Förderprogramme und Richtlinien Einfluss genommen werden. Zu der Anhörung sollen Vertreter der Wirtschafts- und Sozialpartner, der Europäischen Kommission sowie des Europäischen Parlaments eingeladen werden.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Gegenstand der Anhörung soll auch die von der Landesregierung bei den Zukunftsdialogen mehrfach nebulös erwähnte Förderstrategie des Landes sein.

Die thematischen Schwerpunkte und Investitionsprioritäten der EU liegen seit langem vor. Was aber macht die Landesregierung tatsächlich daraus? Welche Vorstellungen nimmt sie auf, die der Landtag und die Wiso-Partner dazu äußern? Derartige Anhörungen wurden auch in anderen Landtagen bereits im vergangenen Jahr abgehalten, unter anderen in Brandenburg, in Baden-Württemberg und in Schleswig-Holstein.

Die Wiso-Partner aus Verbänden und Gewerkschaften sollen die EU-Strukturfondsförderung begleiten und kontrollieren. Dies geschieht im regionalen Begleitausschuss alle paar Monate. Die Begleitausschüsse für EFRE, ESF und ELER sind entsprechend der EG-Verordnung Nr. 1083/2006 des Rates vom 11. Juli 2006 mit allgemeinen Bestimmungen über die Strukturfonds, insbesondere nach den Artikeln 63 bis 66, innerhalb von drei Monaten nach Genehmigung der operationellen Programme einzusetzen.

Damit komme ich zu einem weiteren Aspekt unseres Antrages. Den Begleitausschüssen obliegt gemeinsam mit der Verwaltungsbehörde die Verantwortung für die Umsetzung der operationellen Programme in Sachsen-Anhalt. In der partnerschaftlichen Zusammenarbeit zwischen wirtschaftlichen, sozialen, lokalen und regionalen Akteuren liegt das Hauptaugenmerk der Tätigkeit der Ausschüsse auf einer effektiven und ordnungsgemäßen Umsetzung der operationellen Programme.

Bislang ist der Landtag in den Begleitausschüssen, wie gesagt, nicht vertreten. Erst durch die unmittelbare Beteiligung aller Landtagsfraktionen kann das Transparenz- und Partnerschaftsprinzip bei der Umsetzung der operationellen Programme besser verwirklicht werden.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Wenn die Geschäftsordnung für die Arbeit des Begleitausschusses für den Zeitraum von 2014 bis 2020 erstellt wird, ist es seitens der EU nicht verboten, je ein Mitglied aus den Landtagsfraktionen hierin aufzunehmen bzw. den Ausschuss öffentlich tagen zu lassen. So wie auch Vertreter des Bundeswirtschaftsministeriums an den Sitzungen als nicht stimmberechtigte Mitglieder teilnehmen, kann das auch für die Landtagsabgeordneten gelten.

Gleichzeitig sollte das nicht optimal aufgestellte Kompetenzzentrum der Wiso-Partner auf drei Stellen aufgestockt werden. Aktuell ist nur eine der beiden Stellen besetzt. Neben den beiden Stellen für Wirtschaft und Soziales braucht es nach meiner Überzeugung noch eine dritte Stelle für Nachhaltigkeit und Gender. Mittel dazu gibt es aus der technischen Hilfe, nicht nur im Bereich des ESF, sondern insbesondere aus dem Bereich des EFRE.

Ich freue mich auf eine hoffentlich fruchtbringende Diskussion. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke schön, Herr Abgeordneter. - Wir treten nun in die Fünfminutendebatte ein. Als Erster spricht für die Fraktion der SPD der Abgeordnete Tögel.

(Zuruf von Minister Herrn Bullerjahn)

- Nein, zuvor spricht für die Landesregierung der Minister für Finanzen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lieber Harry Czeke, ich glaube, das mit der fruchtbringenden Diskussion wird nichts werden.

(Herr Czeke, DIE LINKE: Schade; ich habe die Hoffnung noch nicht aufgegeben! - Herr Gallert, DIE LINKE: Können wir einen ande- ren Minister reden lassen?)

- Dann kann ich mich wieder hinsetzen. - Es ist nicht das erste Mal, dass wir darüber reden. An einem Punkt des Prozesses, an dem wir mit den anderen Ländern fieberhaft daran arbeiten, für Deutschland unsere Stellungnahme vorzubereiten und abzugeben, davon auszugehen, dass alles falsch war, was wir gemacht haben, ist nicht angebracht. Es ist ferner nicht angebracht zu sagen, Brüssel habe alles falsch gemacht und wir hätten das noch getoppt, wir bräuchten mehr Stellen und der Landtag werde nie gefragt. Das stimmt erstens überhaupt nicht und das haben wir zweitens nicht in der Hand. Es ist darüber hinaus nicht angebracht, darauf hinzuweisen, wir hätten Sie nur mit Monologen zugeschüttet.

Jeder hat die Chance, sich zu melden, etwas zu sagen, mitzumachen - ich werde hierzu auch einige Beispiele anführen - und sich einzubringen. Aber am Ende wird alles schlecht gemacht. Ich weiß, lieber Harry, wir werden machen können, was wir wollen; die Kritik wird bleiben. Ich bin gehalten, Termine einzuhalten und Dinge zu liefern. Das werden wir auch machen.

Ich werde einige Aspekte ansprechen, die wir in den letzten Wochen und Monaten auch als Information gegenüber dem Landtag dargestellt haben. Wir haben, so denke ich, den Programmierungsprozess sehr transparent dargestellt. Wir haben sowohl die Abgeordneten des Landtages als auch die Wirtschafts-, Sozial- und Umweltpartner im Rahmen des Dialoges informiert. Das hätten wir so nicht tun müssen.

Ich weiß von einigen Kollegen aus der Generaldirektion, dass sie diese Veranstaltungen, und zwar nach Themen geordnet, als sehr sinnvoll empfunden haben und diese nutzten, um mit den Regionen ins Gespräch zu kommen.

Ich habe das auch im Rahmen der Gespräche zum FAG erlebt: Wenn jemand mit einer Grundhaltung zu einer solchen Veranstaltung erscheint, dass er

erst dann zufrieden ist, wenn er mehr Geld bekommt, dann kann ich mich vorn auf der Bühne abstrampeln. Wenn jemand sagt, dass eigentlich er entscheiden müsse, was programmiert werde, und erst dann zufrieden ist, dann kann ich denjenigen auch nicht mit diesem Dialog zufrieden stellen. Aber es gab die Möglichkeit.

Im November 2012 wurden alle Fraktionen über den Präsidenten des Landtages von Staatssekretär Herrn Richter angeschrieben und es wurde eine Informationsveranstaltung zum Thema Programmierung angeboten. Von diesem Angebot wurde seitens der Fraktionen auch Gebrauch gemacht. Damit hat sich die Frage, ob wir eine große Veranstaltung gemacht haben, erledigt. Die Fraktionen haben nachgefragt. Wenn es aber jemanden nicht passt, dann können wir uns dreimal treffen und trotzdem wird die grundsätzliche Kritik bestehen bleiben.

Dem Landtag wurden sämtliche Dokumente betreffend die Programmierung im Rahmen der Landtagsinformationsvereinbarung zugesandt. Das war mit der Staatskanzlei abgesprochen und im Kabinett aufbereitet. Jeder konnte sich von der Analyse über die Zwischenschritte bis hin zu den Stellungnahmen schlau machen.

Ich weiß auch, dass das Thema in den Ausschüssen ein Dauerthema ist. Es gibt sogar Abgeordnete, die es nicht mehr hören können.

(Herr Herbst, GRÜNE: Aber nicht in allen!)

Ich denke schon, dass die Ausschüsse, die sich wesentlich mit diesen Themen beschäftigen, jederzeit die Möglichkeit haben, das ausgiebig zu tun.