Protocol of the Session on September 21, 2012

Wir beginnen mit dem federführenden Ausschuss. Wer dafür ist, dass der Umweltausschuss der federführende Ausschuss ist, der gibt jetzt das Kartenzeichen. - Das ist eine große Mehrheit des Hauses. Ist jemand dagegen? - Enthält sich jemand der Stimme? - Einstimmig so beschlossen.

Jetzt frage ich: Wer ist dafür, dass der Entwurf zur Mitberatung in den Landwirtschaftsausschuss geht? - Das ist auch eine große Mehrheit des Hauses. Ist jemand dagegen? - Enthält sich jemand der Stimme? - Nein. Also ist das so beschlossen.

Jetzt war der zweite Vorschlag die Mitberatung in diesem zeitweiligen Ausschuss. Wer hat den richtigen Namen parat?

(Zurufe von der SPD und von der CDU: In- neres war das!)

- Also Ausschuss für Inneres. Wer ist dafür, dass der Entwurf zur Mitberatung in den Innenausschuss geht? - Das ist eine Mehrheit im Haus. Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Dann ist das mit Mehrheit zur Mitberatung in den Innenausschuss überwiesen worden.

Jetzt kommt der zeitweilige Ausschuss Vernässung. Wer ist dafür, dass der Entwurf dorthin überwiesen wird? - DIE LINKE. Wer ist dagegen? - Die Regierungskoalition und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Damit ist das abgelehnt worden. Wir haben den Tagesordnungspunkt 9 erledigt.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 12:

Beratung

Europatauglichkeit des Landtages voranbringen

Antrag Fraktion DIE LINKE - Drs. 6/1251

Alternativantrag Fraktionen CDU und SPD - Drs. 6/1457

Einbringer ist Herr Czeke. Bitte, Herr Czeke.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Thema Europatauglichkeit ist fast schon zu einem Lieblingsthema meiner Fraktion geworden. Sämtliche parlamentarischen Initiativen dazu gingen von uns aus; die letzte im Sommer vergangenen Jahres. Dass wir die Absender der Anträge zur Europatauglichkeit waren und sind, hat seinen Grund sicherlich auch darin, dass die Mitwirkung und Begeisterung der anderen Landtagsfraktionen immer recht gering war, obwohl die

Interessenlage in diesem Punkt einmal eine gemeinsame ist.

Dass die Landesregierung bei der Diskussion um mehr Mitsprache für das Parlament bei EU-Angelegenheiten buchstäblich auf der Bremse steht, liegt wohl in der Natur der Sache. Dieses Mal scheint es jedoch ein wenig anders zu sein; steter Tropfen höhlt wohl doch den Stein.

Unser heutiger Antrag mit dem Titel „Europatauglichkeit des Landtages voranbringen“ trägt das Datum 4. Juli 2012 und fiel vor der Sommerpause einer vollen Tagesordnung zum Opfer. Zum Dank liegt seit gestern irgendwann - das „irgendwann“ bezieht sich auf unsere schon mehrfach geäußerte Kritik, dass bei der Einstellung im LIV leider keine Zeit zu erfahren ist - ein Alternativantrag der Koalitionsfraktionen vor, der keiner ist, da er lediglich die Vorschläge der Landesregierung begrüßt und von unseren sieben Punkten einen zur Prüfung aufgreift. Wo bitte schön ist das eine Alternative?

(Zustimmung bei der LINKEN)

Unsere Vorschläge scheinen so parlamentsfreundlich zu sein, dass sie besser nicht in den Ausschuss überwiesen werden sollen. Das hat schon etwas von Selbstkastration bei einigen Kollegen. Wer will das schon?

Schneller und kreativer war da schon die Landesregierung mit ihrem Angebot zur Optimierung der Unterrichtung des Landtages in oben genannten EU-Angelegenheiten. Mit Schreiben vom - man höre und staune - 7. Juli, einem Sonnabend, also vier Tage nach der Veröffentlichung unseres Antrags, bewegte sich die Staatskanzlei damit auf den Landtag zu.

Ich erspare dem Hohen Haus die Abfrage, welche Abgeordneten die Vorlage kennen und sogar gelesen haben. Dennoch sind solche Vorschläge ausgehend von der Regierung erstmalig und daher löblich, geradezu motivierend, wurde doch im Hinblick auf unsere vorangegangen Initiativen zur Europatauglichkeit durch die Landesregierung immer betont, dass sie diesbezüglich keinen Verbesserungsbedarf erkennen könne. Zu dem Angebot des Europaministers komme ich gleich im Einzelnen. Vorher möchte ich auf unseren Antrag eingehen.

Die Grundlage unserer erneuten Initiative sind die Beratungen und Ergebnisse des Treffens der Vorsitzenden der Europaausschüsse der Landtage vom 7. Mai 2012 in München. Während dieser erstmaligen Zusammenkunft wurde unter anderem über die Bindungswirkungen der Stellungnahmen der Landtage für die Landesregierungen und die gesetzliche Verankerung der Mitwirkungsmöglichkeiten der Landtage debattiert. Man tauschte sich aus über die parlamentarische Einbindung, die unter anderem im Thüringer Landtag auch mithilfe eines Deckblatts, eines Berichtsbogens erfolgt, der

die Relevanz und die Auswirkungen eines EURechtsaktes für das Land erläutert.

Gerade Letzteres begeisterte den Vorsitzenden unseres Europaausschusses Ralf Geisthardt, der dankenswerterweise an der Veranstaltung teilnahm, so sehr, dass er sich zu der Bemerkung hinreißen ließ, dass dies auch in Sachsen-Anhalt so zu machen sei. Nun können und wollen wir ihn heute darin unterstützen.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Wie in München diskutiert und von den Landtagspräsidenten bereits mehrfach erklärt, unterstützen wir es ausdrücklich, dass die Stellungnahmen des Landtages zu einem EU-Vorhaben - es wird selten genug passieren, dass die einstimmig sind - für die Landesregierung im Bundesrat bindend sein müssen. Ansonsten kann man sich die Meinungsbildung und -äußerung auch sparen.

Wenn relevante EU-Pläne wie beispielsweise zur Konzessionsrichtlinie, zu Beihilfen oder zu europäischen Stiftungen über den Frühwarnmechanismus zur Stellungnahme anstehen, dann sollte dies nicht mittels Tischvorlage im Europaausschuss ohne Diskussion erfolgen, sondern öffentlich im Plenum. Das wird die zeitlich knappe Rahmensetzung selten genug ermöglichen.

Aber wenn der Landtag in Sachen Europapolitik mehr Offenheit, Transparenz und Diskussion anschieben will, dann kann er das nicht hinter verschlossener Tür tun. Schließlich erklären während der Europawoche auch die Vertreter der Landesregierung immer unisono: Wir wollen die Bevölkerung gerade in Sachen Europa und Europapolitik mehr mitnehmen.

Für den praktischen Gebrauch der elektronischen Informationseinstellung zu EU-Vorlagen in der LIV sollte der Korb „EU-Angelegenheiten“ gegliedert werden nach Absender und Adressat, damit man erkennt, ob es sich beispielsweise um ein EUGrünbuch handelt oder um den jährlichen Europabericht der Landesregierung. Die Staatskanzlei filtert die Informationen zu den EU-Angelegenheiten ohnehin für die Ressorts vor. Bisher steht alles nur nach Eingangsdatum, aber thematisch unsortiert in einer endlosen Eingangsliste.

Unstrittig, zumindest unter den Parlamentarierinnen und Parlamentariern, ist auch die entsprechende Überarbeitung der LIV. Diese Forderung enthielt schon unser Antrag in der Drs. 6/161 vom 29. Juni 2011, der selbst durch den Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen unterstützt wurde. Die Landtagsinformationsvereinbarung würde aus unserer Sicht aufgewertet, wenn sie in die Geschäftsordnung integriert würde.

Die Landtage von Bayern und Baden-Württemberg verfügen bereits über eine Beobachterin vor Ort in Brüssel, was auch für Sachsen-Anhalt in Anbin

dung an die Vertretung in Brüssel geprüft werden sollte. Im kommenden Doppelhaushalt des Landes Brandenburg wird bereits zur Unterstützung des Landtages in EU-Fragen vor Ort in der Brüsseler Vertretung Brandenburgs eine juristische Stelle geschaffen.

In der letzten Legislaturperiode verfügte der Landtag mit einem Referenten im Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten über eine bewährte Unterstützung. Dies sollte wieder eingeführt werden. Im Moment übernimmt ein Kollege des GBD freundlicherweise zusätzlich die Aufgabe, die LIV- und Bundesratseingänge zeitlich und nach Relevanz in einer Vorschlagsliste für den Europaausschuss zusammenzustellen.

Es bedarf jedoch einer kontinuierlichen thematischen Verfolgung der Entwicklung von EU-Vorgängen aus der Sicht der Legislative. Das Problem ist zum Beispiel, dass, wenn der Kollege urlaubs- oder krankheitsbedingt fehlt, auch nichts zu diesem Thema getan wird.

Der Hessische Landtag stellt seit Kurzem eine regelmäßige spezielle Infomappe zu aktuellen EUThemen für die dortigen Parlamentarierinnen und Parlamentariern zusammen.

Ich komme nun zum Angebot der Staatskanzlei für eine optimierte Unterrichtung des Landtages in EU-Angelegenheiten und der dazugehörigen Stellungnahme des GBD für den Europaausschuss. Ich habe die Initiative des Europaministers eingangs hinreichend gelobt und kann damit zur Kritik kommen.

Unser Antrag geht natürlich weiter als ein Angebot der Staatskanzlei. Die Idee hinsichtlich des Berichtsbogens wird zwar aufgegriffen, aber nur für die Schwerpunkte aus dem EU-Kommissionsarbeitsprogramm.

Wir möchten diese Einschätzung für alle landesbedeutsamen EU-Vorlagen haben; denn nach den Vorschlägen der Landesregierung wäre der wichtige Richtlinienvorschlag zur Vergabe von Konzessionen hiervon nicht erfasst gewesen. In Thüringen hat der Landtag aber über eben jene Vorlage wichtige Informationen durch die Landesregierung erhalten.

Weitere wichtige EU-Vorhaben stehen an, die per Berichtsbogen kommentiert werden müssten. Als Beispiele werden das Jugendpaket mit einem Qualitätsrahmen für Praktika und Neuregelungen zur Entsenderichtlinie genannt.

Von einer bindenden Stellungnahme ist im Angebot der Staatskanzlei ebenso wenig die Rede wie von der Überarbeitung der LIV, auch was die themenspezifische Untergliederung im LIV-Korb „EUAngelegenheiten“ betrifft. Wie die von uns seit Langem geforderte Verbesserung oder Anbindung des Landtages an die Vertretungen in Brüssel und

Berlin erfolgen kann - ebenfalls Schweigen im Walde.

Der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst stützt in seiner Stellungnahme im Wesentlichen unseren Antrag. Hier erfolgt mein besonderer Dank an Herrn Dr. Pfannkuchen für seine Zuarbeit.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Er bestätigt weitergehende Unterrichtungen in Vereinbarungen anderer Bundesländer und hält Berichtsbögen zu jedem Legislativakt der EU ohne größeren Mehraufwand für umsetzbar.

Unklar ist uns allerdings, warum es laut GBD-Stellungnahme - ich zitiere - „vertretbar erscheint, auf eine Anpassung der Landtagsinformationsvereinbarung zu verzichten“, wenn wir das Papier nicht so lesen, dass es Gewohnheit sein müsste, dass man es uns an die Hand gibt.

Der Hinweis des GBD, dass laut LIV dem Landtag lediglich Vorhaben von grundsätzlicher Bedeutung zu übermitteln sind, ist eher ein Argument für eine Änderung der LIV und dafür, die Übermittlungsverpflichtung auf sämtliche Vorgänge auszudehnen.

Leider hatten die anderen Fraktionen während der Diskussion zum Regierungsangebot in der letzten Sitzung des Europausschusses vor zwei Wochen in Berlin keine konkreten Vorschläge oder Ergänzungen beizusteuern.

Der Europaausschuss wird aber nicht umhinkommen, eigene weiterreichende Verbesserungen in der Mitwirkungsmöglichkeit bei Europafragen zu unterbreiten. Es geht nicht nur um technische Fragen.

Die Landesregierung bietet uns den kleinen Finger. Der Landtag sollte die dargebotene ganze Hand ergreifen, zumal einige Dinge in unserer Hand liegen, zum Beispiel die LIV-Überarbeitung und der Ausschussreferent bzw. die -referentin und die Informationsstelle in Brüssel.

Wir bitten daher zur weiteren Diskussion unserer Vorschläge um eine Überweisung in den Europaausschuss sowie in den Ältestenrat. - Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Kollege Czeke. - Für die Landesregierung spricht jetzt Frau Ministerin Professor Wolff. Bitte schön, Frau Ministerin.