Dass wir als Land mit der Privatisierung der BVVG grundsätzliche Probleme haben, dass wir privatisieren möchten, wie es die berufsständischen Organisationen möchten, nämlich in kleineren Losen, um die Liquidität der Betriebe nicht überstark zu beanspruchen, betone ich an dieser Stelle noch einmal ausdrücklich. Wir halten deshalb auch an der Zielsetzung der Übernahme der BVVG-Flächen fest und erfahren zunehmend Unterstützung durch andere Bundesländer - Brandenburg, wo, Herr Krause, Ihre Partei mitregiert, beteiligt sich daran leider nicht - und sind dabei, die nächsten Gespräche mit dem Bund vorzubereiten.
Was spricht des Weiteren dafür, die Möglichkeit des Direktverkaufs auf 100 ha zu begrenzen? - Meine Damen und Herren! Landwirtschaftliche Organisationen klagen zunehmend über die stärkere liquiditätsseitige Belastung der Betriebe durch Flächenkauf. Der Durchschnittspreis für landwirtschaftliche Flächen bei Käufen von der BVVG lag im Jahr 2010 bei 14 000 € je ha. Das heißt, wenn wir über einen Flächenkauf von 100 ha diskutieren, diskutieren wir über 1,4 Millionen € und wenn wir über 200, 300 ha reden, über mehrere Millionen.
Meine Damen und Herren! In Spitzenregionen werden 25 000 bis 30 000 € je Hektar gezahlt. Das heißt, ein Kauf in dieser Größenordnung würde die Liquidität der Betriebe in erheblicher Weise beanspruchen. Diese Liquidität ist in der Regel in den Betrieben auch gar nicht gegeben, meine Damen und Herren. Ob Banken das finanzieren würden angesichts unklarer Perspektiven der EU-Agrarpolitik, steht noch auf einem völlig anderen Blatt.
Was kann das zur Folge haben? - Wer Agrarfachzeitschriften liest, weiß, dass reichlich Interesse bei externen Kapitalanlegern besteht, sich in unsere Betriebe einzukaufen. Das kann gerade nicht das Ziel der Agrarpolitik des Landes SachsenAnhalt sein, meine Damen und Herren.
Wir wollen über großzügige Direktkaufregelungen externe Kapitalanleger gerade nicht einladen, in Sachsen-Anhalt aktiv zu werden. Wir wollen eine Landwirtschaft, die in und mit dem Dorf lebt und wirtschaftet, und keine fremdbestimmte Landwirtschaft meine Damen und Herren.
Ich befinde mich da auch in Übereinstimmung mit meinem mecklenburgischen Kollegen Till Backhaus, der sich ebenfalls dahin gehend geäußert hat, dass mit einem Erwerb der Grundstücke durch Kapitalanleger die Landwirtschaftsbetriebe dauerhaft in deren Abhängigkeit geraten. Das kann nicht das Ziel unserer Agrarpolitik sein.
Wer eine mit der Region, mit dem Ort verbundene Landwirtschaft will, wer will, dass Wertschöpfung im ländlichen Raum bleibt, der muss für Maßnahmen sein, die Kapitalanleger abschrecken und nicht anlocken, der muss für Maßnahmen sein, die Aktiengesellschaften abschrecken und nicht anlocken. Deshalb gibt es gute Gründe für diese Regelung, wie wir sie getroffen haben.
Meine Damen und Herren! Außerdem: Wäre es denn so verkehrt, wenn durch die Begrenzung des Direktverkaufs auf 100 ha und verstärkte Ausschreibungen dem einen oder anderen landwirtschaftlichen Betrieb, der bisher nicht in den Genuss der Pacht von BVVG-Flächen gekommen ist, die Chance gegeben würde, BVVG-Flächen für sein Unternehmen zu erwerben? - Das würde auch
Meine Damen und Herren! Der Boden ist die Existenzgrundlage unserer landwirtschaftlichen Betriebe. Er ist nicht vermehrbar, und deshalb müssen wir sehr sorgsam beobachten, in welche Hände der Boden kommt.
Ich bin der Bundesregierung außerordentlich dankbar, dass sie derzeit eine Untersuchung über den Einfluss außerlandwirtschaftlicher Investoren auf dem Bodenmarkt durchführt, die zum Ende des dritten Quartals 2011 erstellt sein soll. Ich bin ebenfalls sehr dankbar, dass der Bundesverband der Landgesellschaften eine Studie in Auftrag gegeben hat, die sich der Frage widmet, ob die derzeitigen gesetzgeberischen Instrumente zur Beeinflussung des Bodenmarkts, nämlich Vorkaufsrecht, Landpachtverkehrsgesetz und Grundstückverkehrsgesetz, überhaupt zur Bewältigung der Herausforderungen der heutigen Zeit auf dem Bodenmarkt in den neuen Bundesländern noch geeignet sind.
Gegebenenfalls - das sage ich offen - müssen wir diesbezüglich auch landespolitisch tätig werden. Wir haben jetzt mehr Kompetenzen in diesem Bereich. Ich sehe den Ergebnissen der Gutachten mit großem Interesse entgegen und freue mich auf eine intensive Diskussion dieser Thematik im Parlament.
Aus diesem Grunde begrüße ich auch den Antrag der Fraktionen der CDU und der SPD, die mit all diesen Fragen im Zusammenhang stehenden Themen im Agrarausschuss des Landtages zu erörtern. Das ist der richtige Weg, meine Damen und Herren.
Im Übrigen, Herr Krause, weiß ich auch, dass es im Berufsstand durchaus kritische Stimmen gibt, auch im Bauernverband, zumeist natürlich von Betroffenen. Aber, meine Damen und Herren, ich stehe auch selbstverständlich den Verbänden für Gespräche zur Verfügung, wenn sie das wünschen, diese Themen zu erörtern.
Zum Abschluss mache ich noch einige politische Bemerkungen. Ich komme damit wieder zum Ausgangspunkt zurück. Ich finde es schon bemerkenswert, dass die Fraktion DIE LINKE diesen Antrag stellt.
Ich darf daran erinnern, dass sie die Bodenreform, die in der Zeit zwischen 1945 und 1949 unter sowjetischer Besatzung stattfand, bisher immer mit Klauen und Zähnen verteidigt hat. Damals fand eine Enteignung von Landwirten statt, die nur einen Fehler hatten: Sie besaßen mehr als 100 ha. Und es gehört auch zur Wahrheit, dass DIE LINKE, wie wir von Herrn Krause wieder gehört haben und wie wir jüngst während der Diskussion über das Flächenerwerbsänderungsgesetz erlebt haben, vehe
Meine Damen und Herren! Ich finde, es ist ein sehr erstaunlicher Gesinnungswandel, der nach meiner Auffassung erklärungsbedürftig ist, wenn Sie jetzt für einen Flächenerwerb von mehr als 100 ha im Direktverkauf eintreten. Erklärungsbedürftig ist, wie Sie plötzlich Ihre Liebe für Eigentumsformen mit mehr als 100 ha entdeckt haben, im Gegensatz zu der Bewertung der Bodenreform durch Ihre Partei.
Ich bin der Überzeugung, dass die einvernehmlich getroffene Regelung für die öffentliche Hand und unter agrarstrukturellen und agrarpolitischen Aspekten richtig ist. Sie ist auch ein Ausdruck der Favorisierung ortsansässiger und in regionalen Gemeinden verwurzelter Unternehmen, wie wir es im Koalitionsvertrag vereinbart haben. - Herzlichen Dank.
Danke sehr, Herr Minister. - Wir treten jetzt in eine Fünfminutendebatte ein. Da der Minister die Redezeit deutlich überzogen hat, wäre es auch möglich, Redezeitüberschreitungen der Abgeordneten zu tolerieren, wenn jemand gar nicht mit den fünf Minuten Redezeit auskommt. Als erster Debattenredner spricht der Abgeordnete Herr Barth für die SPD-Fraktion.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ja, Herr Krause, wir haben uns in der letzten Legislaturperiode schon des Öfteren mit diesem Thema befasst. Da haben Sie vollkommen Recht. Aber das wird wahrscheinlich das Einzige bleiben, bei dem wir bei diesem Thema einer Meinung sind.
Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will noch einmal die Fakten aufzählen. Wie gesagt, der Landtag hat während der fünften Wahlperiode in der 87. Sitzung einen Beschluss unter der Überschrift „Sicherung der Existenzbedingungen ortsansässiger landwirtschaftlicher Unternehmen bei der Verwertung von BVVG-Flächen“ gefasst. Dieser Beschluss beinhaltet - ich rufe es noch einmal ins Gedächtnis zurück -, dass sich die Landesregierung gegenüber der Bundesregierung dafür einsetzt, dass die weitere Verwertung der BVVGFlächen nicht zur Existenzgefährdung landwirtschaftlicher Unternehmen in Sachsen-Anhalt führt.
Die Landesregierung wird des Weiteren beauftragt, die Verhandlungen mit der Bundesregierung intensiv weiterzuführen, um die BVVG-Flächen in das Eigentum des Landes und der Landgesellschaft zu überführen. Ich denke einmal, wenn uns das kurz- oder mittelfristig gelingt, dann sind die Probleme,
die hier heute auch angesprochen wurden, weitgehend vom Tisch; denn dann haben wir Zeit und Ruhe, die Privatisierung dieser Flächen durch unsere Landgesellschaft durchzuführen.
Der dritte Punkt dieses Beschlusses beinhaltet die Prüfung, inwieweit das Grundstückverkehrsgesetz, das Landpachtverkehrsgesetz und das Reichssiedlungsgesetz noch den heutigen Erfordernissen entsprechen oder gegebenenfalls modifiziert werden sollten.
Wie man sieht, ist mit diesem Beschluss eigentlich schon alles abgedeckt. Aber gut, wir haben die sechste Wahlperiode und damit neues Spiel, neues Glück.
Meine Damen und Herren! Dieser Beschluss gilt und die SPD-Landtagsfraktion steht uneingeschränkt zu diesem Beschluss. Mit der Überführung der BVVG-Flächen in das Eigentum des Landes bzw. der Landgesellschaft würden sich deutlich mehr Einflussmöglichkeiten bei der Verpachtung und Privatisierung der BVVG-Flächen ergeben. Das ist logisch, weil es eine Landesgesellschaft ist.
Die Fraktionen der CDU und der SPD haben sich in ihrem Koalitionsvertrag dazu bekannt, ortsansässige und im regionalen Gemeinleben verwurzelte Unternehmen gleich welcher Rechtsform zu favorisieren. Dieses Leitbild der Koalition ist eine agrarstrukturelle Vorgabe, die entsprechend zu berücksichtigen ist.
Der von der Fraktion DIE LINKE eingebrachte Antrag richtet sich gegen eine Regelung im Rahmen des Flächendirekterwerbs, die von der Landesregierung in Abstimmung mit den Berufsverbänden getroffen wurde. Ich sage es an dieser Stelle noch einmal deutlich: Auch der Bauernverband hat dieser Regelung zugestimmt. Manches Mitglied dieses Verbandes mag wehklagen. Aber letztlich ist dort zugestimmt worden.
Die Begrenzung des Flächendirekterwerbs auf 100 ha hat ohne Zweifel Vor- und Nachteile. Das bestreiten auch wir nicht. Einerseits ist eine breite Eigentumsstreuung im Bereich der landwirtschaftlichen Flächen aus unserer Sicht durchaus wünschenswert. Andererseits kann diese Regelung bei den Unternehmen, welche die Flächen derzeit pachten, zu Produktionseinschränkungen führen, die insbesondere bei einer hohen Arbeitsintensität und Wertschöpfung unter agrarstrukturellen Gesichtspunkten nicht gewollt sind. Aber ich denke, Herr Minister Aeikens hat dargelegt, dass es hier auch Ausnahmeregelungen gibt. Wenn die Existenz gefährdet ist, dann müssen eben Ausnahmeregelungen getroffen werden.
Von der Begrenzung des Flächendirekterwerbs sind in Sachsen-Anhalt etwa 150 bis 160 Unternehmen betroffen. Dazu muss ich jetzt nichts weiter ausführen. Das hat der Minister schon ge
macht. Er hat auch darauf hingewiesen, dass 80 % der Unternehmen keine BVVG-Flächen benutzen und damit auch keine Chancen haben, sich im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens um diese Flächen zu bewerben.
Von der Hand zu weisen ist auch nicht, dass Unternehmen, die Flächen in einer Größenordnung von 450 ha von der BVVG erworben haben, für Bodenfonds deutlich attraktiver sind. Auch diese Gefahr besteht. Wir als Landwirtschaftsexperten wissen, welche Dinge in den einzelnen Betriebsformen ablaufen. Darüber können wir uns im Ausschuss sicherlich noch intensiver unterhalten.
Also wie gesagt, in der Regel ist auch dies mit einer erheblichen Aufnahme von Verbindlichkeiten verbunden. Das ist natürlich auch für diesen oder jenen Betrieb existenzbedrohend. Ich möchte einmal sehen, wie sie die Verbindlichkeiten bedienen wollen, wenn sie sich so hoch belastet haben, wenn einmal eine Ernte ausfällt.
Der Alternativantrag der Koalitionsfraktionen hat zum Ziel, dass sich der Agrarausschuss mit den Gründen für die Sonderregelung sowie den sich daraus ergebenden Wirkungen befasst. Das wollen wir auch. Die von der Fraktion DIE LINKE geforderte pauschale Abschaffung der Sonderregelung lehnt die SPD ab. Wir wissen, dass wir eine Regelung, die von allen Beteiligten als gerecht empfunden wird, nicht hinbekommen werden.
Wir sollten im Rahmen der Ausschussbehandlung der Frage nachgehen, ob eine weitere Differenzierung des Flächenerwerbs im Hinblick auf die Kriterien Arbeitsintensität und Wertschöpfung notwendig und verwaltungsmäßig umsetzbar ist. Das ist sicherlich wichtig und richtig.
In diesem Zusammenhang ist eine weitere Verständigung mit den Berufsverbänden sicherlich hilfreich. Der Herr Minister hat es auch angeboten. Wir haben das agrarpolitische Ziel, Arbeitsplätze und Wertschöpfung im ländlichen Raum zu entwickeln. Auf dieses Ziel sollte auch die Verwertung der BVVG-Flächen ausgerichtet sein.
Danke sehr, Herr Abgeordneter Barth. - Für die Fraktion GRÜNE spricht die Abgeordnete Frau Frederking.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Nachfrage nach landwirtschaftlichen Rohstoffen steigt, ob für Lebensmittel, Futtermittel oder Biomasse. Landwirtschaftliche Flächen werden immer mehr zu einem begehrten Gut, leider auch für Spekulationen. Nun wirft die Fraktion DIE LINKE mit Ihrem Antrag die Frage auf, in welcher Größe die BVVG-Flächen im Direktverkauf von den Pächtern erworben werden können.
Grundsätzlich ist eine Erhöhung der Eigentumsquote als positiv zu bewerten, weil die Betriebe damit weniger Risiken sowie niedrigere Fixkosten haben und auch eine bessere Bonität bei den Banken bekommen.
Aus betriebswirtschaftlicher Sicht ist es gut, wenn sie sich große Flächen als Eigentum sichern können und nicht in den harten Konkurrenzkampf der Ausschreibungen eintreten müssen. Aber ist es wirklich sinnvoll, wenn 160 der landwirtschaftlichen Betriebe in Sachsen-Anhalt - das sind 4 % - mit BVVG-Pachtverträgen für Flächen von mehr als 100 ha großes Eigentum bis 450 ha erwerben könnten?
Eine breitere Eigentumsstreuung würde damit auf jeden Fall erschwert. Größere Agrarbetriebe erhielten durch den Antragsvorschlag einen Vorteil. Wir haben es gehört: Bei begründeten Existenzgefährdungen sind auch derzeit Abweichungen von der 100-ha-Regelung möglich. Auf der anderen Seite fehlen vielen Betrieben wiederum die liquiden Mittel für den Flächenerwerb.