Dann stimmen wir jetzt über den Antrag der Fraktion DIE LINKE in der Drs. 6/1155 in der soeben geänderten Fassung ab. Wer stimmt diesem geänderten Antrag zu? - Das sind die Koalitionsfraktionen und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer stimmt dagegen? - Niemand. Wer enthält sich der Stimme? - Das ist die Fraktion DIE LINKE. Damit ist der
Antrag in der geänderten Fassung angenommen worden. Wir haben den Tagesordnungspunkt 17 abgearbeitet.
Antrag des Freistaates Bayern an den Bundesrat „Schaffung eines Bundesleistungsgesetzes“ unterstützen
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sicherlich wundern Sie sich darüber, dass ausgerechnet ein Antrag der bayerischen Landesregierung von uns unterstützt wird. Aber wir wollten Ihnen die Zustimmung zu einem unserer Anträge so leicht wie möglich machen.
Worum geht es also? - Es geht um einen Antrag, den der Freistaat dem Bundesrat in der Drs. 282/12 als Entschließungsantrag zur Schaffung eines Bundesleistungsgesetzes vorgelegt hat und der am 6. Juli 2012 dort auf der Tagesordnung stehen wird.
Darin fordert die bayerische Landesregierung den Bund zu einer Umsteuerung in der Behindertenhilfe auf. Mit der Erarbeitung eines Bundesleistungsgesetzes soll begonnen werden.
Wenn auch vielleicht die vordergründige Motivation für diese Antragstellung eher die finanzielle Situation der Länder und Kommunen und weniger die Emanzipation der behinderten Menschen ist, so bedeutet doch ein eigenes Leistungsgesetz für Menschen mit Behinderungen eine gewisse Abkehr vom bisherigen Sozialhilfeprinzip.
Wir setzen unseren Schwerpunkt mehr auf die emanzipatorische Seite des Antrages, halten aber auch die finanzielle Motivation für legitim.
Allein die Eingliederungshilfe in Sachsen-Anhalt fordert mehrere hundert Millionen Euro im Jahr. Diese Mittel über ein Leistungsgesetz auf Bundesebene im Sinne eines Nachteilsausgleichs zur Verfügung zu stellen, ist ein Schwerpunkt des Antrages aus Bayern.
Meine Damen und Herren! Der Antrag aus Bayern zeigt, dass es nach den vielen Jahren politischer Diskussion nun an der Zeit ist, endlich die Leistungen für Menschen mit Behinderungen aus dem Sozialhilferecht mit seinen paternalistischen Prin
Leistungen für Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen müssen nach dem individuellen Bedarf und nicht nach der Ursache der Behinderung oder der Kassenlage bemessen werden.
Ein weiteres gleichberechtigtes Ziel ist es aber auch, endlich eine sozialpolitische Absicherung von Menschen mit Behinderungen gesetzlich zu gewährleisten. Ja, ich rede bewusst von Gewährleistung im Sinne gesetzlicher Sicherstellung und nicht lediglich von Verbesserung.
Es geht darum, dass Menschen mit Behinderungen in allen Lebensbereichen gleiche, gesetzlich verankerte Rechte haben und auch bekommen, ohne immer erst Gerichte anrufen zu müssen.
Die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage zum Nachteilsausgleich für Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen ist seit vielen Jahren ein politisches Anliegen der Partei DIE LINKE. Seit Beginn der 90er-Jahre unterstützt DIE LINKE die Forderungen der Behindertenbewegung in Deutschland nach einem eigenständigen Leistungsgesetz.
In den Jahren 2006 und 2011 hat unsere Bundestagsfraktion einen Antrag gestellt, mit dem die Bundesregierung zur Vorlage eines Gesetzes zum Ausgleich behinderungsbedingter Nachteile, eines sogenannten Nachteilsausgleichsgesetzes, aufgefordert wurde.
Mit dem heutigen Antrag wollen wir die Forderung nach der Schaffung eines Bundesleistungsgesetzes im Sinne eines Nachteilsausgleiches für Menschen mit Behinderungen bekräftigen.
Eines der wichtigsten Ziele des Antrages aus Bayern und auch unser Ziel ist die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention und das damit eng verbundene und im Grundgesetz verankerte Recht auf Gleichstellung behinderter Menschen in allen Lebensbereichen.
Es ist an der Zeit, nicht nur von Inklusion zu reden, sondern endlich den dafür notwendigen Paradigmenwechsel auch gesetzlich einzuleiten:
Weg vom Fürsorgeansatz der Sozialhilfe, in die die geltenden Leistungsansprüche noch immer eingebettet sind, hin zu einem menschenrechtsorientierten Ansatz, wie er mit der UN-Behindertenrechtskonvention vom Bundestag zur rechtlichen Grund
lage für Deutschland und zu einer gesamtgesellschaftlichen Aufgabe gemacht wurde. Dazu soll der Bundesrat die Erarbeitung eines Bundesleistungsgesetzes fordern, das auch eine Reform der Eingliederungshilfe beinhalten soll.
Der Antrag aus Bayern fokussiert sich aber nicht nur auf die Kostenübernahme durch den Bund. Ein wichtiger Punkt ist auch die Forderung nach einer Reform der Verfahrens- und Leistungsinstrumente in der Eingliederungshilfe. Sie finden dies unter Punkt 4.
Dabei geht es den Antragstellern vor allem um eine bessere Abbildung der Rechte der Menschen mit Behinderungen im Leistungs- und Verfahrensrecht, die Umorientierung von der einrichtungszentrierten zur personenzentrierten Leistungsgewährung, die Einbeziehung der Betroffenen in die Bedarfsfeststellungsverfahren und die Ganzheitlichkeit der Hilfen.
In einem weiteren Punkt wird in dem Antrag an den Bundesrat darauf verwiesen, dass die Gestaltung eines Sozialraums erforderlich ist, der Menschen mit Behinderungen in ihren Wohnorten selbstverständlich alle Teilhabemöglichkeiten in der Mitte der Gesellschaft bietet.
Frau Kollegin, einen kleinen Moment bitte. Ich würde Ihnen gern etwas mehr Gehör verschaffen wollen.
Ein längst überfälliges einheitliches Bundesleistungsgesetz wird unserer Auffassung nach zu einer Erleichterung und Verbesserung in vielen Lebensbereichen behinderter Menschen beitragen. Vorausgesetzt natürlich, die defizitorientierte Sichtweise, die noch immer der Sozialhilferegelung zugrunde liegt, wird damit tatsächlich durch eine vollständige Umsetzung der in der UN-Behindertenrechtskonvention geforderten Teilhabe und Inklusion abgelöst.
Sehr geehrte Damen und Herren! Lassen Sie mich in diesem Zusammenhang noch auf einen weiteren positiven Aspekt eines solchen Gesetzes hinweisen. Es würde nicht nur die Rechte der Menschen mit Behinderungen stärken, sondern ein
Weg in eine dringend notwendige Normalität sein, die zugleich einhergeht mit einem weiteren Abbau von Diskriminierungen behinderter Menschen, dann nämlich, wenn mit der Schaffung eines solchen Gesetzes ein weiterer entscheidender Schritt getan ist zu einem wirklich selbstverständlichen Miteinander von Menschen mit und ohne Behinderungen.
Letztlich geht es um Lebensqualität und Selbstbestimmung von Menschen. Das muss im Vordergrund stehen und genau dazu kann ein solches Leistungsgesetz beitragen, vor allem dann, wenn es konsequent gestaltet und umgesetzt wird.
Unabhängig davon, von welcher Motivation die Fraktionen sich dabei leiten lassen, sollte dies unser gemeinsames Ziel sein. Deshalb hoffe ich, dass Sie mit uns gemeinsam diesen Antrag aus Bayern unterstützen. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Frau Zoschke, ich nehme an, alle Mitglieder des Landtages werden dem zustimmen, wenn das Bayern tut. Die Bayern knüpfen eigentlich an die Arbeit der Bund-Länder-Arbeitsgruppe an, die schon jahrelang über diese Thematik spricht. Zudem war dies auch Thema bei den Arbeits- und Sozialministerkonferenzen. Das ist es diesmal auch.
Es ist also kein neues Anliegen, weshalb man dem Antrag nur zustimmen kann. Alles andere ist eben von Ihnen gesagt worden.