Laut Berichterstattung der „Volksstimme“ vom 4. Mai 2012 hat die Rechtsanwaltskammer des Landes Sachsen-Anhalt mit Blick auf die Neuordnung der Justizvollzugslandschaft im Land „mehr Mitspracherecht“ angemahnt. Man befürchtet durch die geplante Zentralisierung und Konzentration von Haftplätzen im Süden Sachsen-Anhalts eine Beschneidung des Rechts der freien Anwaltswahl.
1. Wie und durch welche Maßnahmen der Zusammenarbeit gedenkt die Landesregierung, künftig die Rechtsanwälte des Landes in die Reform der Justizvollzugslandschaft besser einzubeziehen sowie den Inhalt und die Kriterien der Machbarkeitsstudie offen zu legen und transparent zu machen?
2. Teilt die Landesregierung die Position der Anwaltskammer hinsichtlich der Gefährdung des Rechts auf freie Anwaltswahl? Wenn ja, wie kann dem entgegengewirkt werden?
Sehr geehrte Abgeordnete von Angern! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Anfrage beantworte ich im Namen der Landesregierung wie folgt.
Zu 1: Wir pflegen einen sehr guten Diskurs mit den Anwälten und hatten bereits vor dem Bericht in der „Volksstimme“ in einem Brief im Hinblick auf die anstehenden Vorhaben im Bereich der Justiz ein Gesprächsangebot unterbreitet. Dieses Gespräch
hat am 30. Mai 2012 stattgefunden. Wir haben auch vereinbart, dass wir diese Gespräche kontinuierlich fortsetzen. Wir wollen also diesen Dialog im Hinblick auf die geplante Justizvollzugsstrukturreform fortsetzen, nachdem die Machbarkeitsstudie vorgelegt worden ist.
Zu 2: Ich teile die Auffassung nicht, dass wir im Hinblick auf die freie Anwaltswahl Schwierigkeiten infolge der Justizvollzugsstrukturreform bekommen werden. Die freie Anwaltswahl wird durch die geplanten Maßnahmen nicht angetastet. Wir werden aber die geplanten Gespräche nutzen, um eventuell bestehende Vorbehalte abzubauen und die Dinge inhaltlich auch so zu besprechen, dass wir berechtigte Bedenken oder Wünsche der Anwälte in den geplanten Reformprozess aufzunehmen versuchen. - Vielen Dank.
Die Frage 2 stellt der Abgeordnete Herr Henke. Es geht um die Anwendung der DIN 18024 Teil 2 im Hochschulbau. Bitte sehr.
Sehr geehrte Damen und Herren! Der Landesbehindertenbeirat hatte im Mai 2012 die Nichteinhaltung von Vorschriften zur Barrierefreiheit bei Bauvorhaben der Universität Halle gerügt. Unzureichende Durchgangsbreiten bei Türen, Fluren und Treppenhäusern sowie fehlende Bewegungsflächen in Büros, Teeküchen und Sanitärräumen wurden beanstandet.
1. Hat die Landesregierung Ausführungsvorschriften zu der im § 49 Abs. 4 BauO LSA enthaltenen Nichtanwendungsklausel erlassen und welche Regelungen beinhalten diese?
2. Steht die im Landesaktionsplan „Einfach machen - unser Weg in eine inklusive Gesellschaft“ erwähnte bauaufsichtliche Einführung der DIN 18024-2 im Hochschulbau unter dem Vorbehalt der Finanzierbarkeit und der baulichen Möglichkeiten, und welche Anwendungsvorschriften wurden hierzu erlassen?
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten! Wie bereits gesagt: In Vertretung des Finanzministers möchte ich die Anfra
Zur Frage 1. Diese ist klar mit Nein zu beantworten. Die Regelung des § 49 Abs. 4 der Bauordnung des Landes besagt, dass die in den Absätzen 1 bis 3 enthaltenen Regelungen dann nicht gelten, wenn die Anforderungen wegen der Geländeverhältnisse, wegen des Einbaus eines sonst nicht erforderlichen Aufzuges oder wegen ungünstiger vorhandener Bebauung schwieriger werden oder im Hinblick auf die Sicherheit der Menschen mit Behinderungen oder alten Menschen nur mit einem unverhältnismäßigen Mehraufwand erfüllt werden können. Diese Regelung ist klar verständlich und bedarf keiner weiteren Ausführungsvorschrift durch die Verwaltung.
Zur Frage 2. Auch diese Frage kann mit einem klaren Nein beantwortet werden. Weder die bauordnungsrechtliche Einführung dieser technischen Baubestimmungen durch den zuständigen Minister Kollegen Webel noch die Anwendung dieser technischen Baubestimmungen bei Hochbaumaßnahmen des Landes in der Zuständigkeit des Finanzministeriums sowie im Bereich des in Rede stehenden Hochschulbaus stehen unter dem Vorbehalt der Finanzierbarkeit. Deshalb gibt es auch keine bauordnungsrechtlichen Anwendungsvorschriften.
Unabhängig von diesen Feststellungen ist es zutreffend, dass bei dem Bauvorhaben der Universität Halle bezüglich der Barrierefreiheit Irritationen aufgetreten sind. Dank intensiver Gespräche und einer Begutachtung der in Rede stehenden Baulichkeiten mit allen Beteiligten ist es zwischenzeitlich gelungen, geeignete Lösungen für die kritisierten Probleme zu finden.
Zusätzlich möchte ich darauf hinweisen, dass das MLV derzeit damit befasst ist, die Bauordnung des Landes zu novellieren. Insofern kann es sicherlich auch im Hinblick auf § 49 zu Änderungen kommen. Ebenso gut ist es möglich, dass in der Folge auch die DIN 18024-2 als technische Baubestimmung auf den Prüfstand gestellt wird.
Unabhängig davon wird für den Bereich des staatlichen Hochbaus, der sich in der Zuständigkeit des MF befindet, eine Einführung der DIN 18040 für Hochbaumaßnahmen des Landes geprüft. Es wird also abzuwarten sein, inwieweit diese geplanten Änderungen konkret in die Novellierung der Bauordnung eingehen. - Ich hoffe, dass ich die Frage damit umfassend beantwortet habe.
Erstens. Ich muss Ihrer Antwort auf die Frage 1 widersprechen; denn die Regelungen des § 49 Abs. 4 sind sehr auslegungsbedürftig.
Zweitens. Ich bitte Sie, die Frage aufzunehmen und sie im Nachgang einer Beantwortung zuzuführen, ob es zu dem ersten Investitionserleichterungsgesetz aus dem Jahr 2003 eine Richtlinie der Landesregierung vom 12. November 2003 gibt, die gerade die Nichtanwendung der von mir erwähnten Normen beinhaltet, und inwieweit diese Richtlinie noch in Kraft ist.
Drittens. Ich möchte darauf aufmerksam machen, dass eine mögliche Überarbeitung der DIN 18024 Teil 2 nicht Angelegenheit unseres Bundeslandes ist. - Danke.
Das nehme ich gern mit und werde es an das zuständige Finanzministerium weiterleiten. - Vielen Dank.
Die Frage 3 stellt die Abgeordnete Frau Frederking. Es geht um die Novelle zum ErneuerbareEnergien-Gesetz (EEG-Novelle). Bitte sehr.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! In der Sitzung am 11. Mai 2012 hat der Bundesrat mit einer Zweidrittelmehrheit entschieden, zu dem vom Bundestag am 29. März 2012 verabschiedeten „Gesetz zur Änderung des Rechtsrahmens für Strom aus solarer Strahlungsenergie und zu weiteren Änderungen im Recht der erneuerbaren Energien“ den Vermittlungsausschuss anzurufen.
Auch Sachsen-Anhalt hat für dieses Vorgehen gestimmt. Darüber hinaus hat sich Ministerpräsident Haseloff mit Hinweis auf die Arbeitsplätze in Sachsen-Anhalt gegen die im Gesetz vorgesehene Kürzung der Solarförderung und für den Schutz von in Europa hergestellten Solarmodulen ausgesprochen - siehe unter anderem „Magdeburger Volksstimme“ vom 24. Mai 2012 und „General-Anzeiger Altmark-West“ vom 16. Mai 2012.
1. Mit welchen Positionen beabsichtigt die Landesregierung, sich für eine Verbesserung der Solarstromvergütung im Vermittlungsausschuss hinsichtlich der nachfolgenden Aspekte einzusetzen: Ausbaukorridor, Vergütungshöhe, Marktintegrationsmodell, Vergütungsklassen,
2. Wird sich die Landesregierung für einen Speicherbonus in der EEG-Novelle einsetzen, und welche Planungen gibt es seitens der Landesregierung, die Speicherung von Solarstrom zu fördern?
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Vielleicht eine Vorbemerkung: Die EEG-Novelle ist gegenwärtig neben anderen Gesetzen Gegenstand der Beratungen des Vermittlungsausschusses des Deutschen Bundestages und des Bundesrates. In Vorbereitung des Vermittlungsausschussverfahrens sind auf politischer Ebene weitere inhaltliche Gespräche vorgesehen, in denen mögliche Kompromisslinien ausgelotet werden.
Zudem kann sich auch in den vertraulichen Verhandlungen im Vermittlungsausschuss eine veränderte Schwerpunktbildung ergeben. Es ist daher nicht ausgeschlossen, dass der durch die nachfolgenden Ausführungen abgebildete Sachstand noch Änderungen erfahren wird. Grundsätzlich versuche ich, unsere jetzige Verhandlungslinie kurz darzustellen.
Zu der Frage 1, mit welchen Positionen wir in diese Verhandlungen gehen, lautet meine Antwort wie folgt: Zentrale Zielstellung ist es, die Bundesregierung zu einem eindeutigen Bekenntnis zum Erhalt der Fotovoltaikindustrie in Deutschland zu veranlassen. Die Landesregierung stimmt sich im Rahmen der VA-Vorbereitung derzeit intensiv mit anderen von der Thematik betroffenen Ländern ab und vertritt dabei folgende Verhandlungspositionen.
Zum Ausbaukorridor. Dieser muss für den weiteren Zubau von geforderten Anlagen zur Erzeugung von Strom aus solarer Strahlungsenergie für die kommenden Jahre einschließlich 2012 jährlich jeweils 3 500 MW betragen. Der „atmende Deckel“ soll so ausgestaltet werden, dass die maximale Degression, die beim Überschreiten des Zubauziels zur Geltung kommt, auf 24 % begrenzt wird.
Die Abstufungen hinsichtlich der Zubauraten ab 3 500 MW bis 7 500 MW sind anzugleichen und sollen sich für das Jahr 2012 hauptsächlich an die geltenden Ausrichtungen im zurzeit geltenden EEG anlehnen, wobei eine moderate Angleichung an die im Jahr 2012 bereits beobachtete Ausbausituation erfolgen und notwendig sein könnte. Der Beginn des Bemessungszeitraumes soll zum 1. Juli 2012 erfolgen. Damit ist klar, dass wir eine Rückwirkung nicht zulassen wollen.
Zur Vergütungshöhe und zu den Vergütungsklassen: Der Erhalt der bisherigen Aufteilung in vier Stufen - die wichtige Vergütungsklasse bis 100 kW soll also damit erhalten werden - ist Ziel.
Die höchste Wertschöpfung hat die deutsche Solarindustrie im Bereich kleinerer Anlagen, die auf Dächern installiert werden. Daher müssen Regelungen gefunden werden, die gerade dieses Marktsegment fördern, also bis 10 kW mit 19,5 Cent/kWh und das, wie gesagt, bis 100 kW dann auf 18,5 Cent/kWh verändert und bis 1 000 kW mit 16,5 Cent/kWh entsprechend nachgeführt. Bis 10 MW wollen wir 13,5 Cent/kWh anstreben.
Zum Marktintegrationsmodell ist Folgendes zu sagen: Wir lehnen dieses Marktintegrationsmodell generell ab, weil es den Vollzug verkompliziert und zudem nicht notwendig ist.
Bei kleineren Anlagen ist die Netzparität bereits unterschritten, sodass Eigenverbrauchsanreize in Form der vermiedenen Strombezugskosten existieren. Für größere Anlagen ist im Jahr 2010 das Marktprämienmodell eingeführt worden, das übrigens von den Branchen der erneuerbaren Energien sehr gut angenommen wird.
Die netztechnische Integration ist ein spezielles Thema, das allerdings in diesem Zusammenhang auch besonders wichtig ist. Die netztechnische Integration von Fotovoltaikanlagen, insbesondere die Nachrüstung der Wechselrichter zur Vermeidung des 50,2-Hz-Problems, wird aktuell im Rahmen einer neuen Systemstabilitätsverordnung geregelt.
Vielleicht nur so viel zur Erläuterung: Je mehr erneuerbare Energien eingespeist werden, umso schwieriger ist es, die erforderliche Netzfrequenz von 50 Hz zu halten. Deswegen ist eine gewisse Grundlast erforderlich. Die Systemstabilitätsverordnung regelt, wie wir bei ständig ansteigenden Anteilen an erneuerbaren Energien eine Netzstabilisierung sicherstellen. Diese Verordnung in der Bundesratsdrucksache 257/12 wird am 15. Juni 2012 im Bundesrat beraten. Über die Notwendigkeit besteht allgemeiner Konsens, sodass damit zu rechnen ist, dass diese Verordnung in Kraft treten wird.