Protocol of the Session on November 10, 2011

Zweite Beratung

Entwurf eines Fünften Gesetzes zur Änderung des Ministergesetzes

Gesetzentwurf Landesregierung - Drs. 6/342

Beschlussempfehlung Ausschuss für Finanzen - Drs. 6/499

Entschließungsantrag Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - Drs. 6/555

Die erste Beratung fand in der 8. Sitzung des Landtages am 8. September 2011 statt. Ich darf Herrn Nico Schulz um die Berichterstattung aus dem Ausschuss bitten. Bitte, Herr Kollege.

Herr Schulz, einen ganz kleinen Moment noch. Herr Striegel hat sich zu Wort gemeldet.

Nur der guten Ordnung halber, damit es auch für das Protokoll richtig ist: Ministergesetz, nicht Mediengesetz. Wir waren alle etwas irritiert.

Sie haben den Test so etwas von bestanden. Die Mittagsruhe ist beendet. Es heißt Ministergesetz, nicht Mediengesetz und auch nicht Bürgermeistergesetz. Vielen Dank.

(Heiterkeit bei allen Fraktionen)

Bürgermeistergesetz heißt es auch nicht. Aber „Bürgermeister kämpft für Minister“ könnte ja die Überschrift lauten. Nein, auch das nicht.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Gesetzentwurf der Landesregierung zur Änderung des Ministergesetzes wurde vom Plenum in der 8. Sitzung am 8. September 2011 an den Ausschuss für Finanzen überwiesen.

Ziel der Änderung des Gesetzes ist es, den Bezugszeitraum der Amtsbezüge der Ministerinnen

und Minister künftig taggenau auf den Zeitraum der Amtsinhaberschaft zu beschränken. Gleichzeitig soll eine Rechtslücke für Fälle geschlossen werden, in denen ein ehemaliges Mitglied der Landesregierung aus dieser Amtstätigkeit Versorgungsbezüge bezieht und ihm darüber hinaus Übergangsgeld, Ruhegehalt oder Hinterbliebenenversorgung aus einer Mitgliedschaft im Europäischen Parlament zusteht. Hier soll das Gesetz an die Regelungen im Besoldungs- und Versorgungsrechtsänderungsgesetz unseres Landes angepasst werden.

Die Ihnen heute vorliegende Beschlussempfehlung in der Drs. 6/499 wurde in der 6. Sitzung des Finanzausschusses am 19. Oktober 2011 erarbeitet. Dazu lag dem Ausschuss eine Synopse des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes vor, deren Änderungen mit der Staatskanzlei einvernehmlich abgestimmt wurden. Der Ausschuss übernahm die vom Gesetzgebungs- und Beratungsdienst vorgeschlagenen Änderungen und fertigte die Ihnen vorliegende Fassung der Beschlussempfehlung, die vom Finanzausschuss mit 10 : 0 : 1 Stimmen beschlossen wurde.

Der Ausschuss für Finanzen bittet um Zustimmung zu der Ihnen vorliegenden Beschlussempfehlung.

(Zustimmung bei der CDU und bei der SPD)

Vielen Dank, Herr Schulz. - Jetzt darf ich die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bitten, ihren Entschließungsantrag einzubringen. Ich bin mir nicht ganz sicher, wer das tut. Herr Striegel? - Dann haben Sie das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN begrüßt, dass zukünftig für Ministerinnen und Minister gelten soll, was in der sonstigen Arbeitswelt gelebte Realität ist, dass nämlich eine Bezahlung für die Tage erfolgt, an denen ein Arbeitsverhältnis tatsächlich besteht. Deshalb werden wir die nun vorgeschlagene und vom Ausschuss für Finanzen einstimmig gebilligte Stichtagsregelung bei der Abstimmung unterstützen.

Meine Fraktion sieht jedoch weiteren Änderungsbedarf, weshalb wir Ihnen heute einen Entschließungsantrag zur Abstimmung vorlegen und um Ihre Unterstützung dafür werben. Ministerinnen und Minister, Staatssekretärinnen und Staatssekretäre sind in besonderer Weise Vorbild. Handeln sie moralisch und rechtlich fragwürdig, strahlt ihr Verhalten auf den gesamten Politikbetrieb aus. Dies gilt zum Beispiel für einen Wechsel aus dem Amt hinein in eine wirtschaftliche Tätigkeit.

(Herr Borgwardt, CDU: Joschka!)

Diese Tätigkeit ist als solche nicht per se zu kritisieren, im Gegenteil. Ein Austausch zwischen Politik und Wirtschaft kann sinnvoll sein, wenn er denn hilft, den inhaltlichen Dialog zwischen Politik und Wirtschaft, zwischen beiden Sphären zu ermöglichen, oder wenn er hilft, Verkrustungen aufzubrechen. Niemand, auch nicht in Sachsen-Anhalt, soll gezwungen werden, auf einem Ministersessel festzuwachsen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ein Gang in die Berufstätigkeit von ehemaligen Ministerinnen und Ministern ist gegebenenfalls sogar eine Entlastung für die Landeskasse. So werden etwaige Bezüge nach dem Ministergesetz mit den Übergangsgeldern verrechnet.

Problematisch wird der Übergang immer dann, wenn er auf Voraussetzungen beruht, die der Betreffende im Amt selbst geschaffen, maßgeblich politisch ausgestaltet oder kontrolliert hat. Entsprechend war nicht die Tatsache zu kritisieren, dass Gerhard Schröder, SPD, nach seiner Zeit als Bundeskanzler auf Arbeitssuche ging, jedoch dass er bei einem Konsortium der in dieser Woche fertig gestellten Ostseepipeline anheuerte, die es ohne sein politisches Agieren gar nicht gegeben hätte.

(Herr Borgwardt, CDU: Was ist mit Josch- ka?)

Für ein Pipelineprojekt, Herr Borgwardt, ließ sich auch Herr Fischer einspannen,

(Herr Borgwardt, CDU: Jetzt kommt es!)

im Gegensatz zu Schröder jedoch mit einem deutlichen zeitlichen Abstand zu seiner Ministertätigkeit. Ich glaube, im letzteren Fall lagen vier Jahre dazwischen.

(Herr Borgwardt, CDU: Also nicht ganz so schlecht!)

Wenn man über Karenzzeiten redet, dann muss man über die Zeiträume reden. Bedenklich ist es auch, wenn ein Staatssekretär, der für die Kontrolle der Banken zuständig ist, unmittelbar nach seinem Ausscheiden aus dem Amt bei einer Großbank, in dem Fall bei der Deutschen Bank, anheuert, die er nicht nur zu kontrollieren hatte, sondern deren Führungsstruktur er zuvor gegen Bedenken aus dem Bundesjustizministerium persönlich genehmigt hat.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Dann hat es doch eine innere Logik! - Herr Borgwardt, CDU, und Herr Kurze, CDU, lachen)

So geschehen im Fall Caio Koch-Weser. Auf der Landesebene und für Personen mit unterschiedlichen Parteibüchern ließe sich diese Aufzählung fortsetzen. Erinnert sei an den thüringischen Ministerpräsidenten Dieter Althaus, CDU, der nach langen Verhandlungen mit dem Autozulieferer Magna zur Zukunft von Opel nach dem Ende seiner Amts

zeit dann zu eben diesem Konzern wechselte und seitdem im Automobilgeschäft tätig ist.

(Frau Weiß, CDU: Das ist ein Ding!)

Weil das Vertrauen in Politik nach diesen und anderen unrühmlichen Wechseln beschädigt ist und weil das Fehlverhalten Einzelner die Politik insgesamt in Verruf bringt, ist Abhilfe notwendig.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Schon der Verdacht, ins Auge gefasste spätere Beschäftigungsverhältnisse könnten das Regierungshandeln mitbestimmen, muss ausgeschlossen werden. Der Wechsel aus dem Amt in eine wirtschaftliche Betätigung hinein soll möglich sein, er braucht aber Transparenz und einen klaren rechtlichen Rahmen.

Eine Regelung zur Karenzzeit für ehemalige Minister und Staatssekretäre kann genau dies erreichen. Fachlich gut gemacht, greift sie auch nicht unzulässigerweise in das grundgesetzlich geschützte Recht der betroffenen Personen auf freie Berufswahl ein. Uns schwebt eine verhältnismäßige Karenzzeit vor, die Wechsel in einem eng gefassten Bereich verbietet und sanktioniert.

Wir maßen uns an dieser Stelle nicht an, im Handstreich verfassungsrechtlich saubere Lösungen zu präsentieren. Wir bitten aber die Landesregierung, ein solches Ansinnen gründlich zu prüfen und dem Landtag Vorschläge zur verfassungskonformen Ausgestaltung einer solchen Regelung zu präsentieren.

Damit, meine sehr verehrten Damen und Herren, stärken Sie Transparenz und Rechtsstaatlichkeit. Und Sie helfen mit, alle Politikerinnen und Politiker vom schlimmen Verdacht persönlicher Vorteilsnahme und intransparenter Verflechtungen zu befreien. Das, meine Damen und Herren, schafft neues Vertrauen bei den Bürgerinnen und Bürgern.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Herr Striegel. - Jetzt spricht für die Landesregierung Staatsminister Herr Robra. Bitte schön.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich will mich zunächst beim Finanzausschuss recht herzlich für die zügige Beratung des Gesetzentwurfes bedanken, mit dem die Lücke bei der Gestaltung der Bezüge geschlossen worden ist, die sich zu Beginn dieser Legislaturperiode gezeigt hat, die öffentlich diskutiert und vielfach nicht verstanden worden ist.

Ich bin eigentlich nur noch einmal an das Rednerpult gegangen, um wenigstens einige Sätze zu

dem Entschließungsantrag der GRÜNEN zu sagen. Ich will davon abraten, eine ethisch-moralische und damit politische Frage durch ein solches Gesetz zu einer Rechtsfrage zu machen, die am Ende niemand judizieren kann.

Wir haben es mit Artikel 12 des Grundgesetzes zu tun. Jeder, der als Minister ausscheidet - es gibt viele Wechselfälle des täglichen Lebens, die Anlass dafür sein können -, hat zunächst einmal wie jeder andere auch einen Anspruch darauf, einen, im Idealfall auch seinen Beruf ausüben zu können.

In vielen Fällen, nämlich wenn gesetzlich geregelte Berufsordnungen vorliegen, sind solche Sachverhalte bereits erfasst. Das heißt, man ist von der Wahrnehmung der Geschäfte ausgeschlossen, mit denen man vorher beruflich, sei es als Minister oder als Staatsekretär, befasst gewesen ist. Insofern ist eine gewisse Vorkehrung getroffen worden.

Alle anderen Fälle liegen höchst individuell. Es gab nicht nur Schröder. Es gab auch den Bundeswirtschaftsminister Müller. Es gab eine Reihe von Ministerpräsidenten, die in unterschiedlichen Funktionen tätig geworden sind, zumeist auch nachgefragt worden sind.

Ein ethisch und moralisch fragwürdiges Problem ist das Schreiben von Memoiren. Das wird mir nicht vergönnt sein; an meinen Memoiren wird niemand Interesse haben.

(Herr Dr. Thiel, DIE LINKE: Ich kaufe sie!)