Wer glaubt, dass es nun die vorgestern gestartete Verbunddatei richten wird, wird sich auf dem Holzweg wiederfinden. Herr Striegel führte dazu aus und ich schließe mich dem an.
Was wir brauchen, ist zunächst sehr schnell ein vollständiges Lagebild. Dass selbst der Innenminister dieses Landes dieses vollständige Lagebild bis heute nicht hat und auch angesichts der Zustände in der Verfassungsschutzbehörde nicht haben kann, hat mich erschreckt.
So wird jede öffentliche Äußerung zu all dem, was jetzt aus dem braunen Sumpf Sachsen-Anhalts ans Licht der demokratischen Öffentlichkeit gezogen wird, zu einem Agieren auf schwankendem Grund.
Wir, DIE LINKE, verlangen deshalb die sofortige vollständige und vor allem öffentliche Aufklärung - das heißt, außerhalb der verschlossenen Räume der PKK - über alle Beziehungen von gewaltbereiten Neonazis aus Sachsen-Anhalt zum Thüringer Heimatschutz und zu Mitgliedern des NSU. Deshalb bleibt die Fraktion DIE LINKE bei ihrer Forderung, alle Akten, die über die Verbindung der NSUMitglieder nach Sachsen-Anhalt Auskunft geben können, dem Innenausschuss des Landtages vorzulegen.
Man muss an dieser Stelle offensiv und klar informieren und kommunizieren, statt hinter verschlossenen Türen tröpfchenweise Erkenntnisse nach dem Gießkannenprinzip zu verteilen, wenn denn das eine oder andere PKK-Mitglied zufällig mal die richtige Frage stellt.
Auf mich wirkt das alles nicht wie die unbedingt erforderliche Transparenz, sondern eher wie eine große Desinformationskampagne, wie man sie bei den im Verborgenen Agierenden ja eigentlich auch erwarten muss.
Die Lösung wird dort nicht liegen. Aber ich denke, der Innenminister hat das erkannt und wir werden die Worte an Taten messen.
Wir fordern Aufklärung. Es geht um die Klärung der Frage, wie weit in den Staat hinein die Mitverantwortung für den NSU-Terror reicht. Ich möchte meine Kollegin Frau Pau, Mitglied im NSU-Untersuchungsausschuss, vom 20. Juli 2012 zitieren:
„Der Verfassungsschutz ist Teil des NSUDesasters. Ob aus Dummheit oder aus Kalkül ist noch völlig offen. So oder so, beides
Meine Damen und Herren! Wir brauchen dringend andere Antworten auf den rechtsextremen Ungeist in unserer Gesellschaft. Parlamentarische Kontrollgremien können dieses grundsätzliche Problem nicht lösen. Denn es ist letztlich im System angelegt, dass Parlamenten die Kontrolle eines nachrichtendienstlichen Verfassungsschutzes im Sinne von Grundrechtsschutz und Demokratie weitestgehend nicht möglich ist.
Nach wie vor fordert DIE LINKE daher die Abschaffung der Verfassungsschutzämter. Wir brauchen keine V-Leute, wir brauchen keine Überwachung des Fernmelde- und Postverkehrs und - immer wieder gewünscht - des Internets.
Information und Dokumentation der rechtsextremen Szene geht auch auf andere Weise, ist auf wissenschaftlicher Basis möglich und sollte vor allem zum Ziel haben, Handlungsempfehlungen für politische Verantwortungsträger gegen rechtsextremen Zeitgeist zu entwickeln.
Erlauben Sie mir abschließend noch eine Bemerkung in die Richtung von Herrn Kollegen Erben. Sie sprachen davon, dass Sie sich wünschen, dass zukünftig alle Mitarbeiter im Verfassungsschutz geschulte Demokraten sind.
Ich hoffe inständig, dass das kein Offenbarungseid von jemandem war, der als Staatssekretär einen ganz genauen Einblick in diese Verfassungsschutzbehörde hatte. - Vielen Dank.
Ich möchte, dass wir, bevor Herr Borgwardt seine Frage stellt, gemeinsam Gäste im Hause begrüßen, und zwar Schülerinnen und Schüler der Integrierten Gesamtschule Regine Hildebrandt aus Magdeburg. Herzlich willkommen!
Sehr geehrte Frau von Angern, ich möchte auf Ihre Aussage eingehen, dass Sie bei dem persönlichen Gespräch mit dem Journalisten abgeklärt hatten, dass dieser mehr wusste, als Ihre Erkenntnisse waren.
Wie stellt man sich denn das praktisch vor, ohne dass man selbst vertrauliche Informationen gibt? - Da wäre ich gespannt zu hören, wie Sie das machen.
Es ist für Parlamentarier und Politiker vielleicht etwas unüblich, aber auch wir können zuhören, Herr Borgwardt.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Striegel, Sie haben mich mit Ihrer Rede nicht überrascht; denn nach dem Einstieg von gestern war heute eigentlich nur noch Schlimmeres zu erwarten. Glückwunsch, es ist Ihnen gelungen.
Sehr geehrte Frau von Angern, ich habe auch gewusst, was Sie in etwa sagen werden. Aber eines will ich Ihnen auch sagen: Man kann nicht jemandem etwas vorwerfen, was er zu dem damaligen Zeitpunkt noch nicht gewusst hat. Ich bin Herrn Erben und allen seinen Vorgängern außerordentlich dankbar, dass sie den Verfassungsschutz so geführt haben, wie sie es bis jetzt getan haben. Herzlichen Dank!
Keine Frage - für die Sicherheitsbehörden in unserem Land, für die 16 Landeskriminalämter, für die 16 Verfassungsschutzämter, für das Bundesamt für Verfassungsschutz, für den Militärischen Abschirmdienst, für die Bundespolizei und für das Bundeskriminalamt sind es zurzeit schwere Tage. Wir müssen in der letzten Zeit seit dem Bekanntwerden der Terrorzelle „Nationalsozialistischer Untergrund“ immerwährend von schweren Versäumnissen erfahren.
In einer gemeinsamen Entschließung hat dieses Haus im letzten Jahr die Erwartungshaltung formuliert, dass die Morde der NSU nicht ohne Konsequenzen bleiben dürfen. Das - und das ist richtig - sind wir den Opfern, den Familien und den Freunden schuldig. Diese Entschließung hat Gültigkeit und wird von der CDU-Fraktion auch immer eingefordert und mitgetragen. Daran besteht kein Zweifel.
weit an einigen Stellen nicht so läuft, wie wir es für richtig halten. Sowohl das Bundesinnenministerium als auch das Ministerium für Inneres und Sport des Landes Sachsen-Anhalt ziehen daraus jedoch die richtigen Konsequenzen.
Die Erkenntnis, dass über viele Jahre hinweg unbehelligt Rechtsterroristen mordend durch Deutschland ziehen konnten, macht uns deutlich, dass wir auch für Vorschläge für eine umfassende Verfassungsreform offen sein müssen. Wir brauchen einen personell gut aufgestellten und qualifiziert ausgebildeten Verfassungsschutz. Bisher ist an vielen Stellen nebeneinander und nicht miteinander gearbeitet worden. Das erklärt auch Informationsverluste.
Erste Erkenntnisse aus dem Untersuchungsausschuss in Berlin sind, dass der bundesweite Informationsaustausch der Verfassungsschutzbehörden gestärkt und ein ständiger Informationsabgleich gesichert werden muss. Diesbezüglich müssen, sofern es nötig ist, auch Befugnisse geschaffen und effektiver gestaltet werden.
Auch das gemeinsame Abwehrzentrum gegen Rechtsextremismus und die Rechtsextremismusdatei sind wichtige Bausteine für einen Neuanfang. In der Verbunddatei führen die 36 deutschen Sicherheitsbehörden ihre Erkenntnisse über rechtsextreme Strukturen und Personen zusammen und bewahren diese auf. Hierdurch wird eine besondere Kommunikation unter den verschiedenen Behörden gewährleistet. Mit der Antiterrordatei, die im Jahr 2006 vom Bundestag beschlossen wurde und die als Vorbild für die Rechtsextremismusdatei dient, hat man gute Erfahrungen gesammelt.
Mit der Verbunddatei und dem gemeinsamen Terrorabwehrzentrum gegen Rechts, deren Einrichtung Gegenstand der Willensbekundung dieses Hohen Hauses in der gemeinsamen Entschließung aller Fraktionen war, kann gewaltbereiten Rechtsextremisten frühzeitig das Handwerk gelegt werden.
Weitere Verbesserungsvorschläge wurden uns bereits von dem Minister mitgeteilt. Wir sind Ihnen außerordentlich dankbar dafür, dass Sie das heute hier getan haben.
In Sachsen-Anhalt wird es nunmehr mit Herrn Hollmann einen personellen Neuanfang geben. Wir sind guter Dinge. Wir, die Koalition, begrüßen das außerordentlich. - Herr Hollmann, - er sitzt oben auf der Tribüne - seien Sie herzlich willkommen!
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist offensichtlich: Die Aktenführung beim Verfassungsschutz ist zu optimieren. In Sachsen-Anhalt wird eine Kommission eingesetzt, die jede Akte des Verfassungsschutzes und des polizeilichen
Staatsschutzes daraufhin durchsucht, ob Namen von NSU-Mitgliedern auftauchen. Alle bekannten Rechtsextremisten werden daraufhin geprüft, ob sie Kontakt zu Mitgliedern der NSU, und sei es auch vor der Gründung der Organisation, hatten.
Die Erkenntnisse, die während der Überprüfung des sachsen-anhaltischen Verfassungsschutzes festgestellt werden, werden fortlaufend dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss in Berlin übermittelt. Über die relevanten Aktenfunde wird die hiesige Parlamentarische Kontrollkommission in Kenntnis gesetzt.
Weiterhin hat Herr Minister Stahlknecht angekündigt, dass künftig beim Verfassungsschutz ein Volljurist und ein erfahrener Sachbearbeiter beschäftigt werden, um die Kommunikationsabläufe mit dem Landtag, dem Bundestag sowie vor allem mit den parlamentarischen Kontrollkommissionen zu optimieren. Ich halte diese Neuausrichtung für einen guten und richtigen Schritt.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist durchaus gerechtfertigt, von einer Pannenserie während der Ermittlungen gegen die NSU-Terrorzelle zu sprechen. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Sicherheitsbehörden mussten sich in den letzten Tagen viel härtere, markige, ja gar beleidigende Worte anhören. Da wird von Staatsversagen, von einem strukturellen Versagen gesprochen, vom Schutz aktiver Nazis.