Protocol of the Session on October 7, 2011

Das ist und bleibt ein Grundpfeiler unserer, meiner Finanzpolitik. Es mag sein, dass wir das vielleicht zu wenig erkennen und schätzen.

Schauen Sie sich aber bitte die Länder an, die tagtäglich in den Nachrichten sind, die nur davon leben, dass eine Troika sagt, dass etwas gut oder weniger gut sei. Stellen Sie sich bitte einmal vor, dass Ihre, unsere Entscheidungen davon abhängig sind, dass ein Bayer oder Baden-Württemberger sagt, ich glaube, der Landtag von Sachsen-Anhalt hat genug gemacht. So ungefähr muss man sich das vorstellen.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Das geht den Kommunen immer so!)

Der erste Schritt, um nicht in die Schuldenfalle zu geraten, ist, dass wir im kommenden Jahr wieder und dann fortdauernd keine neuen Schulden aufnehmen. Das haben wir bereits von 2007 bis 2009 geschafft.

Fortdauernd keine neuen Schulden aufzunehmen heißt, dass auch künftige Landtage, also über die jetzige Wahlperiode hinaus, das machen müssen. Das muss ein Dauerzustand werden, auch in unseren Köpfen und in dem grundsätzlichen Ansatz von Politik.

Zusätzlich müssen wir schon jetzt für den nächsten Wirtschaftsabschwung vorsorgen, der kommen wird. Jeder Wirtschaftszyklus hat ihn in sich. Ex

perten sehen ihn schon. In der Tat: Wer sich die Börse anschaut und Konjunkturprognosen ernst nimmt, der weiß, dass sich da etwas bewegt. Aber wir sollten uns nicht verrückt machen lassen.

Die Aussage, dass wir schon jetzt am Boden liegen, obwohl wir in diesem Jahr ein Wachstum von 3 % haben werden, ist wahrscheinlich typisch deutsch. Gleichwohl geht es rückwärts und dafür müssen wir vorsorgen.

Wir haben in der Vorlage damit begonnen, die Steuerschwankungsreserve wieder aufzufüllen - im Jahr 2012 mit 50 Millionen €, im Jahr 2013 mit 60 Millionen €, im Jahr 2014 mit 80 Millionen € und im Jahr 2015 mit 100 Millionen € -, und zwar aus der ganz einfachen Überlegung heraus, dass wir dann, wenn die Steuereinnahmen zurückgehen, das zurückgelegte Geld nehmen können, um die Einnahmen zu stabilisieren, damit die Ausgabenpfade nicht gleich wieder angefasst werden müssen.

Darüber hinaus zahlen wir - dies ist genauso wichtig - wieder 20 Millionen € jährlich zusätzlich in den Pensionsfonds ein. Das hatten wir während der Finanzkrise ausgesetzt. Ziel ist, dass der Pensionsfonds die Belastungen, die seit dem Jahr 1991 entstehen, irgendwann gänzlich ausfinanziert. Die Sachsen haben das schon.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Das, was ich jetzt sage, meine ich sehr ernst: Wer an unseren Plänen rüttelt und in den Haushaltsberatungen in den nächsten Wochen die Vorsorge infrage stellt, weil er vielleicht auf der Ausgabenseite noch einige Ideen hat und populäre Programme auf den Weg bringen will, der setzt die finanzpolitischen und damit auch die politischen Gestaltungsmöglichkeiten Sachsen-Anhalts in den kommenden Jahren aufs Spiel.

Wer keine oder nur eine geringere Vorsorge will, der ist dann auch dafür verantwortlich, wenn wir beim nächsten Wirtschaftsabschwung in den kommenden Jahren wieder neue Schulden aufnehmen müssen, weil wir keine Rücklagen gebildet haben.

Das werde ich in den nächsten Wochen auch öffentlich sagen, wenn ich nur an die Vorschläge denke, man könnte bei der Steuerschwankungsreserve jetzt ein Auge zudrücken und erst beim nächsten Haushaltsplanentwurf mit deren Wiederauffüllung beginnen. Aber es nützt doch nichts, sich dann, wenn die Krise kommt, wegzuducken und wieder neue Schulden aufzunehmen. Das ist eine Kausalität, auf die ich jetzt Monat für Monat hinweisen werde.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es geht noch weiter: Ab 2014 sind Schulden abzubauen - das müssen Sie sich einmal auf der Zunge zergehen lassen -, und zwar in Höhe von 20 Milliarden €. Das ist der Umfang des vorliegenden Haushaltsplanentwurfs 2012/2013. Im Jahr 2014 stellen wir dafür

50 Millionen € bereit, im Jahr 2015 werden es 100 Millionen € sein.

Dieser Schuldenabbau muss kontinuierlich über die Wahlperioden hinweg fortgeführt werden; denn erst mit einer jährlichen Tilgung von 200 Millionen € werden wir die Pro-Kopf-Verschuldung überhaupt senken können.

Deswegen werden bei der Langfristprojektion jährlich 300 Millionen € unterstellt. Wenn man das einmal hochrechnen und es überhaupt hinbekommen würde, dann stellt man fest, dass es immerhin 70 Jahre dauern würde, bis es gelingt, diese Schulden abzubauen. Ich glaube, so lange wird niemand von uns diesem Landtag mehr angehören.

(Frau Budde, SPD: Das muss nicht sein!)

Ich will jetzt niemandem zu nahe treten; das ist nur praktisch gedacht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Kurs, den die Landesregierung jetzt vorschlägt, können wir uns auch im bundesweiten Vergleich sehen lassen. Neben Sachsen-Anhalt werden aus jetziger Sicht im kommenden Jahr nur vier weitere Länder ohne neue Schulden auskommen, nämlich Bayern, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen und Thüringen.

Die Sachsen - das ist unglaublich - tilgen sowohl in diesem Jahr als auch 2012 ihre wesentlich geringeren Schulden, wie übrigens auch MecklenburgVorpommern. In Sachsen gelingt dies durch die jahrelange Politik der CDU

(Beifall bei der CDU - Zuruf von der CDU: So ist es!)

- genau - und in Mecklenburg-Vorpommern durch die Zusammenarbeit der SPD und der damaligen PDS.

Jetzt können auch Sie klatschen.

(Unruhe)

- Das muss Ihnen nicht peinlich sein; denn Mecklenburg-Vorpommern als strukturschwächeres Land hat es genauso hinbekommen.

Man sieht also: Wenn man Verantwortung hat, ist Konsolidierung parteiübergreifend möglich. Die Zwänge sind letztlich so, dass sich jede Regierung dem entweder stellt oder nicht.

Denn allen ist klar: Konsolidierung ist kein Selbstzweck, etwa um die Statistik zu verbessern, sondern dient vor allem dem Ziel: Wir wollen SachsenAnhalt zu einem modernen, attraktiven und selbstbewussten Land gestalten. Sachsen-Anhalt soll ein Magnet gerade für junge Leute sein, auch außerhalb unseres Landes.

„Außerhalb unseres Landes“ heißt für mich ausdrücklich - damit schließt sich der Kreis - auch aus

Europa. Das Land muss so attraktiv werden, dass mehr Menschen in das Land kommen, als aus ihm weggehen. Dem hat sich alles unterzuordnen.

Nach Jahren der roten Laterne - ob durch harte Fakten belegt, nur gefühlt oder manchmal auch herbeigeredet - haben wir es in den letzten Jahren geschafft, deutlich nach vorn zu kommen. Wir sind längst im Mittelfeld der deutschen Länder angekommen und auf dem Weg in die Spitzengruppe.

Vielleicht reden wir zu wenig darüber, was wir alle miteinander Gutes hinbekommen:

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Wir haben im ersten Halbjahr 2011 im Vergleich der deutschen Länder den dritthöchsten Zuwachs beim Bruttoinlandsprodukt zu verzeichnen gehabt. Im Osten liegen wir sogar auf Platz eins.

Wir haben keinen blauen Brief des deutschen Stabilitätsrates bekommen. Wir sind kein Land mit einem Haushaltsnotfall. Wir sind im Jahr 2010 als fast einzige europäische Region von einer führenden Rating-Agentur um zwei Stufen nach oben gesetzt worden. Das spart uns bei Umschuldungen zweistellige Millionenbeträge.

Wir liegen nach einer vor zwei Tagen vorgelegten Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft bei der sogenannten Konsolidierungsquote im Vergleich aller deutschen Länder auf Platz drei.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Im Hinblick auf den Arbeitsmarkt im Osten sind wir mittlerweile stabil im Mittelfeld angekommen.

Wir haben hinsichtlich der Kinderbetreuung, der Lehrerausstattung und der Kulturausgaben mindestens stabile Mittelplätze erreicht, und das Ganze in den nächsten Jahren wieder ohne neue Schulden.

Deswegen sage ich ganz selbstbewusst: Wir sind Aufsteigerland in Deutschland. Sachsen-Anhalt hat in den letzten Jahren die Voraussetzungen geschaffen und hat das Zeug dazu, um zu einer Topregion in Europa zu werden. Das muss unser Anspruch sein.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Über den besten Weg dorthin sollten wir streiten und diskutieren; denn den einzigen und alternativlosen Weg gibt es nie. Aber ich bitte darum, dass wir diesen Anspruch nicht kleinreden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ihnen lagen gestern und liegen heute vor: der Entwurf für den Haushaltsplan 2012/2013, die mittelfristige Finanzplanung, das Personentwicklungskonzept, das Haushaltsbegleitgesetz, der Entwurf zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes, eine aktuelle Bewertung der Kommunalfinanzen, der Entwurf für die Neuordnung des Immobilienmanagements und die Grundzüge des Sanierungskonzeptes Stark III.

Die Mitglieder des Finanzausschusses müssten in ihren Unterlagen mittlerweile auch eine Information über die Steuerschätzung und Überlegungen zum Jahresabschluss 2011 erhalten haben, sodass wir in der nächsten Sitzung des Finanzausschusses darüber reden können.

(Zuruf)

- Dann ist es auf dem Weg. Die Unterlagen sind von uns versandt worden. Deswegen bin ich an dieser Stelle entlastet.

Ich möchte jetzt bewusst nicht über Einzelheiten sprechen; denn der Fehler von Haushaltsdebatten ist, dass wir dann in einzelne Titelgruppen einsteigen und dass nicht mehr alle zuhören.

Ich sage für die Landesregierung: Ich glaube, dass wir den letzten Monaten einen guten Job gemacht haben; denn dahinter steckt viel Arbeit.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

- Ja, da können Sie einmal klatschen.

Jetzt sind Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, das Parlament, am Zuge. Sie werden Änderungsvorschläge unterbreiten, Forderungen aufstellen, Alternativen vorlegen und sich mit öffentlicher Kritik überhaupt nicht zurückhalten, was ich kenne und gut finde.