Protocol of the Session on November 11, 2011

soziale Problemlage, oder: Ich habe mich entsprechend engagiert, ich möchte von den Studiengebühren ausgenommen werden. Andere Hochschulen gehen mit dieser Situation völlig anders um. Das kann man in unserer Anfrage erkennen.

Auch dieser unterschiedliche Umgang führt dazu, dass wir sagen: Es gibt an dieser Stelle eine Ungerechtigkeit im System. Lasst uns die Langzeitstudiengebühren endlich abschaffen!

(Zustimmung bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren! Zukünftig sehe ich weiteren Handlungsbedarf. Wir müssen das System Bachelor/Master weiter flexibilisieren. Dieses starre Festhalten an dem Konstrukt „konsekutiv“ überholt sich derzeit. Das ist eigentlich auch systemfremd.

Ein Bachelor muss in Bezug auf einen fachlich entsprechenden Master immer anschlussfähig sein, egal ob man das konsekutiv organisiert oder nicht, zumal das Wort „konsekutiv“ nur ein Hilfsvehikel war, um diese Reform erst einmal zu implementieren und deutlich zu machen, was die Politik dort möchte.

Wir brauchen also in diesem System eine Flexibilisierung. Dazu gehört auch, dass wir irgendwann diese Grenze aufheben müssen, dass zwei Studien, nämlich Bachelor- und Masterstudiengang, insgesamt nur zehn Semester dauern dürfen.

Erst dadurch wird für die Hochschulen die Freiheit geschaffen, den Bachelorstudiengang anders zu organisieren, ihn vielleicht nicht nur auf sechs Semester zu begrenzen, sondern einen sieben- oder achtsemestrigen Bachelorstudiengang zu implementieren - je nachdem, wie notwendig das für diesen Studiengang ist - und dann trotzdem die Gelegenheit zu haben, ein viersemestrigen Masterstudiengang aufzusetzen. Das ist das eine.

Außerdem müssen wir das Bafög anpassen. Das ist dringend notwendig. Mir ist nicht klar, warum die Familienversicherung oder Integrationshilfen für Menschen mit Behinderung nur für den ersten berufsqualifizierenden Abschluss gelten. Das ist eine Benachteiligung von jungen Menschen, die sich im Studium qualifizieren möchten und eine wissenschaftliche Laufbahn einschlagen wollen. Das können wir so nicht hinnehmen. Da müssen wir ran. Das ist aber nicht nur auf der Landesebene zu behandeln, sondern da müssen wir im Bund ran. Das wird auch ein Thema für die nächsten Jahre sein.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir wollen mit unserer Hochschulgesetznovelle jetzt an den Stellen handeln, an denen man Veränderungen auf Landesebene umsetzen kann, um die Studienbedingungen vor Ort zu verbessern und um den Studierenden ein wenig Erleichterung im Bachelor-Master-System zu verschaffen. - Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke schön, Herr Kollege Lange, für die Einbringung des Gesetzentwurfs.

Wir begrüßen nun Schülerinnen und Schüler der Krankenpflegeschule Aschersleben auf der Besuchertribüne. Außerdem begrüßen wir Schülerinnen und Schüler des Dr.-Frank-Gymnasiums Staßfurt. Herzlich willkommen!

(Beifall im ganzen Hause)

Im Ältestenrat wurde vereinbart, eine Fünfminutendebatte zu führen. Die Fraktionen sprechen in der Reihenfolge SPD, GRÜNE, CDU und LINKE. Für die Landesregierung spricht Herr Minister Dr. Aeikens.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich spreche in Vertretung der Kollegin Wolff, die auf dem Wege hierher ist. Sie hatte bei ihrer Terminplanung die erfreuliche Beschleunigung bezüglich der Abarbeitung der Tagesordnung im Hohen Haus nicht berücksichtigen können.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Na ja!)

Meine Damen und Herren! Konstruktive Anregungen zur Weiterentwicklung unseres Hochschulgesetzes sind grundsätzlich immer willkommen. Deshalb kann man sich zunächst über den Gesetzentwurf freuen - ein Votum, das allerdings bei näherer Betrachtung deutlich differenzierter ausfällt.

Zum ersten Punkt des Gesetzentwurfes: Teilzeitstudium. Das Hochschulgesetz ermöglicht bereits jetzt ein Teilzeitstudium. Diese Möglichkeit wird von den Hochschulen des Landes auch genutzt. Über die Einrichtung und Ausgestaltung von Teilzeitstudiengängen entscheidet die jeweilige Hochschule.

Allerdings ist es für die Hochschulen organisatorisch nicht immer möglich, Vollzeitstudiengänge passgenau in Teilzeitstudiengänge umzuwandeln. Es gibt eine Grenze für das Angebot an Teilzeitstudiengängen. Diese liegt genau an der Stelle, an der die Vollzeitstudiengänge beeinträchtigt würden. Dies würde eines der ursprünglichen Ziele der Bologna-Reform, das Absolventenalter zu senken, infrage stellen.

Zu berücksichtigen ist bei einer Erweiterung des Angebots an Teilzeitstudiengängen auch, dass die gesamte Studienfinanzierung, wie zum Beispiel die Regelungen des Bafögs, mit bedacht und neu justiert werden müsste. Das sind dicke Bretter, wenn man hier eine nachhaltige Lösung finden will, die allen Interessen in einem ausgewogenen Maße gerecht wird und die sich von den Hochschulen auch in dem vorhandenen finanziellen Rahmen realisieren lässt. Der vorliegende Entwurf der LIN

KEN macht es sich diesbezüglich etwas zu einfach, Herr Lange.

Zum zweiten Punkt. Es liegt auch im Interesse der Landesregierung, den Übergang vom Bachelor- zum Masterstudiengang rechtssicher zu erleichtern. Hierzu werden derzeit von Hochschulen und Ministerium mögliche Modelle geprüft.

Denkbar wäre etwa eine Regelung, nach der die Zulassung zu einem Masterstudiengang beantragt werden kann, wenn der Bachelorabschluss wegen des Fehlens einzelner Prüfungsleistungen noch nicht vorliegt, aber zu erwarten ist, dass dieser aufgrund der bisherigen Prüfungsleistungen vor Beginn des Masterstudiums erreicht wird.

Der Verweis auf die Durchschnittsnote, wie es in Ihrem Gesetzentwurf vorgesehen ist, macht dabei allerdings keinen Sinn mehr, da zukünftig nicht mehr eine Durchschnittsnote, sondern eine relative Note nach einem europäischen Standardsystem eine Rolle spielen wird. Dennoch sollte man zu dem Thema Übergang im Rahmen der nächsten Hochschulgesetznovelle Verbesserungen vornehmen.

Kritisch ist dagegen der Aspekt der Privilegierung von Absolventen der Landeshochschulen zu sehen. Natürlich freuen sich unsere Hochschulen über jeden Bachelorabsolventen, der bei uns bleibt. Aber ein gesetzlicher Zulassungsanspruch für eigene Absolventen zu einem konsekutiven Masterstudiengang ein Jahr nach dem Bachelorabschluss dürfte einerseits rechtlich unzulässig sein; andererseits ist Mobilität gerade bei jungen Menschen ebenso wie der nationale oder internationale Austausch der Studierenden absolut wünschenswert.

Wir wollen die Besten für unsere Masterstudiengänge aus unserem Bundesland, aber auch aus anderen Bundesländern und anderen Staaten. Wir müssen dafür sorgen, dass die Studiengänge in unserem Land so attraktiv sind, dass jeder - egal, woher die Vorqualifikation stammt - gern hier studieren möchte.

Die Zahlen der Studienanfänger gerade in diesem Herbst zeigen uns erfreulicherweise, dass wir als Studienland Sachsen-Anhalt sehr attraktiv sind, worüber wir uns gemeinsam freuen sollten.

(Zustimmung bei der CDU und von der Re- gierungsbank)

Zum dritten Punkt. Ihre Forderung nach einem Verzicht auf alle Studiengebühren kommt mit einer gewissen Regelmäßigkeit. So ist darüber hier im Plenum in 2004, 2005, 2006 und 2007 diskutiert worden - jetzt also in 2011 erneut.

(Zustimmung von Herrn Lange, DIE LINKE)

Richtig ist, in Sachsen-Anhalt ist das Studium bis zum ersten berufsqualifizierenden Hochschulabschluss in einem konsekutiven Bachelor- oder

Masterstudiengang auch bis zum zweiten Hochschulstudienabschluss gebührenfrei. Das wissen Sie auch. Das war übrigens immer so.

Seit 2004 werden in Sachsen-Anhalt allerdings Langzeitstudiengebühren erhoben, sofern die Regelstudienzeit um mehr als vier Semester überschritten wurde. Das heißt, man kann bei einem sechssemestrigen Bachelorstudiengang um zwei Drittel überziehen und bei einem viersemestrigen Masterstudiengang noch einmal um vier Semester. Wenn man es also darauf anlegt, kann man vier Jahre überziehen, ohne etwas zu zahlen, wobei wir hierbei ohnehin nur von einem bei weitem nicht kostendeckenden Betrag von 500 € pro Semester reden.

Ziel ist es auch, die Hochschulen und die Studierenden zu einem sorgsamen Umgang mit öffentlichen Ressourcen zu veranlassen. Die Hochschulen haben über die Zielvereinbarungen Anreize, ein Studium in der Regelstudienzeit zu ermöglichen. Die Studierenden hält eine nach Auffassung der Landesregierung vertretbare Gebühr von ausufernden Überschreitungen der Regelstudienzeit ab.

Wer trotzdem länger studiert, weiß, dass er die dann entstehenden Kosten zum Teil individuell zahlen muss und sie nicht vollständig auf die Allgemeinheit abschieben kann. Das ist vernünftig und vertretbar.

(Zustimmung bei der CDU - Herr Borgwardt, CDU: So ist das!)

Außerdem wäre eine Aufhebung der Langzeitstudiengebühren mit dem Ziel der Studienreform, auf kürzere Studienzeiten hinzuwirken und das Absolventenalter zu senken, nicht zu vereinbaren. Eine Aufhebung der derzeitigen Langzeitstudiengebühren sollte aus diesen Gründen nicht erfolgen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Gesetzentwurf der Fraktion DIE LINKE enthält punktuell interessante Ideen,

(Zustimmung von Herrn Gebhardt, DIE LIN- KE)

andere Punkte sind weniger zielführend. Eine intensive Beratung darüber wird im Ausschuss erfolgen. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Minister Dr. Aeikens. - Wir treten in die Debatte ein. Zunächst spricht für die Fraktion der SPD Frau Kollegin Dr. Pähle.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordneten! Lassen Sie mich meinen Beitrag mit zwei Anmerkungen beginnen, über die in diesem Hohen Haus Einigkeit bestehen dürfte.

Erstens. In den Zeiten des Fachkräftemangels muss es unser gemeinsames Ziel sein, immer mehr Menschen den Zugang zu den Hochschulen zu ermöglichen und ihnen die Gelegenheit zu geben, dort einen Abschluss zu erreichen.

Zweitens. Das Leben ist bunt. So sind auch das Leben und die Lebenslagen von Studentinnen und Studenten bunt und sie werden zunehmend bunter.

Was meine ich damit? - Zwar sind an unseren Hochschulen die Vollzeitstudierenden immer noch in der Mehrheit. Aufgrund von veränderten Lebenslagen - es gibt immer mehr Studierende mit Kindern - werden aber auch jene Studierendengruppen größer, die auf das Angebot eines Teilzeitstudiums angewiesen sind oder für die ein Teilzeitstudium attraktiv ist.

So nutzen wir alle gern das Bild des lebenslangen Lernens. Das heißt aber in der Konsequenz auch, dass wir die Möglichkeit eines berufsbegleitenden Studiums in Teilzeit an unseren Hochschulen auf rechtlich gesicherte Füße zu stellen haben.

Herr Minister hat allerdings ausgeführt, dass diese Regelung viele andere gesetzliche Regelungen nach sich zieht, wie Änderungen im Bafög. Von der Warte her kann nicht erwartet werden, dass eine Änderung im Hochschulgesetz des Landes Sachsen-Anhalt zu einer umfassenden Lösung führt. An dieser Stelle springt der Entwurf der LINKEN etwas zu kurz.

Auch der in vielen Fällen aus organisatorischen Gründen holprige Übergang vom Bachelor- zum Masterstudium muss rechtlich geglättet werden. Ob der Vorschlag, der im Gesetzentwurf der LINKEN unterbreitet wird, tragfähig ist oder nicht, ist allerdings nicht an dieser Stelle zu entscheiden.

Die Ausführungen des Herrn Ministers sind nicht von der Hand zu weisen. Deshalb stellt die Fraktion der SPD den Antrag auf Überweisung des Gesetzentwurfs in den Ausschuss für Wissenschaft und Wirtschaft.