Dabei ist jedoch zu beachten, dass sich die Rechtslage in Brandenburg erheblich von der in unserem Land unterscheidet, sodass Vorsicht vor übereilten Rückschlüssen aus der jüngsten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes, zumindest was die unmittelbare Wirkung in SachsenAnhalt betrifft, geboten ist, nicht zuletzt, um nicht gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern im Land voreilig den Eindruck zu vermitteln, sie seien zu Unrecht mit Beiträgen belastet worden. Auch dazu gehört, dass wir das, was wir jetzt tun, mit einer gebotenen Ruhe und auch Sachlichkeit tun, auch wenn Wahlkampf ist.
Ungeachtet dessen wollen und müssen die Bürgerinnen und Bürger Rechtssicherheit haben. Daher wird im Hinblick auf die schützenswerten Interessen der Beitragspflichtigen und das Interesse der Allgemeinheit an der Beitragserhebung zum Vorteilsausgleich eine rechtliche Prüfung erfolgen, die Auskunft darüber geben wird, welche Auswirkungen die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes zumindest mittelbar insbesondere auf die vorerwähnte Übergangsregelung des § 18 Abs. 2 KAG hat.
Möglicherweise, Herr Grünert, könnte man - könnte; wie gesagt, im Konjunktiv - zu dem Schluss kommen, dass bei einer gewissen Überlänge der zeitlich zurückliegenden Beitragserhebung eine Rechtsverwirkung eingetreten sein könnte. Aber das bleibt es abzuwarten; das werden wir isoliert noch einmal prüfen.
Deshalb haben wir, um ein wenig inne zu halten und nicht noch weitere unnötige Verunsicherungen bei den Bürgerinnen und Bürgern hervorzurufen, am Anfang der Woche im einem Erlass darum gebeten und ersucht, die Entscheidung über anhängige Widersprüche und die sofortige Vollziehung von Beitragsbescheiden zum Ausgleich von Vorteilslagen bis zum Abschluss dieser rechtlichen Prüfung auszusetzen.
Ich kann nur alle Verbände bitten, dieser Bitte nachzukommen. Sie antizipiert kein Ergebnis; sie schafft aber die erforderliche Ruhe, um sachgerechte Entscheidungen treffen zu können.
Insofern habe ich auch kein Verständnis dafür, wenn manche Verbandsleitung sagt, sie setze diesen Erlass nicht um. Das kann ich überhaupt nicht verstehen. Das ist auch wirtschaftlich nicht notwendig. Denn dies bedeutet ja nicht, dass die Forderungen ausgebucht werden, sondern das heißt, dass wir in Ruhe abwarten. Auch die Verbände sollten die Gelassenheit haben, uns gegenseitig diese Zeit zu geben, damit wir das in Ruhe ge
meinsam prüfen können, dann zu einem Ergebnis kommen und auch darüber entscheiden, wie wir weiterhin damit umgehen. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Innenminister, die Kapriolen Ihres Ministeriums in den letzten Wochen zu diesem Thema sind erstaunlich.
Das müssen Sie mir bitte einmal erklären. Die Position des Bundesverfassungsgerichts zum Thema Cottbus hat im Wesentlichen unsere Rechtsauffassung schon seit 2014 ganz maßgeblich bestätigt. Das war unsere Position. Als dieses Bundesverfassungsgerichtsurteil kam, war Ihr Staatssekretär sofort ganz eindeutig der Meinung, dass das mit Sachsen-Anhalt überhaupt nichts zu tun hat.
Weiter sagte er, jeder, der auch nur im Ansatz darüber nachdenke, mache falsche Hoffnungen. In den sozialen Netzwerken ist uns von der CDUFraktion Lüge vorgeworfen worden, als wir gesagt haben, dass dieses Urteil auch Auswirkungen auch auf Sachsen-Anhalt habe.
Jetzt haben Sie nach 14 Tagen und vor allem nach einem Antrag im Landtag von uns dazu schlagartig eine völlig andere Position. Man ist sich auf einmal unsicher, sagt, liebe Zweckverbände, macht das bitte nicht, kassiert das nicht ein. Und heute erzählen Sie, dass Sie sich eigentlich aber maßgeblich doch in Ihrer Rechtsauffassung sicher sind und nach den Landtagswahlen die Dinge wahrscheinlich doch durchziehen wollen.
Das ist eine gute Information für uns, mit der wir auch umgehen können; denn das macht klar, dass das, was Sie gegenüber den Abwasserzweckverbänden und vor allem gegenüber denjenigen, die die Bescheide erhalten haben, machen, nur eine taktische Variante ist. Nachher ist dann wieder die andere Wahrheit klar, dass alles in Ordnung ist und diese Ihre Rechtsauffassung schon immer gewesen ist.
weil Sie Dinge unterstellen, in nahezu unanständiger Weise, die ich an dieser Stelle nicht gesagt habe. Wenn Sie mir unterstellen, ich habe gesagt, dass das Ergebnis dieser Prüfung bereits vorweg feststehe und wir das nur aus taktischen Gründen im Rahmen des Wahlkampfes machten, dann haben Sie mir entweder nicht zugehört oder Sie sagen bewusst unwahre Dinge, die ich nicht gesagt habe.
Ich kann ja verstehen, dass Sie - ich will, ich kann, ich werde - mit breiter Brust dastehen und meinen, Sie könnten hier alles. Sie müssen bei einer solchen Auseinandersetzung aber auch Fairness walten lassen.
Mein Ministerium schlägt auch keine Kapriolen. Wissen Sie, in der Juristerei - Sie müssten das zumindest lesen und sich vernünftig beraten lassen, bevor Sie solche - -
Wenn Sie mich ausreden lassen würden, würden wir auch zu einem Ergebnis kommen. - In der Juristerei steht das in der Regel auch zwischen den Zeilen.
Selbst der GBD dieses Landtages hat festgestellt, dass das Urteil des Bundesverfassungsgerichts bezüglich des Landes Brandenburg nicht unmittelbar auf das Land Sachsen-Anhalt anwendbar ist. Das hat selbst der GBD festgestellt. Dann vertritt der GBD eine andere Auffassung als Sie, Herr Gallert. Das liegt vielleicht daran - -
Ich habe sie nicht geändert. Lassen Sie mich doch bei aller Aufregung einmal ausreden, Herr Gallert. Ich habe Ihnen vorhin gesagt: Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts gilt in seiner Recht
Man kann sich aber überlegen, ob das, was zwischen den Zeilen des Urteils steht, nämlich dass ein Vertrauensschutz auf die Länge der Dauer einer Erhebung besteht, möglicherweise Auswirkungen auf die Praxis der Verbände hat. Genau das habe ich Ihnen hier vorgetragen. Und das werden wir jetzt in Ruhe prüfen. Dabei könnte - ich habe gesagt „könnte“; ich brauchte kein Gutachten oder eine Prüfung in Auftrag zu geben, wenn das Ergebnis bereits feststünde - ein Ergebnis sein, dass eine Rechtsverwirkung eingetreten ist. Deshalb haben wir darum gebeten, die Beitragserhebung auszusetzen, bis der Sachverhalt geklärt ist.
Aber dass Sie der Öffentlichkeit nach wie vor den Eindruck vermitteln, dass das Urteil des Bundesverfassungsgerichts bezüglich des Landes Brandenburg unmittelbare Auswirkungen auf das Land Sachsen-Anhalt habe, führt zu einer Verunsicherung der Bürgerinnen und Bürger. Das finde ich - unter uns gesagt - wenig anständig.
Vielen Dank. Weitere Fragen sehe ich nicht. - Wir treten in die Fünfminutendebatte ein. Ich erteile Herrn Erben von der SPD-Fraktion das Wort. Bitte schön.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Zunächst - das möchte ich vorwegstellen - begrüße ich die Entscheidung des Ministeriums für Inneres und Sport vom Montag dieser Woche, zeigt sie doch, dass überraschende Wendungen in diesem Land noch möglich sind.
(Herr Gallert, DIE LINKE: Die war ja nicht ernst gemeint! - Zuruf von der LINKEN: Es ist Wahlkampf!)
Man darf hierbei nicht außen vor lassen, dass es noch in der letzten Woche vom Landesverwaltungsamt völlig andere Signale in den kommunalen Raum hinein und an die Kommunalaufsichtsbehörden gegeben hat.
Es ist vielleicht vergossene Milch, aber mich hatte, als ich die Rundverfügung des Landesverwaltungsamtes vom Mittwoch letzter Woche gelesen habe, schon die Frage beschlichen: Wer ist denn mit „Institutionen“ gemeint, die in diesem Land Unsicherheit zu den Fragen des Brandenburger KAG schüren würden?
tig, selbiges auch in diesem Hohen Haus zu erörtern. Ich möchte an dieser Stelle kurz eine Anekdote einstreuen. Ich bekam Anfang der letzten Woche den Anruf eines Betroffenen aus Quedlinburg. Dieser sagte, er verstehe das alles überhaupt nicht. Er lese in der Zeitung, dass eine Entscheidung zum Kommunalabgabengesetz in Brandenburg mit Sachsen-Anhalt natürlich nichts zu tun habe. Er habe aber zwei Tage später in der Zeitung gelesen, dass eine Entscheidung zum Landesbesoldungsgesetz in Sachsen sehr viel mit Sachsen-Anhalt zu tun habe. Darin sehe er einen gewissen Widerspruch.
Das KAG ist eine sehr schwierige Materie. Es ist eine Materie, die nicht unbedingt für einfache Lösungen steht und schon gar nicht für Experimente und Schnellschüsse.
Es ist heute mehrmals angesprochen worden: Das Vertrauen und die Hoffnung der Beitragszahler sind in den letzten 25 Jahren schon das eine oder andere Mal bezüglich der Kommunalabgaben, vor allem was die Beitragserhebung betrifft, auf eine harte Probe gestellt worden, auch deshalb, weil der Landtag als Gesetzgeber - in diesem Fall in besonderer Weise - nicht allein auf der Welt ist.
Ich finde es schon erstaunlich, was Gerichte und auch Kommunalaufsichtsbehörden so alles aus einem Gesetz lesen können. Noch erstaunlicher finde ich es, wie intensiv man sich auf den Willen des Gesetzgebers beruft. Meistens kommt dann noch die nächste Stufe in unserem Land hinzu: Man sagt: Wir kennen den Willen des Gesetzgebers aber besser als der Gesetzgeber selbst. Auch das konnten wir das eine oder andere Mal in Urteilen, aber auch in Verlautbarungen von Aufsichtsbehörden lesen. Es ist zutreffenderweise darauf hingewiesen worden, dass man suchen kann, soviel man will: Den Herstellungsbeitrag II als solchen findet man im Gesetz nicht.