Nun verlangt DIE LINKE, den Begriff Neofaschismus in diese Agenda aufzunehmen. Schon beim ersten Hinsehen fällt auf, dass alle Handlungsaufträge auf einen wirksamen Grundrechteschutz abzielen. Hingegen wollen Sie nun die Agenda um die Bekämpfung einer politischen Ideologie ergänzen.
Als CDU-Fraktion sind wir aber der Auffassung, dass der im Katalog des Mehrjahresrahmens benannte Punkt „Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz“ Ihrem und natürlich auch unserem berechtigten Anliegen Rechnung trägt.
Wir sind gegen jede Form von Diskriminierung, Gewalt und Intoleranz. Deswegen haben wir die Sorge, dass durch einen Verweis auf den politi
schen Begriff Neofaschismus ein missverständliches Signal gesetzt werden könnte; denn aus unserer Sicht erfüllt der Begriff Neofaschismus vor allem zwei Funktionen, insbesondere im gewaltbereiten linksextremen Lager: eine Abgrenzungsfunktion nach außen und eine Mobilisierungsfunktion nach innen.
Uns geht es weder um Abgrenzung nach außen noch um Mobilisierung nach innen. Wir wollen ein Europa der Grundrechte und der Freiheit, wir wollen ein Europa, in dem diese Grundrechte wirksam geschützt werden. Anstatt also die Betrachtung auf die verachtenswerte Ideologie des Faschismus, des Neofaschismus zu kaprizieren wird das Augenmerk der Grundrechteagentur ganz bewusst auf zentrale Schutz- und Abwehrrechte der Individuen gelenkt.
Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Diskriminierung, Intoleranz und Gewalt haben in einem freiheitlichen Europa keinen Platz, meine sehr verehrten Damen und Herren. Wir werden den Antrag der LINKEN aus formalen und aus den eben genannten Gründen ablehnen. - Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Kurze. - Für die Fraktion DIE LINKE spricht jetzt noch einmal Herr Czeke. Bitte schön.
Herr Präsident! Was nicht sein kann, das nicht sein darf: eine Verbesserung auf europäischem Parkett, und das noch durch DIE LINKE.
Ich möchte zwei Dinge gegenüberstellen. Kollege Kurze hat eben angesprochen, dass der Weg über die Europakammer möglich sei. Bei dem Thema „Lärmbedingte Betriebsbeschränkung auf Flughäfen“ ist im Auskunftsverfahren über die Europakammer tatsächlich noch eine Stellungnahme zusammengekommen. Bei dem Wunsch unsererseits, das bei dem jetzt in Rede stehenden Thema zu erreichen, zieht man sich auf rechtliche Grundlagen zurück.
Ja, wir haben von dem schwierigen Prozedere gesprochen. Ich habe auch erklärt, dass über das Frühwarnsystem - dies ist vor nicht allzu langer Zeit im Lissabon-Vertrag festgelegt worden - eine Beteiligung des Landtages erreicht werden kann, und zwar nur darüber. Ansonsten gilt eben, liebe Kolleginnen und Kollegen: Nur die Bundesrepublik Deutschland ist Mitglied der Europäischen Union und nicht der Landtag von Sachsen-Anhalt.
Herr Robra, selbstverständlich gab es eine direkte Absprache mit Sachsen - das ist überhaupt kein Geheimnis -; denn - ich habe es vorhin zitiert - es muss eine Mindestanzahl von Stellung nehmenden
Gebietskörperschaften geben. Wenn sich nur Sachsen gemeldet hätte, dann hätte man im Bundesrat gesagt: Das war nur einer. Es müssen aber mehrere sein.
Aufgrund der Frist von acht Wochen, die nun wahrlich knapp bemessen ist, haben wir gesagt: Okay, wir werden dieses Prozedere testen.
Herr Kurze, Ihnen kann ich nur bescheinigen: Sie haben den Antrag überhaupt nicht gelesen. Sie sprechen immer von einer Rüge. Wir haben Bedenken angemeldet, diese sind deutlich unterhalb der Rüge angesiedelt.
Herr Striegel, das ist wie mit der Kunst: Wenn Kunst zum Nachdenken anregt, dann ist das gut und richtig. Ich denke, das ist bei den Kolleginnen und Kollegen jetzt der Fall gewesen. Ich wollte mich nicht und gerade mit Ihnen nicht auf eine Diskussion über die Definition einlassen. Dies wäre ein Thema für den Ausschuss und nicht für das Hohe Haus.
Mit Blick auf die föderale Struktur ist es nun einmal so, dass wir das Frühwarnsystem nutzen sollten. Sie sprachen bereits an, was einem alles passieren kann, wenn man wie in Dresden zu zivilem Ungehorsam aufruft. Die Aufhebung der Immunität eines Abgeordneten ist nun wahrlich noch das Uninteressanteste.
Die Präsidentin sprach gestern bei der Ankündigung der Schweigeminute um 12 Uhr von einem machtvollem Zeichen dieses Hohen Hauses gegenüber den Opfern der Zwickauer Terrorzelle. Wir hätten jetzt die Chance gehabt, hier und heute parlamentarisch nachzusteuern. Wenn Sie dazu nicht bereit sind - - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Ein Antrag auf Überweisung wurde nicht gestellt. Deshalb stimmen wir jetzt über den Antrag in der Drs. 6/811 direkt ab. Wer dem Antrag der Fraktion DIE LINKE zustimmt, den bitte ich um das Kartenzeichen. - Das ist die Fraktion DIE LINKE. Wer stimmt dagegen? - Das sind die Koalitionsfraktionen und die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Wer enthält sich der Stimme? - Niemand. Damit ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt worden.
Kommunale Daseinsvorsorge nicht über EUWettbewerbsrecht aushebeln: Subsidiaritätsrüge zum „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Konzessionsvergabe“
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Kurz vor Weihnachten 2011 hat die EU-Kommission einen Richtlinienvorschlag herausgegeben, der es tatsächlich in sich hat. Unter dem unscheinbaren Titel „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Konzessionsvergabe“ geht es um elementare kommunale Aufgaben der öffentlichen Daseinsvorsorge wie Wasserversorgung, Abwasserentsorgung, Energie und Gesundheitsversorgung. Die Richtlinie ist Teil eines Pakets mit zwei weiteren Richtlinienvorschlägen zur öffentlichen Beschaffung und Vergabe.
Bevor ich zum Inhaltlichen komme, zunächst kurz zur parlamentarischen Einordnung. Am 11. Januar 2012 ist dieser Richtlinienvorschlag im Rahmen des Frühwarnmechanismus über die Landesregierung ins LIV eingestellt worden. Die Frist zur Stellungnahme endet bereits am 7. März. Das Prozedere der Mitsprachemöglichkeiten, Fristen und Bedingungen bei Frühwarndokumenten habe ich bereits vor der Mittagspause, unter dem vorangegangenen Tagesordnungspunkt, erläutert. In diesem Fall ist es aber wenigstens verfahrenstechnisch einfacher als bei der Grundrechteagentur, weil aus unserer Sicht politische Kritik und Subsidiaritätsverletzung eindeutig zusammenfallen.
Am kommenden Freitag, dem 2. März, steht der Richtlinienvorschlag zur Konzessionsvergabe als Tagesordnungspunkt 29 auf der Tagesordnung des Bundesrates. Die beteiligten Bundesratsausschüsse haben sich in der vergangenen Woche mehrheitlich für eine Subsidiaritätsrüge ausgesprochen, wie übrigens auch der federführende Wirtschaftsausschuss des Bundestages.
Wir rennen mit unserem Antrag also offenbar offene Türen ein, weshalb der Alternativantrag der Koalitionsfraktionen für uns nicht nachvollziehbar ist - dazu komme ich aber noch am Ende meiner Rede -, denn wir sehen in dieser Sache das seltene Übereinstimmen von Landtagsopposition und Landesregierung, und das in einer EU-Angelegenheit.
mehrfach versucht, die Konzession für Dienstleistungen dem Wettbewerbs- und Vergaberecht zu unterwerfen. Bisher ohne Erfolg. Das EU-Parlament lehnte in seinem Rühle-Bericht im Mai 2010 eine EU-weite Verrechtlichung von Dienstleistungskonzessionen ab. Auch der Bundesrat hat sich mehrfach eindeutig gegen eine EU-Initiative gewandt, zuletzt im Februar 2011, nachzulesen in der Bundesratsdrucksache 689/10.
Ebenso lehnen zahlreiche Verbände der Energie- und Wasserwirtschaft, die kommunalen Spitzenverbände, Gewerkschaften sowie der Verband kommunaler Unternehmen eine derartige Regelung eindeutig ab. Nichtsdestotrotz versucht es die Kommission aktuell erneut.
Konzessionen - was ist darunter eigentlich zu verstehen? Aufgrund prekärer Haushaltslagen haben in den letzten Jahren die meisten Kommunen die Energie- und Gesundheitsversorgung an private Dritte per Konzession vergeben. In vielen Kommunen laufen diese Konzessionen, die auf etwa 20 Jahre angelegt sind, auch viele in SachsenAnhalt, in den Jahren 2012/2013 aus.
Vor dem Hintergrund zunehmender Rekommunalisierungsbestrebungen aufgrund der Erfahrungen mit Privatisierung oder PPP bestünde jetzt die Gelegenheit für die Kommunen, derartige öffentliche Güter wieder im Eigenbetrieb zur Verfügung zu stellen. Vielerorts werden durch Volksentscheide wie in Leipzig, Dresden, Stuttgart, Berlin oder Hamburg solche Entscheidungen auch gegen Rats- oder Senatsbeschlüsse durchgesetzt. Dabei geht es ihnen um Mitbestimmung und Mitgestaltung insbesondere bei der viel beschworenen Energiewende. Die Entscheidungshoheit der Kommunen, wie und ob Konzessionen vergeben werden, würde mit dieser Richtlinie eingeschränkt.
Die kommunalen Spitzenverbände befürchten insbesondere, dass das Recht der Kommunen beschnitten werden könnte, Konzessionen an kommunale Betriebe oder Zweckverbände zu erteilen.
Die Europäische Kommission begründet ihren Vorstoß mit erheblicher Rechtsunsicherheit bei Konzessionsvergaben. Dabei gibt es eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes speziell zu einer Angelegenheit aus dem Bereich der Wasserwirtschaft, in der der EuGH es öffentlichen Auftraggebern freistellte, eine gemeinwirtschaftliche Leistung mittels einer Konzession zu erbringen, wenn sie sind der Auffassung sind, dass die Erbringung dieser Leistung so am besten sicherzustellen sei - unter dem Zeichen EuGH C-206/08 vom 10. September 2009 nachzulesen.
Diese Entscheidung ist vor dem Hintergrund der neuen Rechtslage durch den Lissabon-Vertrag zu verstehen. Dieser stärkt eigentlich das Selbstverwaltungsrecht lokaler und regionaler Gebietskörperschaften sowie das Subsidiaritätsprinzip nach
Im Protokoll zum Lissabon-Vertrag über Dienste von allgemeinem Interesse wird in Bezug auf Dienste von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse der Ermessensspielraum der nationalen, regionalen und lokalen Behörden herausgestellt, diese Dienste den Bedürfnissen der Nutzer entsprechend zur Verfügung zu stellen, in Auftrag zu geben und zu organisieren. Zu diesen Diensten zählen auch die Trinkwasserversorgung und die Abwasserentsorgung.
Dienstleistungskonzessionen unterscheiden sich von öffentlichen Aufträgen dadurch, dass der Leistungserbringer nicht von der öffentlichen Hand, sondern direkt vom Nutzer seiner Leistung bezahlt wird. Bisher müssen aufgrund der europäischen Rechtsprechung bei der Erteilung von Dienstleistungskonzessionen bereits die allgemeinen Grundsätze der Dienstleistungsfreiheit, nämlich Transparenz und Nichtdiskriminierung, berücksichtigt werden, nicht aber das formalisierte europäische Vergaberecht.
Mit dem Richtlinienvorschlag geht die Kommission deutlich über die Rechtsprechung des EuGH hinaus und will europaweite Konzessionsmärkte herstellen. Ein konkretes Vergabeverfahren sieht der Entwurf nicht vor, allerdings wird eine Mindestfrist zur Einreichung von Teilnahmeanträgen am Vergabeverfahren von 52 Tagen vorgesehen.
Mit dem jetzt unterbreiteten Richtlinienvorschlag verfolgt die EU-Kommission ihre Pläne, öffentliche Daseinsvorsorge zumindest teilweise zu liberalisieren. Für eine direkte Marktöffnung fehlt nach wie vor der politische Wille in den Mitgliedsstaaten und im Europäischen Parlament. Genutzt wird daher das Instrument des Wettbewerbs und insbesondere des Vergaberechts. Deutlich wird dies an den Zielen des Richtlinienvorschlags.
Dieser Vorschlag verfolgt nach eigenen Angaben der EU-Kommission das Ziel, eine Direktvergabe von Dienstleistungskonzessionen zu unterbinden. Vielmehr sollen PPP-Modelle gestärkt werden.