Protocol of the Session on March 23, 2012

Wir werden noch darüber diskutieren, ob Sie es auch unter dem Fachkräftebegriff sehen, dass diejenigen, die zum Beispiel Kindheitswissenschaften studiert haben oder Lehrer geworden sind, aber später sagen: „Wir entscheiden uns doch eher für die frühkindliche Bildung“, dann, wenn sie ein Praktikum in einer Einrichtung gemacht haben, auch als Erzieher/Erzieherin tätig werden können. Wir glauben, dass wir den Anstieg, den wir bis 2016/2017 haben werden, damit bewältigen können. Das ist zugegebenermaßen eine Herausforderung.

Mir geht es da eher nicht um die Quantität; die kriegen wir hin. Die Qualität der Ausbildung, das ist wirklich eine Herausforderung. Dafür lohnt auch ein runder Tisch, gerade was die Fachschulen angeht. Dort habe ich ein großes Fragezeichen dahin gehend angebracht, ob dort eine solch fundierte Ausbildung stattfindet, dass wir sie später gut in die frühkindliche Bildung und in Bildung elementar einbetten können.

Die andere Frage sehe ich nicht so. Denn ein Teil der Erzieherinnen wird sagen, dass sie Vollzeit arbeiten wollen - das könnte ich mir jedenfalls vorstellen -, einen Teil brauchen wir neu, wenn für einige die 20-Stunden-Erweiterung infrage kommt. Ich glaube, das wird den Bedarf abfedern können.

Gleich noch zu einem der Punkte, dem Personalschlüssel. Die Personalschlüssel sind eine rechnerische Größe. Sie werden sich immer ändern. Das ist eine Grundlage, um die Berechnung zu machen. Sie werden sich in den Einrichtungen täglich ändern, je nachdem, wie viele Ausfallstunden oder Krankheitsstunden bei den Erzieherinnen vorhanden sind - da haben Sie Recht, dass wir das nicht ausgleichen können; das ist ein kritischer Punkt und das ist eine finanzielle Frage, wie die Personalschlüssel generell - und wie viele Kinder vielleicht an einem Tag nicht da sind, zum Beispiel während einer Grippewelle oder Ähnlichem. Es ist eine durchschnittliche Größe, und ich gebe zu - deswegen haben wir es hineingeschrieben -, dass die realistischen tatsächlich Zahlen so sind, wie Sie sie vorgetragen haben.

Aber Sie können in der Antwort auf diese Große Anfrage auch sehen, was es das Land kosten würde, wenn wir die vorhandenen Forderungen - auch die der Bertelsmann-Stiftung - zugrunde legen würden. Wenn wir dann noch das dazulegen würden, was wir für die Vor- und Nachbereitungsstunden brauchen, würden wir zusätzlich auf über 200 Millionen € kommen. Ich weiß nicht, welches Land sich das leisten kann - und das bei der Diskussion, die wir jetzt aus dem Ruhrgebiet hören: Was könnt ihr im Osten euch leisten?

Ich bin nach wie vor davon überzeugt: Wir haben ein gutes Gesetz, wir haben auch einen guten Personalsschlüssel.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Dieser kann sich sehen lassen. Wenn die Bertelsmann-Stiftung sagt - da rede ich mir den Mund fusselig -: „Sachsen-Anhalt hat den schlechtesten Schlüssel und danach kommen alle neuen Länder“, muss es einen stutzig machen, dass es Brandenburg Thüringen, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern auch betrifft. Da sage ich: Wenn ich mit demselben Geld nur eine Halbtagsbetreuung habe, bei der mittags Schluss ist, dann kann ich mir einen bombigen Personalschlüssel vorstellen. Bis zu 40 % der größeren Einrichtungen in den westlichen Ländern haben mittags geschlossen.

Das muss man wenigstens mit vergleichen: die personellen Aufwendungen, die wir haben, eine Ganztagsbetreuung, die im Kindergarten zu 95 % in Anspruch genommen wird und die alles mit abdeckt. Da sind die Rahmenbedingungen so, wie sie sind. Da kann ich mir Besseres vorstellen, aber sie sind derzeit schwer finanzierbar.

Deshalb wollen wir im neuen Gesetz die 2,5 bzw. fünf Stunden für die pädagogische Arbeit zur Verfügung stellen. Dann sollen die Einrichtungen selber entscheiden, ob sie das für den Personalschlüssel einsetzen, weil sie in einem Gebiet liegen, in dem die soziale Situation schwierig ist, oder für die Nachbereitung oder es auch mal temporär einsetzen. Diese Öffnungsmöglichkeiten wollen wir gestatten, und da höre ich von den meisten Trägern eher, dass sie das als eine gute Möglichkeit ansehen.

Aber das ist Zukunftsmusik; damit werden wir uns noch öfter beschäftigen. Ich wollte Sie einfach dazu einladen.

Ich habe versucht, diesen Prozess so transparent wie möglich zu machen, weil es ein schwieriges Thema ist und wir in Sachsen-Anhalt unsere Erfahrungen mit Kinderförderungsgesetzen gemacht haben. Das habe ich mit den Dialogveranstaltungen versucht, ich habe die Expertenrunde eingeladen und ich lade Sie immer wieder dazu ein, es möglichst offen und transparent zu gestalten.

Die Finanzierungswege sind bis jetzt schwierig, nämlich dem Landtag klarzumachen, wie viel Geld

wir wofür brauchen. Dort sind sehr viele Annahmen dabei, sehr viele Dinge, bei denen wir Prognosen haben und nicht hundertprozentig wissen, wie das funktionieren soll.

Das beste Beispiel haben Sie mitbekommen, als wir in der letzten Woche eingeladen haben, um nur herauszubekommen, wie viele Familien mehr als ein Kind haben, die gleichzeitig im Kinderkrippen- und Kindergartenalter sind, also im Alter von null bis sechs Jahren.

Wie soll man das herausbekommen? Und wie soll man für die Zukunft berechnen, wie viele Eltern sich entscheiden, jetzt ein Kind zu bekommen und nach fünf Jahren noch eines zu zeugen, sodass das genau passt? - Das wissen wir nicht. Das sind Annahmezahlen und die sind für Statistiker wahrscheinlich unheimlich interessant.

Viele Dinge kann man nicht schnell und genau erklären, aber es muss plausibel sein. Das ist, glaube ich, das Wichtige. Also lade ich Sie ein - wir wollen das jetzt ins Kabinett bringen; die Mitzeichnung geht gegenwärtig durch die Häuser -, wirklich offen mitzuarbeiten. Wenn Sie Vorschläge haben, auch zur Vereinfachung - es gibt wahrscheinlich auch andere Vorschläge -, gehen wir gern mit.

Wir sind mit den kommunalen Spitzenverbänden in einem intensiven Gespräch. Wir wollen auch abwarten, ob im Zuge der FAG-Diskussion - das nehmen wir mit diesem Gesetz jetzt nicht auf; das lassen wir erst einmal außen vor - noch andere Vorschläge kommen, die die Sache vereinfachen. Diese sind uns immer herzlich willkommen. Ich hoffe also auf ein möglichst offenes Verfahren in der Sache und auf viele Anregungen, die eingehen.

Eines möchte ich aber ganz deutlich sagen - das ist meine letzte Bitte; ich weiß, dass ich dafür kein Lob bekommen werde; das ist auch nicht meine Absicht, denn es geht hauptsächlich um die Kinder -: Ich gehe nicht davon aus, dass die Oppositionsfraktionen das mittragen müssen - sie sind schließlich in der Rolle der Opposition -, aber ich appelliere an das Verantwortungsbewusstsein von uns allen, wenn ich Sie bitte, nicht zu sagen, dieses Gesetz sei katastrophal und das schlechteste Gesetz überhaupt. Wer soll denn hierher kommen, wenn wir das nach außen kundtun?

(Frau Niestädt, SPD: Genau!)

Das ist ein ganz gutes Gesetz. Man kann vieles verbessern,

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

aber der Standort Sachsen-Anhalt kann sich mit diesem Gesetz sehen lassen. Diesbezüglich sehe ich uns alle, auch im Sinne der Kinder und der Eltern, die das unbedingt brauchen, in der Pflicht. - Danke.

(Beifall der SPD)

Danke, Herr Minister. - Für die CDU-Fraktion spricht der Abgeordnete Herr Jantos.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vieles, was zur Antwort der Landesregierung auf die Große Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN zu sagen wäre, ist inzwischen bereits gesagt worden. Der Minister hat ausführlich dazu ausgeführt. Ich möchte das nicht wiederholen.

Auf einen Punkt möchte ich jedoch eingehen. Frau Lüddemann, Sie haben behauptet, dass wir kein gutes - das war Ihre letzte Behauptung - Kinderförderungsgesetz hätten. Sie haben es kritisiert bis zum Gehtnichtmehr.

(Frau Lüddemann, GRÜNE: Ich habe nie gesagt, das sei kein gutes Gesetz! Ich habe Kritik geäußert, richtig!)

Ich möchte Ihnen einmal sagen, was beim Treffen der familienpolitischen Sprecher der CDU im vergangenen Jahr bundesweit zum Ausdruck kam: Alle haben uns um unser Kinderförderungsgesetz beneidet.

(Zustimmung bei der CDU - Zuruf von Herrn Striegel, GRÜNE)

Schauen Sie einmal in die anderen Bundesländer.

Freilich, Sie haben Recht, unser Kinderförderungsgesetz ist verbesserbar, an vielen Stellen. Aber es muss auch bezahlbar bleiben.

Angesichts des Umfangs von 184,2 Millionen €, mit denen sich das Land allein im Jahr 2012 an den Kosten für die Kinderbetreuung auf der Grundlage des Kinderförderungsgesetzes beteiligt, ist es bedauerlich - das sage ich ehrlich -, dass es aufgrund der geltenden Rechtslage nicht möglich ist, alle Fragen der Großen Anfrage so zu beantworten, wie es wünschenswert wäre. Der Minister hat das erläutert; es gibt für bestimmte Dinge eben leider keine Antwort.

Im Zuge der Beantwortung der Großen Anfrage haben wir gelernt, dass die Kosten für die Kindertagesbetreuung über die Kinder- und JugendhilfeStatistik sowie über die kommunale Finanzstatistik erfasst werden. Bedauerlicherweise erfassen beide Statistiken nicht alle Einnahmen und Ausgaben, die tatsächlich im Rahmen der Kinderbetreuung anfallen. So werden Elternbeiträge und etwaige Eigenanteile der freien Träger nicht erfasst.

Vor diesem Hintergrund ist es nachvollziehbar, dass das Ministerium für Arbeit und Soziales eine Studie zur Ermittlung der durchschnittlichen Sach- und Personalkosten eines Kindertagesstättenplatzes gemäß dem Kinderförderungsgesetz des Landes bei der Martin-Luther-Universität in Halle in Auftrag gegeben hat.

Die Ergebnisse dieser Studie sind den Mitgliedern des Ausschusses für Arbeit und Soziales vor geraumer Zeit vorgestellt worden. Dabei ist vorgetragen worden, dass diese Studie zwar den derzeit umfassendsten Überblick über die Kosten der Kinderbetreuung bietet, dass jedoch auch sie nicht in der Lage war, alle Kosten vollständig zu ermitteln. Berücksichtigt wurden nur die Kosten, die über öffentliche Haushalte erfasst wurden.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bedauerlich, um nicht zu sagen ärgerlich ist in diesem Zusammenhang, dass sich an dieser Studie nur 22,4 % der Kindertagesstätten des Landes beteiligt haben. Diesen Rücklauf kann ich nur als beschämend bezeichnen, ohne dies als Vorwurf an das Sozialministerium oder gar an die Verfasser der Studie zu richten.

Da mir aus vielen Gesprächen, insbesondere mit freien Trägern, bekannt ist, dass die in der Studie erhobenen Daten quasi auf Knopfdruck zur Verfügung gestellt werden könnten, vermag ich mir diesen geringen Rücklauf nicht zu erklären.

Ich hoffe sehr, dass dies nicht daran liegt, dass die Mehrheit der Träger die in Rede stehenden Zahlen dem Land einfach nicht zur Verfügung stellen wollte, aus welchem Grund auch immer. Jeder, der das Geld genommen hat, ist eigentlich auch verpflichtet, Auskunft darüber zu geben, was er damit getan hat.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Vor diesem Hintergrund ist es zwingend erforderlich, dass wir im Zuge der bereits von Minister Bischoff angesprochenen Novellierung des Kinderförderungsgesetzes die Bestimmungen zur Erhebung und Verarbeitung von Daten so konkretisieren, dass diese Fragen zukünftig beantwortet werden können und beantwortet werden müssen. Das Muss ist wichtig, das sollten wir im Gesetz zu stehen haben. Jeder ist verpflichtet, über diese Kosten Auskunft zu geben.

Frau Präsidentin! Ich widerstehe an dieser Stelle der Verlockung, mich zu den vom Herrn Minister vorgeschlagenen Änderungen im Kinderförderungsgesetz zu äußern, da dies nicht Gegenstand der heutigen Aussprache ist.

(Frau Lüddemann, GRÜNE: Stimmt nicht!)

Es ist richtig, dass wir im Hinblick auf die grobe Richtung mit dem Minister und seinen Vorstellungen zur Novellierung auf einer Linie liegen. Im Detail besteht an der einen oder anderen Stelle jedoch noch Abstimmungsbedarf. Das müssen wir noch klären. Dies werden wir aber nicht hier und heute im Rahmen einer öffentlichen Debatte tun, sondern, wie sich das für gute Vertragspartner gehört, intern und miteinander. Ich bin zuversichtlich, dass all dies bis zur Einbringung des Gesetzentwurfs der Landesregierung in den Landtag einvernehmlich gelöst werden kann.

Ein wesentlicher Kritikpunkt bei den bisherigen Vorschlägen zur Novellierung des Kinderförderungsgesetzes ist bekanntermaßen, dass nicht beabsichtigt ist, die Personalschlüssel für Krippe, Kindergarten und Hort zu verbessern; wir haben es vorhin gehört.

Auch wenn dies an der einen oder anderen Stelle wünschenswert wäre, zeigt die Antwort der Landesregierung - der Minister hat es deutlich, überdeutlich ausgeführt -, mit welchen zusätzlichen finanziellen Belastungen schon geringfügige Veränderungen verbunden wären.

Diese Mehrkosten bewegen sich in Größenordnungen, die auch bei größtem Wohlwollen für das Anliegen nicht einmal ansatzweise im Landeshaushalt dargestellt werden können. Damit müssen wir leben. Mehrkosten in Höhe von mehrstelligen Millionenbeträgen sind nicht darstellbar und werden dies auch zukünftig nicht sein.

Losgelöst davon, ob man die von der Landesregierung in ihrer Antwort gewählten Berechnungsmodalitäten für richtig hält oder nicht, lässt das gefundene Ergebnis gar keinen anderen Schluss zu, als dass eine Veränderung der Personalschlüssel zurzeit nicht möglich ist. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der CDU)

Danke sehr, Herr Jantos. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht die Abgeordnete Frau Hohmann.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es wäre natürlich schöner gewesen, wenn wir uns heute über inhaltliche Schwerpunkte hätten austauschen können, nämlich über die pädagogischen Rahmenbedingungen oder über die Qualifizierung der Erzieherinnen, über die Ausbildung junger Leute,