Richtig ist, dass wir sagen, dass die Arbeit der Sicherheitsbehörden im NSU-Komplex aufgearbeitet werden muss. Wichtig ist auch, dass jetzt alles auf den Tisch kommt; denn nur so können Fehler und Schwachstellen benannt und die richtigen Schlüsse gezogen werden. Wir sind dazu aufgerufen - das ist vor allem als Gesetzgeber unsere Aufgabe -, erkannte Missstände dann auch zügig zu beseitigen.
Die Innenminister von Bund und Ländern arbeiten bis zur Herbst-IMK im Dezember an Vorschlägen zur Neustrukturierung der Sicherheitsbehörden, insbesondere des Verfassungsschutzes.
Das werde ich gern am Ende meiner Rede tun. - Minister Stahlknecht hat bereits zum 1. Oktober 2012 Umstrukturierungen angekündigt und heute auch erste präsentiert. Doch wie unser Verfassungsschutz neu ausgerichtet wird, das wird weder im Bundestag in Berlin noch auf der Innenministerkonferenz in Mecklenburg-Vorpommern entschieden; vielmehr entscheiden wir im Landtag von Sachsen-Anhalt darüber.
Als Sozialdemokraten haben wir bereits erste Vorstellungen und werden die Vorschläge des Bundes und auch des Ministers daran messen. Ich gehe davon, dass der Innenminister in dieser Frage auf uns zukommen wird.
Denn schließlich besteht im Hinblick auf die Kontrolle und die Struktur des Verfassungsschutzes eine Aufgabe, die nur unter zwei Voraussetzungen zu erfüllen ist: Erstens muss Vertrauen herrschen und zweitens muss es an dieser Stelle ein gemeinsames Handeln von Legislative und Exekutive geben.
Ich will die Gelegenheit nutzen, in der heutigen Aktuellen Debatte einige unserer Vorschläge zu skizzieren.
Ich sage zuallererst: Der Verfassungsschutz muss für den Schutz der Demokratie fit gemacht werden. Uns ist bewusst, dass die Untersuchungen in den kommenden Monaten weitere Erkenntnisse liefern werden, aus denen wir zu gegebener Zeit substanzielle Vorschläge entwickeln werden.
Doch wir wollen dort, wo es jetzt schon möglich ist, entsprechende Veränderungen vornehmen. Dazu gehört, dass der Verfassungsschutz einen Mentalitätswechsel benötigt. Er muss weg vom Schlapphut-Image hin zu einem Frühwarnsystem für die Gefährdung der Demokratie.
Denn der Verfassungsschutz als Institution hat es in Deutschland nicht vermocht, die rechtsterroristischen Aktivitäten der NSU frühzeitig zu erkennen. Er hat nicht dazu beitragen können, den Aufenthaltsort der flüchtigen NSU-Mitglieder nach deren Abtauchen festzustellen.
lem mit sich selbst beschäftigt. Das hat dazu geführt, dass das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürgern in die Notwendigkeit und die Arbeitsfähigkeit des Verfassungsschutzes in weiten Teilen verloren gegangen ist.
Aber ein Verfassungsschutz kann eben nur dann erfolgreich arbeiten, wenn dieses Vertrauen vorhanden ist, und deswegen muss es wiederhergestellt werden. Dazu bedarf es einer grundlegenden inneren Reform.
Ich habe bereits gesagt, dass der Verfassungsschutz weg vom Schlapphut-Image muss. Wir brauchen in dieser Behörde einen umfassenden Mentalitätswechsel. Das heißt auch, dass sich die Verfassungsschützer nicht in erster Linie als Geheimdienstler, sondern als geschulte Demokraten betrachten.
Darüber hinaus ist der Einsatz von V-Männern rechtsstaatlich zu regeln und zu kontrollieren. An dieser Stelle haben wir die Situation, dass sich der Einsatz von V-Männern seit Jahrzehnten in einem rechtlichen und verwaltungsmäßigen Graubereich bewegt. Dies wurde jetzt auch im Zusammenhang vor allem mit den Vorgängen in Thüringen deutlich an das Tageslicht gezerrt.
Denn wir haben natürlich zu verzeichnen, dass ein Tino Brandt als Rechtsextremist vermutlich 200 000 DM bekommen hat, für die er quasi nichts geliefert hat. Im Gegenteil: Mit den 200 000 DM - dem Geld des Steuerzahlers - hat er seine Organisation künstlich aufgebaut.
Nun wird von verschiedenen Stellen, so auch von der Opposition hier im Hause, gefordert, V-Männer vollständig abzuschaffen. Dem widerspreche ich; denn es gibt in diesem Bereich nun einmal verfassungsfeindliche und vor allem auch terroristische Aktivitäten, die nur mit menschlichen Quellen aufgeklärt werden können.
Deswegen sind sie auch weiterhin zulässig. Vor diesem Hintergrund ist es notwendig, dass wir mithilfe eines Gesetzes regeln, wer V-Leute einsetzen darf, unter welchen Bedingungen jemand V-Mann werden darf - damit meine ich insbesondere sein Vorstrafen- und Sündenregister -, wofür er bezahlt werden darf und wie ausgeschlossen werden kann, dass die Mittel, die an einen V-Mann fließen, anschließend dazu verwandt werden, seine Kameradschaft, seine neonazistische Partei etc. finanziell künstlich am Leben zu halten.
Dazu gehört auch, dass es im Verfassungsschutzverbund einen zentralen Überblick darüber gibt, wo die V-Leute aktiv sind. Diese Aufgabe muss das Bundesamt zukünftig wahrnehmen.
der Landeshoheit hätte zur Folge, dass es ein Bundesamt mit Filialen in den Ländern geben würde; denn es würde nicht zentral geführt werden und es hätte vor allem einen Verlust an parlamentarischer Kontrolle und politischer Verantwortlichkeit zur Folge.
Was ist weiterhin wichtig? - Wir haben heute lediglich ein Recht zum Informationsaustausch. Wir brauchen eine Pflicht zum Informationsaustausch und diesbezüglich sind erste Anfänge gemacht. Ich bin optimistisch, dass die jetzt in Betrieb genommene Verbunddatei mehr bringt als das, was der Kollege Striegel vorhin hier prognostiziert hat.
Ich bin aber auch skeptisch, ständig neue Forderungen dahin gehend aufzumachen, was eine solche Datei bringen könnte; denn wir haben in diesem Jahr noch eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zum sogenannten Antiterrordateigesetz zu erwarten. Es macht überhaupt keinen Sinn, an dieser Stelle große Ankündigungen dahin gehend zu machen, was man technisch alles tun und lassen könnte, wenn man es anschließend vom Bundesverfassungsgericht zurückgeschickt bekommt.
Zudem ist eine funktionsfähige parlamentarische Kontrolle wichtig. Dazu gehört, dass die Arbeit der PKK zukünftig eben nicht darauf beschränkt ist, sich um einzelne Vorfälle oder Zufallsfunde kümmern zu müssen.
Zugleich haben wir die Zusammenarbeit zwischen Polizei und Staatsanwaltschaften und Verfassungsschutzbehörden zu verbessern. Dort müssen wir das Trennungsgebot beachten. Ich bin mir aber sicher, dass wir auch auf diesem Feld gut vorankommen.
Das gibt mir Gelegenheit zu erwähnen, dass die Ernennung des neuen Abteilungsleiters Verfassungsschutz im Innenministerium bevorsteht. Ich halte Herrn Hollmann für einen der besten Polizisten unseres Landes. Ich bin sehr optimistisch, dass er gerade wegen seiner langjährigen Tätigkeit im polizeilichen Staatsschutz sehr qualifiziert für eben dieses Amt ist und ihm auch die Neuausrichtung des Verfassungsschutzes gelingen wird.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Noch ein Satz zum Schluss, den ich Ihnen, Herr Minister, auch nicht ersparen kann: Ich glaube, die Feststellung ist wichtig, dass das Innenministerium auch vor Ihrer Amtszeit rechtsstaatlich und transparent geführt worden ist.
Ich wünsche mir, dass über die konkreten Vorschläge, die zur Verbesserung des Verfassungsschutzes vorliegen, nunmehr gemeinsam diskutiert wird. Wir benötigen einen modernen Verfassungs
Ich wünsche mir für die Zukunft des Verfassungsschutzes, dass wir gemeinsam erfolgreicher vor allem rechtsextremistische Umtriebe stoppen können. Das ist eine unserer gemeinsamen Aufgaben. Packen wir sie an!
Herr Erben, Sie sprachen zu Beginn Ihrer Rede davon, dass Sie es überhaupt nicht verstehen und akzeptieren, dass man hier andauernd von einem Skandal sprechen würde, schließlich hätte man das damals alles nicht gewusst.
Herr Erben, es gibt eine NSU-Terrorzelle, die in der Bundesrepublik Deutschland zehn Jahre lang Menschen umbringt, ohne dass der Verfassungsschutz und die Polizei in dieser Bundesrepublik auch nur im Entferntesten in der Lage sind, dies zu stoppen, oder sich überhaupt für die Hinweise darauf interessieren.
Die Opfer werden zu Tätern gemacht, indem man sie ins Ausländerkriminellen- und Drogenmilieu hineinsteckt. Dazu sage ich: Das ist ein Skandal! Die Ignoranz von Verfassungsschutz und Polizei, die zu diesem Skandal geführt hat, ist ein Skandal. Das werden wir auch immer wieder so sagen. Nichtwissen schützt nicht vor Verantwortung, Herr Erben. Das ist ganz klar.
Ich habe das Wort „Skandal“ und das unberechtigte Rufen des Wortes „Skandal“ auf die Einführung von Herrn Striegel insbesondere im Zusammenhang mit der in der letzten Woche aufgefundenen MAD-Akte aus dem Jahr 1995 gebracht; denn das, was darin steht, ist kein Skandal.
Sie haben völlig Recht: Es ist ein Skandal, dass es gelingen konnte, dass eine Terrorzelle zehn Jahre lang mordend durch Deutschland zieht und dass die Sicherheitsbehörden nicht in der Lage waren, Selbiges zu stoppen.