Wir müssen uns mit diesen Jugendlichen auseinandersetzen und müssen ihnen Hilfestellungen geben. Dazu brauchen auch die Lehrerinnen und Lehrer Hilfestellung.
Die Jugendlichen beschreiben immer wieder, dass die Schule von ihnen als ein zutiefst homophober Ort empfunden wird. Ich finde, wir müssen ihnen vermitteln, dass Vielfalt ein positiver Wert ist, dass sie gleichwertig und gleichberechtigt sind. Dazu brauchen wir neue Ausbildungsinhalte, neue Fortbildungsinhalte und auch neue Materialien.
Eine Studie des Begegnungs- und Beratungszentrums lebensart e. V. in Halle - wohlgemerkt, eines eingetragenen Vereins und nicht der Landesregierung - hat jüngst herausgefunden, dass in mehr als drei Vierteln aller Schulbücher in diesem Land die Fragen, die sich um LSBTI ranken, überhaupt nicht vorkommen, überhaupt keine Beachtung finden. Wir wissen alle, wie das mit der klassischen Hausfrau ist. Was nicht erwähnt wird, wird sich auch nie ändern. Also müssen wir auch an diesen Bereich heran.
Wenn ich mir - jetzt habe ich kurz über die Jugend gesprochen - den Bereich des Alters angucke, dann stelle ich fest, dass ich kaum etwas kommentieren kann, weil sich außer Allgemeinplätzen in dieser Anfrage nichts findet. Das Wohn- und Teil
habegesetz ist schön und gut. Aber was ist mit dem Pflegebereich? Was ist mit schwul-lesbischen Menschen, die dort zu betreuen sind? - Es gibt keine konkrete Aussage.
Die einzigen wirklich konkreten Aussagen finden wir im Bereich Gesundheit, Aufklärung und HIV. Dazu kann ich nur sagen, dass das auch eine Logik hat; denn die Daten werden nicht im Land erhoben, sondern dafür ist das Robert-Koch-Institut verantwortlich. Die machen das bundesweit und ordentlich.
Was mich aber auch wirklich noch einmal aufgeschreckt hat - - Ich wusste, dass es wenig ist und nicht umsonst die Aids-Initiativen in jedem Jahr hier vor der Tür stehen. Aber es ist wirklich so wenig - wir wenden pro Kopf nur 0,08 € in diesem Bereich auf -, dass wir neben Brandenburg bundesweit das Schlusslicht sind. Ich finde es schon traurig, dass man das hier so schwarz auf weiß lesen muss.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es fehlt ein klares Konzept, um in der Gesellschaft aktiv für Akzeptanz zu werben. Es fehlt ein Programm gegen homosexuelle Gewalt. Es fehlt eine wissenschaftliche Bestandsaufnahme zur Lebenssituation. Es fehlt an Initiativen im Jugendbereich, ob das die Lehrpläne, die Aus- und Fortbildung, die Jugendhilfe oder die außerschulische Jugendarbeit betrifft.
Es fehlt an einem klaren Eintreten für die Förderung von Vielfalt in der Arbeitswelt und es fehlt nicht zuletzt an einem nachdrücklichen Eintreten und Kämpfen für die Gleichbehandlung gleichgeschlechtlicher Lebensweisen.
Das alles kann man in der Forderung zusammenfassen, die in diesem Land nicht neu ist, dass wir endlich einen Aktionsplan gegen Homophobie brauchen, in dem konkrete Analysen und Maßnahmen gebündelt sind und den wir dann gemeinsam auf den Weg bringen wollen.
Ich glaube, das wäre ein gutes Zeichen, um zu sagen, wir sind gegen Diskriminierung, ein gutes Zeichen, dass wir an Aufklärung und Toleranz in diesem Land anknüpfen und dass wir zeigen, Vielfalt ist ein Gewinn. - Ich danke Ihnen.
Vielen Dank, Frau Kollegin Lüddemann. - Bevor Herr Minister Bischoff für die Landesregierung das Wort ergreift, darf ich ganz herzlich Damen und Herren aus der Lutherstadt Wittenberg begrüßen. Dann darf ich eine zweite Gruppe begrüßen. Es sind Seniorinnen und Senioren vom Verein Herbst
Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Abgeordnete! Bezugnehmend auf das Vorwort der Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN finde ich es erst einmal wichtig, dass wir im Landtag wieder einmal über das Problem in Gänze diskutieren. Das ist nicht das erste Mal und manchmal werden einzelne Probleme herausgegriffen. Aber dass Sie das zum Anlass nehmen, halte ich erst einmal für richtig.
Zweitens. Als ich die Antwort auf die Große Anfrage vorgestellt habe, gab es auch in anderen Kollegenkreisen die Frage, was sind transgender und was sind intersexuelle Menschen? Es gab die Bitte, ob man das im Landtag nicht auch einmal sagen kann. Ich muss einfach zugestehen, dass ich auch gegoogelt habe, weil man ein Halbwissen hatte. Ich dachte auch, transgender wären die, die durch medizinische Eingriffe ihre sexuelle Identität finden.
Das ist es eben nicht. Es sind diejenigen, die sich mit der Geschlechterrolle, die ihnen durch die Geburt und durch sekundäre und primäre Geschlechtsmerkmale zugewiesen wird, nicht identifizieren können, die damit Schwierigkeiten haben, dass das nicht zu ihnen gehört.
Intersexuelle sind diejenigen, die, wie man es landläufig vielleicht auch gesagt hat, beide Geschlechtsmerkmale haben und keine klare Zuordnung haben, zu welchem Geschlecht sie sich zugehörig fühlen. Ich denke, dass man die mit in den Blick nimmt, weil wir sonst zumeist über lesbische und schwule Menschen reden, die natürlich die größere Gruppe bilden. Ich halte es für absolut richtig, dass wir sie mit in den Blick nehmen.
Die Beschreibung, Frau Lüddemann, die Sie gegeben haben, halte ich im Großen und Ganzen erst einmal für richtig. Das Datenmaterial ist mehr als dünn oder mangelhaft. Aber bei der ersten Aussage, die Sie gemacht haben, die Landesregierung wäre zuständig - das haben Sie nachher im letzten Bereich Ihrer Rede wieder zurückgenommen - für die Akzeptanz dieser Personen, halte ich für völlig falsch.
Sie kann das initiieren. Aber das gesellschaftliche Umfeld - das haben Sie auch gesagt -, wir alle, Abgeordnete wie wir und eigentlich wie jeder Einzelne, das hilft besser als jedes Programm und jede Idee. Wie jeder Einzelne dazu steht, ob er sich nicht nur solidarisiert, sondern sich auch einbringt
und die Verschiedenheit zur Normalität werden lässt in seinem normalen Umfeld, im Freundeskreis, finde ich oft viel wichtiger als zu sagen, wir machen ein großes Programm oder eine Konzeption. Da kann man viel aufschreiben. Da kenne ich viele Konzeptionen. Ich will nicht sagen, dass die nicht auch wichtig sind. Aber das andere ist das größere. Dabei sind wir eigentlich alle gefordert.
Neben den allgemeinen Fragen, die Sie gestellt haben - es waren insgesamt 75 Fragen in acht Themenschwerpunkten -, geht es hauptsächlich nachher um eingetragene Lebenspartnerschaften. Das ist zu Recht so, weil das die größere Gruppe ist. Da geht es hauptsächlich um die Themenbereiche Partnerschaft, Familie, Diskriminierung, Gewalt, Jugendliche, Alter, Gesundheit und Migrationshintergrund.
Ich sage einmal, es geht um die alle Lebensbereiche umfassende Wirklichkeit, in der wir alle leben und in der diese Menschen auch leben, von der sie zu Recht sagen, dass sie dort besonderen Benachteiligungen oder Ausgrenzungen ausgesetzt sind. Das ist auch so.
Deshalb glaube ich, dass die rechtliche Gleichstellung und die Erhöhung der gesellschaftlichen Akzeptanz für gleichgeschlechtliche Lebensweisen ein zentrales Element bei all den Fragen ist, die Sie gestellt haben. Ich halte es für lobenswert, dass sich ein solcher Grundtenor durchzieht.
Bei der Initiierung und Ausgestaltung - darin gebe ich Ihnen Recht - landesgesetzlicher Regelungen sowie der Förderung und Unterstützung von Projekten kommt der Landesregierung eine große Bedeutung zu. Daneben muss die Integration und gesellschaftliche Anerkennung von nichtheterosexuellen Menschen als gesamtgesellschaftliche Aufgabe verstanden werden.
In dieser Hinsicht kann - das gebe ich einfach zu, weil man das auch weiß, liest und erlebt - von einer Normalität nicht gesprochen werden. Deshalb ist die weitere rechtliche Gleichstellung und auch die Verbesserung der gesellschaftlichen Akzeptanz eine Aufgabe, die Politik, Verwaltung und die gesamte Gesellschaft bewältigen müssen.
Ein wesentlicher Meilenstein für den Abbau von Diskriminierungen war mit Sicherheit das Gesetz zur eingetragenen Lebenspartnerschaft. Das ist aber nun elf Jahre her, sodass in Sachsen-Anhalt bis zum Jahr 2011, also in den letzten zehn Jahren, 573 Lebenspartnerschaften begründet wurden. Davon sind 31 wieder aufgehoben worden. Bundesweit gibt es ungefähr 19 000 eingetragene Lebenspartnerschaften.
Aber das Lebenspartnerschaftsgesetz zog weitere Gesetzesänderungen und -anpassungen nach sich. Deshalb will doch widersprechen, wenn Sie
sagen, dass die Landesregierung nichts gemacht hätte. Es gab Veränderungen beim Landesrecht sowohl von verheirateten als auch von verpartnerten Personen in den vergangenen Jahren. Es gab Veränderungen im Bereich der Erbschaftsteuer, der Leistungen zur sozialen Grundsicherung, des Beamtenbesoldungs- und -versorgungsrechts, des Hinterbliebenenrechts, des Elterngeldes und der Elternzeit - jetzt vermischt es sich ein bisschen mit dem Bundesrecht -, des Sozialrechts und die Einführung der Adoption des leiblichen Kindes des einen Partners durch den anderen.
Auch die Gleichbehandlung bei der Einkommensteuer ist beim Bundesverfassungsgericht anhängig. Da müssen wir das Verfahren abwarten.
Aber unabhängig davon gewährt die Landesverwaltung - das finde ich auch noch wichtig -, also das Finanzministerium und die Finanzverwaltung, heute schon eingetragenen Lebenspartnerschaften auf Antrag im Wege der Aussetzung der Vollziehung vorläufig die Lohnsteuerklassenkombination wie für Eheleute. Ich finde, das ist ein wichtiger Beitrag, der nicht unerwähnt bleiben soll.
Eine Gleichstellung im Einkommensteuerrecht würde nach der derzeitigen Rechtslage die Landesregierung mittragen. Derzeit ist offen, wie das Bundesverfassungsgericht urteilen wird und wie das durch den Bundesgesetzgeber zu regeln ist.
Die Öffnung der Ehe für Schwule und Lesben kann nur durch die Änderung eines Bundesgesetzes erfolgen. Das muss der Bundesgesetzgeber machen. Da gibt es auch unterschiedliche Auffassungen innerhalb der Koalition. Man kann auch unumwunden zugeben, dass es so ist.
Dass wir nur wenige Daten dazu haben und die wenigen nicht so aussagekräftig sind, gebe ich auch zu. Aber ich hätte es vielleicht gut gefunden, wenn Sie gesagt hätten, warum das so ist.
Wir haben erstens keine Rechtsgrundlage, mit der die sexuelle Identität einer Person erfasst wird. Die gibt es nicht. Also müssten wir uns Studien, Umfragen und Ähnlichem bedienen, weil die Rechtsgrundlage für die Wahrung des Persönlichkeitsschutzes wahrscheinlich auch zukünftig nicht geändert werden wird. Denn es muss möglich sein, seine sexuelle Orientierung ohne Sorge vor Repressalien öffentlich kundzutun; allerdings muss es auch möglich sein, sie zu verschweigen. Das ist eigentlich völlig klar.
Aus diesem Grund wurden für die Beantwortung der Großen Anfrage häufig Schätzungen herangezogen. Das waren unterschiedliche Studien. Da gebe ich Ihnen auch Recht. Die sind unterschiedlich alt und deren Anfertigung lag manchmal sehr lange zurück.
Aber eine Verbesserung der Datenlage ließe sich nur durch Studien oder repräsentative Befragungen erreichen. Dazu sage ich ganz offen, dass wir diese Mittel im Haushalt nicht haben. Wir sind gespannt, ob wir in den nächsten Haushaltsberatungen Geld für Studien und Ähnliches bekommen können; denn das ist nicht so ganz preiswert zu kriegen, wenn man es ehrlich und gut macht.
Die gesellschaftliche Akzeptanz für nichtheterosexuelle Lebensweisen hat sich meines Erachtens in den vergangenen Jahren trotzdem erhöht. Das trifft insbesondere auf lesbische und schwule Menschen zu. Die zuletzt genannten, die transgender, bisexuellen und intersexuellen Menschen sind in der gesellschaftlichen Wahrnehmung nicht so präsent wie Lesben und Schwule. Deshalb ist eine Diskussion über sie im gesellschaftlichen Umfeld nicht vorzufinden.
Ich will jetzt nicht alles vorlesen. Ich komme vielleicht noch einmal zu dem letzten Punkt, der AidsBeratung. Ich finde, dass die Aufklärung über die HIV-Ansteckung bzw. die Betreuung HIV-Infizierter vor allem von den im Land geförderten Aids-Beratungsstellen durchgeführt wird. Aus diesem Grund - das sage ich auch einmal an dieser Stelle - leistet die Aids-Hilfe Sachsen-Anhalt Nord und Süd gute Arbeit. Ich kenne sie auch lange, wahrscheinlich noch länger als Sie.
Aber jetzt komme ich zu der Aussage, dass Sachsen-Anhalt an letzter Stelle in Bezug auf die Haushaltsmittel steht. Das ist nicht zu bestreiten. Wenn man die Mittel pro Kopf der Bevölkerung umlegt, dann ist es so. Aber man kann auch die andere Frage stellen. Ich glaube, die haben wir auch so beantwortet. Wenn man sie zu der Zahl der Neuinfektionen in Beziehung setzt, ist es nicht so.