Protocol of the Session on November 10, 2011

Wir haben einige besonders wichtige Ziele formuliert: Das ist die Europa-2020-Strategie, die demografische Entwicklung, das Thema Subsidiarität, Kofinanzierungsmittel, die das Land bereitstellen muss, und auch die Integration benachteiligter Bevölkerungsgruppen in den Arbeitsmarkt.

Wir haben nicht nur die Forderung an die Landesregierung gestellt, die Ausschüsse zu informieren und zu beteiligen, sondern haben auch als Ausschüsse, als Landtag die Verpflichtung, uns in diesen Prozess einzubringen. Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass es sehr schwierig ist, sich mit dieser Thematik zu beschäftigen. Wir müssen dann gucken, wie wir in Zusammenarbeit mit dem federführenden Finanzministerium pragmatische Wege finden, die Information, aber auch die Mitwirkung in den Ausschüssen sicherzustellen.

Wir haben einen Punkt nicht speziell aufgenommen, der mir aber besonders wichtig ist. Aus den Fondsverordnungsvorschlägen ist zu ersehen, dass eine Änderung darin bestehen kann, dass - was für uns sicher auch nicht uninteressant ist - ähnlich wie beim Erfolgsmodell Leader-Programm im ländlichen Raum auch in anderen Bereichen der Strukturfonds lokale Aktionspläne aufgelegt werden können. Das heißt, dass da nicht mehr zentral gesteuert wird, wofür Gelder ausgegeben werden, sondern in regionalen Aktionsgruppen - sozusagen von unten aus - Projekte aufgelegt und gestartet werden können. Wenn sich das so durchsetzt, wäre das eine erhebliche Verbesserung auch für die regionale und kommunale Mitwirkung im Rahmen der Strukturfondsförderung.

(Zustimmung von Frau Niestädt, SPD)

Ich will noch einen Punkt besonders ansprechen, das ist das Thema Interreg, das wir in den letzten Jahren in Sachsen-Anhalt doch als Erfolgsmodell erlebt haben. In diesem Zusammenhang will ich ein besonderes Lob an die Landesvertretung in Brüssel aussprechen, an das Team um Thomas Wobben. Dort ist es in den letzten Jahren gelungen, Projekte zu initiieren, Kontakte zu knüpfen, aus denen viele erfolgreiche Interreg-Projekte hervorgegangen sind. Ich bitte Herrn Staatsminister Robra, das Lob weiterzugeben.

Ich hoffe, dass wir auch zukünftig Impulse aus der Landesvertretung bekommen, die wir in den Landtagsausschüssen aufgreifen und dort das eine oder andere Interreg-Projekt daraus generieren und die Internationalisierung des Landes - auch in Richtung Wirtschaft natürlich - weiter vorantreiben können.

Ein ganz wichtiger Punkt ist für uns - auch das wurde in der vorangegangen Debatte schon gesagt -, dass die Gelder effizient und zielgerichtet

eingesetzt werden sollen. Diesen Slogan kenne ich schon seit 20 Jahren; das ist ähnlich wie die Redewendung „Wir wollen Bürokratieabbau.“ Das ist in den 20 Jahren eher weniger gelungen. Ich hoffe, dass es diesmal gelingt.

In dem Artikel in der „Volksstimme“ vom 8. November 2011 werden die Kommissare auch mit folgenden Worten zitiert: „Unser wichtigstes Ziel ist es, die Kohäsionspolitik durch den Abbau übertriebener Bürokratie einfacher und effektiver zu gestalten.“ - Diese Worte in der Bürokraten Gehörgang!

Das ist aber nicht nur eine Forderung an Brüssel, sondern natürlich auch eine Forderung an das Land. Auch wir haben hier aus meiner Sicht Möglichkeiten, Verwaltung und bürokratische Verfahren abzubauen, zu verschlanken und zu vereinfachen, damit die Mittel - das ist ja unser aller Ziel - zielgerichtet und effizient abfließen und wir nicht innerhalb der Programmperiode feststellen müssen - wie das jetzt der Fall ist -, dass erhebliche Mittel umgeschichtet werden müssen, weil aufgrund einer nicht zielgerichteten Programmierung die Gelder einfach nicht abfließen können. Das ist für uns ein ganz wichtiger Punkt.

Ursprünglich hatten wir uns als Koalitionsfraktionen vorgenommen, diesen Antrag heute in der vorliegenden Fassung anzunehmen. Nun gibt es zwei Änderungsanträge. In der Vergangenheit ist es im Bereich der Europapolitik eher so gewesen, dass wir uns im Konsens auf bestimmte Dinge geeinigt haben. Deswegen haben wir als Koalitionsfraktionen vereinbart, dass wir unseren Antrag und die beiden Änderungsanträge in den Ausschuss für Bundes- und Europaangelegenheiten - nur in diesen - überweisen wollen und uns dort auf Formulierungen - auch in Zusammenarbeit mit dem Finanzministerium - einigen, die erfolgversprechend sind, die durch das Finanzministerium, aber auch durch den Landtag und seine Ausschüsse leistbar sind.

Wir haben dazu noch Zeit, es läuft im Moment nichts davon. Aus der Erfahrung heraus kann ich empfehlen, dass wir diese Diskussion hier im Parlament zu einem wesentlichen früheren Zeitpunkt beginnen, als wir es in anderen Programmperioden gemacht haben. Daher plädiere ich dafür, dass wir diese drei Anträge in den Europaausschuss überweisen und uns dort auf eine Formulierung einigen, die wir dann dem Landtag als Beschlussempfehlung vorlegen. Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit und bitte um die Überweisung dieser drei Anträge in den Ausschuss.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Kollege Tögel, für die Einbringung des Antrags. - Wir steigen nunmehr in die Debatte ein. Man hat sich auf eine Fünfminuten

debatte verständigt in der Reihenfolge GRÜNE, CDU, LINKE, SPD. Es beginnt für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN - - Nein, bevor wir mit der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der Kollegin Latta beginnen, freuen wir uns auf den Beitrag der Landesregierung.

(Herr Dr. Thiel, DIE LINKE: Freuen wir uns darauf wirklich?)

Herr Präsident, mir ist aufgeschrieben worden, ich soll jetzt vorgehen und für die Regierung etwas sagen. Dann mache ich das auch.

Meine Damen und Herren! Es ist in der Regierungserklärung schon vieles gesagt worden. Ich möchte zwei, drei Dinge aktuell hinzufügen; nun ist Wulf nicht hier. Die große Politik Europas ist auch bei der Haushaltsdebatte schon Thema gewesen. Ich glaube auch, dass viele versuchen, in den nächsten Monaten die Länder beieinander zu behalten. Ich halte nichts davon, Szenarien zu entwickeln, dass es bei dem Ausstieg Einzelner andere besser haben könnten. Ich glaube, genau das Gegenteil könnte passieren.

Die Entwicklung der Märkte - - Das ist nun einmal schwierig. Wir werden morgen beim Nachtragshaushalt unterscheiden können zwischen denen, die immer alles wissen, und denen, die sich mit der Realität herumschlagen müssen. Das ist aber nicht heute, sondern morgen unser Thema.

Ich will nur darauf hinweisen: Es wird so schön gesagt - Frau Dalbert hat es gut auf den Punkt gebracht -, Demokratisierung würde automatisch mehr bringen. Die Griechen haben in den letzten Jahrzehnten ihr Schicksal selbst in der Hand gehabt. Das hat zur Folge, dass sie mittlerweile einen Schuldenstand von 200 % des Bruttoinlandsproduktes haben. Ohne fremde Hilfe, sage ich hier, würde Griechenland auf einen Entwicklungsstand zurückfallen, der zu dem, was in Europa Spitze ist, einen so eklatanten Unterschied bedeuten würde, dass es wahrscheinlich zu einem Exodus aus dem Land, einem Wegzug von jungen Leuten, die viel mobiler sind als früher, kommen würde.

Ich glaube daher, dass es mindestens nachdenkenswert ist, welche Methoden man wählt. Sie haben es gesagt: Europa krankt auch daran - - Das ist wie im Land hier, wie zwischen den Regionen. Herr Schröder hat es vorhin so schön gesagt: Das Wichtigste ist die Schwerpunktsetzung, aber bitte den ländlichen Raum nicht vergessen, also sowohl als auch; ich weiß ja auch, wie das gemeint ist.

Wenn man an Europa als Ganzes denkt, heißt das, dass wir, dass der Bundestag wie auch die Länder Kompetenzen abgeben müssen. Dann müssen wir akzeptieren, dass auch deutsche Vertreterinnen und Vertreter in Brüssel für uns mit

denken. Dann können wir nicht hier sitzen und sagen: Das soll aber alles hier passieren.

Das muss man sich vorher gut überlegen. Genauso wie wir alle eine Weltregierung wollen, die alles regelt, von ganz links bis wohin auch immer das politische Spektrum reicht. Dann darf man sich nur nicht hinterher hinstellen und sagen: Eigentlich ist das Demokratie vor Ort bei den Bürgerinnen und Bürgern.

Für die Verdeutlichung dieses Spannungsfeldes, Frau Professor Dalbert, bin ich Ihnen sehr dankbar. Das macht es am Ende aus, ob man im Ausschuss der Regionen dann merkt: Denken die wirklich europäisch? Oder geht es darum, dass alle mit dem Gefühl nach Hause gehen: Alle haben etwas gewonnen? - Das geht nicht mehr, und das ist das, was in den nächsten Monaten die neuen Strukturen in Europa ausmachen wird.

Zur Transaktionssteuer: Ich bin immer dabei, die CDU zu beschimpfen - - Das war jetzt ein Spaß, guckt nicht so ernst. Aber: Wenn die Kanzlerin ehrlich sagt - das nehme ich ihr ab -, sie kriegt bei der Transaktionssteuer die Engländer nicht mit ins Boot - was wir Finanzminister in Brüssel merken -, was soll sie dann machen?

(Zuruf von Herrn Gallert, DIE LINKE)

Jetzt ist die Frage, ob es ein Kerneuropa gibt, das das einführt. Dann muss ich schon darauf hinweisen - nun mag man mir vorhalten, ich dächte schon wieder nur noch als Finanzminister -, dass das zu Verzerrungen führt, wenn sich unterschiedliche Märkte in einem Wirtschaftsraum befinden.

Die Krux ist, dass viele europäisch denken, es aber unterschiedlich interpretieren. Es ist aber ein Prozess - jede Krise hat ja irgendwo auch etwas Gutes, sicherlich nicht für die, die das persönlich erleben -, dass jetzt auf einmal Diskussionen in Europa in Gang kommen, die vor Jahren noch undenkbar waren. Wahrscheinlich braucht der Mensch immer erst solche Zuspitzungen. Jetzt sind auch Länder bereit, Kompetenzen abzugeben, Strukturen zu akzeptieren, die vor Jahren überhaupt nicht denkbar waren. Wohin das führt? - Ausgang offen. Ich hoffe und glaube aber, dass die Europäer klug genug sind, das hinzukriegen.

Jetzt, Herr Gallert - das ist der Spannungsbogen hin zur Client-Politik -, zur Programmierung: Es nützt ja nichts, wenn die Programmierung erwartet, dass wir konkrete Vorschläge machen.

Ich möchte eines einschieben: Die Landesregierung hat in Abstimmung zwischen der Staatskanzlei und dem Finanzministerium einen Änderungsantrag zum OP für die jetzige Förderkulisse eingereicht. Sie wissen, dass wir vorgeschlagen haben - neben dem, dass wir einige Sachen erleichtern müssen -, die Schulgebäudesanierung weiter voranzutreiben.

Ich könnte mich kaputtlachen, wie viele sich öffentlich immer kritisch dagegen äußern, während ich schon so viele Anträge habe für eines der sinnvollsten Programme von Schwarz-Gelb damals bei der Neuprogrammierung der jetzigen Förderperiode; das sage ich immer wieder. Es war ein bisschen kompliziert mit den pädagogischen Konzepten.

Den Gedanken, dass Bildungseinrichtungen hocheffizient energetisch saniert werden, was Geld spart für die Träger, Arbeitsplätze vor Ort stabilisiert - gerade, weil es die Handwerker sind -, immer nur kritisch zu sehen, halte ich für schwierig. Aber es war, um es voranzutreiben - auch gerade mit dem, was die Kollegen aus dem Wirtschafts- und dem Umweltministerium gemacht haben -, jetzt auch notwendig, diese Umprogrammierung vorzunehmen. Das Ganze wird jetzt mit der Kommission, mit der GD Regio auch besprochen.

Die Landesregierung wird bis zum Dezember den Änderungsantrag für die jetzt laufende Förderperiode einreichen. Parallel dazu arbeiten wir an der Programmierung der neuen Strukturfondsperiode. Ich bin Herrn Tögel ausdrücklich dankbar. Es ist bis jetzt noch nichts passiert, was nicht politisch irgendwie bekannt ist oder wo sich vielleicht jemand darüber aufregen könnte, dass er nicht mitgenommen worden sei.

Wir sind dabei, erst einmal abzuwarten, was die Kommission selbst in ihrer Kulisse schreibt. Es ist für uns als Land, glaube ich, ein unschätzbarer Wert, wenn es gelingt, den Süden mit dem Norden bei der Förderung wieder gleichzustellen. Es ist eigentlich ein Treppenwitz, wenn gerade der Kreis Mansfeld-Südharz mit der höchsten Arbeitslosigkeit die geringste Förderung erhält. Ich glaube, das wollen die Europäer nun auch nicht.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Das enthebt uns nicht der Diskussion über Stärken und Schwächen. Aber das kann es nicht sein, weil dann auch die völlig falschen Anreize gegeben werden. Solche Grundsatzentscheidungen treffen die Ministerpräsidenten auch in den Gesprächen mit den Kommissaren. Das läuft alles.

Wir als Finanzministerien füllen das jetzt in Absprache mit den Staatskanzleien in den Ländern aus. Dann wird es natürlich bei uns zu Diskussionen kommen. Richtig ist, dass die Europäer - das fand ich immer gut - die Begleitausschüsse nutzen, um die gesellschaftlichen Gruppen sehr stark mitzunehmen und in die Willensbildung einzubinden.

Das setzt nachher trotzdem voraus, dass wir Schwerpunkte setzen. Da, lieber Herr André Schröder, wird es dazu kommen, dass das eine oder andere vielleicht mehr bekommt als das andere, oder, um es vielleicht andersherum zu sagen, dass manche vielleicht nicht ganz so zurückgeführt wer

den wie andere; denn wir reden über rückläufige Finanzmittel.

Ich habe meiner Fraktionsvorsitzenden zugehört und war völlig überzeugt davon, wie sie den finanzpolitischen Spielraum der nächsten Jahre dargestellt hat; denn klar ist auch, dass wir durch geschicktes Agieren bei der Programmierung der EU-Mittel das eine oder andere vielleicht ausgleichen können, was ansonsten nicht mehr möglich ist. Das zu nutzen, das Ganze aber ohne neue Schulden hinzukriegen - das ist das, was diese Klammer bildet, was Katrin Budde gerade gesagt hat -, ist jetzt die Aufgabe der Programmierung.

Ich sage, es ist richtig, dass die Mittel zurückgehen; denn daran wird deutlich, dass Deutschland stärker wird, auch Ostdeutschland. Da hilft es nicht, zu jammern und zu sagen, dass alles so bleiben muss, wie es ist. Das glaubt uns in Brüssel auch keiner mehr.

Aber man muss jetzt dafür werben - das hat ja auch geholfen, dass zum Beispiel nicht nur noch 50 % da sind, sondern zwei Drittel; wir erinnern uns an die Diskussion, vor einem Jahr sah es noch ein bisschen anders aus -, dass wir das mit der Programmierung und dem politischen Spektrum Europa 2020, aber auch mit der eigenen Landesentwicklung vernünftig zusammenführen. Ich glaube, das ist die Kunst dessen, was wir politisch machen wollen.

Das Ziel ist - Tilman Tögel hat es gesagt -, das im Jahr 2013 hinzukriegen. Nun sage ich einmal außerhalb des Protokolls: Wenn ich die anderen Länder Europas sehe - -

Das wäre auch schon außerhalb der Redezeit.

Ja, danke, Herr Präsident. Ich habe es zugedeckt. Deswegen habe ich es nicht gesehen. Entschuldigung.

Wenn ich sehe, welche Probleme die anderen Länder haben, die jetzt laufende Förderperiode abzuzahlen, dann glaube ich, lieber Tilman Tögel, dass sich Europa etwas einfallen lassen muss, um die unterschiedlichen Möglichkeiten der einzelnen Länder in der neuen Förderperiode abbilden zu können. Ich glaube nicht, dass ganz Südeuropa die Diskussion um die Neuprogrammierung so gestalten kann, dass sie gewährleisten können, dass die Mittel auch abfließen; denn die Auflagen derselben EU, die Haushalte zu sanieren, werden dem vielleicht in dem einen oder anderen Punkt entgegenstehen.

Deswegen gibt es zum Beispiel für die Südosteuropäer für die jetzige Förderperiode den Hinweis, nehmt erst die europäischen Mittel und ihr könnt die Kofinanzierung später machen. Das hal

te ich aber für einen sehr schwierigen Ansatz, weil die Mittel erst einmal genommen werden. Dann rennt man den nationalen Mitteln hinterher, weil die Länder das vielleicht nicht aufbringen wollen. Dann hast du dieselbe Debatte wie bei der Verschuldung.

Ich bin Tilman Tögel ausdrücklich dankbar dafür, dass man vielleicht noch einmal in den Ausschüssen darüber redet, wer sich damit wie beschäftigen soll. Selbst wenn Sie jetzt knurren: Stellen Sie sich bitte einmal vor, dass wir, während wir uns selbst mitten in der Programmierung befinden, zehn Ausschüsse gleichzeitig informieren sollen, ohne dass die untereinander noch in Wettbewerb treten. Das halte ich in der Praxis für sehr schwierig. Die unterschiedliche Betroffenheit ermöglicht vielleicht auch eine Schwerpunktsetzung in der Ausschussberatung.

Wir sind dazu bereit und würden uns freuen, wenn wir zu ganz praktikablen Lösungen kommen, sodass zwischen Parlament, Landesregierung und den gesellschaftlichen Gruppen bei der Programmierung so viel Mitgestaltung wie möglich gewährleistet ist. - Schönen Dank.