Protocol of the Session on October 7, 2011

Jetzt sind Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, das Parlament, am Zuge. Sie werden Änderungsvorschläge unterbreiten, Forderungen aufstellen, Alternativen vorlegen und sich mit öffentlicher Kritik überhaupt nicht zurückhalten, was ich kenne und gut finde.

Das ist Ihr gutes Recht. Das ist auch wichtig; denn ich glaube, dass das, was vorgelegt worden ist, in manchen Bereichen sicherlich noch wesentlich besser werden kann. Aber das ist die Basis für die Beratungen.

Mit dem Haushaltsplanentwurf 2012/2013 geht es - dies ist sehr wichtig - nicht um Entscheidungen für die nächsten zwei Monate oder zwei Jahre. Vielmehr stellen wir jetzt die Weichen für die Entwicklung des Landes bis 2020 und darüber hinaus. Da dieser Zeitpunkt schon so nahe ist, sage ich ganz klar: Das, was wir jetzt falsch machen, können wir nicht mehr einholen; denn der Solidarpakt läuft und läuft.

Die Weichenstellungen, die jetzt vorgenommen werden, sind eine wesentliche Grundlage für das, was bis zum Ende des Weges, bis zum Auslaufen der Hilfe anderer noch auf das Land zukommen wird.

Deswegen sind langfristige Konzepte wichtig. Nur derjenige wird die Nase vorn haben, der sich nicht nur in Tagespolitik erschöpft. Genau deshalb wollen wir uns nicht im Kleinklein verlieren, gerade auch heute nicht.

Eines muss klar sein, liebe Kolleginnen und Kollegen: Um das Image Sachsen-Anhalts dauerhaft weiter aufzupolieren, ist ein grundlegender Mentalitäts- und Paradigmenwechsel im Land nötig, und zwar bei vielen, auch in der Politik.

Wir müssen weg vom kreditfinanzierten Wachstum kommen, weg vom süßen Gift der Verschuldung,

das die Probleme nur verschiebt und am Ende potenziert.

Wir müssen finanzielle Spielräume schaffen und auch wahren. Es geht - dies habe ich vorhin schon gesagt - um ein selbstbestimmtes Agieren für das Land anstelle einer Subventionsmentalität, die immer wieder auf Hilfe von außen und oben setzt.

Das ist die Freiheit, die wir anstreben und uns dann dauerhaft erhalten müssen. Das werde ich immer wieder ansprechen; denn zukünftige Generationen hier im Landtag werden froh darüber sein, wenn wir das hinbekommen, damit sie noch etwas zu entscheiden haben.

Ich weiß, dass die Wirtschaft allein durch Konsolidierungen nicht automatisch besser wird. Auch weiß ich, dass das Land allein durch Schuldenabbau nicht automatisch attraktiver wird. Junge Leute werden sich nicht unbedingt zuallererst den Haushalt von mir ansehen und deswegen im Land bleiben. Ich bin schon dankbar, wenn Sie sich damit beschäftigen.

Dieses Ziel erreichen wir aber nur - darin bin ich mir sicher -, wenn wir investieren. Diesen Pfad beschreiten wir mit dem Haushaltsplanentwurf 2012/ 2013 und der mittelfristigen Finanzplanung. Deshalb sind die Schwerpunkte Wirtschaft, Arbeitsplätze sowie Bildung gut gewählt.

(Beifall bei der SPD)

Es war auch richtig, durch die Fraktionen dafür zu kämpfen, dass wir alle Drittmittel des Bundes und Europas binden. Das haben wir geschafft.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Wir haben im Haushaltsplan Mittel in Höhe von 1,4 Milliarden € für Investitionen veranschlagt; das sind rund 14 % des Haushaltsvolumens. Das ist wesentlich mehr als im Durchschnitt der westdeutschen Länder.

Die Sachsen haben es durch kluge Politik geschafft, in diesem Bereich sogar bei über 20 % zu liegen. Damit möchte ich Ihnen nur zeigen, welche konkreten Wirkungen es hat, wenn man rechtzeitig damit begonnen hat, anders zu wirtschaften.

Wegen der Bindung der investiven Mittel - auch das sage ich ganz offen - ist es nicht gelungen, mit der Tilgung noch zeitiger zu beginnen. Das halte ich für vertretbar.

Das, was ich Ihnen heute vorlege, ist kein Sparhaushalt. Ich habe diesen Begriff nicht in den Mund genommen. Ich halte diesen Haushaltsplanentwurf für einen vernünftigen Kompromiss zwischen Konsolidieren und Vorsorgen auf der einen Seite und Investieren in die Zukunft auf der anderen Seite. Für diesen Kompromiss werbe ich ausdrücklich.

(Beifall bei der SPD)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Menschen, die wir im Land halten oder für uns gewinnen wollen, schauen natürlich zuerst, ob sie einen guten Job finden können und eine Perspektive im Beruf haben. Angemessene Einkünfte gehören nun einmal zu einem vernünftigen Leben, das ich mir nach meinen persönlichen Wünschen gestalten kann. Dies geht wohl auch hier im Saal allen so. Deshalb sollten wir weiter für die bundesweite flächendeckende Einführung von Mindestlöhnen streiten.

(Beifall bei der SPD)

Jetzt könnten auch Sie von der CDU ruhig klatschen. Ich habe nämlich gestern gehört, auch die FDP wolle das schon.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU)

- Jetzt klatschen Sie.

(Herr Gallert, DIE LINKE: Sie werden gleich sagen, sie wollte das schon immer!)

- Wahrscheinlich.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist doch ganz natürlich: Angemessen bezahlte Arbeit ist ein wichtiger, wahrscheinlich der wichtigste Anspruch für ein Leben in persönlicher Freiheit.

Deshalb konzentrieren wir die Wirtschaftsförderung immer mehr - das ist in der Koalitionsvereinbarung niedergeschrieben - auf Unternehmen mit gut bezahlten Arbeitsplätzen. Die entsprechenden Vorschläge werden derzeit im Wirtschaftsministerium erarbeitet. Sie werden uns in den nächsten Wochen und Monaten im Kabinett und auch hier im Parlament noch beschäftigen.

(Frau Budde, SPD: Wochen, bitte!)

Ich finde, das ist ein sehr guter Ansatz.

Dabei - ich will mich keinem Vorwurf aussetzen, der nicht gerechtfertigt ist - dürfen wir natürlich nicht diejenigen vergessen - das sind nicht wenige -, die in Sachsen-Anhalt noch immer Probleme haben, weil sie arbeitslos sind, zu geringe Einkommen haben, keine Ausbildung haben oder weil andere Dinge ihr Leben erschweren. Diejenigen stehen uns sicherlich kritisch gegenüber. Wir müssen gerade um sie kämpfen und sie auf unserem Weg mitnehmen. Ich denke, da sind wir beieinander.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung von Herrn Schröder, CDU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir über gute Chancen auf dem Arbeitsmarkt und bessere Einkommen reden, dann sind wir sofort bei der Bildung; denn für viele Mütter und Väter ist es immer wichtiger, wie das Angebot bei der Kinderbetreuung und bei der schulischen Bildung ist.

Es geht darum: Habe ich Auswahlmöglichkeiten? Gibt es Einschränkungen, die abschreckend wir

ken, oder passen sich die Angebote meinen Bedürfnissen an?

Kinderbetreuung und schulische Bildung spielen im Standortwettbewerb der Regionen eine immer größere Rolle. Ich glaube, diesbezüglich hat der Osten große Vorteile. Er muss nur mehr darüber reden und darf sich selbst nicht schlechtreden.

Dabei geht es auch darum - das ist wichtig und noch nicht erfüllt -, dass alle Kinder die gleichen Startchancen haben.

(Beifall bei der SPD und bei der CDU)

Sie sollen das Recht haben, Angebote bei der Kinderbetreuung und schulischen Bildung unabhängig vom sozialen Stand und Einkommen der Eltern zu nutzen. Das ist etwas, was sich in Deutschland verhärtet hat und bisher durch keine Bundesregierung - egal welcher Farbe - aufgebrochen werden konnte.

Wir müssen endlich die Bildungsschichten in unserer Gesellschaft aufbrechen, die immer noch so prägend sind für die Zukunft des Kindes, sodass dessen Weg oft schon von Anfang an vorgezeichnet ist. Gerade in Sachsen-Anhalt, in einem Land mit so stark zurückgehender Kinderzahl, wird es darauf ankommen, jedes Kind auf diesem Weg mitzunehmen.

(Beifall bei der SPD - Zustimmung bei der CDU und von der Regierungsbank)

Deshalb haben sich die Koalitionspartner dazu verabredet, ab dem Jahr 2013 wieder einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für alle Kinder zu verwirklichen. Ihn abzuschaffen, war wohl ein Fehler.

(Beifall bei der SPD, bei der LINKEN und von der Regierungsbank)

Das sage ich als jemand, der die Abschaffung damals unterstützt hat - bevor es hier jetzt wieder in Schwarz-Weiß quer durch die Fraktionen geht.

(Frau Budde, SPD: Schwarz-Rot!)

- Oder in Schwarz-Rot. - Wir haben dafür im Haushaltsjahr 2013 einen Betrag von 10 Millionen € und im Haushaltsjahr 2014 und in den folgenden Jahren einen Betrag von je 30 Millionen € vorgesehen. Ich bitte Sie alle inständig: Warten Sie das Gesetzgebungsverfahren ab.

(Herr Scharf, CDU: Wir wissen jetzt schon, dass das nicht reicht!)

- Warten wir doch einmal das Gesetzgebungsverfahren ab. Ich bewundere immer diejenigen, die schon vorher alles genau wissen, ohne dass wir inhaltlich darüber geredet hätten. Wenn Sie es nicht wollen, dann sagen Sie es. Aber lassen wir uns jetzt nicht verrückt machen.

Herr Bischoff wird einen Gesetzentwurf vorlegen. Darüber werden die Koalitionsfraktionen und das

Parlament insgesamt reden. Dann werden wir sehen, was wir mit den Mitteln in Höhe von 30 Millionen € machen können oder auch nicht. Dann wird man darüber diskutieren, ob das alles vernünftig ist. Ich bitte Sie, diesen Weg einzuhalten.