Protocol of the Session on February 23, 2012

Um es kurz zu machen: Ich bitte Sie, unserem Antrag zuzustimmen. - Danke.

(Beifall bei der CDU - Frau Bull, DIE LINKE: Bitte!)

Herr Kollege Schellenberger, möchten Sie eine Frage beantworten?

Ja, ich bekomme bestimmt mehrere. - Frau Dalbert, bitte.

Es sind zwei.

Ach so, Verzeihung.

(Heiterkeit bei allen Fraktionen)

Ich würde jetzt genau diese zwei zulassen wollen. Zunächst Herr Wagner und dann Frau Kollegin Dalbert.

(Zuruf: Einmal Vorsitzender, immer Vorsit- zender!)

Herr Dr. Schellenberger, ich habe nicht ausgeführt, dass ich es gut finde, wenn Lehrer mutwillig und ständig gegen das Urheberrecht verstoßen. Ich habe ausgeführt, dass es der Realität entspricht, dass das an Schulen geschieht, weil anderenfalls Unterricht heutzutage kaum möglich ist - aufgrund des Urheberrechts, wie es sich mittlerweile darstellt.

Sie haben formuliert: Wir wissen, das dürfen wir nicht, aber es findet statt; aber anders geht es nicht. Darin gebe ich Ihnen Recht: So kann man nicht herangehen. Dazu habe ich eine andere Auffassung. Nur weil das Leben so ist, darf ich kopieren, weil ansonsten kein guter Unterricht möglich ist. - Das geht so einfach nicht.

Auch ein Lehrer hat eine Vorbildfunktion. Natürlich brauchen wir guten Unterricht. Wir haben die Aufgabe, das zu gewährleisten. Schauen Sie auf Punkt 2 unseres Antrages. Da mache ich mit.

Das war übrigens heute früh Ihr Eingangsstatement. Dazu hatte ich allerdings kein Rederecht. Ich denke an die Medizingeschichte. Diese Medikamente, die eventuell helfen.

(Herr Striegel, GRÜNE: Generika!)

Weil sie helfen, kann man sie nicht einfach wegkippen. In dem Fall ist das dann Plagiat gut genug, weil es einen Zweck erfüllt. Das finde ich auch ein bisschen schwierig.

Es handelte sich um eine Erläuterung, auf die geantwortet wurde. - Jetzt hat Frau Kollegin Dalbert das Wort.

Herzlichen Dank, Herr Präsident. - Ich habe mich gemeldet, weil heute schon zum zweiten Mal etwas ganz Merkwürdiges passiert ist. Es ist ein Unterschied, ob ich mir das geistige Eigentum eines Menschen aneigne ohne Nennung des Autors - das nennt man Plagiat -, oder ob ich unter Nennung des Autors und der Quelle etwas kopiere, was ich nicht kopieren darf.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

Herr zu Guttenberg, der schon mehrfach erwähnt wurde, hat ein Plagiat abgegeben. Das Problem der Lehrer und Lehrerinnen nicht nur in Sachsen

Anhalt ist, dass sie analoge Materialien beispielsweise nicht digitalisieren dürfen, auch wenn dabei die Quelle genannt wird, und dass sie aus digitalen Lehrmaterialen keine Unterdateien herauslösen können, um sie in ihre eigenen Lehrmaterialien einzufüttern, auch wenn das unter Nennung der Quelle, des Verlages und des Autors geschieht. Es handelt sich hierbei wirklich um zwei paar Schuhe. - Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Danke schön, Frau Kollegin Dalbert. - Wir fahren fort in der Debatte. Als nächster spricht Abgeordneter Herr Graner für die Fraktion der SPD.

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Über die Parallelen zwischen der jetzigen Debatte und der Debatte heute Morgen ist bereits Einiges gesagt worden. Deswegen möchte ich etwas über die Unterschiede sagen. Das Problem, das die Schulbuchverlage haben, ist noch um einiges älter. Denn analoge Kopiertechnik gibt es wesentlich länger als die Möglichkeit, über das Internet oder über den PC Dateien zu reproduzieren.

Ich selbst habe während meiner Studienzeit in den 80er-Jahren des Öfteren am Kopierer gestanden. Ich habe in größerem Umfang Werke aus der Universitätsbibliothek kopiert. Ich habe, wenn ich ein Referat zu halten hatte und ein Thesenpapier erstellen musste, gern ein Schaubild oder eine Grafik aus einem Lehrbuch eingefügt und das Ganze dann 50 Mal für alle Kommilitonen und Kommilitoninnen kopiert. Hatte ich damals ein Unrechtsbewusstsein?

In den Copyshops hingen immer die großen Schilder mit Aufschriften, die auf geistiges Eigentum und Urheberrechte und die entsprechenden Regelungen hinwiesen. Nein, ich hatte kein Unrechtsbewusstsein.

Jetzt kommt die Digitaltechnik dazu und alles wird wesentlich einfacher. Dazu, wie es heute an den Schulen aussieht, haben die Kollegen schon einiges gesagt. Ich glaube, das Kopieren von Materialien aus urheberrechtlich geschützten Werken ist an den Schulen, um es ganz vorsichtig zu formulieren, gang und gäbe. Aber ich muss Ihnen widersprechen, Herr Wagner. Ich habe mir auch aufgeschrieben, was Sie gesagt haben. Sie haben gesagt: Unterricht ohne Urheberrechtsverletzung ist nicht machbar. Diesbezüglich würde ich Ihnen widersprechen.

(Zustimmung bei der SPD)

Das muss auch ohne Urheberrechtsverletzungen gehen.

Frau Dalbert, Sie sagten, dass bei den Kopien immer die Quelle angegeben wird, also nicht so wie bei Herrn zu Guttenberg. Dazu nenne ich Ihnen ein anderes Beispiel. Ich gehe hin und wieder in die Kirche und bei Hochzeitsfeiern oder bei Taufen verteilen manche Leute kopierte Blätter mit Texten von Liedern, die speziell zu diesem Anlass gesungen werden sollen, oder von Gebeten. Darauf steht nie, von wem diese Texte stammen. Das wird einfach kopiert und keiner empfindet dabei Unrecht.

Meine Damen und Herren! Auf die Details dieser Software will ich erst gar nicht eingehen. Dazu ist genug gesagt worden. Es ist auch gesagt worden - das ist ganz wichtig -, dass in vielen Fällen Lehrer selbst die Autoren von Schulbüchern sind. Ich habe bei all meinen Recherchen leider nicht gefunden, ob es eine Stellungnahme des Verbandes Schulbuch schreibender Lehrer zu dieser Software gibt. Allerdings weiß ich auch nicht, ob es diesen Verband wirklich gibt.

Noch eines möchte ich anführen; das betrifft den Begriff des Generalverdachts. Frau Dalbert, auch Sie haben diesen Begriff verwendet. Wenn man diese Software anwendet, so hieß es, würden alle Lehrer unter Generalverdacht gestellt. Soweit ich das verstehe, soll diese Software, wenn sie denn den datenschutzrechtlichen Bestimmungen entspricht, bei einem Anteil von 1 % aller Schulen einmal im Jahr eingesetzt werden. Stehen damit die betroffenen Lehrer unter Generalverdacht?

(Herr Striegel, GRÜNE: Ja, weil es anlasslos ist!)

Aber wenn ich in Magdeburg mit der Straßenbahn fahre, kommt gelegentlich einmal ein Kontrolleur. Ich glaube, er kommt sogar häufiger als bei einem Anteil von 1 % aller meiner Fahrten. Stehe ich dann unter Generalverdacht? Wenn ich auf der Tangente mit dem Auto fahre und dort steht ein Blitzer - stehe ich dann gleich unter Generalverdacht? Ist das ein Problem?

(Zuruf von Herrn Striegel, GRÜNE)

Einen letzten Punkt möchte ich ansprechen. Das betrifft die Lehrmaterialien unter freier Lizenz. Dazu habe ich bisher gehört, dass wir das prüfen müssen und dass das eine gute Idee ist. Ich bin an dieser Stelle etwas skeptischer. Die Stiftung Warentest hat vor einigen Jahren Lehrbücher geprüft. Ich glaube, das waren Lehrbücher für das Fach Biologie. Das Ergebnis war nicht gut. Es wurden ziemlich viele Fehler gefunden, auch sachliche Fehler. Es gab Diskussionen darüber. Vielleicht erinnert sich der eine oder die andere daran.

Wenn wir dann das Ganze unter freier Lizenz gestalten, dann stellt sich die Frage, wer das schreibt. Ich möchte ehrlich gesagt nicht, dass an unseren Schulen ein Arbeitsblatt beispielsweise zur Wannsee-Konferenz verwendet wird, das ir

gendwo aus dem Internet heruntergeladen worden ist. Eine Qualitätskontrolle ist an dieser Stelle notwendig. Wenn wir das alles einführen, dann können wir auch die Schulbücher beibehalten. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Graner, es gibt eine Anfrage zu Ihrer Bemerkung hinsichtlich der kopierten Lieder aus dem Kirchengesangsbuch.

Zunächst eine kurze Bemerkung zu den Blitzern. Ich werde immer nur dann geblitzt, wenn ich zu schnell fahre, also nicht anlasslos.

Von anlasslos habe ich auch nicht gesprochen, sondern von einem Generalverdacht.

Aber es ist der Begriff Generalverdacht gefallen. Es ist kein Generalverdacht, weil nur diejenigen erfasst werden, die am Ende zu schnell gefahren sind.

(Zurufe von der CDU)

Kommen wir zu der Frage des Urheberrechts. Man kann zu dem Vertrag unterschiedliche Meinungen haben; das ist absolut legitim. Aber die Debatten heute Morgen und auch jetzt zeigen, dass das Verständnis in diesem Parlament zum Thema Urheberrecht und seinen Verästelungen ausbaufähig ist.

(Oh! bei der CDU)

Meine Frage: Stimmen Sie mir zu, dass mit Blick auf Dinge an Universitäten, also das Kopieren von Literatur in diesem Bereich, die VG Wort einschlägige Rahmenverträge hat? Stimmen Sie mir auch zu, dass die GEMA für den Kirchenbereich einschlägige Verträge hat, um beispielsweise Kopien von Liedzetteln zu ermöglichen, und dafür eine sehr gute Lösung gefunden wurde, um das Urheberrecht und die Interessen derjenigen, die zum Beispiel Liederbücher herausgeben, zu gewährleisten und trotzdem eine Nutzbarkeit für diejenigen, die Liedzettel in Kirchengemeinden kopieren wollen, zu erreichen? - Herzlichen Dank.

Herr Striegel, ich stimme Ihnen sogar in beiden Punkten zu. Aber ich möchte Folgendes anmerken: Erstens. Auch die Verträge mit der VG Wort ermöglichen nicht das Kopieren in unbegrenztem Maße. Zweitens. Meine Bemerkung zu den Liedtexten bezog sich nicht auf das Urheberrecht, son

dern auf die Anmerkung Ihrer Fraktionskollegin, dass bei Kopien immer der Name des Autors usw. genannt sei. Ich finde, das ist in vielen Fällen nicht so, auch wenn Sie damit Recht haben, dass es in diesem Fall de jure nicht nötig ist.

Danke schön, Herr Kollege Graner. - Zum Abschluss der Debatte spricht die Kollegin Frau Koch-Kupfer.

Es ist zwar etwas ungewöhnlich, dass sich mein Kollege und ich die Arbeit teilen, aber ich glaube, es ist auch notwendig. Denn ich möchte zunächst zu bedenken geben, dass wir alle einmal überlegen sollten, wann wir das letzte Mal tatsächlich eine Schule betreten haben. Ich kann von mir genau sagen, wann das war. Ich weiß auch, wie Unterricht heutzutage vorbereitet werden muss und wie die Anforderungen an einen guten Unterricht heute aussehen.