Protocol of the Session on March 22, 2012

Eine Landesenergieagentur soll Verständnis und Transparenz schaffen, soll Lösungen aufzuzeigen und Blockaden überwinden. Über den Netzausbau wird immer wieder gejammert. Nach Informationen der Landesregierung besagt die neueste Netzstudie, dass wir bei einem Netzausbau in Sachsen-Anhalt in der Endstufe eine Erhöhung bei den Netznutzungsentgelten von 0,9 Cent zu erwarten hätten. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 0,33 Cent. Bei diesem Zahlenverhältnis ist es doch angezeigt, dass etwas getan wird.

Eine Landesenergieagentur könnte anschieben, dass die Netznutzungsentgelte endlich bundesweit umgelegt werden. Eine Landesenergieagentur könnte Klarheit über die Situation der Netze in Sachsen-Anhalt schaffen und auf eine langfristige Netzrahmenplanung drängen. Eine Landesenergieagentur sollte eine Klammerfunktion besitzen und alle energiepolitischen und energiewirtschaftlichen Aufgaben aufgreifen, mit Experten bearbeiten und dabei alle erforderlichen Akteure einbeziehen.

Solch eine Agentur ist ein Scharnier zwischen Politik, Wirtschaft, Forschung und Endverbrauchern. Aus diesem Grund möchte ich darauf hinweisen, dass eine Verortung beim Hochbau, wie es Wirtschaftsministerin Wolff bei der Frühjahrstagung des Landesverbandes Erneuerbare Energien letzte Woche ins Spiel gebracht hat, unseres Erachtens nicht zielführend ist.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zum Aufgabenspektrum der Energieagentur könnten umfassende und gezielte Beratungs- und Informationskampagnen gehören, beispielsweise für kommunale Energiekonzepte. Solche Maßnahmen leisten nicht nur einen Beitrag zum Klimaschutz, sondern fördern zugleich die heimische Wirtschaft.

Einsparungen bei Energiekosten führen zur Entlastung der privaten, städtischen und industriellen Haushalte.

Eine Energieagentur könnte zielgerichtet Infos für bestimmte Branchen aufbereiten, sodass es dort dann zu mehr Energieeffizienz kommt. Durch eine

offensive Propagierung von Modellprojekten wie die Bioenergieregion Altmark und die regenerative Modellregion Harz könnten diese auch auf andere Standorte übertragen werden.

Eine Landesenergieagentur sollte sich als Ansprechstelle für alle verstehen, sowohl für Eigenheimbesitzerinnen und -besitzer als auch für Unternehmen wie die Stadtwerke, für die Betreiberinnen und Betreiber von Energieerzeugungsanlagen, die Wohnungswirtschaft und die Architektinnen und Architekten.

Viele rechtliche Rahmenbedingungen müssen immer wieder auf den Prüfstand. Das ist klar. Auch eine Landesenergieagentur könnte an dieser Stelle helfen und als Beratungsinstanz für die gesetzgebenden Organe fungieren, zum Beispiel im Hinblick auf die Frage, welche gesetzlichen Regelungen es derzeit gibt, die den Ausbau an erneuerbaren Energien hemmen, um diese dann zu beseitigen. Es gibt zudem etliche Lücken, die geschlossen werden müssen.

Auch bei Akquise von Fördergeldern für Klimaschutz- und Energieprojekte kann die Energieagentur unterstützen. Viele Mittel des Bundes und der EU werden oftmals auch aus Unkenntnis nicht abgerufen. An dieser Stelle steckt noch sehr viel Potenzial.

Eine weitere Aufgabe könnte die Weiterbildung von Energieberatern sein.

Dies alles sind lediglich Vorschläge, mit denen ich verdeutlichen möchte, worum es bei der Landesenergieagentur gehen könnte; denn wir brauchen keine reine Verbraucherberatung und auch keine Agentur, die in Konkurrenz zur Privatwirtschaft steht.

Sie soll auch nicht massenhaft Energieberater anstellen und diese über das Land schicken. Es sollen auch keine privaten Ingenieurbüros aus dem Markt gedrängt werden. Deswegen sollte die Struktur einer Landesenergieagentur effizient gestaltet sein. Eine überdimensionierte Größe ist eher hinderlich.

Das Spektrum der bestehenden Landesenergieagenturen geht weit auseinander. Dies zeigt auch ein Blick in andere Bundesländer. Von daher ist es wichtig, dass wir für Sachsen-Anhalt ein optimales Modell finden. Ebenso ist es wichtig, rückblickend eine Fehleranalyse im Zusammenhang mit der früheren Landesenergieagentur, die es in den Jahren 1995 bis 2002 gegeben hat, durchzuführen. Es ist immer gut, auch aus den Fehlern der Vergangenheit Lehren zu ziehen.

Deshalb ist ein Realisierungskonzept, das im Ausschuss für Wissenschaft und Wirtschaft diskutiert werden muss, sehr wichtig. Im Falle Ihrer Zustimmung würden wir über den Aufbau und die Aufgaben eine Energieagentur im Nachgang der Anhörung im Ausschuss intensiv diskutieren können.

Eine Energieagentur soll alle Akteure motivieren, die Informationen verdichten und die Energiewende beschleunigen. Sie wissen das und haben deshalb die Schaffung einer Landesenergieagentur für Sachsen-Anhalt in Ihrem Koalitionsvertrag verankert. Unsere Unterstützung haben Sie.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Danke schön, Frau Frederking. - Für die Landesregierung spricht jetzt die Ministerin Frau Wolff.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Frau Frederking, ich halte zwar eine Menge von Steigbügeln und befasse mich damit auch in meiner Freizeit, aber meine Freunde kommen in der Regel, ohne dass ich Ihnen die Steigbügel halte, aufs Pferd.

(Zustimmung von Herrn Scheurell, CDU)

Aber im Ernst: Die Landesregierung wird im Rahmen der Umsetzung der Koalitionsvereinbarung natürlich eine Landesenergieagentur gründen. Das bereiten wir gegenwärtig vor, und zwar sorgfältig.

Eine Landesenergieagentur soll auf die Bedürfnisse unseres Landes optimal zugeschnitten werden und sie soll kein Schnellschuss aus der Hüfte werden.

Wir haben dabei eine ganze Reihe von Rahmenbedingungen zu beachten. Ich möchte drei wichtige nennen. Erstens. Die Bündelung der im Land vorhandenen Kompetenzen soll mit einem minimalen Mitteleinsatz erreicht werden. Wir haben fiskalische Restriktionen.

Zweitens. Die Energieeffizienz soll schnell verbessert werden und die Umgestaltung zu einer Energieversorgung aus erneuerbaren Energien soll beschleunigt werden - zwei ökologische Ziele. Die ökologische, wirtschaftliche und soziale Nachhaltigkeit unserer Energieversorgung soll durch die zu gründende Energieagentur weiter verbessert werden. Das Ganze machen wir - daran sei erinnert -, weil wir unsere Klimaschutzziele ernst nehmen.

Drittens. Die bereits vorhandenen Aktivitäten im Land sind zu berücksichtigen; die Agentur soll sie ergänzen.

Wir wollen keine Aktivitäten durch staatliches Handeln substituieren oder verdrängen. Der sich zunehmend entwickelnde Markt für Energieberatung soll ein Markt mit wettbewerbsorientierter Preisgestaltung bleiben. Er darf nicht durch das Land mit öffentlich geförderter Konkurrenz kaputt gemacht werden.

(Zustimmung von Herrn Gürth, CDU)

So sind in Sachsen-Anhalt bereits 168 Energieberater tätig; auch sind die Stadtwerke und die Energieversorgungsunternehmen am Aufbau eines Marktes für Energiedienstleistungen beteiligt. Dazu sind Energieunternehmen als Energielieferanten im Rahmen der Umsetzung des Gesetzes über Energiedienstleistungen und andere Energieeffizienzmaßnahmen, das sogenannte Energiedienstleistungsgesetz, verpflichtet.

Für den Fall, dass den Verbrauchern kein Markt für die Deckung der Nachfrage nach einer ausreichenden Anzahl von Anbietern von Energieaudits mit wettbewerbsorientierter Preisgestaltung zur Verfügung steht, haben die Energieunternehmen dafür Sorge zu tragen, dass ein solches Angebot entsteht, und sie müssen für die Kosten aufkommen. Dies ist in § 5 des Energiedienstleistungsgesetzes geregelt.

Wir dürfen eine Marktbildung in diesem Bereich weder nach deutschem noch nach europäischem Recht behindern. Im Gegenteil, wir wollen den Markt für Energiedienstleistungen mit der Einrichtung der Energieagentur unterstützen.

Kurz und gut: Fiskalische Zwänge, ökologische Zwänge und rechtliche Vorgaben geben den Rahmen für die Ausgestaltung der Energieagentur in Sachsen-Anhalt vor. Thematisch hat die Energieagentur eine breite Palette von Aufgaben zu bearbeiten. Sie haben etliche genannt. Ich könnte jetzt auch eine lange Liste von Aufgaben nennen. Das erspare ich Ihnen aber aufgrund der fortgeschrittenen Zeit. Glauben Sie mir: die Liste wäre wirklich sehr lang.

All diese inhaltlichen Anforderungen und die genannten Rahmenbedingungen unter einen Hut zu bringen, wird nicht ganz einfach sein. Deshalb führen wir zurzeit sehr intensive Gespräche sowohl ressortübergreifend als auch mit externen Partnern, die auf diesem Gebiet schon viel Erfahrung gesammelt haben. Gespräche führen wir zum Beispiel auch mit der Dena, der Energieagentur des Bundes. Ich werde dem Ausschuss für Wissenschaft und Wirtschaft gerne zu gegebener Zeit detailliert Auskunft geben. - Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Wir treten nun in die vereinbarte Fünfminutendebatte ein, und zwar in der Reihenfolge SPD, DIE LINKE, CDU und GRÜNE. Für die SPD spricht jetzt Frau Schindler. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist ein Privileg der Opposition, sich des Koalitionsvertrags anzunehmen und immer wieder nach

zulesen, was im Koalitionsvertrag vereinbart worden ist. Im Koalitionsvertrag haben wir die Errichtung einer Energieagentur vereinbart. Wie die Frau Ministerin gerade ausgeführt hat, sind wir dabei, die Einrichtung einer Energieagentur vorzubereiten.

An dieser Stelle sage ich aber auch, dass sich die Legislaturperiode nicht nur über ein Jahr, sondern über fünf Jahre erstreckt, und dass wir diesen Koalitionsvertrag Stück für Stück umsetzen wollen.

Sie sagten es bereits: Im Jahr 1995 wurde in diesem Land bereits eine Energieagentur eingerichtet. Im Jahr 2003 wurde diese Agentur dann privatisiert. Dieses Unternehmen erfüllt weiterhin seinen Zweck als Energieberater und Energiedienstleister, so wie viele andere Energieberater und Energiedienstleister im Land auch.

Unabhängig davon - deshalb haben wir das auch im Koalitionsvertrag verankert - sollte sich das Land weiterhin dazu bekennen und unter der Regie und unter der Verantwortung des Landes eine Energieagentur gründen. Deshalb haben wir das jetzt auf den Weg gebracht.

Diese Landesenergieagentur soll unabhängig sein und gleichzeitig in Verantwortung des Landes handeln. Diese Energieagentur soll eine breite Plattform mit Kompetenz im Energiebereich sein. Sie soll Energieberatung und Energieforschung betreiben, technische Entwicklungen begleiten sowie die Bevölkerung informieren. Sie soll von neutraler Seite Wege aufzeigen, wie Unternehmen, Kommunen und Privatleute ökonomischer mit Energie umgehen und wie sie erneuerbare Energien einsetzen können.

Auf diesem Gebiet ist in Sachsen-Anhalt schon viel getan worden. Wir haben auf diesem Gebiet viele Kapazitäten. Ich möchte deshalb an dieser Stelle nicht noch einmal eine allgemeine Energiediskussion führen, wie Sie es in Ihrer Rede auch ausgeführt haben.

Wir sind gar nicht weit auseinander; denn bei den von Ihnen vorgeschlagenen Zielen und bei der von Ihnen vorgeschlagenen Ausgestaltung der Energieagentur gehen wir konform, ebenso wie wir uns in der vergangenen Woche bei der besagten Beratung unter den energiepolitischen Sprechern über die parteipolitischen Grenzen hinweg einig waren, was wir uns unter einer Energieagentur vorstellen.

Die Ideen der vielen Akteure im Land und die Ideen der Privatwirtschaft müssen aufeinander abgestimmt werden. Die Landesenergieagentur darf nicht zur Konkurrenz der Privatwirtschaft werden.

Kommunen und Bürgerschaft sollen beteiligt werden. Ziel ist es dabei, Ökonomie und Ökologie miteinander zu verbinden. Dabei geht es natürlich auch um die strategische und fachliche Beratung der Landesregierung bei der Entwicklung und Um

setzung des Energie- und Klimaschutzprogramms des Landes Sachsen-Anhalt.

Wir haben einen Änderungsantrag gestellt; denn wir wollen auf eine Anhörung verzichten. Sie haben es selbst ausgeführt, und ich habe dargestellt, dass unsere Vorstellungen über eine Energieagentur die gleichen sind. Ich glaube, dass die vielen Akteure - wir sind mit vielen Akteuren in Kontakt - ebenfalls dieser Auffassung sind. Hier geht es konkret um die Umsetzung des Vorhabens.

Wir haben beantragt, dass die Landesregierung in den Ausschüssen berichten soll. Seien Sie sich gewiss, dass die Behandlung dieses Themas mit dem Bericht der Landesregierung nicht abgeschlossen ist, sondern dass wir die Errichtung der Energieagentur richtungsweisend und zielführend im Ausschuss begleiten wollen. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Schindler. Der Kollege Erdmenger würde Sie gern etwas fragen.

Frau Schindler, Sie haben auch die Rede der Ministerin gehört, die nach meiner Auffassung bisher noch nicht viel weiter gekommen ist, als dass ihr Ministerium aufgeschrieben hat, warum das alles so schwierig sei und welche Rahmenbedingungen man zu beachten habe.