Protocol of the Session on November 10, 2011

Es gibt eine Nachfrage von Herrn Brachmann. - Bitte.

Herr Minister, ich wollte fragen, ob ich Sie richtig verstanden habe, weil das auch im Innenausschuss thematisiert worden ist. Sie haben gesagt, dass es in der Stufe 1 bei den regionalen Außenstellen, wie wir sie jetzt haben, bleiben soll. Aber es wird eine Stufe 2 geben, in der eine stärkere regionale Vernetzung geprüft wird.

Dazu will ich nachfragen, ob das, was in den Beratungen im Innenausschuss eine Rolle spielte, nämlich die Einräumigkeit der Verwaltung in den Planungsregionen, dann in Ihre Überlegungen mit eingebunden wird.

Wir werden bei dem Innenausbau der Behörde auch die Frage der regionalen Präsenz prüfen,

(Frau Bull, DIE LINKE: Prüfen!)

wobei ich schon jetzt darauf hinweise, dass wir mit vier Standorten im Land eine sehr gute Präsenz haben. Die Antwort auf die Frage, ob darüber hinaus ein Standort notwendig ist in Anlehnung an die Einräumigkeit, wird die Prüfung im Rahmen des Innenausbaus der Behörde ergeben.

Es gibt eine weitere Nachfrage von Frau Hohmann, Herr Minister.

Herr Minister, Sie sprachen von den kompetenzorientierten Lehrplänen, die jetzt auch in den Gymnasien Einzug halten sollen. Ist es das Ziel der kompetenzorientierten Lehrpläne in den Gymnasien, eine bessere Durchlässigkeit zwischen der Sekundarschule und dem Gymnasium zu schaffen?

Es ist im Augenblick so, dass wir kompetenzorientierte Lehrpläne verbindlich in den Grundschulen eingeführt haben. In den Sekundarschulen sind sie in der Erprobung. Für die Gymnasien hat die KMK

sich das vorgenommen. Dazu hat das Institut für Qualitätssicherung Berlin einen Auftrag erhalten. Das soll dann auch mit zentralen Abiturstandards verknüpft werden. Inwieweit die kompetenzorientierten Lehrpläne an Gymnasien dazu führen, dass sich die Durchlässigkeit erhöht, wird man sehen, wenn sie vorliegen.

(Frau Bull, DIE LINKE: Nein, das ist zu spät!)

Das kann ich im Augenblick noch nicht sagen, weil sie noch nicht da sind.

Danke, Herr Minister. - Für die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN spricht Frau Professor Dr. Dalbert.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben es bereits gehört, die Beschlussempfehlung des Ausschusses bezieht sich auf sehr unterschiedliche Gesetzesvorlagen. Es ist ein ganzes Bündel, das sich dahinter verbirgt.

Ein Thema ist die Schullaufbahnempfehlung. Wir haben vorgeschlagen, dass die Schullaufbahnempfehlung gestrichen wird und stattdessen ein Gespräch der Lehrerinnen und Lehrer mit den Eltern stattfindet. Damit konnten wir uns bei der Beschlussempfehlung nicht durchsetzen.

Was aber der Gesetzentwurf der Landesregierung aufgenommen hat, ist, dass die Schullaufbahnempfehlung nicht mehr verbindlich ist. Ich denke, das ist ein Erfolg unserer grünen Politik, weil wir dieses Thema schon sehr früh auf die Tagesordnung gesetzt haben. Ich freue mich, dass wir heute, wenn die Beschlussempfehlung in dem Hohen Hause eine Mehrheit findet, sagen können, dass das ein guter Tag für die Eltern in Sachsen-Anhalt ist, weil bei der Entscheidung, auf welche Schule ihr Kind nach der 4. Klasse gehen soll, nicht länger in ihr Elternrecht eingegriffen wird.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Es ein nicht so guter Tag für die Grundschullehrer und -lehrerinnen, weil sie weiterhin eine solche Schullaufbahnempfehlung erstellen müssen, die bei ihnen viel Zeit und Kraft bindet. Aber der Gesetzentwurf nimmt diesbezüglich eine wichtige grüne Forderung auf.

Dann geht es um das Schulamt, um die Verlagerung des Schulamtes heraus aus dem Landesverwaltungsamt hin zum Kultusministerium. Auch das, denken wir, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Wir haben aber schon in den Vorträgen gehört, dass das ein Schritt ist, der unseres Erachtens nicht weit genug geht. Wir denken, dass wir regionale Schulämter und auch mehr regionale Schulämter brauchen. Etwa der Harz ist bei dem Vorschlag der Landesregierung nicht bedacht. Inso

fern auch hier ein Schritt in die richtige Richtung, aber in unseren Augen ein ungenügender Schritt.

Dann wird es um den Antrag der LINKEN gehen. Wenn wir diesen Antrag der Fraktion DIE LINKE ablehnen, dann stimmen wir dafür, dass Schüler und Schülerinnen der Sekundarstufe II für Mobilität noch 2,62 € - außerhalb ihrer Schulmobilität - zur Verfügung haben. Das halten wir nicht für richtig.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Dann geht es um unseren Gesetzentwurf zur Drittelparität. Wir haben heute in dem Hohen Hause in einem anderen Zusammenhang über Demokratie und die Stärkung der Demokratie gesprochen. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Stärkung der Demokratie beginnt in der Schule, und nur, wenn wir mit der Demokratie in der Schule ernst machen, dann vermitteln wir den Schülern und Schülerinnen die Bedeutung von Demokratie und demokratischen Entscheidungsprozessen.

In der Summe haben wir also eine Beschlussempfehlung, die sich auf völlig unterschiedliche Gegenstände bezieht. Einiges halten wir für falsch, einiges halten wir für einen Schritt in die richtige Richtung. Wir werden es sehr hoch gewichten, dass die Beschlussempfehlung sich positiv dazu stellt, die Verbindlichkeit der Schullaufbahnempfehlung abzuschaffen, sodass die Eltern wieder frei entscheiden können. Weil wir dies sehr hoch gewichten, werden wir uns bei der Abstimmung über die Beschlussempfehlung der Stimme enthalten.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Danke sehr, Frau Professor Dr. Dalbert. - Für die SPD-Fraktion spricht die Abgeordnete Frau Reinecke.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir können in der Tat auf eine interessante Beratung hinsichtlich der Vorbereitung der Novellierung des Schulgesetzes zurückblicken. Es gab vielfältige Diskussionen. Die Anhörung hat uns ebenfalls um viele Dinge bereichert.

So ist es nur gut - da möchte ich gleich an die Ausführungen von Frau Professor Dalbert anknüpfen -, dass nun wieder die Eltern abschließend entscheiden, welchen Bildungsweg ihre Kinder nach der 4. Klasse gehen werden. Es ist auch unstrittig, dass dazu den Eltern von der Schule entsprechende Entscheidungshilfen geboten werden müssen, und zwar nicht nur in Form einer Pflichtberatung. Vielmehr geht es darum, das als Bestandteil einer permanenten guten Zusammenarbeit zwischen den Grundschullehrern und den Sorgeberechtigten zu sehen.

Ich habe deshalb die Hoffnung, dass sich so eine Verantwortungsgemeinschaft - dieser Begriff wird sehr oft benutzt, aber wie wird er tatsächlich ausgefüllt? - von Lehrern, Eltern und Schülern entwickelt mit dem Ziel, den Übergang in die jeweilige weiterführende Schule für die Kinder möglichst konfliktarm und vor allen Dingen angstfrei zu gestalten.

Dabei kommt es insbesondere auf ein vorurteilsfreies Denken und Handeln der Pädagogen an, auf deren Einstellung zum Kind und die Akzeptanz der Entscheidung der Eltern zum weiteren Bildungsweg. Es geht jedoch nicht nur um die Akzeptanz der Elternentscheidung. Es geht vielmehr auch darum, der Gefahr entgegenzuwirken, dass sich soziale Selektivität von Bildungswegentscheidungen erhöhen könnte.

Ich erinnere an dieser Stelle an die Ausführungen von Herrn Professor Dr. Breidenstein von der MLU Halle-Wittenberg bei der Anhörung, der festgestellt hat, dass Grundschullehrerinnen und -lehrer sehr viel stärker von den schulischen Leistungen und weniger von der sozialen Herkunft her entscheiden als die Eltern selbst.

Das heißt, die Beratungsgespräche zu den Schullaufbahnempfehlungen müssen die soziale Selektivität der Bildungswegentscheidung von Eltern im Blick haben und so auch Familien aus den sogenannten sozial benachteiligten Schichten zum Gymnasialbesuch ihres Kindes ermutigen. Das ist für uns ein wichtiges Anliegen zur Herstellung einer höheren Bildungsgerechtigkeit.

(Zustimmung von Herrn Rothe, SPD)

An dieser Stelle möchte auf einen kleinen Artikel hinweisen, der am Samstag in der „Volksstimme“ in Form einer dpa-Meldung unter der Überschrift „IQ kann sich während der Teeniezeit verändern“ zu lesen war. Hier haben britische Forscher in einem Fachjournal dargelegt - ich zitiere -:

„Wir haben die Tendenz, Kinder relativ früh im Leben zu beurteilen und ihren Ausbildungsweg festzulegen. Die Ergebnisse zeigten aber, dass sich die Intelligenz von Kindern noch entwickeln, ihr IQ sich signifikant verbessern kann. Leistungsstarke Kinder andererseits hielten ihr Potenzial womöglich nicht immer. Bislang galt die menschliche Intelligenz als über Jahre stabil.“

Das sind Hinweise aus der Hirnforschung, am Samstag in der „Volksstimme“ zu lesen gewesen. Dieser Hinweis passt an dieser Stelle recht gut.

Von den Pädagogen der weiterführenden Schulen erwarte ich ein zugewandtes, ermutigendes, schülerfreundliches und unterstützendes Lernklima sowie eine breite Palette an aktivierenden Lehr- und Lernstrategien.

Die Kleine Anfrage der Kollegin Koch-Kupfer ging noch einmal auf das Thema der Klassenwiederholungen ein. Es ist darauf hinzuweisen, dass das Thema „Abschulungen vom Gymnasium zur Sekundarschule“ nicht unerheblich ist, und dieses Thema soll von mir auch noch einmal aufgegriffen werden. Ich bin der Meinung, dass wir uns in der Koalitionsvereinbarung auf die vertikale Durchlässigkeit der unterschiedlichen Bildungsgänge festgelegt haben und uns mit diesem Schritt auch ausdrücklich dazu bekennen.

Meine sehr gehrten Damen und Herren! Auf die Errichtung eines Landesschulamtes sind wir schon mehrfach eingegangen. Es geht um die Fragen des Personals, der Übergänge und auch der regionalen Verteilung. Es wurde der Innenausschuss diesbezüglich sehr aktiv, und die Fragen, die dort aufkamen, konnten umfänglich beantwortet werden. Es geht in der Betonung noch einmal um die unselbstständigen Nebenstellen, die in Magdeburg, Dessau und Gardelegen vorgehalten werden. Der Hauptsitz ist, wie bekannt, in Halle. Es geht darum, dass Interesse daran besteht, dass sich die Schulaufsicht regional vernetzt, und es geht letztlich um die Stärkung des regionalen Bezugs der Arbeit der Schulaufsicht. Da haben wir die Innenpolitiker schon sehr gut verstanden, auch die Nachfrage von Herrn Dr. Brachmann.

(Herr Dr. Brachmann, SPD: Das hoffe ich!)

- Ja. Wir sind nicht resistent.

Die einzelne Schule und die Schulaufsicht brauchen ein partnerschaftliches Verhältnis. Die Schulaufsicht bleibt auf der einen Seite die Instanz der Intervention. Diese wandelt sich aber zunehmend dahin, nicht nur Weisungen, Genehmigungen und Anordnungen zu geben, sondern es geht um Absprache, Vereinbarung, Beratung, Begleitung, hin zum Ansprechpartner und zum Konfliktmanager. Dieses neue Verhältnis erfordert meiner Meinung nach einen Mentalitätswandel. Das ist ein hoher Anspruch.

Ich bin gespannt auf die vom Kultusminister angekündigten Ergebnisse, der Arbeit der Arbeitsgruppe Schulaufsicht im MK. Wir werden gelegentlich auch darüber zu beraten haben. Es geht um die Qualitätsentwicklung und das ist ein wichtiges Anliegen. Es geht um das Thema der Klassenarbeiten - nicht nur aus dem Blickwinkel „Abbau von Bürokratie“, sondern es geht wirklich um die Erhöhung der Flexibilität von personellen Ressourcen und auch um Maßnahmen zur Qualitätssicherung.

Ich möchte noch ganz kurz auf das Thema „Demokratie an der Schule“ eingehen.

Frau Reinecke, das wird nicht klappen, weil Sie Ihre Redezeit schon gut überzogen haben. Sagen Sie bitte Ihren letzten Satz.

Ja. - Also Demokratie an Schule nicht nur in der Schulkonferenz, sondern generell im Klassenverband und auf den weiteren Ebenen.

Ich bin letztlich davon überzeugt, dass wir mit der heutigen Abstimmung ein wichtiges Vorhaben auf den Weg bringen, dass wir einen Prozess eingeleitet haben, und ich bitte um Zustimmung zu der Beschlussempfehlung. - Vielen Dank.

(Zustimmung bei der SPD und bei der CDU)

Für die Fraktion DIE LINKE spricht die Abgeordnete Frau Bull. - Ich möchte vorher aber noch einen Hinweis geben. Wir haben zum Tagesordnungspunkt 9 gerade einen Änderungsantrag bekommen, der sich auf den Entschließungsantrag bezieht. Der Änderungsantrag ist aber derart umfänglich, dass ich ihn nicht mündlich vortragen kann und dass er erst einmal gedruckt werden muss. Deshalb möchte ich den Tagesordnungspunkt 10 vorziehen. Tagesordnungspunkt 9 wird dann, wenn der Änderungsantrag vorliegt, behandelt. Es wäre jetzt nur die Frage, dass diejenigen anwesend sind, die zu Tagesordnungspunkt 10 sprechen sollen. - Frau Bull, Sie haben das Wort.

Meine Damen und Herren! Es ist eine ziemliche Herausforderung, in fünf Minuten zu vier Schulgesetzen, die ohnehin keine 100-prozentige Schnittmenge haben, zu sprechen. Ich will es trotzdem versuchen, sehr allgemein bleiben und gleich für die, die folgen, sagen: Es geht nicht der Reihe nach.

Zum ersten. In der Drs. 6/513 finden Sie den Gesetzentwurf der Landesregierung. Da geht es um die Änderung der Schulaufsicht und die schon viel zitierte, viel besprochene Aufhebung der Verbindlichkeit der Schullaufbahnempfehlung. Auf der Habenseite steht nach unserer Auffassung durchaus die Herauslösung der Schulaufsicht aus dem Landesverwaltungsamt. Dennoch bleibt unsere Kritik, lediglich den Schritt zu gehen, Beamte von A nach B zu schieben - und das weitgehend konzeptionslos. Unsere Bitte nach einem Konzept in dem federführenden Ausschuss blieb leider erfolglos. Das kann man ein wenig unter der Rubrik „Erst abschneiden und dann nachmessen“ verbuchen. Das bleibt unsere Kritik.