Protocol of the Session on September 21, 2012

Vielen Dank, Herr Kollege Czeke. - Für die Landesregierung spricht jetzt Frau Ministerin Professor Wolff. Bitte schön, Frau Ministerin.

Vielen Dank. - Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es scheint zu einer guten Tradition zu werden, dass sich der Landtag in nahezu regelmäßigen Abständen mit Fragen der Verbesserung seiner Europatauglichkeit befasst.

Vor etwas mehr als einem Jahr haben wir über den Antrag der Fraktion DIE LINKE „Europatauglichkeit des Landtages weiter ausbauen“ beraten. Für die heutige Sitzung des Landtages liegt ein neuer Antrag der Fraktion DIE LINKE vor, der unter anderem auch Maßnahmen enthält, die die Landesregierung aus der Sicht der Antragsteller ergreifen soll, um die Europatauglichkeit des Landtages weiter voranzubringen.

Alternativ hierzu wurde ein Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD übermittelt, der sich mit der Optimierung der Unterrichtungspraxis des Landtages in EU-Angelegenheiten befasst.

In der Landtagsdebatte am 11. Juli 2011 hat Herr Staatsminister Robra in seiner Rede auf die Koalitionsvereinbarung für die laufende Legislaturperiode Bezug genommen, die der Landesregierung aufgibt, durch leistungsfähige Informationsmechanismen und die jährliche Vorlage eines Europaberichts den Landtag in seiner Integrationsverantwortung zu unterstützen. Seitdem hat die Landesregierung kontinuierlich an der Umsetzung dieses Auftrags gearbeitet. Die Ergebnisse liegen Ihnen vor.

Im Januar wurde dem Landtag die von der Landesregierung beschlossene Internationalisierungs- und Europastrategie für Sachsen-Anhalt übermittelt, mit der sich das Hohe Haus bereits befasst hat. Diese Strategie bildet für die Dauer der gesamten sechsten Legislaturperiode den Rahmen für die jährlichen Europaberichte.

Der auf der Strategie aufbauende Europabericht für das Jahr 2012 liegt dem Landtag seit März vor. Der Europabericht 2013 wird Ihnen in Übereinstimmung mit der Landtagsinformationsvereinbarung Ende 2012/Anfang 2013 zugehen.

Zudem wurde dem Landtagspräsidenten nach vorausgegangener Kabinettsbefassung mit Schreiben des Chefs der Staatskanzlei vom 7. Juli 2012 ein Angebot der Landesregierung zur Optimierung der Unterrichtung des Landtages in EU-Angelegenheiten übermittelt.

Dieses enthält auf der Basis der Landtagsinformationsvereinbarung drei Vorschläge für die Ergänzung der bisherigen Unterrichtungspraxis, mit denen die Landesregierung insbesondere auch dem in der Vergangenheit verschiedentlich geäußerten Interesse des Landtages nach frühzeitigen Informationen zur Bewertung von Legislativvorschlägen unter den Gesichtspunkten von Subsidiarität und Verhältnismäßigkeit entgegenkommen und ihn in die Lage versetzen möchte, eigene Entscheidungsabläufe zu konzentrieren und zu beschleunigen.

Die Vorschläge der Landesregierung sehen Folgendes vor: Zum einen bietet die Landesregierung dem Landtag an, Berichtsbögen zu ausgewählten

Schwerpunktvorhaben der Ressorts zum jährlichen Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission zu übersenden.

Von dieser Berichterstattung würden ausgehend von der allgemeinen Informationspflicht der Landesregierung gegenüber dem Landtag in Angelegenheiten der Europäischen Union gemäß der LIV sowohl Vorhaben legislativen als auch nichtlegislativen Charakters erfasst.

Für das Jahr 2012 hieße dies, dass die Landesregierung dem Landtag voraussichtlich noch Berichte zu etwa 17 Vorhaben von den 22 Vorhaben übermitteln würde, die als Schwerpunktvorhaben der Landesregierung in der Anlage zum Europabericht 2012 aufgeführt sind.

Ich sage voraussichtlich, da eine Berichterstattung selbstverständlich von der Vorlage der Vorschläge durch die Europäische Kommission abhängig ist und nur dann Sinn macht, wenn die Beratungsverfahren auf bundes- und europäischer Ebene noch nicht abgeschlossen sind.

Ab dem Jahr 2013 würden Sie Berichte zu allen Vorhaben erhalten, zu denen die Landesregierung zuvor in ihrem vorausschauenden Europabericht gemäß der LIV die grundsätzliche Bedeutung für das Land festgestellt hat

Darüber hinaus enthält das Angebot der Landesregierung an den Landtag zwei Vorschläge, wie die Unterrichtung des Landtages in Subsidiaritätsangelegenheiten künftig optimiert werden kann. Es ist vorgesehen, den Landtag durch die Übersendung entsprechender Prüfbögen über Fälle zu unterrichten, bei denen im Ergebnis der landesinternen vorläufigen Subsidiaritätsprüfung ein Subsidiaritätsverstoß vermutet wird.

Diese Unterrichtung würde vor dem Abschluss der landesinternen Bundesratskoordinierung erfolgen und - dies liegt in der Natur der Sache - damit unter dem ausdrücklichen Vorbehalt eines gegebenenfalls auch von der ursprünglichen Einschätzung abweichenden abschließenden Votums der Landesregierung stehen.

Zudem wurde dem Landtagspräsidenten vorgeschlagen, dass der Bevollmächtigte des Landes Sachsen-Anhalt beim Bund, Herr Staatssekretär Dr. Michael Schneider, den Landtag in zeitlicher Nähe zu den Plenarsitzungen des Bundesrates über das voraussichtliche Abstimmungsverhalten der Landesregierung zu Anträgen auf Subsidiaritätsrüge unterrichten wird.

Sollte der Landtag das Angebot der Landesregierung annehmen - hiervon gehe ich im Anschluss an die Befassung des Ausschusses für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Medien mit den Vorschlägen am 12. September sowie im Lichte des Alternativantrags der Koalitionsfraktionen aus -, macht dies die im Antrag der Fraktion DIE

LINKE unter Punkt 1 Buchstabe a enthaltene Forderung aus der Sicht der Landesregierung obsolet.

Im Hinblick auf die Forderung unter Punkt 1 Buchstabe b des Antrages der Fraktion DIE LINKE möchte ich auf die Ausführungen von Herrn Staatsminister Robra aus dem Vorjahr verweisen, der festgestellt hat, dass Abschnitt VIII Nr. 3 der Landtagsinformationsvereinbarung diese Materie bereits jetzt regelt.

Entsprechend wurde der Landtag in den Fällen, in denen der Bundesrat im Rahmen des Frühwarnsystems Subsidiaritätsbedenken erhoben hat, unterrichtet. Dies erfolgte mit Schreiben der Staatskanzlei vom 31. März 2010, vom 27. September 2010, vom 19. Dezember 2011, vom 25. Januar 2012, vom 8. Februar 2012 und vom 5. März 2012 sowie in zwei Fällen am 2. April 2012.

Sehr geehrte Damen und Herren! Die weiteren Punkte des Antrages der Fraktion DIE LINKE richten sich nicht an die Landesregierung, sodass eine Stellungnahme hierzu entbehrlich ist. Dies betrifft auch die Buchstaben c und d des Punktes 1 des Antrages der Fraktion DIE LINKE, die zwar formal an die Landesregierung gerichtet sind, jedoch Fragen aufgreifen, die allein in der Zuständigkeit des Landtages zu klären sind.

Ich würde es begrüßen, wenn der Landtag das Angebot der Landesregierung zur Optimierung der Unterrichtung des Landtages in EU-Angelegenheiten annimmt, wie dies auch im Antrag der Regierungsfraktionen zum Ausdruck kommt, den im Übrigen für sachgerecht halte.

Seitens der Landesregierung sind, wie bereits im Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten sowie Medien zugesagt, alle notwendigen Vorkehrungen getroffen, um unmittelbar wie vorgeschlagen zu verfahren.

Abschließend darf ich nochmals die Bereitschaft der Landesregierung zum Ausdruck bringen, auch künftig an der weiteren Verbesserung unserer Zusammenarbeit mitzuwirken. Landtagsinformationsgesetz und Landtagsinformationsvereinbarung geben uns hierfür die notwendigen Mittel in die Hand.

Gleichzeitig möchte ich daran erinnern, dass die Nutzung der vorhandenen Instrumente zur Erarbeitung inhaltlicher Stellungnahme Vorrang vor der Schaffung immer neuer Informationspflichten haben sollte. Wir sehen daher künftigen Debatten in der Sache mit Interesse entgegen. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Wir treten jetzt in die vereinbarte Fünfminutendebatte ein. Als Erster spricht Herr Tögel für die SPD-Fraktion. Bitte schön.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum wiederholten Mal führen wir heute eine Debatte, die eigentlich nur die Mitglieder des Europaausschusses interessiert, wobei vermutlich auch nur - bis auf wenige Ausnahmen - die Mitglieder des Europaausschusses verstehen, worum es hierbei geht.

Das ist eine Diskussion, die eigentlich überhaupt nicht in das Plenum gehört; vielmehr müsste diese Diskussion im Ausschuss geführt werden. Diese Diskussion wird seit vielen Jahren seit dem Abschluss des Vertrages von Lissabon immer wieder im Europaausschuss geführt.

Aus meiner Sicht ist es so, dass wir hierbei an vielen Stellen Verständnisprobleme haben. Die inhaltliche Diskussion wird immer wieder mit der Diskussion über das Thema Subsidiaritätskontrolle vermischt.

Im Hinblick auf die Subsidiaritätskontrolle stellt sich jedoch keine inhaltliche Diskussion über EU-Dokumente bzw. andere Vorgänge; vielmehr stellt sich in Bezug auf die Subsidiaritätskontrolle die Frage: Verletzt die EU das Subsidiaritätsrecht oder verletzt sie es nicht? Ist das Land also in seinen Rechten, einen Rechtsetzungsakt selbst zu treffen, beeinträchtigt oder ist das Land nicht beeinträchtigt?

Diese Prüfung beinhaltet überhaupt keine inhaltliche Diskussion hinsichtlich der EU-Dokumente bzw. anderer Vorgänge. Das ist das Problem, das wir im Ausschuss versucht haben zu klären, aber bisher scheinbar noch nicht durchgedrungen ist.

Das, was die Frau Ministerin eben in ihrer Rede hinsichtlich der Staatskanzlei vorgelesen hat, nämlich dass wir eigentlich über Inhalte diskutieren müssen, kommt viel zu kurz, weil wir uns ständig über das Verfahren verständigen und diesbezüglich nicht zu einer vernünftigen Lösung kommen.

Wir müssen dazu kommen, dass wir uns im Ausschuss rechtzeitig - dazu gibt es entsprechende Vorschläge, zum Beispiel das Arbeitsprogramm des Ausschusses der Regionen - auf die Themen verständigen, die wir inhaltlich behandeln wollen. Das führt dazu, dass wir uns inhaltlich mit den Dingen beschäftigen, die im Europaausschuss richtig und wichtig sind.

Das Thema Subsidiaritätskontrolle kann man so schön aufblähen. Man kann diesbezüglich viel Papier und Informationen bekommen, sodass wir zugeschüttet werden. Aber das bewegt in der Sache inhaltlich überhaupt nichts, weil das Thema Subsidiaritätskontrolle nur dann Wirkung entfaltet, wenn sich über verschiedene Ebenen bis hin nach Brüssel entsprechende Mehrheiten finden und es dazu kommt, dass die Kommission überlegt, ob es die Vorlage zurückzieht oder sie ändert.

Also, wir müssen einerseits Verfahren finden, bei denen wir über das informiert werden, was die Landesregierung will - das kann sie, das macht sie und das sollen wir auch einfordern -; andererseits müssen wir schauen, dass wir die Informationen so gefiltert bekommen, wie wir sie wollen.

Die Landesregierung hat für das Thema Subsidiaritätskontrolle Vorschläge unterbreitet. Im Rahmen der LIV werden weitere Dokumente eingestellt. Wir müssen schauen, ob wir diese entsprechend überarbeiten und systematisieren, damit es übersichtlicher ist. Aber das alles hat letztlich wenig mit dem zu tun, über was wir inhaltlich im Ausschuss diskutieren wollen.

Wie gesagt, für mich ist es wichtig, dass wir über Inhalte diskutieren und nicht ständig das Thema Subsidiaritätskontrolle wie eine Monstranz vor uns hertragen, mit dem sich schon ganz andere Gremien beschäftigen.

Es geht um die Frage: Wie geht es mit dem Subsidiaritätsnetz des AdR weiter? - Wir sind beigetreten. Unser Antrag ist angenommen worden, und wir können jetzt testen, ob wir die Hinweise umsetzen können. Wer in den letzten Tagen ins Netz geschaut hat, der sieht, dass dort verschiedene Dokumente von Schleswig-Holstein, von Thüringen bzw. von Hessen schon eingestellt worden sind. Die haben sozusagen schon Vorarbeit für uns geleistet. Das erspart uns eine Menge Arbeit und personelle Ressourcen.

Wir wollen erst einmal abwarten, wie sich die Mitgliedschaft im Subsidiaritätsnetzwerk auf unsere Arbeit auswirkt. Herr Wobben, der ehemalige Leiter der Landesvertretung in Brüssel, ist im Ausschuss der Regionen Direktor für Subsidiaritätskontrolle und institutionelle Beziehungen geworden. Ich denke, dass wir mit Herrn Wobben Möglichkeiten haben, uns inhaltlich weiter einzubringen.

Herr Staatssekretär Schneider hat in der Sitzung des Europaausschusses in Berlin gesagt, dass er als Vertreter der EVP-Fraktion im AdR der Vertreter für ein Gremium Subsidiaritätskontrolle sein wird. Wir haben auch darüber die Chance, an weitere Informationen oder Mitwirkungsmöglichkeiten zu kommen.

Die Frage, wie wir mit Personal im Landtag umgehen, ist eine Sache, über die man diskutieren kann. Ich würde es mir sehr wünschen, dass wir einen eigenen Referenten hätten. Wir hatten nie einen eigenen Referenten, sondern der Ausschusssekretär hat diese Aufgabe damals für den Ausschuss mit wahrgenommen. Mit der Umorganisation ist diese Aufgabe weggefallen.

Ich würde es mir wünschen, dass wir dafür einen Referenten bekommen. Genauso schön wäre es, wenn wir jemanden in Brüssel hätten. Aber das ist

eine Frage, die der Ältestenrat im Benehmen mit der Landtagsverwaltung klären muss. Es muss geklärt werden, ob das finanziell leistbar ist.

Wir können nicht überall Verwaltung einsparen und an anderer Stelle neue aufbauen. Das ist eine Angelegenheit, die wir nicht per Landtagsbeschluss regeln können, sondern hierzu muss sich der Ältestenrat in Absprache mit der Verwaltung verständigen und prüfen, ob das überhaupt möglich ist.

Im Übrigen gab es das Angebot der Staatskanzlei, dass Praktikanten, aber im Zweifel auch eine Dauerstelle in der Landesvertretung immer gern gesehen sind und wir uns dort auch personell verankern können, wenn wir es denn finanzieren wollen.

Wir legen Ihnen den Alternativantrag vor, den wir zur Abstimmung stellen. Das Thema wird uns auch weiterhin im Ausschuss begleiten. Ich denke, dass wir mittelfristig zu Lösungen kommen werden und ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Zielsetzung, Aufwand und Nutzen hinbekommen, was das Thema Subsidiaritätskontrolle betrifft.

Ich betone es noch einmal: Es ist davon zu trennen, was wir inhaltlich bei EU-Dokumenten bzw. europapolitischen Aktivitäten der Landesregierung diskutieren wollen. Diese inhaltliche Diskussion kommt mir leider immer zu kurz. - Danke schön.

(Zustimmung bei der SPD)