Herr Grünert, dieses Thema ist mit der Krankenhausgesellschaft und mit den Krankenkassen bereits erörtert worden und wird in der Öffentlichkeit immer wieder erwähnt.
Ich antworte darauf jetzt ein bisschen unabgesprochen. Im Rahmen der Ausschussberatungen wird diese Thematik sicherlich noch erörtert.
Wenn eine Beweislastumkehr erfolgen würde, würde dies die Krankenhäuser dazu zwingen, diese Hygienevorschriften mit den Ärzten umzusetzen. Es wäre eine absolute Maßnahme. Ob sich dies durchsetzen lässt, kann ich noch nicht genau sagen, aber diese Überlegung geht in die richtige Richtung.
Vielen Dank, Herr Minister. - Wir treten nun in die Fünfminutendebatte ein. Die Fraktionen sprechen in der Reihenfolge DIE LINKE, CDU, GRÜNE und SPD.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es gibt viele Gründe, den Gesundheitsschutz zu stärken, und es gibt viele Gründe, den Infektionsschutz im Lande zu verbessern. Das ist unbestritten.
Es gibt auch viele Gründe, das Thema Krankenhaushygiene anzusprechen. Diverse Presseveröffentlichungen im Zusammenhang mit tragischen Todesfällen, zum Beispiel bei den Neugeborenen in Bremen, führen immer wieder dazu, dass die Aufmerksamkeit auf die Zustände in deutschen Krankenhäusern gerichtet ist.
In den Bundestag ist vor einem Jahr ein Gesetzentwurf zur Krankenhaushygiene, das Infektionsschutzgesetz, eingebracht worden, der lange überfällig war.
Bereits im Januar 2009 hatte die Bundestagsfraktion DIE LINKE mit einem Antrag in der Drs. 16/11660 entsprechende Forderungen aufgemacht. Vor einem Jahr, im Januar 2011, hat die Fraktion DIE LINKE im Bundestag in einem weiteren Antrag in der Drs. 17/4489 diese Forderungen präzisiert.
Beide Anträge wurden wie gewohnt und wider besseres Wissen vom Bundestag abgelehnt. Allerdings legte die Bundesregierung im März 2012 doch einen Gesetzentwurf vor. Dieser Gesetzentwurf ging zwar in die richtige Richtung, aber er kam, wie meine Bundestagskollegin Frau Dr. Martina Bunge im Juni 2011 bei der zweiten Lesung feststellte - ich zitiere - „mindestens zwei Jahre zu spät oder - um es drastisch zu sagen -: bis zu 80 000 Tote zu spät.“
An Krankenhausinfektionen sterben in Deutschland täglich bis zu 100 Menschen. Das sind mehr, als an den Folgen von Verkehrsunfällen, illegalen Drogen, Aids und Suiziden zusammen ums Leben kommen. Damit können wir uns nicht abfinden.
Die Ursachen für diese oft tragischen Ereignisse sind sehr komplex. Antibiotikaresistenz hat viele Ursachen und viele Verursacher - geklärte und ungeklärte.
Die Verwendung von Antibiotika in der Tierhaltung ist ein Aspekt, der immer wieder eine Rolle spielt. Auch das Verordnungsverhalten niedergelassener Ärzte und häufig auch die Vorstellung von Patientinnen, mit Antibiotika schneller wieder arbeitsfähig zu sein, befördern die Entwicklung von Resisten
Allerdings wäre es zu einfach, den Beteiligten und Verantwortlichen Schlamperei vorzuwerfen. Die Vermeidung von Infektionen ist heutzutage eine große Herausforderung für Ärzte und für alle im Gesundheitswesen Tätige.
Multiresistente Keime, die auf vielfältigen Wegen zu den Menschen gelangen und in Krankenhäusern auftauchen, sind nicht als Marker an den Menschen sichtbar. Sie müssen und können in gründlichen Untersuchungen nachgewiesen werden. Dafür gibt es gute Beispiele aus Dänemark und aus den Niederlanden.
Das erfordert allerdings Zeit und speziell qualifiziertes Personal. Daran hapert es in vielen Kliniken. Der mit der Privatisierung im Gesundheitswesen einhergehende Druck, nicht nur wirtschaftlich vernünftig, sondern profitabel arbeiten zu müssen, verschärft das Problem.
Auch der in den letzten zehn Jahren bundesweit erfolgte Abbau von mehr als 50 % der Lehrstühle für Hygiene- und Umweltmedizin muss rückgängig gemacht werden; denn ohne entsprechende Fachkompetenz kann die Situation nicht verbessert werden.
Das Infektionsschutzgesetz, das letztes Jahr in Kraft trat, sieht unter anderem vor, dass die Länder bis zum 31. März 2012 - wir hörten es schon mehrmals - eine Rechtsverordnung erlassen.
Diese Rechtsverordnung wollen wir natürlich kennen lernen. Daher ist der vorliegende Antrag wohl auch als Aufforderung zu verstehen, den Ausschüssen die Verordnung vorzustellen und über weitere Maßnahmen zur Einhaltung des Gesetzes zu berichten.
Auch Projekte, wie das Netzwerk Hygiene in Sachsen-Anhalt, das ich bei meinen Recherchen zu diesem Antrag auf der Homepage der Ärztekammer gefunden habe, sollten in der Ausschussdiskussion eine Rolle spielen.
Weitere wichtige Fragen, wie die nach der finanziellen Absicherung, nach Formen der Kontrolle und Sanktionen sowie nach einer wirksamen und verständlichen Arzneimittelberatung, sollten dabei auch geklärt werden.
Nicht zuletzt dürfte es auch für den Sozialausschuss interessant sein, zu erfahren, wie die Deutsche Antibiotikaresistenzstrategie in der Tierhaltung zur Nahrungsmittelproduktion umgesetzt wird.
Wir stimmen dem Antrag zu und können auch der Qualifizierung des ursprünglichen Antrages durch den Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ
NEN viel abgewinnen. Wir erwarten gespannt die Berichterstattung und hoffentlich auch die Vorlage der Rechtsverordnung in den Ausschüssen.
Vielen Dank, Frau Zoschke. - Bevor wir in der Debatte fortfahren, haben wir gemeinsam die Freude und das Vergnügen, zwei große Besuchergruppen zu begrüßen.
Auf der Südtribüne begrüßen wir herzlich Damen und Herren der CDU-Senioren-Union des Kreisverbandes Dessau-Roßlau.
Auf der Nordtribüne begrüßen wir Seniorinnen und Senioren der Gewerkschaft ver.di aus Dessau und Roßlau.
- Entschuldigung, ich habe mich verlesen. Es sind Seniorinnen und Senioren aus Dessau-Roßlau und Halle.
Wir fahren nun mit der Debatte fort, und zwar mit einem Redebeitrag eines Magdeburger. Für die CDU spricht Herr Schwenke. Bitte schön.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Offensichtlich haben wir bei diesem Thema eher die Chance, dem vorhin von Frau Edler angeführten Tell-Zitat zu entsprechen. Wir scheinen diesbezüglich in die gleiche Richtung zu argumentieren. Dies oder jenes, was bereits gesagt wurde, wird auch in meinem Redebeitrag noch einmal auftauchen. Aber das spricht für die Sache und für die Umsetzung dieser Sache.
Das Thema Antibiotikaresistenzen beschäftigt die Fachwelt schon lange. Die Öffentlichkeit wurde zuletzt vor allem durch tragische Fälle wie den Tod der Frühchen in einem Bremer Krankenhaus aufgerüttelt. Dieser Tod, zumal ein Wiederholungsfall in dieser Klinik, ist offensichtlich auf multiresistente Keime zurückzuführen.
Allein dieser Fall zeigt, wie groß der Handlungsdruck bei diesem Thema ist. Wir wollen uns dieses Themas annehmen, dies aber gleichzeitig auf eine solide, das heißt für uns, vor allem auf eine wissenschaftliche Basis stellen. Auf dieser Grundlage bitten wir die Regierung, Maßnahmen zu initiieren,
Der Bundestag hat - das wurde schon mehrfach gesagt - dieses Thema aufgreifend im letzten Jahr das Gesetz zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes und weiterer Gesetze beschlossen. Darin ist unter anderem festgelegt, dass die Länder bis zum Ende dieses Monats in einer Rechtsverordnung über Hygiene und Infektionsprävention Maßnahmen zur Verhütung, Erkennung, Erfassung und Bekämpfung von nosokomialen Infektionen und Krankheitserregern mit Resistenzen auf den Weg zu bringen haben.
In dieser Verordnung soll und muss es schlicht und ergreifend um klare und bindende Auflagen zur Einhaltung von Hygienemaßnahmen gehen.
Zurzeit stellen viele Studien deutschen Krankenhäusern diesbezüglich im Vergleich zu Krankenhäusern zum Beispiel in den Niederlanden eher schlechte Noten aus.
Außerordentlich bedenklich finde ich es aber zum Beispiel auch, dass sich in Sachsen-Anhalt an der vorhin schon erwähnten, im Jahr 2008 ins Leben gerufenen bundesweiten Aktion „Saubere Hände“ nur ein Drittel der Krankenhäuser beteiligt, obwohl bekannt ist, dass die meisten multiresistenten Keime über die Hände übertragen werden und deshalb vor allem gründliches Händewaschen und Händedesinfektion Grundvoraussetzungen für eine vernünftige Hygiene in Krankenhäusern sind.
Die Redezeit von fünf Minuten lässt es nicht zu, dass ich dieses Thema vertiefe. Wir sollten aber im Rahmen der Berichterstattung im Sozialausschuss sowohl über diese Studien als auch über die Rechtsverordnung und natürlich auch über die positiven Aktivitäten, wie das im Jahr 2010 gegründete Netzwerk Hygiene in Sachsen-Anhalt, sprechen.
Einige Punke möchte ich bereits jetzt anreißen. Antibiotikaresistenzen sind nicht nur in der Humanmedizin, sondern auch in der Veterinärmedizin ein wichtiges Thema. Der Germap 2010, der Bericht über den Antibiotikaverbrauch und die Verbreitung von Antibiotikaresistenzen in der Human- und Veterinärmedizin, bietet aufgrund der enthaltenen Daten einen guten Ansatz, um die derzeitige Situation bei Antibiotikaresistenzen einschätzen zu können.
Dieser Bericht sieht die anhaltende Tendenz, Antibiotika mit einem weiten Wirkungsspektrum einzusetzen, kritisch. In diesem Zusammenhang muss beachtet werden, dass es kein einheitliches Bild gibt. Es muss vielmehr nach Bakterienarten und eingesetzten Antibiotika unterschieden werden.
Bei einigen Bakterienarten ist die Resistenz gegenüber bestimmten Antibiotikawirkstoffen in den letzten Jahren gestiegen, wie zum Beispiel bei speziellen Stämmen von Escherichia coli. Hierbei han