men und das, was sie mitbringen an Kenntnissen und Erfahrungen, zum Beispiel ihre Musik, an uns weitergeben können. Dadurch wird auch unsere Gesellschaft reicher.
Aber ich möchte am Ende meines Redebeitrages noch etwas anmerken, das mir persönlich sehr am Herzen liegt. Geschildert habe ich heute anlässlich der Aktuellen Debatte die positiven Aspekte der Flüchtlingshilfe, für die wir sehr dankbar sind. In den sozialen Netzwerken, wie Facebook, gibt es zahlreiche Gruppen, die sich zusammenfinden und Hilfe anbieten, die über Problemlösung diskutieren und anderes mehr.
Aber, Hohes Haus, da ist auch die andere Seite und das nicht nur in Facebook. Dort ist blanker Hass zu finden. Menschen, die keinerlei Respekt vor anderen haben und die die Menschenwürde mit Füßen treten, äußern sich. Ich kann dort und auch anderenorts kein Mitfühlen, keine Empathie und keine Mitmenschlichkeit sehen. Das macht mir Angst; denn oft kennen diese Menschen noch nicht einmal Ausländer, sie verbreiten Gerüchte, sie rufen zu Hetzjagden auf.
Lassen Sie uns diesen Bürgerinnen und Bürgern entgegentreten! Information und Aufklärung in der Bürgerschaft, in der Schule oder bei Diskussionsforen sind immens wichtig, damit unsere Gesellschaft nicht auseinanderfällt. Unterstützen wir unsere Kirchen und Wohlfahrtsverbände, damit sie weiter ihre wichtige Rolle für den Zusammenhalt in unserem Land Sachsen-Anhalt wahrnehmen können und wollen.
Vielen Dank, Frau Gorr. Frau Gorr, der Abgeordnete Herr Striegel hat eine Frage. - Sie möchten sie nicht beantworten.
Bevor wir zum nächsten und letzten Debattenbeitrag kommen - dieser wird von dem Abgeordneten Herrn Herbst von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sein -, will ich Schülerinnen und Schüler aus der Sekundarschule Prettin auf der Tribüne begrüßen. Herzlichen willkommen! Sie kommen zu einem richtigen Zeitpunkt.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist eine traurige Zahl: Fast 60 Millionen Menschen befinden sich weltweit auf der Flucht. Wie groß muss die Not sein, wie viele Verwandte und
Freunde müssen getötet worden sein, wie viele Häuser zerstört werden, dass ein Mensch seine Heim verlässt, alles aufgibt, was er hat, und in die Fremde geht.
Kein Mensch nimmt freiwillig die langen Strapazen einer Flucht auf sich. Die Menschen fliehen vor Verfolgung, Mord und Terror aus den Krisen- und Kriegsgebieten dieser Welt, aus Syrien, aus dem Irak, aus Afghanistan und anderen Ländern. Diese Menschen brauchen unsere Hilfe.
Aber leider vergeht keine Woche, in der wir nicht mit neuer Abschreckungsrhetorik konfrontiert werden, zum Beispiel die Debatte über Obergrenzen, die mit unserem Grundgesetz und mit dem internationalen Flüchtlingsrecht nicht vereinbar sind. Deswegen sage ich an dieser Stelle sehr gern noch einmal: Das Asylrecht kennt keine Obergrenze.
Erstmals seit 25 Jahren erlebt Sachsen-Anhalt einen signifikanten Zuwachs der Bevölkerung. Ich sage sehr deutlich: Einwanderung ist eine Chance für unser Land.
Wir sollten diese Chance mit allen Kräften nutzen. Einwanderung umfasst für uns, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, neben dem Zuzug aus Mitgliedstaaten der Europäischen Union und aus Drittstaaten den Familiennachzug und die humanitäre Einwanderung.
Es sagt niemand, dass es einfach ist, die Menschen, die bei uns Zuflucht suchen, zu integrieren, ihnen ein echtes Ankommen zu ermöglichen. Dafür gibt es keine Patentlösung. Gefragt und nötig sind keine weiteren Verschärfungen. Wir brauchen ein gemeinsames Handeln in Europa, im Bund, in den Ländern und vor Ort.
Aber wir sehen in diesen Wochen und Monaten auch eine enorme Hilfsbereitschaft in der Bevölkerung. Viele Menschen engagieren sich, um den Geflüchteten zu helfen. Dieses Engagement basiert auf drei Säulen: den Wohlfahrtsverbänden und Kirchen, den Organisationen und Vereinen, die sich in dem Bereich engagieren, und dem ehrenamtlichen individuellen Engagement einzelner Menschen.
Ob mit Lebensmitteln oder Bekleidung für den Winter, ob Begleitung und Beratung in Flüchtlingsunterkünften oder Spielenachmittage, ob Deutschkurse oder Hilfe bei der Jobsuche, Wohlfahrtsverbände und Kirchen organisieren, koordinieren und verbessern die Flüchtlingshilfe.
Ich bin den Kirchen und Wohlfahrtsverbänden ausgesprochen dankbar, dass sie sich seit vielen Jahren für humane Verbesserungen in der Asylpolitik einsetzen und sich auch immer wieder gegen jene wenden, die gegen Geflüchtete hetzen oder gar Brandsätze auf Flüchtlingsunterkünfte werfen.
Aber auch viele Organisationen und Vereine leisten einen unschätzbaren Beitrag zur Flüchtlingshilfe. Lassen Sie mich ein Beispiel exemplarisch herausgreifen, nämlich die Freiwilligenagentur in Halle. Sie unterstützt hallesche Familien dabei, Patenschaften für Flüchtlingsfamilien zu übernehmen.
Es werden die passenden Familien zusammengebracht, gemeinsame Familiennachmittage organisiert, in denen die Familien in einen Austausch treten können, und bei auftretenden Problemen steht die Freiwilligenagentur als Ansprechpartner zur Verfügung.
Deshalb sage ich ganz klar: Das Ehrenamt braucht das Hauptamt. Darum brauchen die vielen Vereine und Verbände, die unverzichtbare Stützen des ehrenamtlichen Engagements sind, unsere politische Unterstützung und eben auch eine verlässliche Finanzierung, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Besonders bewundernswert ist für mich das ehrenamtliche individuelle Engagement vieler Bürgerinnen und Bürger. Lassen Sie mich zwei Beispiele herausgreifen, die zeigen, dass viele unserer Bürger und Bürgerinnen die Geflüchteten nicht länger als Gäste betrachten, sondern als Menschen - egal, wie lange sie bei uns bleiben -, denen sie Brücken bauen wollen - hinein in unsere Gesellschaft:
Peter J. vom Verein Goitzsche Sport: Seit seinem Aufruf im Januar, gemeinsam im Verein Goitzsche Sport zu trainieren, zeigen mittlerweile mehr als 30 Geflüchtete Interesse am Laufen, 20 trainieren regelmäßig. Ich finde, das ist ein gutes Beispiel für Integration durch Sport. Das kann ein gesellschaftlicher Beitrag zum Abbau von Sprachbarrieren und kulturellen Vorbehalten sowie zur Gewaltprävention sein.
Das Engagement von Peter J. geht noch weiter. Es geht nicht nur um den Sport, sondern er hat auch das Projekt „Laufen und Lernen - Training und Ausbildung“ ins Leben gerufen. Gemeinsam mit den Euro-Schulen ist es dabei gelungen, einen Großteil der Sportlerinnen und Sportler in
Aber auch im Netz - Frau Gorr hat es erwähnt -, wo uns immer mehr Hetze gegen Geflüchtete und rechte Anfeindungen begegnet, setzen sich Eh
renamtliche für Geflüchtete ein. Auch hierzu nenne ich ein Beispiel, nämlich das Projekt „Unser Harz bleibt bunt“. Vier Monate ist es her, als die Harzerin Lena M. eine Facebook-Gruppe für Flüchtlingshelfer und -helferinnen gründete. Während auf anderen Facebook-Seiten gegen Gemeinschaftsunterkünfte gehetzt wird, wollte sie dazu beitragen, dass sich Geflüchtete schnell einleben. Aus der Eine-Frau-Aktion im Internet entwickelte sie in kurzer Zeit ein Netzwerk vieler Freiwilliger. Inzwischen zählt die Gruppe „Der Harz bleibt bunt“ 690 Mitglieder. Ich finde, das ist ein beeindruckendes Beispiel für ehrenamtliches Engagement.
Ich bin tief beeindruckt von der Hilfsbereitschaft und dem Engagement der vielen Helfer und Helferinnen. Menschen, die stundenlang an Bahnhöfen warten, um Geflüchtete willkommen zu heißen, Menschen, die versuchen, Licht in den tristen Alltag von Gemeinschaftsunterkünften zu bringen, Menschen, die Geflüchtete in ihre Sportvereine aufnehmen, Menschen, die Geflüchtete beim Deutschlernen unterstützen, sie bei Behördengängen begleiten, ihnen bei der Arbeitssuche helfen, Menschen, die Geflüchtete spüren lassen, dass sie dazugehören. Gemeinsam treten sie für eine offene und tolerante Gesellschaft ein. Das zeigt, wie wichtig ehrenamtliches Engagement in der Flüchtlingshilfe ist.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die letzten Monate waren geprägt durch eine große Aufnahmebereitschaft und ein leidenschaftliches Engagement der Zivilgesellschaft. Wir, die Landespolitik, müssen dafür sorgen, dass dieses Klima - wir schaffen das gemeinsam - so bleibt.
Wir müssen es schaffen, dass sich aus der Willkommenskultur eine echte Ankommenskultur entwickelt. Ankommen in Sachsen-Anhalt; denn zurzeit verlässt jeder dritte Asylsuchende unser Land wieder. Deshalb sage ich ganz klar: Wir müssen dafür sorgen, dass wir von einem Transitland zu einem Bleibeland werden.
Lassen Sie uns gemeinsam die entscheidenden Weichen für die Zukunft der oft jungen Geflüchteten und für ein gemeinsames Zusammenleben in Sachsen-Anhalt stellen. Sachsen-Anhalt kann das leisten. Wir können in den kommenden Jahren nicht nur vielen Menschen Schutz bieten, sondern auch für viele ein dauerhaftes Zuhause werden. Integration ist eine gemeinsame Zukunftsaufgabe
von uns allen. Bildung, Arbeit, Wohnen, soziale Teilhabe müssen dabei im Zentrum unserer Anstrengungen stehen.
Wir müssen die Geflüchteten spüren lassen, dass sie dazugehören, dass wir eine Gemeinschaft bilden. Dies geht nur in gemeinsamer Anstrengung mit den verschiedenen politischen Ebenen, aber eben auch mit der Zivilgesellschaft, mit den Kirchen und Wohlfahrtsverbänden, mit den Flüchtlingsorganisationen und Vereinen und eben mit den vielen engagierten Menschen in unserem Land gemeinsam.
Aber, liebe Kolleginnen und Kollegen, vergessen wir auch nicht die Flüchtlinge selbst. Viele von ihnen wollen sich vor Ort engagieren und selbst einen Beitrag zur gelingenden Integration leisten. Sie bieten ihre Hilfe an, zum Beispiel bei Übersetzungsleistungen. Auf die Flüchtlinge zuzugehen und sie zu fragen, welchen Beitrag sie leisten möchten, auch das ist ein Beitrag zu einer gelingenden Ankommenskultur.
Wir müssen auch verstärkt für Menschenrechte und für die Festigung unserer Demokratie kämpfen. Auch hierbei gilt es, bürgerschaftliches Engagement mehr zu unterstützen und die zivilgesellschaftliche Arbeit gegen Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit dauerhaft finanziell abzusichern.